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Des Mädchens Frust, des Schreiberlings Lust?
Special von Marian Wehmeier (mail) | 23.04.2010
Wenn es jemand nicht leicht hat im Leben, dann sind es Frauen: Unter großem Schmerz sorgen sie bei der Entbindung des Kindes für das Fortbestehen der Menschheit, sie sehen sich immer verrückteren Schönheitsidealen ausgesetzt, kriegen weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen und müssen trotzdem beim Friseur doppelt so viel zahlen. Das Videospiele-Business ist ebenso eine Männerdomäne. Es gibt Action-Shooter und Fußballspiele, Rennsimulationen und Beat 'em Ups, ganz zu schweigen von etwaigen Voyeurpossen wie Dead or Alive Xtreme 2 oder Battle Raper.

Falls dann ein Spiel auf junge Damen zugeschnitten wird, gerät es entweder kitschig oder grob anspruchsarm und einschläfernd – als seien Frauen geistig schwach, als speise sich diese Zielgruppe einzig und allein aus acht- bis elfjährigen Mädchen. Es erlaubt sich die Frage, welche Spielgenres auf welche Weise aufbereitet werden müssten, um bei spielaffinen Mädchen Anklang zu finden (abseits von Die Sims, versteht sich). Schließlich belegen Studien, dass sich Frauen mehr und mehr für Videospiele begeistern können. - Doch genug der Gender Studies. Mögen die Entwickler forschen. Wie es nicht gemacht werden sollte, und das musste unsere Redaktion erfahren, zeigen folgende drei Spiele.

Ein Spiel, dessen Kauf vorzubeugen gilt, ist My Baby 2 von Nobilis (hier geht's zum ausführlichen Test). Dieses, sagen wir: Erziehungsspiel verschleppt die Pflege zu Tamagotchis und anderem Getier auf das eigene Kindchen. Früher erfüllten Puppen die Aufgabe, die Mädchen auf das Muttersein vorzubereiten. Noch früher bedurfte es keiner Puppen, da es in Großfamilien selbst Kinder und Babys zum Behüten gab. Und heute? Die Stofflichkeit und Nähe einer Puppe wird eingetauscht für das virtuelle Beklicken einer Polygonenfigur, und wenn die Spielerin keine Lust mehr auf ihr Kind hat, schaltet sie den Fernseher aus. Es mag drastisch klingen und womöglich weniger drastisch sein - die Körperlichkeit aber sollte uns nicht gänzlich abhanden kommen. Kaum noch irritieren bei derart pädagogischen Einfällen die starre Grafik, die lästige Musik und das anspruchsarme Gameplay.

Weniger bedenklich, dennoch unbrauchbar ist THQs All-Star Cheerleader 2 (hier geht's zum ausführlichen Testbericht). Es handelt sich hierbei um ein Tanzspiel, das zum Hampeln vor der Wii aufruft, und gerade der miserablen Aufmachung wegen keinerlei Freude spendet. Obendrein erkennt die Steuerung nur selten Bewegungen, die der Spieler ausführt. Choreografien misslingen dadurch, Spielspaß scheitert daran. Sieht man schließlich die immerzu grinsenden Tänzerinnen, denen weder Details noch schöne Animationen verpasst wurden, erblickt man die trostlos-kitschige Grafik, enttarnt man die Effekthascherei – so mögen die Entwickler unseren Rat erhören: keine Fortführung!

Keine Fortführung wünschen wir ebenso der Serie Germany's Next Topmodel, sowohl der TV-Show wie auch dem Videospiel. Denn die Sendung, die Inhalt samt Seele entbehrt und doch wöchentlich rund drei Millionen Zuschauer zum gemütlichen Beäugen anregt; sie funktioniert nicht als Spiel. Das Ergebnis ist ein Stück Ware (genannt wird es Germany's Next Topmodel 2010, hier geht es zum ausführlichen Testbericht), das propagiert wird als schönes Accessoire für die junge Dame von heute, letztlich aber so entbehrlich ist wie ein Gefängnisaufenthalt. Gerade bei Spielhinweisen wie „Iss' nicht so viel... sonst rollst du!“, die weder lustig noch keck, höchstens auf eine flache Art zynisch sind, muss man sich fragen: Was möchten die Entwickler erreichen? Vielleicht sollte man ein Spiel, das vor Deppenleerzeichen sprudelt und sich titelt als „Germany's Next Top Model“, eigentlich aber „Germany's Next Topmodel“ heißt, gar nicht so ernst nehmen. Die Entwickler werden, mit Spielen dieser Güte, ohnehin ins Abseits rollen.

Resümee: Nicht, dass die Idee schon beknackt wäre, Spiele zu schaffen, die das Befürsorgen von Babys, das choreografisch-exakte Cheerleaden und das Nachsimulieren von ohnehin simulierten Modellkarrieren zum Ziel haben; bekanntlich gibt es reichlich dümmliche Konzepte, die trotzdem oder gerade deswegen Spaß bringen. Mangelt es jenen Titeln jedoch an Güte, an spielerischer Finesse, sind die virtuellen Schrecken nicht fern - doch wir zur Stelle, um mittels Testbericht dem Fehlkauf vorzubeugen. Das ist Arbeit, das ist harte Arbeit, das ist Arbeit, die oft Qual bedeutet. Es nicht leicht im Leben haben also nicht nur die Frauen.
Von Marian Wehmeier



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