Special von Lars Peterke (mail) | 29.04.2007
Multimedia ist stark im Kommen. Da wird auch vor dem Nintendos Wii nicht halt gemacht, der eigentlich gar keine Multimedia-Konsole ist. Mit dem Fotokanal und dem Webbrowser lässt sich - in Kombination mit hilfreichen Tools - aber durchaus eine Multimedia-Konsole kreieren. In der Homebrew-Szene sind daher schon längst einige PC-Tools entstanden. Nun will der kommerzielle Hersteller S.A.D. offenbar auch mitmischen oder hat ganz einfach eine Marktlücke erspäht. Für rund 20 Euro ist mit dem „Wii Studio“ seit kurzem die erste kostenpflichtige Wii-Mediasoftware erhältlich. Wir haben uns das Programm zur Brust genommen, um zwei Dinge herauszufinden: Taugt das Programm etwas und rechtfertigt das den Kaufpreis oder greift man lieber auf Freeware zurück, um zum Multimedia-Erlebnis zu gelangen?
Die „First Steps“
Wii Studio benötigt einen Computer mit 1GHz, 256MB RAM sowie einen DirectShow-fähigen Mediaplayer, wie beispielsweise den Windows Media Player. Anforderungen also, die heutzutage jeder gängige Office-PC unterstützt. Unterstützt werden Windows 2000, XP und Vista. Besonders bei letzterem bleibt die Frage, ob Freeware-Programme der Homebrew-Szene hier in Sachen Kompatibilität mithalten können. Nach der Installation der Software bin ich recht überrascht, wie minimalistisch sich das Wii Studio präsentiert. Nach dem umfangreichen Handbuch sowie der geräumigen Verpackung hatte ich mit einem zunächst unübersichtlichen Programm gerechnet, dass mich mit all seinen Funktionen erschlägt. Wii Studio ist erfreulicherweise anders: Ich bekomme ein übersichtliches und vor allem intuitives Programm geboten, in dem ich mich nach geschätzten fünf Minuten komplett zurecht finde. Neben den drei Hauptfeatures, kann ich einige Einstellungen vornehmen; das Handbuch in digitaler Form als Hilfe aufrufen oder nach Updates suchen. Falls Nintendo also in Zukunft neue Multimedia-Kanäle für Wii anbietet, kann hier zweifelsohne mit den passenden Updates zur Software gerechnet werden. Eine Investition in die Zukunft ist das Wii-Studio also allemal.
Wii Studio bietet drei Kernfunktionen: Das Konvertieren von Filmen in ein Wii-kompatibles Format ist wohl die Wichtigste davon. Dabei werden so ziemlich alle Codecs unterstützt und jede Datei kann geöffnet werden. DivX 3.0-6.0, xVID, MPG, AVI, MOV, FLV und alles was gängige Mediaplayer sonst noch so abspielen.
Die zweite Hauptfunktion ist das Internetradio-Feature, mit dem eben diese mitgeschnitten werden können. Dabei bietet das Programm automatische Erkennung der Titel und teilt sie automatisch. Es können Aufnahmezeiten programmiert und neue Sender eingespeichert werden. Fraglich nur, wer sowas braucht. Wer ein Wii Studio kauft, der kommt sicher nicht auf die Idee Internetradios mitzuschneiden. Und selbst wenn der Gedanke gefällt, gebe ich kein Geld für ein Wii-Programm aus, um dann völlig fernab der Wii-Materie Radiosender mitzuschneiden, um diese dann auf meiner Wii zu hören. Zwar nichts Schlechtes, jedoch auch kein Kaufargument, das diese Software interessanter gestaltet.
