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Rage of the Gladiator
WiiWare-Review von Tim Herrmann (mail) | 18.04.2010

WiiWare ist für gewöhnlich nicht die Plattform von epischen Kampfspielen mit aufwändiger Präsentation. Dementsprechend überraschend kam auch die Ankündigung von Rage of the Gladiator. Hatte Entwickler Ghostfire Games in seinem letzten Titel, Helix, noch Roboter tanzen lassen, traute man sich nun an ein sehr klar definiertes Action-Spiel heran. Dort, wo die Besten der Besten ermittelt werden und wo nichts als Können zählt, in der Arena, darf der Spieler allerhand fiese Kreaturen besiegen. Warum das Ganze ohne Zögern als Punch-Out!! mit Monstern beschrieben werden darf, erklären wir euch in unserem WiiWare-Test.

Rage of the Gladiator kommt auf den ersten Blick sehr dünn gestrickt daher – und das ist es im Prinzip auch. Im Hauptmenü erwartet den angehenden Gladiatorenkämpfer nicht etwa eine Palette an Mehrspieler-Modi, ein Story-Modus, Training oder Tutorial, sondern lediglich Schaltflächen für Optionen, Credits und den Spielstart. Tatsächlich besteht der Titel ausschließlich aus seinem Story-Modus, der allerdings auch nicht gerade ein Feuerwerk an Komplexität ist: Das Königreich Avalance wird angegriffen und es ist die Aufgabe des Prinzen, sein Land vor dem eindringenden Bösen zu bewahren. Die Geschichte, die sich mit der Zeit noch ein wenig erweitert, wird mit gezeichneten Standbildern und englischer Sprachausgabe vorangetrieben und taucht zwischen den einzelnen Kämpfen auf.



Das einzige Gameplay findet aber tatsächlich ausschließlich in der Arena statt – und alles, was sich hier ändert, ist der Gegner, der vor einem steht. Die Entwickler haben beim Design der Kontrahenten einige Kreativität bewiesen und eigene Ideen gut mit Mythologie und antiken Sagen verknüpft: So sieht man fiese Meereshexen, den riesigen Minotaurus, Chimären mit Schlangenhälsen oder mächtige Zauberer. Das Spielziel ist nie allzu schwer zu verstehen: Jeder Gegner muss der Reihe nach ausgeschaltet werden, damit der nächste an die Reihe kommt.

Und hier beginnt der Vergleich mit Nintendos Punch-Out!!-Serie, die Rage of the Gladiator ganz offensichtlich als Inspiration genommen hat. Jeder Gegner hat seine ganz eigenen Angriffsmuster und lässt diese der Reihe nach auf Prinz Gracius niederprasseln. Die Aufgabe des Spielers ist es, die Mimik und Gestik seines Gegenübers ganz genau zu studieren, die Attacken anhand dieser Betrachtungen vorherzusehen und dann angemessen schnell darauf zu reagieren. So ist eine Notfallhilfe zunächst einmal der Schild, der fast alles, was von vorne kommt, abblocken kann. Doch nur durch Blocken besiegt man keine Gegner: Stattdessen müsst ihr Angriffen geschickt ausweichen, um so verteidigungslose Momente des Gegners abzupassen und ihm dann eine Kombination aus Schlägen auf den Pelz zu donnern.

Zu den Ankündigungen von Attacken gehören auch kurze Sprachsamples in lustig-gruseliger Monsterstimmlage, die andeuten, von welcher Seite gleich welches Angriffsmuster kommt. Mutige können Angriffe übrigens auch ohne den Umweg des Ausweichens direkt kontern, allerdings ist das Zeitfenster für Reaktionen hier noch einmal wesentlich enger als sonst.

Genauso funktioniert es bekanntlich alles auch bei Punch-Out!! – und auch Spezialattacken sind hier dabei: Hat man eine bestimmte Anzahl an Schlägen gelandet, füllt sich rechts eine Leiste (bei Punch-Out!! bekäme man Sterne) und der Spieler kann eine ganz besonders mächtige Kombo loslassen, die dem Gegner einiges an Energie abzieht. Jeder Gegner muss gleich mehrmals zu Boden gebracht werden, wartet im Verlauf des Kampfes auch seinerseits mit Spezialattacken und bösen Überraschungen auf und liegt dann irgendwann am Boden. Ein Zeitlimit gibt es nicht.



Der Spieler wird nach jedem Kampf in aller Kürze bewertet, die Schlacht in Zahlen gefasst, und daraufhin bekommt man die Möglichkeit, seinen Charakter mit Kampfpunkten aufzurüsten, die man in Angriff (stärkere Waffen, längere Kombos), Verteidigung (Schadensregenerierung, bessere Rüstung) oder Spezialangriffe investieren kann. So lässt sich kämpferisch ein ganz eigener Stil kreieren. Ein gutes System, das an dieser Stelle auch nicht von Punch-Out!! abgeguckt ist.

Für die Steuerung hat Ghostfire Games gleich drei Varianten eingebaut: Bei der ersten handelt es sich um eine ganz klassische Knopfsteuerung mit quer gehaltener Wiimote, wie man sie auch von Punch-Out!! kennt. Sie funktioniert einwandfrei, schnell und problemlos und ist daher die am wenigsten umständliche Variante. Alternativ kann der Spieler seine Angriffe auch durch einfaches Wedeln mit dem Controller erreichen oder aber Wii MotionPlus anschließen. Der 1:1-Sensor wird allerdings nur im Ansatz beansprucht, weil er zu den horizontalen auch vertikale Schläge hinzufügt, die aber rein gar nichts zur Sache tun - an eine 1:1-Steuerung der Axt ist beispielsweise nicht zu denken.

Fazit:
Rage of the Gladiator ist ein solides, kompromissloses Kampfspiel für WiiWare, das Punch-Out!! heißen würde, wenn es sich in einem Boxring statt einer Arena abspielen und als Gegner nicht Monster, sondern Boxer anbieten würde. Spieler brauchen wie auch beim Nintendo-Vorbild Geduld beim Durchschauen ihrer Gegner, stets schnelle Reflexe und darüber hinaus Englischkenntnisse, wenn sie die Hintergrundgeschichte verstehen wollen. Eine Übersetzung gibt es nämlich nicht. So bleibt Rage of the Gladiator ein für WiiWare technisch sehr starkes und durchweg ordentlich entwickeltes Kampfspiel, das sich spielerisch allerdings natürlich auf das Nötigste beschränkt und keinerlei Zusatzfeatures oder Extras anbietet. Wer Punch-Out!! mochte, macht für 1.000 Punkte nichts falsch. Wer allerdings nicht auf langwieriges Gegnerdurchschauen und -analysieren steht, bekommt hier kein einfaches Draufbolzen geliefert und sollte sich den Kauf deshalb zweimal überlegen.

Von Tim Herrmann
WiiX Wertung: 8/ 10



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