Retro Review von B. von Klitzing () | 19.06.2008
NCS - genau die NCS, die für das völlig abgedrehte Cho Aniki verantwortlich zeichnen - haben noch einen Horizontal Scrolling Shooter fabriziert? Und zwar sogar einen auf den ersten Blick strikt traditionell, ja fast schon bieder wirkenden? Und das soll nun tatsächlich noch jemanden auf der Shooter-überladenen Virtual Console interessieren oder gar begeistern? Die Antwort auf diese drei Fragen ist einheitlich: Ja.
Im Großen und Ganzen gibt sich Gley Lancer wie zig Kollegen. Steuert einen Raumgleiter geschickt an Objekten und Feinden vorbei und holt letztere per Beschuss vom Himmel. Drei große Unterschiede zum Einheitsbrei machen sich denn aber binnen Sekunden bemerkbar: Die Einsätze werden mit einer in Manga-Bildern nett präsentierten Story zusammengehalten, die Optik insbesondere der Hintergründe, gefällt nicht nur mit Liebe zum Detail und Abwechslungsreichtum, sondern auch mit astreiner technischer Ausnutzung der Hardware (ergo: Keine Slowdowns), und die Musik treibt den Puls in ungeahnte Höhen. Dazu gesellt sich eine gehörige Portion Abwechslungsreichtum im spielerischen Geschehen. Da bilden schon mal unzerstörbare Laserkanonen vor der untergehenden Sonne alle paar Sekunden eine unüberwindbare Barriere, während feindliche Gleiter vorbeihuschen, ein riesiges Raumschiff wird im All nach und nach in seine Einzelteile zerlegt oder ein enger Labyrinth-artiger Abschnitt scrollt schneller als gewohnt am Auge vorbei. Dazu kommen einfallsreiche Bosse, die auch mal das Spielfeld immer weiter begrenzen.
Ein kleiner spielerischer Kniff ist die freie Geschwindigkeitswahl. Auf Knopfdruck wechselt der Antrieb zwischen vier Stufen; so lässt sich wahlweise millimetergenau steuern oder rasant über den halben Schirm fegen. Ebenfalls gelungen sind die unterschiedlichen Waffensysteme, die aus den zwei begleitenden Satelliten heraus feuern. Einige erscheinen zunächst sinnlos, doch tatsächlich entpuppen sich Doppel-Vulcan, Flummi-Geschosse, Feuerwerfer, kurzer Laserstrahl und Co allesamt als nicht nur sinnvoll, sondern spaßig zum Experimentieren und Taktieren. Das wirklich herausragende Feature von Gley Lancer ist jedoch die Art, diese Satelliten zu kontrollieren. Was etwa bei Bio-Hazard Battle für Krämpfe sorgt, ist hier dermaßen intuitiv und vielseitig, dass man es nicht mehr missen möchte. Zu Beginn und nach jedem Continue lässt sich das grundsätzliche Verhalten der Helfer einstellen und je nach Wahl bleibt während des eigentlichen Spiels noch jede Menge Raum für Feingefühl. Lasst sie in eine von 16 Richtungen feuern und stellt diese Richtung jederzeit auf Knopfdruck fest. Feinde um Ecken, Gefahren von hinten, dicke Kreuzer schräg oben – all das stellt keine größeren Probleme mehr dar.
Fazit:
NCS’ Shooter ist mit elf Stages verhältnismäßig lang, es frustriert praktisch nie, fordert dennoch auch versierte Shooter-Fans, ebenso wie es Einsteigern Freude bereitet, es ist technisch eine kleine Meisterleistung und das grandiose Waffensystem fühlt sich schlichtweg „richtig“ an. Solange kein Thunder Force-Teil am Horizont zu erkennen ist, bleibt mir nur, eine absolute Kaufempfehlung für diesen Hori Shooter auszusprechen, zumal das nur in Japan veröffentlichte Originalmodul mit 80 Euro arg teuer ist, im Vergleich zu den 9 Euro in der Virtual Console.
Von B. von Klitzing
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