Blamagen & Erfolge
von Lars Peterke, NintendoWiiX.net
Die diesjährige E3 lässt mich zwar hier und dort mit gemischten Gefühlen zurück, war aber ansonsten ein voller Erfolg. Über Nintendo gibt es da generell wenig Negatives zu berichten. Die vielen Neuvorstellungen für Wii konnten allesamt überzeugen und sind auch gar nicht so weit entfernt. Metroid: Other M dürfte jetzt ziemlich sicher für einen Europa-Release Anfang September gesetzt sein und auch Kirby sowie das absolut überzeugende Donkey Kong Country Returns flattert schon in diesem Herbst bzw. Winter in unsere Häuser. Da war Zelda schon fast eine Enttäuschung. Denn obwohl man wirklich tolle Gameplay-Ideen und eine kreative Steuerung vorzuweisen hatte, war die Releaseverschiebung auf Anfang 2011 und die wirklich nicht sehr beeindruckende Grafik ein ziemlicher Wermutstropfen. Es wird sich zeigen, inwieweit Zelda: Skyward Sword im Endeffekt überzeugen kann. Doch sollte es sich zu Gunsten der anstehenden Titel erst einmal wieder bedeckt halten, habe ich damit nicht wirklich ein Problem.
Auch der Nintendo 3DS ist eine nette Idee. Im Lineup tauchen lauter starke Titel auf, doch dürften die meisten davon mit Ausnahme von Kid Icarus hauptsächlich aufpolierte Remakes sein. Besonders im Falle von Metal Gear Solid und Resident Evil sollten wir hier keine vollwertigen Titel, sondern wohl eher Remakes erwarten, schätze ich. Die einzige bleibende Frage ist, wie Nintendo seinen neuen Handheld verkaufen will. Denn bisher vermittelt man eher den Eindruck, der Nintendo 3DS sei nur ein weiteres Update des Nintendo DS. Hier muss Nintendo noch viel Überzeugungsarbeit leisten und am Marketingkonzept feilen. Fingers Crossed für das Post-E3-Event.

Zählen mit ihrer Software-Flut definitiv zu den E3-Erfolgen: Nintendo
In Sachen Microsoft und Sony machten sich hingegen Ernüchterung bei mir breit. Wurde das "Project Natal" (Jetzt "KINECT" getauft) im letzten Jahr noch als innovative Idee gefeiert, hat man sich in diesem Jahr schlicht und ergreifend auf ganzer Linie blamiert, indem man das neue und mit Sicherheit nicht sehr preisgünstige Stückchen Hardware mit komplett seichten Titeln präsentierte. Wer um Himmels Willen will ein Heidengeld für Zusatzperipherie ausgeben, die es ihm ermöglicht, einen wirklich, wirklich gruseligen und hässlichen Tiger zu streicheln? Ich jedenfalls nicht. Und ich möchte auch kein Geld ausgeben, um mir die neusten Ableger der Cashcow-Franchises ins Haus zu holen. "Call of Duty: Black Ops" verursachte bei mir mehr Gähner, als ein Schweizer Käse Löcher hat. Völlig unverständlich also, wieso Microsoft die Sparte "Live Arcade" komplett außen vor gelassen hat, obgleich jedem klar sein dürfte, dass es auf dieser Plattform eine Menge herausragender Gaming-Perlen zu finden gibt. Da war der Deal mit der ESPN nur die Spitze des Eisberges. Hier hatte man eigentlich damit gerechnet dass Microsoft es schafft, den Streaming-Anbieter HULU an Bord zu holen.
Bei Sony habe ich dann irgendwann weggeschaltet. Zurecht, denn alle nachträglichen Zusammenfassungen der Konferenz lasen sich wie ein gediegenes Kaffekränzchen. Allerdings muss man Sony zumindest zugute halten, dass man Microsofts KINECT mit Playstation Move bereits überholt hat. Das hier Gezeigte wirkte etwas ausgereifter. Die 3D-Spielereien hingegen dürften nur etwas für die Highend-Käuferschicht sein und nichts für den breiten Markt. Gemischte Gefühle also auf dieser E3, je nachdem welchem Lager man denn angehört.
