Retro Review von A.Held () | 24.12.2007
Hin und wieder gibt es Spiele, die keinem Genre eindeutig zugeordnet werden können. Ein gutes Beispiel hierfür ist sicherlich Actraiser, das teils Action-Jump'n'Run und teils Aufbausimulation mit RPG-Elementen ist, ein Genremix, der nur schwer klassifiziert werden kann. Manchmal gibt es aber auch Spiele, die derart abgedreht sind, dass sie gegen sämtliche Regeln verstoßen, die von den einzelnen Genres aufgestellt wurden und so stark aus der Reihe fallen, dass man sie absolut nicht zuordnen kann. Ein solcher Fall ist Unirally, das sich irgendwo zwischen Jump'n'Run, Rennspiel und einem frühen Tony Hawk's aufzuhalten scheint.
Die "Charaktere" von Unirally sind 16 verschiedenfarbige Einräder, die ihr zunächst frei benennen dürft - zumindest fast, denn bei den Namen "Sega" und "Sonic" weigert sich das Spiel, diese anzunehmen. Für jedes dieser 16 Einräder werden Fortschritt und persönliche Rekorde getrennt gespeichert. Habt ihr euch für eine Farbe entschieden, wählt ihr danach aus insgesamt neun Meisterschaften, von denen die meisten jedoch zunächst freigeschaltet werden müssen. Diese Meisterschaften sind wiederum in jeweils 5 Events unterteilt (zwei Etappenrennen, zwei Rundkursrennen und ein Stuntwettbewerb), in denen ihr insgesamt drei Rennen gegen die KI-Räder Bronsen, Silvia und Goldie gewinnen müsst, um entsprechende Medaillen zu gewinnen. Die einzige Ausnahme bilden die Stunt-Events, in denen die Medaillen für entsprechende Punktzahlen vergeben werden.
Steuern könnt ihr euer Einrad direkt über die Richtungstasten - alle Strecken präsentieren sich nämlich in einer streng zweidimensionalen Seitenansicht, weshalb ihr nur nach links und rechts fahren und springen könnt, um Fallen auszuweichen, die euch behindern. Somit wirkt Unirally zunächst wie ein Jump'n'Run, in dem es um eine möglichst schnelle Beendigung des jeweiligen Levels geht. Die Rennspielkomponente kommt erst durch die Stunts hinzu - je extremer eure Tricks, desto höher der Geshwindigkeitsschub bei der Landung. Damit ihr bei der enormen Spielgeschwindigkeit nicht die Kontrolle verliert, gibt euch die Farbcodierung der Strecke einige Hinweise: auf grün-blauen Streckenabschnitten könnt ihr springen und Stunts ausführen, so viel ihr wollt, färbt sich jedoch die Strecke in ein dunkles blau mit roten Streifen, solltet ihr euch auf schwierigere Segmente vorbereiten.
Das mag zwar vielleicht nicht sehr spannend klingen, aber es sei euch versichert, dass Unirally eine absolute Spielspaßgranate ist. Das liegt zum einen an der unglaublich hohen Spielgeschwindigkeit, die selbst Sonic wie eine Pferdekutsche für Rentner aussehen lässt, und zum anderen am absolut genialen Streckendesign, das wirklich alles aus der Spielidee herausholt. Auch den Schwierigkeitsgrad haben die Entwickler genau richtig erwischt - anfangs kann jeder ohne Probleme Fuß fassen, doch um Unirally wirklich durchzuspielen, sind extrem viel Übung und Nerven aus Draht nötig; dank der perfekten Spielbarkeit kommt trotzdem niemals Frust auf. Abgerundet wird das ganze von unglaublich vielen kleinen Details, von der genialen Musik bis hin zu den Einrädern selbst, die im Gegensatz zum Rest des Spiels komplett in 3D gerendert und absolut flüssig animiert sind, was auf dem SNES eine kleine Meisterleistung darstellt. Ein weiteres Highlight sind die ausgefeilten Multiplayermodi, in denen ihr ganze Ligen erstellen und verwalten und in Splitscreen-Rennen antreten könnt, ohne dass die Framerate auch nur Ansatzweise in die Knie gehen würde.
Fazit:
Trotz der hochkarätigen Konkurrenz zählt Unirally für mich zu den besten SNES-Spielen überhaupt. Der Titel war bei seinem Release absolut einzigartig und es gab auch nie wieder ein Spiel, das annähernd mit Unirally vergleichbar gewesen wäre. Der einzige Kritikpunkt, den man dem Spiel viellecht unterstellen könnte, ist das Fehlen eines Tutorials, das die ohne fremde Hilfe relativ schwer zugängliche Spielmechanik erklären würde. Dafür ist die Spielanleitung von Unirally aber wiederum das genialste und witzigste Handbuch, das jemals geschrieben wurde, und allein die Tatsache, dass dieses Stück Videospieleliteratur dem Spiel in elektronischer Form beiliegt, ist den Download schon fast wert. Lediglich der wirkliche kommerzielle Erfolg blieb, wie bei vielen anderen genialen und abgedrehten Spielen, aus irgendeinem Grund aus; zumindest die Entwickler konnten mittlerweile jedoch Weltruhm erlangen, denn Unirally wurde von niemand geringerem als Rockstar North (damals DMA Design) entwickelt, die mit GTA eine der größten aktuellen Franchises besitzen. Unirally ist eine einzigartige, fast perfekt umgesetzte Spielspaßgranate - von mir gibt es daher ohne Vorbehalte die Höchstwertung sowie eine uneingeschränkte Downloadempfehlung.
Von A.Held
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