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Wii alles begann - Episode V
Special von Tim Herrmann (mail) | 08.12.2010

Die 5. echte Generation der Nintendo-Konsolen neigt sich langsam, aber doch sicher, ihrem Ende zu. Unter diesem Motto steht das vierte Jubiläum von Nintendos Wii-Konsole in Europa. Am 08. Dezember 2006 kam das System auf den Markt, den es danach weltweit grundlegend veränderte. Für uns ist der Jahrestag wieder einmal Gelegenheit, um in unserer „Wii alles begann“-Artikelreihe auf das Jahr zurückzublicken und zu analysieren, wie es jetzt weitergehen wird. Dabei reicht es diesmal nicht, nur einen Blick auf die Neuerscheinungen für das Geburtstagskind im Jahr 2010 zu werfen. Denn die Konkurrenz beeinflusst Nintendo zunehmend. Unsere Gedanken zur momentanen Situation lest ihr jetzt.

Time to Say Goodbye?
Die standardmäßige Laufzeit für Heimkonsolen bei Nintendo beträgt traditionell ca. fünf Jahre. Für Wii wäre demnach im Winter 2011 der Moment, um vor den Herrn zu treten, pünktlich zum 5. Geburtstag. Doch der traditionelle Konsolenzyklus ist seit dieser Generation komplett aufgebrochen und nicht mehr allumfassend heranzuziehen. Die HD-Konsolen werden es sicherlich noch einige Jahre aushalten, gerade mit den neuen Bewegungssystemen haben sich Sony und Microsoft ein Fundament für die nächsten Jahre konstruiert und werden mittelfristig keine neuen Konsolen auf den Markt bringen.

Und der Nintendo DS hat bewiesen, dass man es mit kontinuierlichem Software-Nachfluss und zahlreichen Hardware-Updates gut und gerne auf eine Lebenszeit von mehr als sechs Jahren bringen kann. Zudem sind die Hardware-Verkaufszahlen von Wii beileibe noch keinesfalls schlecht und immer noch auf vergleichsweise hohem Niveau – natürlich sind sie schon seit Monaten auf Abwärtsflug und die Konkurrenten gewinnen langsam an Boden, doch wer will von einer Konsole vier Jahre nach ihrem Launch eine Weiterführung der sensationellen Verkaufsrekorde erwarten, die Nintendo in den ersten Jahren aufstellen konnte?

Nintendo war 2010 so stark wie selten zuvor: Mit Super Mario Galaxy 2 brachte man eines der besten Spiele des Jahres mitten im Sommer auf den Markt.

Darüber hinaus wird das Jahr 2011 erst einmal klar im Zeichen des neuen Nintendo-Handhelds, des Nintendo 3DS, stehen. Die neuartige Technik wird aufwändiges Marketing verlangen, zumal der Preis mit ca. 250€ - 300€ verhältnismäßig hoch angesetzt sein wird und man die Kunden intensiv von dem neuen Produkt und vor allem der Technik dahinter überzeugen muss. Viel spricht also dagegen, dass 2011 schon eine neue Heimkonsole von Nintendo in den Regalen scheint. Doch ein sehr entscheidender Faktor, der sich immer stärker in den Vordergrund stellt, lässt all diese Faktoren mehr und mehr verblassen.

Die Dritthersteller sagen: „Winke-Winke“
Die Dritthersteller verabschieden sich langsam immer zahlreicher von Nintendos Konsole. Bei der Betrachtung dieser Behauptung muss man wieder den Zeitverzug der Softwareentwicklung betrachten. Was wir jetzt gerade in den Regalen sehen, ist das Ergebnis der Planungen aus dem Jahr 2008. Schon 2008 hatten viele Entwickler mit Problemen bei den Wii-Verkaufszahlen zu kämpfen, sie setzten vorsichtshalber auf starke Namen und große Franchises. Das Ergebnis stand dieses Jahr in Form von Sonic Colours oder von Epic Mickey, von GoldenEye 007 oder von Silent Hill – Shattered Memories in den Regalen.

Wenn man allerdings prognostizieren will, was 2011 von den Drittherstellern kommen könnte, muss man wiederum auf die Geschäftsentscheidungen der Publisher aus dem Jahr 2009 blicken. Das Jahr, in dem Dead Space Extraction floppte, das Jahr, in dem Little King’s Story floppte, das Jahr in dem Need For Speed Nitro, Spyborgs, Cursed Mountain, Overlord – Dark Legend oder Deadly Creatures floppten, allesamt gute bis sehr gute Exklusivtitel, die den Entwicklern und Publishern teilweise sogar Verluste einfuhren.

