Retro Review von B. von Klitzing () | 05.10.2007
Nach Gunstar Heroes und Dynamite Headdy beschenkt Trasure nun also Wii-Besitzer mit einem weiteren VC-Titel. Auf dem N64 hat sich die Kultschmiede - wie viele andere japanische Softwarehäuser - eher rar gemacht mit gerade einmal drei Spielen: Mischief Makers wurde von Enix gepublished und könnte somit wie schon Actraiser potentiell auf die VC gelangen, Bangai-Oh dürfte frühestens beim nächsten Hanabi-Festival dazu stoßen und Sin & Punishment dagegen verzückt westliche Fans asiatischer Action mittlerweile zum Preis von €12 (1200 Punkte).
Die Story erscheint anfangs dezent uninspiriert: In einer nahen Zukunft (Genauer gesagt: Im Jahr 2007, also quasi genau jetzt!) kämpft die Menschheit mit der Bevölkerungsexplosion. Den Ausweg aus dieser Krise sieht sie in der Entwicklung einer neuen Spezies, die als Nahrung dienen soll, sich aber schon kurz nach ihrer ersten Zucht in Japan erwartungsgemäß gegen ihren Schöpfer wendet. Eine stark ausgerüstete Einsatztruppe eilt herbei um das Problem zu bekämpfen, unterjocht aber ihrerseits wieder das geschundene japanische Volk, was eine kleine Gruppe von Widerstandskämpfern nicht auf sich sitzen lassen kann. Tatsächlich gewinnt die Geschichte jedoch schnell an Fahrt und weiß in Kombination mit dem Stil ein ums andere Mal zu fesseln. Riesige Mechs, sprechende Katzenkreaturen, surreale Umgebungen, Blutozeane und unzählige bewegte Objekte dargestellt mit stets flüssiger Framerate verzücken ebenso wie die für das N64 ungewohnte Menge an qualitativ hochwertiger Sprachausgabe.
Die verschiedenen spielbaren Charaktere seht ihr stets von hinten, während sie meistens automatisch nach vorne laufen, ähnlich dem Protagonisten der Space Harrier-Serie. Auf den schienenartigen Wegen lässt es sich nach links oder rechts bewegen, seitwärts rollen, springen oder natürlich angreifen. Entfernte Flugmonster, Kanonentürme oder Soldaten lassen sich dabei entweder manuell anvisieren oder per effektivem Lockon Feature aufschalten, bevor ihnen Geschosse entgegen fliegen. Alternativ schleudert ihnen ein Schwerthieb ihre Geschosse zurück oder es dient im direkten Nahkampf zur Gegnerbeseitigung. Die Steuerung funktioniert im ersten Moment zwar nicht so optimal wie auf dem N64-Controller (die C-Tasten fehlen merklich), lässt nach einiger Eingewöhnung aber keine Wünsche mehr offen, abgesehen von dem teils übermächtigen Schwert; ist ein Gegner zu nahe? Drückt wie wild auf den Angriffsknopf. Rückt eine Rakete näher? Macht das gleiche.
Von dem Zweispielermodus sollte man sich nicht zu viel erhoffen. Anstelle von rasanter Coop-Action mit zwei Charakteren oder spannenden Deathmatches bietet Treasure lediglich die Möglichkeit, dass ein Spieler die Bewegung kontrolliert, während der andere für das Fadenkreuz und die Attacken zuständig ist.
Der Preis von 1200 Punkten scheint im Vergleich zu anderen N64-Titeln für 1000 Punkte dreist wirken, doch Nintendo war so nett, die Menüs zu übersetzen und das Spiel so wesentlich einsteigerfreundlicher zu machen. Die Untertitel der Zwischensequenzen sind weiterhin auf Japanisch, doch angesichts der englischen Sprachausgabe fällt das kaum ins Gewicht.
Fazit:
Um soviel vorweg zu nehmen: Sin & Punishment ist als kurzer Arcade-Action-Titel ausgelegt, der zum mehrmaligen Durchspielen zwecks Punktejagd in drei Schwierigkeitsgraden animiert; das eigentliche Spiel ist nach knapp zwei Stunden beendet. Zudem sind Secrets wie neue Level, Charaktere oder Medaillen (siehe das einigermaßen ähnliche Lylat Wars) ein Fremdwort. Wer sich damit abfinden kann, erlebt ein erstklassigen Spielegenuss, der auf sämtlichen VC-Systemen einmalig ist. Atmosphäre, Optik, Sound, Sprachausgabe, Steuerung, Einfallsreichtum, Abwechslung und der „offene Münder“-Faktor, der regelmäßig einsetzt, zeugen einmal mehr von Treasures Talent. Spielt es, genießt den Kreuzer-Level und sagt mir dann, ihr hättet nicht gestaunt.
Von B. von Klitzing
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