WiiWare-Review von Andreas Held (mail) | 13.04.2010
Mit Mega Man 9 lieferte Capcom eines der umstrittendsten Spiele dieser Konsolengeneration ab: Während einige die Rückkehr zum 8-Bit-Stil als Geniestreich oder gar als Geschenk Capcoms ansahen, verschrieen andere den Titel als billige Geldmacherei. Unumstritten ist jedoch, dass sich das Jump'n'Shoot trotz seiner lauten Gegner blendend verkauft und eine Welle an Retro-Games losgetreten hat - von Konamis Rebirth-Reihe bis hin zu Neuentwicklungen wie Half-Minute Hero oder der Bit Trip-Reihe. Auch Capcom schläft natürlich nicht und legt eine Weile nach dem Erfolg von Mega Man 9 nach - mit dem zu erwartenden Nachfolger Mega Man 10.
Alter Stil, neue Ideen
Genau wie Mega Man 9 hält sich auch der zehnte Teil im NES-Look, ohne dabei über das Ziel hinauszuschießen - Relikte wie Slowdowns oder Sprite-Geflacker bleiben den Spielern also erspart, allerdings ist der Titel auch im 16:9-Modus nur mit Rändern spielbar. Das Gameplay orientiert sich nach wie vor an Mega Man 2 - das heißt, es gibt acht neue Endbosse und eine neue Festung zu bezwingen, in deren Rahmen Mega Man wie gewohnt die Waffen besiegter Endgegner absorbiert und dann selbst einsetzen kann, um möglicherweise Schwachstellen bei anderen Endgegnern aufzudecken. Fähigkeiten wie das Rutschen oder das Aufladen der Schüsse, die Mega Man ab dem dritten NES-Teil beigebracht bekam, hat er jedoch wieder verlernt.

Während sich am alten Stil nichts ändert, steckt der Titel im Detail voll neuer Ideen. Alleine Sheep Man sorgte im Vorfeld für viel Aufsehen, und beim Leveldesign hat Inti Creates ebenfalls gute Arbeit geleistet. Mega Man kämpft im Level von Strike Man in einem Stadion gegen Spindtüren und riesige Fußballtore, weicht auf den Straßen von Nitro Mans Level rasenden LKWs aus und flucht angesichts der Sandstürme in Commando Mans Wüstenbasis.
Capcom bietet diesmal für Neueinsteiger einen Easy-Mode an, der viele Fallen entfernt und die Angriffskraft aller Gegner ordentlich herunterschraubt, ohne lächerlich einfach zu werden. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad hat sich der zehnte Teil der Reihe dafür wirklich gewaschen, ist spürbar happiger als der direkte Vorgänger und insbesondere die acht neuen Robot Masters sind das wohl stärkste Oktett in der Geschichte der Franchise. Mega Man 10 setzt dabei im Gegensatz zu Teil 9 weniger auf unvorhersehbare Fallen, die sich nach etwas Auswendiglernen leicht umgehen ließen, sondern auf forderndes Leveldesign, das die Geschicklichkeit und Reflexe des Spielers fordert und nur bedingt durch simples Auswendiglernen zu meistern ist, auch wenn natürlich überall Tricks vorgesehen sind, die es einem ermöglichen, unbeschadet durch die Stages zu kommen.
An Spielmodi gibt es einen Time Trial-Modus, in dem ihr einzelne Level aus dem Hauptspiel mit nur einem Leben und auf Zeit spielen müsst, sowie einen komplett überarbeiteten Challenge-Modus. Hier spielt ihr diesmal eine Auswahl kleiner Mini-Level, die euch bestimmte Fähigkeiten abverlangen oder den Umgang mit einer Spezialwaffe beibringen. Der Modus fungiert außerdem als Übungsmodus, da ihr hier auch beliebig oft gegen die einzelnen Endgegner antreten könnt, ohne vorher das Level absolvieren zu müssen. Ebenfalls als Extra von Anfang an mit dabei ist Proto Man, der die verlorenen Fähigkeiten seines Bruders und einen Schild mitbringt, dafür aber auch doppelt so viel Schaden nimmt. Für 200 Wii-Points kann Bass als spielbarer Charakter hinzugekauft werden, und für jeweils 100 Wii-Points wird es im Laufe des Aprils drei Zusatzlevels für den Time-Trial-Modus geben.
