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E3 2010: Die Pressekonferenzen der drei Großen
Special von Andreas Held (mail) | 16.06.2010

Wie jeden Sommer war es auch 2010 mal wieder soweit: Die E3 startet in Los Angeles und alle großen Publisher werden zu ihren obligatorischen Pressekonferenzen gerufen. Wie in den Jahren zuvor sitzen Gamer in aller Welt vor den Bildschirmen, um das Gezeigte danach in der Luft zu zerreißen. Wir haben mitgemacht und liefern euch nun in einem über den Tellerrand blickenden Artikel unsere Eindrücke zu den Konferenzen der drei wichtigen Konsolenhersteller.

Microsoft: "Man spielt einen Mann, der schießt. Außerdem haben wir jetzt auch Wii Sports!"
Bereits vorgestern leistet sich Microsoft den Einstand und legt die Messlatte nicht sehr hoch. Die Konferenz beginnt mit (Ego-)shootern von der Stange: Call of Duty - Black Ops, Halo Reach und Gears of War 3 sind technisch sauber, bieten spielerisch jedoch nichts, was man nicht schon seit Jahren kennt. Große Neuankündigungen gibt es nicht.

Danach folgt eine lange Dürreperiode, in denen nicht über Spiele geredet wird, aber immerhin auch nicht über Verkaufszahlen. Stattdessen wird Kinect gezeigt, das neue Bewegungssteuerungs-Gimmick von Microsoft, das vor einem Jahr noch Project Natal hieß. Ein Mitarbeiter redet lange darüber, wie man die neuen Menüs mit Sprachsteuerung bedient, und Zuschauer in aller Welt fragen sich, was an dem Sprachkommando "Xbox? Play!" jetzt so viel einfacher sein soll als am einfachen Drücken eines Knopfes auf der Fernbedienung. Die Antwort folgt auf den Tritt: "You no longer have to remember which button is pause, or which is rewind!" Ich lehne trotzdem dankend ab, schon alleine, weil es mir peinlich wäre, mich in Zukunft mit meinem Wohnzimmer unterhalten zu müssen. Es folgen Demonstrationen eines Video-Messengers sowie das Ansehen von Sportübertragungen.

Als es endlich zurück zu Spielen geht, beginnt eine kleine Blamage. Microsoft präsentiert für Kinect ein Spiel, in dem man mit Tierbabys interagieren kann, eine Sportspielesammlung mit sechs Disziplinen, einen Fitnesstrainer und einen Kart-Racer. Kaum ein Spiel wird wirklich live gespielt, meistens bewegen sich die Spieler einfach choreografiert zu Videos. Alle Spiele erinnern frappierend an ihre von Nintendo entwickelten Vorbilder. Einzige eigene Idee ist Kinect Adventures, das jedoch auch nicht über den Status einer Minispielesammlung hinauskommt. Selbst Forza Kinect wird anhand eines Fahr-Minispiels präsentiert und danach demonstriert Turn 10 eindrucksvoll, wie man riesige Entwicklungsbudgets auf Blendereien verschwenden kann, die keinen spielerischen Belang haben.

Zu guter Letzt folgt die Ankündigung eines neuen Xbox-Modells, das etwas kleiner ist und angeblich viel leiser als die bisherigen Modelle. Ob die neue Xbox 360 immer noch regelmäßig wegen Überhitzung kaputt geht, wird dagegen nicht gesagt. Dafür verkündet man, bereits mit der Auslieferung begonnen zu haben, und jeder der im Studio anwesenden Gäste bekommt eine Konsole geschenkt. Zum ersten Mal während der gesamten Konferenz gibt es lauten Applaus und dann war es das auch.

Nintendo: "Und ihr dachtet, wir zeigen Partyspiele und den Vitality-Sensor!"
Eine ausnahmsweise richtig gute Konferenz sehen wir von Nintendo. Man beginnt sofort mit Zelda: Skyward Sword, bei der Präsentation gibt es aber Probleme: Statt eindrucksvolles Bogenschießen mit 1:1-Steuerung zu demonstrieren, schaut Link den Boden an und dreht sich im Kreis, obwohl Miyamoto persönlich den Controller in der Hand hält. Man schiebt diese Peinlichkeit auf Interferenzen, zieht die Präsentation aber zumindest durch und zeigte nicht einfach ein Gameplay-Video wei Microsoft. Wahrscheinlich war Wii MotionPlus nicht kalibriert.



Danach beginnt eine Konferenz, mit der wohl niemand gerechnet hätte: Nach einem schwachen Start mit Wii Party und einer Sportspielesammlung mit Mario steigert sich Nintendo immer weiter. Mit Golden Sun und Metroid: Other M werden gute Titel gezeigt, die man bereits kennt, aber zumindest gibt es neues Material. Ansonsten scheint Nintendo alle Gerüchte bestätigen zu wollen, die sich in letzter Zeit aufgetan haben: Ein GoldenEye-Remake wird angekündigt, das mysteriöse Kirby-Spiel endlich enthüllt und es gibt einen neuen Donkey-Kong-Country-Teil von den Retro Studios.