Genauso verhält es sich mit Hauptfunktion Nummer drei. Dem Kopieren von Audio-CD sowie DVD-Tonspuren. Ein Feature des Programms, das eigentlich unnütz ist. Zum einen, weil der Windows Media Player (der zur Installation des Wii Studio vorausgesetzt ist) selbst in der Lage ist Audio-CDs zu kopieren. Und zum anderen, weil durch die Kopierschutzmechanismen auf DVDs in Kombination mit der deutschen Rechtslage, bis auf einige alt-DVDs, so gut wie kein Inhalt kopierbar ist. Mal ganz abgesehen davon, dass Leute die wirklich DVD-Inhalte kopieren, weitaus mächtigere Tools dazu auf ihrem Computer haben.
Ich widme mich also den wichtigen Dingen. Dem Umwandeln von Videos. Ich kann direkt von einer DVD rippen. Kapitel für Kapitel einzeln, wenn ich es denn möchte. Oder ich konvertiere einen Videoclip von meinem Computer. Wie erwähnt wird hier fast jedes gängige Videoformat unterstützt. Ich beginne zunächst mit der DVD-Variante. Schönerweise habe ich nämlich eine dieser schmierigen alt-DVD ohne Kopierschutz zur Hand: Der super-gefloppte Realfilm „Super Mario Bros.“ mit Bob Hoskins als Mario. Ich fand ihn klasse. Fanboy, anyone? Ich beschließe, den Film komplett zu kopieren. Circa 50 Minuten (Bei 90 Minuten Spielfilmlänge) braucht das Wii Studio, um aus den Daten auf der DVD die MJPEG-Filmdateien zu erzeugen. Das Resultat umfasst stolze 2,2 Gigabyite ohne Intro und Abspann. Und das bei den niedrigsten Qualitätseinstellungen. An dieser Stelle bekommen jetzt zwei Institutionen den schwarzen Peter von mir. Zum einen Nintendo, weil nur SD-Karten mit maximal 2GB Speicher unterstützt werden, und weil das Motion JPEG Videoformat nicht sehr effizient ist.

Der zweite schwarze Peter geht an die Entwickler des Wii Studios. Denn da sich das Programm ziemlich überheblich als All-In-One Lösung für die Wii präsentiert, finde ich es schade, dass die Software nicht mit Features aufwartet, die hier Abhilfe schaffen. Im Gegensatz zur kostenlosen (!) Freeware Wii Video 9 kann ich mit dem Wii Studio keine Flash Videos (FLV) erstellen. Ebenfalls nicht enthalten ist ein Wii Mediacenter, welches mir die ebenfalls kostenlose Software „Wii Mediacenter X“ bereitstellt. Warum also kann ich mit dem Wii Studio nicht, wie bei den kostenlosen Konkurrenzprodukten, ein Video im FLV-Format erstellen und es dann über eine IP-Adresse mit dem Opera Browser auf meine Wii streamen. Das hätte zum einen den Vorteil, dass das Wii Studio dann wirklich alle Features bietet und zum anderen, dass man mit einem integrierten Web-Interface aus dem Wii Studio heraus einen mächtigen Multimedia-Kanal für die Wii anbieten könnte.
Weiter geht es mit dem Umwandeln von Videoclips, in dessen Zuge ich auch mal die Optionen des Wii Studios erläutere. Meine Videoqualität lege ich mit „Beste, „Mittel“ oder „Niedrig“ fest. Dazu wähle ich die Auflösung. Es lassen sich hierbei die Faktoren 320 Pixel, 480 Pixel oder 640 Pixel wählen. Diese Varianten unterscheiden sich dann noch einmal im Pixel-Faktor für die Bildbreite, wo zwischen einer Umwandlung in das Bildformat 4:3 oder 16:9 gewählt werden darf. Zusätzlich kann ich noch angeben, ob das Video geteilt werden soll. Dies bietet sich an, wenn man mehrere kleine SD-Karten verwendet. In meinem Falle lasse ich mein Video bei 128MB teilen, da meine Speicherkarte nicht mehr Speicher hergibt. Alternativ kann ich auch eine Dateigröße angeben, an die mein Video angepasst wird. So übernimmt dann das Wii Studio die Aufgabe und passt meinen Videoclip qualitativ an die SD-Karte an, damit es garantiert draufpasst. Der Konvertierungsvorgang geht anschließend immer sehr fix und das Video landet einwandfrei im Zielverzeichnis und läuft problemlos auf der Wii-Konsole.
