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Die Mario-Party-Party in Hamburg
Special von Tim Herrmann (mail) | 16.02.2012

Man nennt es wohl Hamburger Schietwetter, das zwei Redakteuren ins Gesicht peitscht, als sie sich an einem milden Dienstag auf den Weg zu einer recht einzigartigen Party an den Hamburger Landungsbrücken machen. Trotz Dunkelheit und Regen und Wind kann sich die Event-Location nicht lang vor neugierigen Blicken verbergen. Schon durch die beschlagenen Fensterscheiben blitzen leuchtende Gestalten, funkeln bunte Bildschirme. Power-Pilze und Item-Blöcke dekorieren die Fensterbank. Würde es zur Begrüßung wohl einen 1-Up-Pilz geben? Auf jeden Fall gab es den einen oder anderen heiteren Anblick. Zunächst bekommt jeder einen Aufklebe-Schnurrbart für die stimmige Atmosphäre. Für die Damen standen edle Diademe zur Verfügung.

Die Granden von Nintendo Deutschland hatten sich anlässlich dieses besonderen Anlasses aber geschlossen gleich in ihre feinste Abendgarderobe geworfen. Die PR-Managerin von Nintendo Deutschland führte ein knallpeachpinkes Ensemble samt passendem Diadem und blonder Haarpracht auf dem Catwalk zur Schau, während der Ansprechpartner für Fachpresse-Vertreter auf die zeitlose blaue Latzhose und standesgemäß auf den angeklebten Schnauzer vertraute – das Ganze natürlich in Kombination mit einem frech-frisch grünen Oberteil. Es war Mario Party-Party in Hamburg.



Der 9. Teil der Traditionsserie meldet sich zurück. Was 2005 oder 2006 keine größere Erwähnung wert gewesen wäre, wird jetzt mit einem ehrenhaften Event zelebriert. Erschienen vor dem Wii-Launch fast im Jahrestakt neue Minispielsammlungen mit Mario und Konsorten - mit teils stagnierender Qualität und Originalität - ließ Teil 9 schier unfassbare fünf Jahre auf sich warten. Geradezu unglaubwürdig wird diese Zahl, wenn man betrachtet, dass Mario Party 8 mit fast acht Millionen Verkäufen der mit Abstand erfolgreichste Konsolenableger der virtuellen Brettspiel-Minispiel-Party war und damit geradezu nach einem Nachfolger verlangt.

In fünf Jahren kann eine Serie sich ziemlich rabiat verändern - fünf Jahre bieten Gelegenheit, um festgefahrene Konzepte zu überdenken, neue Ideen zu entwickeln und frische Teams kreativ werden zu lassen. Genau das ist mit Mario Party 9 geschehen. Und so blickt das kritische Auge an diesem Abend der realgewordenen Mario Party auf einen von sechs Bildschirmen, über die die Vollversion des Titels flimmert, der am 02. März 2012 in Europa seine Weltpremiere feiern wird.

Doch bevor es wirklich losgehen kann - heller Aufruhr an der Elbe: Ein grunzender Affe, gehen wir einmal vom Ex-Urschurken Donkey Kong aus, stürmt mit wehenden Fahnen aus der Herrentoilette - und jagt einer kreischenden Prinzessin Peach hinterher, die der Entführung durch den brüllenden Primaten zunächst hinter den Fernsehern und dann inmitten der Bar entflieht, nur um sich dann schlussendlich in Richtung Buffet zu retten, das im gleichen Atemzug festlich eröffnet wird. Nur so viel: Pilze gibt es auch hier nicht zur Stärkung. Zum Glück.



Unterdessen beschwört Nintendo den Kampfgeist in jedem Mario-Party-Veteranen und bietet die Teilnahme an einem Gewinnspiel an, im Rahmen dessen vier lose Minispiele aus dem 80 Spielchen starken Portfolio absolviert werden wollen. Die sind übrigens schon von Beginn an alle freigeschaltet und bieten sich im Freien Modus zur Auswahl an. Auffällig: Die Minispiele vertrauen etwas weniger auf Bewegungssteuerung mit der Wii-Fernbedienung als andere Genrevertreter auf der Konsole. Die MotionPlus Sensoren werden im gesamten Spiel sowieso nicht verwendet. Dafür kommen jedoch vermehrt die traditionellen Knöpfe zum Einsatz, um etwa bestimmte Kommandos schnell nachzuahmen, Charaktere in einem Areal zu bewegen oder Aktionen durchzuführen, die früher vielleicht mit einem Schwung des Controllers funktioniert hätten.

Natürlich haben wir im Gesamtwettbewerb krachend verloren (jedenfalls krachend nicht gewonnen), gönnen dem Mario-Party-bewanderten und noch dazu als Tetris-Block verkleideten Partygänger den Gesamtsieg rückblickend aber wohlwollend. Unterdessen wagt sich die Party-Gemeinschaft an eine ganz klassische Partie Mario Party auf einem der neuen Spielbretter. Etwa eine halbe Stunde dauert die Party-Partie auf der Strand-Map, wo Spieler von einem Hai namens Hainz verfolgt werden oder auf Delfinen zu geheimen Punkten reiten können. Die Maps sind auch diesmal wieder bepackt mit allerhand Überraschungen. Alle vier Spielcharaktere bewegen sich gemeinsam in einem Wagen (oder in diesem Fall: Boot) über die Karte, sammeln aber trotzdem jeder für sich und gegeneinander Punkte ein. Als Punkte halten die Mini-Sterne her, die Quotenbösewicht Bowser sich auch diesmal wieder unter die Klauen reißen will.

