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Wii alles Begann - Episode III
Special von Tim Herrmann (mail) | 08.12.2008

2 Jahre Wii
Retrospektive eines Tagebucheintrages: 08. Dezember 2006.
Liebes Tagebuch. Kaufschlachten im Elektromarkt sind nicht schön. Aber sofern das Ergebnis stimmt, kann man das alle fünf Jahre schon mal ertragen, wenn die neuen Konsolengenerationen anstehen. Heute stand ich verschwitzt und mit pochendem Herzchen vor den Türen des Fachverkäufers und prügelte mich mit zig anderen Freaks um eine der heiß begehrten, launchneuen Nintendo-Konsolen namens Wii, die am heutigen Tage erschienen waren. Na gut, ich habe sie eigentlich sehr problemlos durch vorausschauende Vorbestellaktionen bekommen, ohne dabei meine Würde zu verlieren - Aber wenigstens hat man gehört, dass es bei anderen ein bisschen anders und weniger glimpflich abgelaufen ist…

Ist das wirklich schon wieder zwei Jahre her? Tatsächlich, und anlässlich des zweiten Jubiläums des Wii-Launches, des zweiten Geburtstags des Marktführers der aktuellen Generation, packen wir die Gelegenheit zum dritten Mal am Schopfe und wollen euch mithilfe unserer altbewährten Zeitmaschine wieder einen Einblick darin geben, „Wii“ damals alles begann.
Wir werfen in unserem heutigen Wii-Geburtstagsartikel einen Blick auf die bisherige Wii-Vergangenheit, ziehen die neuesten Schlüsse aus der aktuellen Konsolengeneration und streichen damit auch gleich den obligatorischen Jahresrückblick 2008 von der To-Do-Liste.

Nintendo: Eine Atempause
Das Jahr 2008 begann im Januar für Europäer mit einem spielerischen Paukenschlag, der sich selbst Zack & Wiki nannte und nahezu von der gesamten Fachpresse Bestwertungen einsacken konnte. Tatsächlich ist das Rätselspiel von Capcom auch heute noch eines der besten Titel für Nintendos Konsole und durchaus auch plattformübergreifend den einen oder anderen neidischen Blick wert. Es hätte sogar ernsthafte Ambitionen auf den Titel des „Spiels des Jahres“, wenn da nicht ein gewisses Prügelspiel namens Super Smash Bros. Brawl gewesen wäre, das zumindest gemessen am Hype und an den Verkaufszahlen etwas besser da stand.

Doch zunächst standen jene Smash-Brüder überhaupt nicht da. Zumindest in Europa. Nachdem das Spiel mit der halbjährigen Internet-Werbekampagne in Japan und in den USA schon im Januar bzw. März erschienen war, spielte Nintendo mit Europäern ein fast schon groteskes Verschiebungsspielchen. Und das kam gar nicht gut bei denen an, die Prügelspiele eben diesem Versteckspiel vorzogen, das Nintendo alternativ mit ihnen spielte. Nachdem Brawl von seinem vorläufigen März-Termin gestrichen war, hing es erst einmal ganz in der Luft und Nintendo dachte gar nicht daran, es für Europa überhaupt anzukündigen oder ihm einen festen Release-Termin zu geben, sodass stellenweise schon Vermutungen darüber aufkamen, dass Nintendo den Titel so weit nach hinten ziehen würde, um ihn als den großen Herbsttitel zu verwenden.
Erst sehr spät kam dann heraus, dass Europa ab Mitte Juli zu brawlen beginnen durfte. Doch auch wenn Super Smash Bros. Brawl erwartungsgemäß ein Feature-Paket sondergleichen geworden ist, ist es wohl kaum das ultimative Spiel und hätte besonders in den Online-Modi noch Potential nach oben gehabt.

Mit der SSBB-Europapleite heimste Nintendo sich in diesem Jahr schon erste Minuspunkte bei seinen Fans ein und stand auch allgemein nicht mehr so wahnsinnig gut dar. Nach der Vollendung der Drei Großen (Super Mario Galaxy, Metroid Prime 3, Super Smash Bros. Brawl) war nichts Neues mehr in Sicht und langsam begannen die Zweifel zu nagen, ob Nintendo sich nicht vielleicht doch schon auf eine andere Zielgruppe konzentrierte und man deswegen keine Ahnung von kommenden Spielen hatte.

Die E3 im Juli förderte genau das Gegenteil von Erleichterung zutage, Nintendo brachte die Fangemeinde nur noch weiter gegen sich auf. Cammie Dunaway, dauergrinsende und irgendwie merkwürdige neue PR-Managerin von Nintendo of America, repräsentierte auf dem E3 Media & Business Summit 2008 genau das, was Skeptiker befürchtet hatten: Eine Nichtspielerin, der ein paar süße Hündchen und einfache Bewegungssteuerung in einem Spiel zur völligen Zufriedenheit reichten. Der Nintendo-Auftritt auf der E3 2008 wird mittlerweile als einer der schlechtesten aller Zeiten angesehen – besonders wegen der peinlichen finalen Präsentation von Wii Music, das sich schlussendlich im Herbst als Familientitel ohne wirklich innovatives Konzept entpuppte und anders als zum Beispiel Wii Fit und das Balance Board (erschienen im April) für wenig Aufsehen sorgte.