EA hat seine Strategie bereits in diesem Jahr merklich geändert: Exklusiventwicklungen wagt man kaum mehr. Die Need-For-Speed-Reihe beispielsweise wurde wieder einfach schlecht portiert, Konzepte wie Create oder Die Sims 3 gleich von Anfang an als Multiplattform-Entwicklungen angelegt. Und von Capcom kam nach Monster Hunter 3 (mit Ausnahme vom portierten Sengoku Basara) schlicht und ergreifend gar nichts mehr. Besonders Capcom macht auch keine Anstalten, in irgendeiner Form noch einmal in Nintendos Konsole zu investieren. EA (Sports) verabschiedet sich ebenfalls von Exklusivem und Ubisoft hat seinen guten Glauben mit Titeln wie Tom Clancy’s Ghost Recon und H.A.W.X.2 und Prince of Persia – The Forgotten Sands zwar bewahrt, fällt aber mit einem Titel nach dem anderen auf die Nase, der nichts mit den Rabbids oder mit Just Dance zu tun hat.

Capcoms wohl letztes Engagement für Wii und damit wohl symptomatisch für die Drittherstellersituation auf Wii: Monster Hunter 3

Nintendo springt ein
Gleichzeitig hat Nintendo 2010 allerdings das stärkste Jahr der Wii-Historie hingelegt. Nach einem glanzlosen Jahresbeginn überraschte man bei einem Medienevent im Februar mit einem Sommerlineup, das seinesgleichen suchte: Mit Sin & Punishment 2 füllte man den Frühling, mit Super Mario Galaxy 2 lieferte man eines der besten Spiele aller Zeiten mitten im vermeintlichen Sommerloch ab, mit Metroid – Other M einen Hochkaräter zu Beginn des Herbstes. Zumindest in den USA fuhr man dann mit Kirby’s Epic Yarn fort und begeisterte mit Donkey Kong Country Returns. Und für nächstes Jahr lauert dann natürlich auch noch The Legend of Zelda – Skyward Sword im Hintergrund, das auf einer insgesamt beeindruckenden E3-Pressekonferenz vorgestellt wurde.

Zelda ist bislang allerdings auch das einzig Große, was 2011 verheißt. The Last Story, das viel versprechende Rollenspiel von Mistwalker, ist noch nicht für Europa und die USA angekündigt. Aber Nintendo selbst weiß natürlich auch um die kritische Drittherstellersituation, die sich 2011 nicht wie durch Geisterhand verbessern wird. Deswegen ist es durchaus wahrscheinlich, dass der Marktführer auch im nächsten Jahr noch viele überraschende Neuankündigungen aus klassischen Franchises wie Star Fox auf den Markt bringt. Und mit Wii Relax und dem Vitality Sensor hat man auch noch ein großes Projekt für die neuen Zielgruppen in der Hinterhand. Um Nintendo muss man sich momentan keine Sorgen machen.

Move und Kinect machen Druck
Und dann sind da natürlich auch noch Sony und Microsoft, die Nintendo zu Höchstleistungen bei der Spieleentwicklung zwingen. Die Bewegungssysteme sind jetzt beide auf dem Markt und machen keinen Hehl daraus, dass sie ein möglichst großes Tortenstück von Nintendos Marktanteile wollen. Sony vermarktet Move gezielt als Wii-Upgrade mit ähnlichem Software-Lineup und gleicher Funktionalität. Microsoft unterdessen beansprucht den Originalitätsfaktor für sich und präsentiert Kinect als Videospielrevolution - und das Marketingkonzept geht scheinbar auf, Kinect spricht immer mehr unerfahrene neue Kunden an. Ob Nintendo dadurch tatsächlich unter Druck gesetzt werden kann, müssen die Verkaufszahlen zeigen. Denn ob sich der typische Wii-Sports-Spieler eine neue HD-Konsole kauft, nur um dann dort die altbekannte Wii-Spielepalette in etwas anderer Form spielen zu können, bleibt unklar. Zumal beide Systeme (wie wir bereits Mitte des Jahres in einem Special geklärt haben) wieder ganz bei 0 anfangen und die gleichen Kinderkrankheiten haben wie Wii 2006. Die größere Gefahr besteht in einem Einbruch bei den Neukäufen: Wenn sich unerfahrene Gelegenheitsspieler, die momentan noch keine Konsole haben, zu Weihnachten lieber eine XBOX360 mit Kinect wünschen, könnte Nintendo ernstere Probleme bekommen.