Technisch darf angesichts des 8-Bit-Stils natürlich nicht sehr viel erwartet werden, auch wenn die Entwickler bei der grafischen Gestaltung ebenfalls viel Kreativität bewiesen haben. Einzig und allein der Soundtrack ist nach dem Release etwas in die Kritik geraten, wobei dies natürlich letztendlich Geschmackssache ist.
Fazit: Mit Mega Man 10 macht Inti Creates dort weiter, wo mit Teil 9 aufgehört wurde. Der Titel macht keinen Hehl daraus, ein direkter Nachfolger des WiiWare-Hits zu sein, erweitert das altbewährte Konzept aber sinnvoll und sorgt damit für mehr Einsteigerfreundlichkeit und dank der neuen Challenge-Level für mehr Umfang. Viel Neues wird jedoch nicht geboten, weshalb Franchise-Muffel oder Polygonfetischisten auch diesmal nicht hinter dem Ofen hervorgelockt werden können. Wer an Teil 9 Gefallen hatte, allerdings mit dem Schwierigkeitsgrad nicht zurecht kam, kann diesmal dank des optional leichteren Schwierigkeitsgrades trotzdem zuschlagen und Fans der Franchise werden Mega Man 10 ohnehin schon auf ihrer Wii haben, bevor dieses Review überhaupt das Licht der Welt erblickt. Ob nun Teil 9 oder 10 besser ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, denn die Titel liegen sehr nah beieinander. Wichtiger ist, dass Teil 10 keinen Fehlschlag darstellt, sondern wie bereits der neunte Teil ein sehr würdiger Vertreter der klassischen Mega-Man-Franchise ist.Zweite Meinung von Burkhart von KlitzingWir schreiben erneut das pixelige Jahr 20XX und die Story legt nach MM9 erneut eine Schippe Nonsens drauf. Leider scheint sich die Robotenza auch auf Intis Entwicklerräume ausgebreitet zu haben, denn auch wenn der blaue Bomber in seinem Zehnerjubiläum erneut mithilfe altbekannter Zutaten jede Menge Charme versprüht, will - zumindest bei mir - der Funken nicht mehr ganz so überspringen, wie er es noch bei Auftritt Nummer 9 tat. So wartet der Soundtrack mit dem einen oder anderen typischen Ohrwurm sowie einigen positiven Überraschungen auf, weckt aber ausnahmsweise keine Gedanken an den Kauf des OST. Fußballtore, fliegende Blaulichter und andere Stilbrüche haben nichts in einem Mega Man-Titel verloren, während andere Ideen wie die Mauszeiger in Sheep Mans Stage nicht zu Ende gedacht wurden und eher als einsame Randnotiz enden, denn ein stimmiges Setting auszufüllen. Zumindest sind einige der Bosse spielerisch fein designt und warten mit der richtigen Balance zu erlernender Muster und nötiger Reflexe auf und auch innerhalb der eigentlichen Stages findet sich für jede dröge Neuerung (Draisinen) ein kleiner Aha-Moment (Sandstürme). Erscheinen die Bosse anfangs noch gerade auch im Vergleich zu MM9 unfair und unberechenbar, so eröffnen sich doch immer wieder neue kleine Kniffe und letztlich lässt sich jeder Robot Master nur mit Mega Buster zerlegen oder mit der richtigen Waffe ohne Schaden in die Knie zwingen. Ebenfalls nett: Wo die Level in MM9 noch auf ein Minimum an Freiheit reduziert waren, sorgen jetzt gelegentliche Abzweigungen für ein gewisses Maß an Entdeckertum. Eine Antwort auf die Frage, warum allerdings zugunsten der spaßigen Challenge-Stages die Zahl der Achievements von 50 auf 12 gesenkt werden musste, obwohl man die alten ja einfach hätte zweitverwenden können, bleiben mir die Entwickler schuldig. Aber bevor ich die mit solchen Dingen nerve. will ich ihnen erst einmal eine Genesung von der Robotenza gönnen und mir noch einige Freitode - entschuldigung, Partien - in Mega Man 10.
Von Andreas Held
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