Retro-Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 11.08.2008
Wenn es irgendwo ein Altersheim für ausgemusterte Konsolenmaskottchen geben sollte, dann findet sich dort neben Gex (3DO), Rayman (Jaguar), Crash Bandicoot (PSX) mit Sicherheit auch ein Kind namens Alex Kidd, das herumzetert wie die Senioren von den Muppets. Nicht genug damit, dass seine Vorzeigerolle bei Sega an Sonic weitergegeben wurde, nein, sein Ansehen wurde zudem mit drei weniger gelungenen Nachfolgern beschmutzt, bis sein erster und einziger Mega Drive-Auftritt Alex Kidd in the Enchanted Castle (2 Sterne in unserem Test) die Karriere des Langohrs unrühmlich beendete.
Im ersten Auftritt des jungen Helden, der den Namensanhang „in Miracle World“ trägt, ist die Welt zum Glück noch in Ordnung oder besser gesagt, die Welt für den geneigten Zocker. Alex’ Welt dagegen ist in großer Gefahr durch die Truppen eines fiesen Königs, den es selbstredend aufzuhalten gilt. Zu diesem Zweck springt Alex munter durch knuffig-bunte Welten, die im Gegensatz zur damaligen Mario-Konkurrenz sogar in alle Richtungen scrollten. Einige Abschnitte folgen der traditionellen links-nach-rechts-Formel, andere folgen dem Verlauf eines Bergs nach unten und wieder andere erfordern einen Flug nach links. Besonders spannend sind die Schlösser in deren Labyrinthen jede Richtung eingeschlagen werden sollte. Apropos einschlagen: Anders als Mario und viele Mitbewerber springt der Sega-Held dem Feindvolk nicht auf den Kopf, stattdessen streckt er sie ebenso wie Blöcke per Faustschlag nieder, was aufgrund der geringen Reichweite teils etwas frickelig sein kann, aber nie die nervigen Ausmaße der Mega Drive-Episode annimmt.
Zerschlagene Blöcke können nicht nur den Weg zu weiteren Plattformen öffnen, sie enthalten oft auch Geld, das in den verstreuten Shops gegen allerlei nützliche Dinge wie einen Kampfkraft verstärkenden Armreif, einen Motorroller oder gar einen Helikopter mitsamt Bordgeschütz. So kommt noch mehr Abwechslung in die ohnehin schon variantenreichen Stages. Mal zählen perfekt platzierte Sprünge, dann wieder gute Orientierung, Austüfteln einer raffinierten Falle oder gute Schwimmkünste. Ein nicht zu unterschätzender Nervfaktor ist, dass manchmal aber auch einfach Glück zählt: Bossduelle werden per Janken (Stein-Schere-Papier) ausgetragen, eine Niederlage resultiert im Tod. Hier empfehlen sich zum einen der Ball der Telepathie und zum anderen eine Komplettlösung aus dem Internet.
Fazit: Charme. Dieses Spiel versprüht so unheimlich viel davon, dass es merkwürdig erscheint, warum das Master System dermaßen erfolglos war, obwohl Alex Kidd in Miracle World sogar direkt in die Konsole mit eingebaut war. Die Musik dudelt fröhlich, während der Held an allerlei süßem Getier vorbei springt, Geldbeträge anhäuft, die unsereins neidisch machen, überlegt, welche Blöcke im Weg sind um an Objekte der Begierde zu gelangen – und letztlich wieder einmal über das Fehlen von Lebensenergie flucht. Die Schlagmechanik hilft nicht unbedingt dabei, den ohnehin hohen Schwierigkeitsgrad in Grenzen zu halten und die Janken-Einlagen nehme ich Sega übel. Trotzdem ist Alex Kidd eine gute Alternative zu den bisherigen VC-Jump ’n Runs und lässt endlich Enchanted Castle vergessen.
Von Burkhart von Klitzing
|