In Dreier-, Fünfer- oder Zehnerpacks liegen sie lose auf der Map verstreut und werden von dem Spieler eingesammelt, der gerade mit Würfeln an der Reihe ist (das ist der Spielführer). Das bringt einerseits mit sich, dass man ab und zu die Sterne abstauben kann, an die der Mitspieler durch Würfelglück nah herangekommen ist. Andererseits wird dadurch auch ein gewisses Taktieren möglich, wenn die eigentlich ungünstigen 1-2-3-Würfel den Mitspieler möglichst lange möglichst fern vom nächsten Sternepaket halten können.

Ansonsten bleibt die Mario-Party-Formel in alter Frische erhalten: Ab und zu warten Versus-Minispiele auf die Partygänger, die mit nur ca. fünf zu gewinnenden Sternen aber etwas unterbewertet zu sein scheinen - zumindest im Vergleich zu dem, was sonst einfach auf der Straße herumliegt. Bosskämpfe sind da schon wesentlich ergiebiger: Spieler arbeiten gemeinsam gegen einen Gegner und pokern mit Bomben gegen einen Bob-Omb oder schleudern Koopa-Panzer auf einen Cheep Cheep. Am Ende zählt aber doch, wer den letzten Treffer landet und wer mit seinen Attacken insgesamt den meisten Schaden angerichtet hat. Anhand dessen werden am Ende die Siegessterne verteilt.



Für ein wenig Skepsis sorgt der relativ langsame und stockende Spielfluss. Jeder Zug wird noch einmal separat angekündigt, mit entsprechenden Animationen untermalt - und letztlich ist eine Bestätigung mit dem A-Knopf nötig. Wenn es dann über die Karte geht, bleibt das Vehikel stets kurz stehen, wenn es Sterne einzusammeln gibt, und widmet sich dem feierlichen stellaren Akquisitionsprozess mit einer kurzen Animation. Das alles dauert jeweils höchstens eine Sekunde und ist damit kaum erheblich, verlangsamt den Spielfluss jedoch trotzdem. In dieser Hinsicht ist dem Entwickler bei seinem direkt letzten Werk, Wii Party, schon eine zackigere Spielgeschwindigkeit und -Flüssigkeit gelungen.

Mario Party machte übrigens auch auf der ihm gewidmeten Party einmal mehr deutlich, dass einige Menschen einfach keine Glückspilze sind. Nur so lässt sich erklären, wie ein Vorsprung von 25 Ministernen in den letzten fünf Spielminuten einer Map sich noch in einen Rückstand von fünf Ministernen verwandeln kann. Der Endspurt in Mario Party scheint sich analog dem blauen Panzer in Mario Kart zu verhalten, der einen gefühlt regelmäßig kurz vor dem Ziel stoppt. Die gnadenlose Abrechnung am Ende kürt schließlich nicht nur den Gesamtsieger, sondern verteilt auch noch ein paar (vielleicht entscheidende) Extra-Sterne an die besten Minispielabsolventen und an denjenigen, der das Gemeinschaftsboot mit seinen Zügen am zügigsten vorangezogen hat

Nach dieser Party-Schmach bedarf es noch einer Abwechslung, um den Abend so angenehm ausklingen zu lassen, wie er begonnen hatte - und so schwenkt der Blick hinüber zur RPG-Ecke neben dem blinkenden, blitzenden Pilz-Königreich. Nintendo hat das bunte Mario-Party-Szenario nämlich mit den beiden düsteren JRPGs The Last Story und Pandora's Tower erweitert, beide in ihren deutschen Versionen. Die Lokalisierung scheint sehr gut gelungen zu sein. Die Sprachausgabe in The Last Story erinnert stark an das, was man bereits aus Xenoblade Chronicles kennt, und Pandora's Tower bleibt ein actionlastiger Dungeon-Crawler mit exotischer Liebesgeschichte und obskurer Spielatmosphäre, wie wir schon im letzten Jahr festgestellt haben. Für alles Weitere empfiehlt sich ein Blick in unsere Anspielberichte von der gamescom. In einer Woche bzw. in zwei Monaten erscheinen The Last Story und Pandora's Tower in Deutschland. Weniger lang müssen Fans auf PokéPark 2 - Dimension der Wünsche warten. Es kommt bereits am 23. März 2012, feierte ebenfalls abends mit und fügte sich farblich deutlich stimmiger ins Gesamtbild der Mario Party als die düsteren Rollenspiele um Monsterherzen, Verrat und epische Schlachten.



Die Erkenntnisse des Abends. Mario Party 9 ist eine erfrischende Partyspielsammlung, die gewohnte, klassische Ideen unaufdringlich mit neuen Aspekten mischt und auf entsprechenden geselligen Beisammensein (= Partys) sicherlich ihre Freunde finden wird. Und, nun ja, it's-a Mario - dagegen kommt Wii Party mit seinen Miis und der glatten Präsentation nunmal schwer an, obwohl es objektiv viele spielerische Parallelen zwischen den zwei Titeln aus dem Hause NdCube gibt. Zweite Erkenntnis: Schnurrbärte sind einfach Mist. Der ehrliche Respekt zum Ende dieses Artikels soll also dem oben angesprochenen Luigi-Imitator von Nintendo zuteilwerden, der das warme Wirrwarr den ganzen Abend lang unter der Nase (er)trug und es stolz zur Schau stellte.

Von Tim Herrmann



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