Kalter Krieg im Handheld-Sektor
von Jakob Koch, PlaystationPortable.de
Als Anhänger der Playstation Portable ist die diesjährige E3 für mich leider ein totaler Reinfall. Nintendo hat mit seinem schmucken 3DS vorgemacht, wie man dem etwas eingeschlafenen Handheld-Sektor wieder neues Leben einhaucht - 3D ohne den Einsatz von Brillen dürfte in der Zielgruppe bestens ankommen. Doch was macht Sony? Anstatt eine neue PSP anzukündigen werden lediglich einige Spiele für die aktuelle Generation gezeigt...
Keine Frage: Unter den gezeigten Titeln befanden sich einige Hochkaräter - doch ist es nicht eher so, dass man mit diesen Titeln die verbliebenen PSP-Spieler bei Laune halten möchte, bis endlich so etwas wie ein Nachfolger zur aktuellen PSP vorgestellt wird? Die Frage nach dem „Wann“ bleibt auch nach der E3-Pressekonferenz unbeantwortet – Gerüchte im Vorfeld hatten bereits angedeutet, dass Sony sich bis zur Gamescom im August oder sogar der Tokyo Game Show im September Zeit lassen wird. Aber ist es dann nicht schon zu spät? Nintendo wird bis dahin weitere Spiele präsentieren, vor allem aber werden die Dritthersteller ihre Spiele ins rechte Licht rücken.

Enttäuschung: Sony spart sich den PSP-Nachfolger bis auf unbestimmte Zeit auf.
Bisher hat sich lediglich Sony-Chef Kaz Hirai dahingehend geäußert, dass man bei Sony den Einsatz von 3D bei Handhelds als weniger sinnvoll erachtet - ob man damit allerdings den richtigen Weg einschlägt? Nintendo hatte bereits mit der Wii gezeigt, wie man komplett neue Käuferschichten erobern kann und erst jetzt zieht Sony mit Playstation Move nach. Vielleicht sollte man bei der nächsten Handheld-Generation dem Spürsinn von Nintendo mehr Beachtung schenken.
Die einen bei 0, die anderen drei Schritte voraus
von Tim Herrmann, NintendoWiiX.net
Die E3 2010 wird als die Messe in die Annalen eingehen, auf der Microsoft und Sony zeitgleich ihre ganz eigene Ära der Bewegungssteuerung einläuteten. Bei den Pressekonferenzen legte Nintendos Konkurrenz den Fokus auf die Hampelkamera Kinect (normals Natal) und auf den Wiimote-Klon PS Move. Diese eher abwertend klingenden Begriffe sind erst einmal nicht unbedingt als solche gemeint, aber tatsächlich müssen die neuen Systeme erst einmal beweisen, was sie wirklich können oder vor allem wollen. Bislang betreiben Microsoft und Sony lediglich Geschichtswiederholung und machen exakt das, was Nintendo 2006 mit Wii vorgemacht hat. Beide Systeme haben schon ihre eigene Sportspielsammlung, beide bekommen eigene Fitnessspiele, beide wimmeln schon jetzt vor Casual-Konzepten und Minispielsammlungen.
Tatsächlich war besonders die Präsentation von Microsoft wenig überzeugend. Fast nichts wurde live gespielt, man bewegte sich nur zu bereits fertigen Videos und legte viel Augenmerk auf den Lifestyle-Effekt, der permanent durchscheinen musste. Dazu kam, dass das System bisher nicht den Eindruck macht, dass mit ihm Spiele möglich sind, die genaue und schnelle Steuerung erfordern. Nintendo unterdessen präsentierte sich auf der Messe fast erhaben und machte auf seiner Pressekonferenz deutlich: „Wir sind der Konkurrenz drei Schritte voraus“. Und tatsächlich: Nintendo sparte sich den Vitality Sensor, kündigte auch ansonsten keinerlei Verbesserungen der Wii-Hardware an und setzte stattdessen voll und ganz auf neue Spiele mit starken Namen, die bisher sehr viel versprechend wirken. Und mit dem Nintendo 3DS bringt man eine technische Innovation auf den Markt, die man mit den stärksten Spielemarken unterstützt, die das Haus Nintendo überhaupt zu bieten hat.