Jetzt ist auch die Konkurrenz auf dem Markt: Kann sie Nintendo unter Druck setzen?

Zögerlich bei 1:1-Steuerung
Für eine neue Konsole ist es also irgendwie noch zu früh für Nintendo. Der Nintendo 3DS wird 2011 alle Anstrengungen in Anspruch nehmen, sodass eine weitere Produkteinführung im gleichen Jahr Nintendo an seine Belastbarkeitsgrenzen bringen würde. Gleichzeitig ist es aber möglicherweise auch schon zu spät, um Wii noch einmal wirklich neu zu beleben. Die Dritthersteller sind demotiviert und machen keine Anstalten, im nächsten Jahr noch mit neuen Großprojekten auf Wii ihr Glück versuchen zu wollen. Nintendo selbst kann nur noch mit Wiederbelebungen der eigenen großen Franchises dienen, um nicht auch noch die letzten traditionellen Fans zu verlieren, die man spätestens zum Start der nächsten Konsole wieder dringend braucht. Gleichzeitig macht Nintendo aber auch keine besonderen Anstrengungen bei der einzigen Möglichkeit, Wii noch einmal neu interessant zu machen: Mit der 1:1-Steuerung.

Ja, man hat die Wii-Remote Plus auf den Markt gebracht, die jeden Controller mit 1:1-Fähigkeiten ausstattet. Ja, es wird mittlerweile keine Wii-Konsole und kein Controller mehr ohne Möglichkeit zu 1:1-Steuerung verkauft. Aber all das sind nur Lippenbekenntnisse, wenn die einzigen Spiele für Wii MotionPlus Wii Sports Resort, Red Steel 2 und viel später auch The Legend of Zelda bleiben. Hier ist der Marktführer selbst eindeutig zu zögerlich. Denn nachdem auch Red Steel 2 hinter den Erwartungen zurückblieb, geht natürlich keiner der ohnehin verschüchterten Third Partys das Risiko einer weiteren Exklusiventwicklung ein, die keiner kauft.

Nintendo müsste sich trauen und eigene große MotionPlus-Projekte auf den Markt bringen: Ein simples FlingSmash erfüllt seinen Zweck zur Verbreitung der Wii-Remote Plus zwar, sorgt aber nicht für bessere Akzeptanz der 1:1-Steuerung. Und wenn The Legend of Zelda – Skyward Sword im nächsten Jahr (wohl eher gegen Ende) erscheint, neigt sich die Wii-Generation wirklich langsam ihrem Ende zu. Denn eine Wii-Zukunft über das Jahr 2012 hinweg ist nicht besonders realistisch. Dann nützt es nichts mehr, wenn 1:1-Steuerung bis zu diesem Zeitpunkt auch unter Fans voll akzeptiert ist.

Der größte Titel für Wii MotionPlus: Aber wie will Nintendo die 1:1-Steuerung bis zum Release von The Legend of Zelda - Skyward Sword irgendwann 2011 weiter unterstützen?

Nichts zu meckern, aber ein wenig zu befürchten
Im Rückblick auf 2010 haben Fans also eigentlich nichts zu meckern. Nintendo hat sie mit den brillanten Spielen versorgt, für die man sich traditionell eine Nintendo-Konsole kauft, und einige Dritthersteller warteten mit sehr guten Ergebnissen auf, besonders am Ende des Jahres. Nichtsdestotrotz wird es jetzt spannend sein, den Verlauf des nächsten Jahres zu beobachten. Von großem Drittherstellerengagement ist nichts zu erkennen, die Verkaufszahlen der Konsole sinken unaufhörlich, die Konkurrenz dringt mit niedrigen Konsolenpreisen, ähnlichen Spielen und teilweise besserer Technik in den bisher von Nintendo dominierten Markt ein. Dass Nintendo schon ein neues Konsolenkonzept in der Hinterhand hat, ist klar. Doch wann man es vorstellt und wann man es die aktuelle Wii-Konsole ablösen lässt, ob man vielleicht doch noch auf ein Hardware-Update setzt, das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Von Tim Herrmann



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