Nintendo trat in diesem Jahr aus spieletechnischer Sicht – abgesehen von Super Smash Bros. Brawl – selten glanzvoll in Erscheinung, auch wenn die Verkaufszahlen des Gelegenheitstrainers Wii Fit durch die Decke schossen, das neue Fire Emblem im März einen unglaublichen Umfang bot und Mario Kart genau die gewohnt solide Qualität ablieferte, die man erwartete.
Echte Blockbuster konnte der japanische Gigant aber ansonsten nicht abliefern, erst recht nicht im traditionell starken Weihnachtsgeschäft, wo sich nur das bereits erwähnte Wii Music und ein neuer Animal-Crossing-Aufguss mit fast demselben Inhalt wie die DS-Version im Regal fanden. Disaster – Day of Crisis erschien zwar völlig überraschend im Oktober, konnte dem Hype aus 2006 aber nicht gerecht werden und schwächelte in einigen Punkten. Der Rest in Nintendos Lineup war zwar nie richtig schlecht, aber für Knaller war auch nicht gesorgt – schon gar nicht zur GamesConvention 2008, wo es überhaupt keinen Nintendo-Stand gab.

Bunt und Casual und trotzdem toll
Stattdessen überraschten im Jahre 2008 die Dritthersteller wie selten zuvor und schürten Hoffnung für die kommenden Jahre. THQs exklusives Wii-Spiel De Blob kann man beispielsweise ohne zu zögern als eines der besten Spiele dieses Jahres ansehen und auch Boom Blox von ElectronicArts punktete mit einem leicht zugänglichen Casual-Konzept, das schlicht und einfach Spaß machte.
Capcoms PS2-Port von Okami war zwar nicht so richtig neu, aber insgesamt ein wirklich exzellentes Spiel; eines von den vielen Spielen im 8er- bis 9er-Bereich, die Wii auch mit einem strauchelnden Nintendo übers Jahr halfen.

Wo wir hier allerdings ständig auf Nintendo einschimpfen und 2008 aus diesem Blickwinkel am liebsten tief in irgendeiner dunklen Schublade verstauen wollen, muss man auch einen Blick auf das völlig gegensätzliche Bild werfen, das in Japan am 2. Oktober projiziert wurde. Die Nintendo-Herbstkonferenz enthüllte ein neues Abenteuer von Another Code, ein blütenfrisches Endless Ocean, einen exklusiven Shooter namens Sin & Punishment 2 und ein Fantasy-Schwertschwingspiel mit WiiMotion Plus, das Dynamic Slash heißt. All diese viel versprechenden Projekte sollen 2009 erscheinen und machen Hoffnung, dass Nintendos verhältnismäßig schwaches 2008er-Lineup doch nur mit einer Umstellung in der Ankündigungspolitik zu tun hatte und keinen wirklichen Gesinnungswechsel im Lineup des Traditionskonzerns als Hintergrund hatte.

Doch trotzdem hat gerade Nintendo in diesem Jahr wieder stark das Feuer geschürt, das für den Kernkonflikt in dieser Konsolengeneration sorgt. Diskussionsstoff bietet nämlich nicht mehr der Kampf zwischen Nintendo auf der einen und Sony und Microsoft auf der anderen Seite wie noch zu GameCube-Zeiten. Verkaufszahlenmäßig ist diese Generation entschieden: Weder die PS3 noch die XBOX360 haben Ambitionen, Wii irgendwann zu überflügeln. Nintendos marktführende Position ist viel zu komfortabel und die Konsolenkonzepte dazu viel zu unterschiedlich. Auch mit dem Kiddie-Image, das viele dem GameCube anhängen wollten, muss sich Nintendo heute nicht mehr unbedingt herumschlagen – geschicktes Marketing hat den beiden Plattformen einen Lifestyle-Charakter verliehen, den man ansonsten nur vom IPod kennt. Nintendo-Spielekonsolen sind in den Köpfen der Spielerschaft keine Systeme für zehnjährige Pokémon-Fans mehr, sondern tatsächlich Maschinen für zwischendurch für Hausfrauen, Studenten und Studentinnen, Grundschülerinnen und Geschäftsmänner.