Konkreter Vergleich: Wii Studio gegen den Rest
Wie bereits angesprochen, ist das wohl größte Versäumnis von Wii Studio, das es kein Media Center für die Wii bereitstellt. Mit dem Freeware-Tool Wii Media Center X kann ich über den Wii Opera Browser über die IP-Adresse meines Computers FLV-Filme ansehen oder Musik hören, die im Rahmen eines ansehnlichen Webinterfaces auf meine Konsole gestreamt werden. Zudem kann ich sonst auch einfach meine Festplatten nach Dateien durchsuchen. Nachteil ist hierbei jedoch, dass ich zwei Programme benötige. Zum einen das erwähnte Wii Media Center X und zum anderen das Videotool Wii Video 9, mit dessen Hilfe ich erst meine FLV-Dateien erzeugen kann. Mir stellt sich an dieser Stelle die Frage, warum dieses Feature nicht im Wii Studio implementiert wurde. Denn im Handbuch wird die Möglichkeit zum Videostreaming mittels Opera-Browser brisanterweise schon im Editoral angesprochen. Stattdessen hat man aver eher unnütze Features, wie ein Aufnahmetool für Internet-Radio, eingebunden.
In allen anderen Belangen hat das Wii Studio jedoch klar die Nase vorn. Keines der Freeware-Varianten bietet soviel Dateiformat-Unterstützungen, wie das Wii Studio, und auch in Sachen Konvertierungsoptionen bietet das Wii Studio einige Möglichkeiten mehr. Zudem präsentiert sich das Wii Studio um einiges übersichtlicher als die Konkurrenz und trumpft statt entwicklungskostenfinanzierender Werbebanner mit einem implementierten Mediaplayer-Interface zur Videovorschau auf. Ressourcentechnisch macht das Programm ebenfalls nichts falsch. Wenig benötigter Festplattenspeicher, Vista-Support und die Tatsache, dass es während der Testphase keine Programmabstürze gab, untermauern dieses Programm als ein solides Stück Software.
Fazit:
Im Prinzip kann man ja darüber streiten, ob dieses Programm einen Sinn hat, wenn Nintendo dem Multimedia-Gedanken soviele Steine in den Weg legt. Fakt ist aber: Das Wii Studio von S.A.D. ist ein gutes und solides Stück Software mit nachhaltigem Potential, falls Nintendo nachträglich einige Multimedia-Kanäle zum Download anbietet und dann hier mit entsprechenden Updates neue Programmfeatures nachgeholt werden. Zum jetzigen Zeitpunkt muss jeder selbst entscheiden, ob er die 20 Euro für dieses Programm ausgibt. Features, wie das Mitschneiden von Internet-Radiosendern oder das Kopieren von Audio-CDs, sind Spielerei, wohingegen sinnvolle Features, wie ein Wii Media-Center für denn Wii Opera Browser, komplett fehlen, paradoxerweise in den kostenlosen Konkurrenzvarianten jedoch enthalten sind. Im wichtigsten Faktor, nämlich was das Konvertieren von Filmen betrifft, ist das Wii Studio ein klasse Stück Software. Dazu kommt noch ein hohes Maß an Benutzerfreundlichkeit. Ein großes Handbuch mit verständlichen Erklärungen und Begriffs-Glossar aus der bunten Welt der Videobearbeitung macht das Wii Studio auch bei Neulingen der Videobearbeitung eine gute Figur. Wer also wirklich seine Wii zur Multimediakonsole machen möchte, der bekommt an dieser Stelle eine uneingeschränkte Kaufempfehlung.
Wer sich an dieser Stelle noch nicht ganz sicher ist, der kann sich unter www.s-a-d.de registrieren und sich eine kostenlose Testversion des Wii Studios herunterladen.
Von Lars Peterke
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