Haben sich mit albernen Nintendo-Moves angefreundet: Microsofts mit Kinect.
Kurzum: Während Microsoft und Sony nun in den kommenden Monaten hart arbeiten und zeigen müssen, ob sie ihre bisherige Klientel gleichberechtigt unter einen Hut kriegen mit dieser mysteriösen und unberechenbaren Masse der Casual-Gamer, die Nintendo für sich gewonnen hat, findet Nintendo zu seinen großen Franchises und seinen traditionellen Stärken zurück. Man hat eine Menge toller Titel in Entwicklung, bringt mit dem Nintendo 3DS eine große technische Innovation auf den Markt und ist der Konkurrenz – in der Tat – bereits mehrere Schritte voraus, die jetzt mit ihren eigenen Systemen bei 0 wieder anfängt.
Diesmal noch gewaltiger: Nintendos Input-Flut
von Jakob Nützler, PlanetDS.de
Vermehrt war zur E3 der Superlativ-Slogan „Beste E3 für Nintendo“ zu vernehmen - kein Wunder, zeigte der Konzern doch Software en masse, die puren Spielspaß und gewohnt gutes Gameplay versprechen. Mit dem 3DS ließ man die festgefahrene Konkurrenz gleich in einer anderen Dimension zurück, grandios! Journalisten aus aller Welt freuten sich einen Ast, z.B. im zusammengeschusterten 3D-Metal Gear die Kamera schwenken zu lassen - so albern es klingt, man kann es ihnen nicht verübeln. Bei neuen Geräten erliegt halt jede Objektivität erstmal der kindlichen Neugierde.
Doch der Hype um den starken (Hand)Helden der 3D-Zukunft verdrängte gerade den aktuellen Nintendo DS in die letzten schmutzigen Ecken des L.A. Convention Centers, wo sich Professor Layton und Pokémon Ranger nur noch über müde Seitenblicke freuten... Schade, wie ich finde. Die Luft scheint auch dem DSiWare-Service auszugehen, zumindest was die Messepräsenz 2010 anging: Nicht einmal von Download-Hits wie Shantae: Risky's Revenge gab's eine Spur. Für den dicken Dimensionswechsel mit Lineup-Brechern wie Paper Mario, Mario Kart und Zelda: Ocarina of Time muss eben einfach Platz geschaffen werden - und der 3DS scheint ihn sich bereits genommen zu haben. Nintendos Wii hingegen braucht sich momentan keine Sorgen zu machen, vom jüngeren Zwillingsbruder mit HD-Features oder Gaming-Handschuh eingeholt zu werden, denn Zelda, Metroid, Donkey Kong und Kirby stärken der Design-Konosle den Rücken - und verbannen Casual-Gedanken erstmal ins stillgelegte Wii Fitness-Studio.

Endlich anfassen, das Teil! Für den 3DS standen sämtliche Journalisten Schlange.
Insgesamt war's eine erfolgreiche Messe mit vielen blinkenden Lichtern (allein die 3DS-Armada während der Pressekonferenz glich einem kleinen Laternenumzug) und dem richtungsweisenden Konflikt: Bewegungssteuerung nimmt Überhand vs. 3D-Technik und andere Spielereien. Wer gewinnt, dürfte sich u.a. mit dem 3DS und der PS3 zeigen - wir sind jedenfalls wieder hellhörig und spielen dann Schiedsrichter. Oder einfach nur die Spiele.