Stattdessen tobt allerspätestens seit 2008 der einseitig gefochtene Kampf zwischen alteingesessenen Videospiel- und Nintendo-Fans und den oben beschriebenen „neuen Zielgruppen“, die durch Werbung und eine Neuausrichtung des Spaßproduzenten aus Japan angelockt worden sind und eigentlich keinerlei Ahnung von Videospielen haben. Sie informieren sich nicht und kaufen das, was ihnen die Werbung oder die bunten Verpackungen als das Beste propagieren.
Das ist natürlich ein verführerischer Gedanke für jeden Spielehersteller: Sie kaufen, was man ihnen vorsetzt. Die Konsequenz daraus waren besonders 2008 lächerlich schlechte Mini-, Party- und Familienspiele, die nicht nur Vielspielern zu wenig Substanz boten, sondern auch objektiv betrachtet unverschämt schlecht entwickelt waren. Die Gelegenheitsspiele überschwemmten den Markt und jeder Publisher wollte ein Stück vom Kuchen abhaben. Die Ankündigung von Spielen eines solchen Typs überwogen in den Medien ganz klar und entwickelten den Eindruck, dass es nur noch solche Spiele gäbe (was natürlich zu kurz gedacht ist).

Das fest verankerte Vorurteil, dass „Bunt und einsteigerfreundlich“ gleichbedeutend ist mit „zu kurz, zu oberflächlich und zu sinnlos“ verleitete die meisten Spieler dazu, auch von den guten Gelegenheitsspielen die Finger zu lassen, dadurch fast gar keine Spiele mehr zu kaufen und deswegen Wii für alles Elend verantwortlich zu machen. Mit unserer großen Kampagne im September dieses Jahres namens Core-Gamer-Paradies Wii haben wir versucht, diesem Jammer-Trend entgegen zu wirken und einen Monat lang jeden Tag einen Artikel veröffentlicht, der vergangene und zukünftige Lichtblicke aufzeigte.

Core-Gamer-Paradies Wii
Nach zwei Jahren Wii muss man eines ganz klar sagen: Gelegenheitsspiele dürfen nicht verteufelt werden. Einige der besten Wii-Spiele dieses Jahres, wie zum Beispiel Zack & Wiki, Boom Blox und De Blob sind vollständig oder zumindest teilweise auf unerfahrene Spieler ausgelegt – und machen trotzdem oder gerade deswegen Spaß. Wer sagt, dass Spiele nur gut sein können, wenn sie zwanzig Stunden dauern und alle zehn Minuten für einen K.O. sorgen? Gute Spiele definieren sich tatsächlich fast ausschließlich durch ihr Spielkonzept – und können auch bunt und familienfreundlich sein (was keinen Freifahrtschein für eine minderwertige, grafisch anspruchslose Präsentation bedeutet). Aber auch nach dieser Feststellung bleibt es ein Fakt, dass Spiele wie Boom Blox und De Blob ein anderes Spielgefühl vermitteln als ein Metroid Prime oder ein Zelda-Abenteuer. Und es bleibt ein Fakt, dass in dieser Hinsicht in 2008 zu wenig auf Wii getan wurde. Gute Ansätze gab es schon mit z.B. Star Wars – The Force Unleashed – aber es darf nicht nur an der Steuerung gearbeitet werden, sondern auch die optische Präsentation sollte endlich an die Möglichkeiten von Nintendos Konsole angepasst und die PlayStation 2 begraben werden.

2009 verspricht Besserung: Nicht nur Nintendo hat mit Another Code – Tür der Erinnerung, Sin & Punishment 2 und Dynamic Slash einige Spiele für Vielspieler im Ärmel, sondern auch die Drittentwickler helfen mit: SEGA und High Voltage Software bringen The Conduit, es wird Mad World und The House of the Dead geben, Codemasters vertreibt Overlord – Dark Legend, Deep Silver werkelt an Cursed Mountain und Rising Star Games sorgt für die Top-Titel von Marvelous aus Japan wie Rune Factory Frontier, Arc Rise Fantasia oder Muramasa – The Demon Blade. Dann gibt es da auch noch Capcom, das mit Spyborgs den großen Hit landen will, auch noch die Wii-Portierung von Dead Rising in der Hinterhand hält und vor allen Dingen mit Monster Hunter 3 aufwartet. WiiMotion Plus wird die Möglichkeit für neue Spielkonzepte auf Wii eröffnen und auch das Potential des Balance Boards ist noch nicht ganz ausgeschöpft.

Schlussendlich blicken wir auf ein Jahr 2008 zurück, in dem sich Wii ein wenig zurückgelehnt zu haben scheint. Nintendo hat sich eher auf starke Namen als auf echte spielerische Innovationen verlassen und viele Drittentwickler eher auf billige Partyspiele gesetzt, was viele dazu bewogen hat, die Konsole vorzeitig aufzugeben. Doch gerade in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten wie diesen werden sich die Hersteller so stark wie nie auf ihre langjährigen Fans verlassen müssen, wie Analysten schon jetzt prophezeien. 2009 verspricht, stärker zu werden als sein Vorgänger. Und wir versprechen natürlich, dran zu bleiben, und hoffen, euch mehr größere Meldungen bringen zu können als in diesem Jahr.

Von Tim Herrmann



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