Danach wird die Konferenz wieder etwas vorhersehbarer und der Nintendo 3DS wird gezeigt. Wer nun denkt, die Konferenz verliert an Fahrt, irrt sich aber: Stattdessen beginnt ein echtes Schaulaufen, denn alles, was Rang und Namen hat, entwickelt für den 3DS. Konami bringt Metal Gear Solid, Capcom bringt Resident Evil, von Square-Enix kommt Kingdom Hearts und von Tecmo ein Dead or Alive-Teil. Der wirkliche Knaller ist jedoch die Enthüllung eines neuen Kid Icarus-Spiels, das in einem eindrucksvollen Trailer gezeigt wird und die seit Jahren andauernden Schreie nach einem Nachfolger abklingen lassen sollte.

Es ist also fast schon seltsam, dass ausgerechnet der neue Zelda-Teil, nicht zuletzt aufgrund der schief gelaufenen Präsentation, fast schon in den Schatten der anderen Neuankündigungen abdriftet. Ebenfalls positiv aufgefallen ist, dass mit Wii Party nur ein einziges wirkliches Casual-Game gezeigt wurde und der Wii Vitality Sensor komplett unerwähnt blieb. Damit hat wohl niemand gerechnet, und obwohl man immer noch berechtigte Fragen nach Pikmin, Xenoblade oder The Last Story stellen kann, hat Nintendo definitiv mehr als genug gezeigt: Ein Spiel nach dem anderen, und jedes davon verdiente sein Zeitfenster.

Sony: "Wir wissen ehrlich gesagt gar nicht so recht, was wir hier sollen."
Last and least folgte Sony, die insgesamt den Eindruck machten, etwas hilflos gewesen zu sein bei der Aufgabe, eine zweistündige Konferenz zu füllen. Die Konferenz begann außerdem sehr weltfremd: Keine zwei Stunden nach der Präsentation behauptete Sony, die PlayStation 3 sei das einzige Gerät, das nativ 3D darstellen kann - dabei stimmt das nicht mal, denn das kann nur der 3DS, die PlayStation 3 benötigt zusätzlich einen sündhaft teuren Fernseher. Ungeachtet davon ist Yamauchi davon überzeugt, dass 2010 als das Jahr in Erinnerung behalten wird, in dem Sony 3D in die Welt des Gamings brachte. Ebenfalls lustig: Das komplette Publikum muss für die folgenden Präsentationen 3D-Brillen aufsetzen, die genauso aussehen wie die Brillen, über die sich Nintendo kurz vorher lustig gemacht hat.

Danach folgt ein uninspiriertes Trauerspiel. Sony zeigt ab und zu Spiele, ist dazwischen aber um möglichst viel Füllmaterial bemüht. Man zeigt Trailer mit Zusammenschnitten aus Spielen, von denen auffällig viele bereits erhältlich sind, einen davon sogar doppelt. Sony redet über Coca Cola, zeigt informationsleere PSP-Werbespots und ruft Jerry Lambert alias Kevin Butler auf die Bühne, der fünf Minuten lang Standup-Comedy abliefert. Außerdem redet man über PlayStation Network Plus, ein kostenpflichtiges Zusatzprogramm zum PlayStation Network.

Spielepräsentationen sind dabei keineswegs Höhepunkte. Sony zeigt bereits angekündigte Titel wie Portal 2 oder Final Fantasy XIV, präsentiert Little BiG Planet 2 wie eine Minispielesammlung, zeigt ein uninspiriertes Medal of Honor, das Call of Duty ins Modern-Warfare-Szenario nachläuft und Sorcery, ein sehr durchschnittlich wirkendes Spiel für Playstation Move, das gerne Harry Potter sein würde, es aber nicht ist. Einzige interessante Ankündigung ist Heroes on the Move, das aber mit einem - wie sich später herausstellt - sündhaft teuren Controller gespielt wird: Beide Move-Controller zusammen kosten $80, und zusätzlich braucht man ja noch $30 für das PlayStation Eye, das für Move benötigt wird. Zum Schluss folgt ein letztes Aufbäumen und man will einen großen Überraschungstitel zeigen; heraus kommt dabei ein neuer Twisted-Metal-Teil. Insgesamt wäre Sony mit einem Zeitfenster von 60 bis 90 Minuten deutlich besser bedient gewesen.

Fazit:
Nun kann man uns natürlich vorwerfen, dass wir als Nintendo-Seite vornehmlich positiv über Nintendo berichten - wer bereits länger dabei ist, wird jedoch wissen, dass wir kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn es darum geht, Nintendo zu kritisieren. Es muss einfach objektiv gesagt werden, dass Nintendo dieses Jahr einfach die mit Abstand beste Konferenz hatte. Während sich die Konkurrenz mit Belanglosigkeiten aufhielt, Nintendos Bewegungssteuerung kopierte und auf langweilige Aufgüsse von Shooter-Franchises setzte, überzeugte Nintendo mit einer temporeichen Konferenz, in der zwei Stunden lang ein Spiel nach dem anderen gezeigt wurde, von denen jedes seine Fans finden sollte. Überhaupt ist es mehr als erfreulich, dass sich Nintendo scheinbar zu seinen Wurzeln zurückbesinnt und bekannte Charaktere wie Donkey Kong oder Pit aus Kid Icarus zum Leben erweckt, während mit dem 3DS ein sehr interessantes Gerät entwickelt wurde. So sollte eine E3-Konferenz aussehen.

Von Andreas Held



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