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Madden NFL ’08
Review von Tim Herrmann () | 16.09.2007

Und jährlich grüßt das Murmeltier: Eine Überraschung war es beileibe nicht, als EA letztes Jahr Madden NFL '08 ankündigte, schließlich existiert die Marke schon seit Generationen, führt in den USA immer wieder zu kontinuierlich klingelnden Kassen und wird jedes Mal aufs Neue mit ein paar wenigen frischen Features aufgestockt und soll sich so immer ein bisschen – aber bloß nicht zu viel - weiter entwickeln. Auf Wii ist der 2008er-Teil bereits der zweite Ableger der Football-Simulation und mir zittern schon jetzt die Finger und Schweiß tropft auf meine Tastatur - ich habe Angst vor diesem Test. Schließlich war auch ich es, der das letzte Football-Lizenzspiel für Wii unter die Lupe genommen hat und als absoluter Football-Analphabetiker rat- und hilflos da stand, alleingelassen von EA und Madden. Nun erschien der 2008er Titel, brachte ein wohliges Scheinerascheln in die Taschen der amerikanischen Händler und in unserem Test dazu können nunmehr alle diejenigen, die sich in der Welt des American Footballs, so wie ich, nicht heimisch fühlen, erfahren, wie gut sich das Spiel diesmal macht. Die alteingesessenen Profis dagegen erfahren, was dafür spricht, noch einmal 50 Euro für das Jahresupdate zu investieren.

Madden macht gewöhnliche, europäische Vielspieler zu Casual Gamern
Was Madden NFL 07 damals objektiv gesehen bestimmt nicht war, war ein schlechtes Spiel. Fans hatten sicherlich einige Wochen Spaß an Madden und haben sich an den zahlreichen Spielmodi, dem exzellenten Soundtrack, dem großen Umfang und der sehr gut durchdachten Wii-Steuerung erfreuen können. Was also ist es, was mich jetzt, ein gutes halbes Jahr später, zum Schwitzen bringt? Ganz einfach: Damals wollte mir einfach nicht passen, dass Madden NFL 07 mir, dem armen (in der Hinsicht) kulturlosen Europäer ohne jegliche Vorkenntnisse des American Footballs, keinerlei Einführung in das Regelwerk der exotischen Sportart mit den dick gepolsterten und ewig brüllenden Männern geben wollte. Es gab zwar ein Tutorial, in dem in kurzen Minispielen die brandneue Wii-exklusive Free-Motion-Steuerung erklärt wurde; zu den Regeln und dem Spielablauf aber kein Wort – und so stand ich im Dunkeln, war weniger Spieler, sondern mehr Zuschauer.

Wie ist das nun diesmal - das soll für mich in diesem Review die Hauptfrage sein. In einem gewissen Sinne macht Madden NFL 08 mich in dieser Beziehung einfach zu einem der vieldiskutierten Casual-Gamer, denen man helfend und wohlwollend unter die Arme greifen muss, um ihnen das Laufen in der Videospielwelt zu ermöglichen. EA scheint das auch erkannt zu haben, Nintendos Kurs mit Wii hat sich offensichtlich herumgesprochen: Ein riesiges Käuferpotenzial für alle möglichen Spiele schlummert eventuell unter den neuerworbenen Käuferschichten, die gewöhnlicherweise keine Videospiele und schon gar keine komplexen Sportsimulationen antasten wollen.
Und so kam dem amerikanischen Entwicklerteam von EA Sports wohl eines glorreichen Tages die famose Idee eines Spielmodi, der Familien und Sportallergiker vor die Bildschirme bringen und sie – wie oben erwähnt – an die Hand nehmen soll, sie seicht an das Spiel heranführen und sie erziehen soll in Sachen „Wie spielt man richtig American Football auf Wii?“.

Doch wie funktioniert das Ganze? Funktioniert es überhaupt? Hilft dieses „Madden für Doofe“ tatsächlich jemandem wie mir weiter, einen Einblick in den Football zu bekommen? Oder ist bei mir sogar mit dem abgespeckten Schienenmodus, der mit Sicherheit eine Beleidigung für eingefleischte Spieler ist, Hopfen und Malz verloren? Ich kann hiermit bestätigen, dass das Konzept tatsächlich funktioniert. Stöpselt man nämlich die Nunchuk-Erweiterung ab und wählt den „play-Now-Modus“ allein mit der Wiimote aus, lotst das Spiel den Neuling ganz automatisch in den Familienmodus und gibt ihm eine kurze Einführung in die Bewegungen, die gleich zu vollführen sein werden. Und dann geht es los. Die ersten wackeligen Schritte (zurück) in der Welt des American Footballs. Mit einem kleinen Ruck der Fernbedienung nach oben passe ich den Eierball zu meinem Quarterback, halte dann Ausschau nach einem Anspielpartner, drücke das Steuerkreuz und schleudere die Wiimote samt meinem Arm virtuell Ball werfend. Das Leder fliegt über das Feld und mein Kumpan fängt es. Automatisch beginnt er, über das Feld zu jagen, lässt einen Gegner nach dem anderen hinter sich, überschreitet eine Yard-Line (das sind Linien, die das Spielfeld in gleichgroße Teile aufteilen) nach der anderen und erreicht schlussendlich das Ende des Feldes, wo er tänzelnd einen Touchdown erzielt. War ich das jetzt etwa? Oder hat sich das nur so angefühlt, als wären es meine Bewegungen gewesen, die mir lästige Defence-Spieler der gegnerischen Mannschaft vom Leibe gehalten haben?
Ein paar Spielzüge später steht es 40:0 für mich. Kann das stimmen? Kann ich, der lächerliche Amateur, tatsächlich einen solchen Spielstand herausgeholt haben? Anscheinend, denn bei meiner anschließenden Überprüfung MIT Nunchuk im Fortgeschrittenen-Modus, gelang es mir wieder, einige Punkte zu erzielen. Das entpuppte sich zwar als deutlich schwerer, wäre aber vor einem halben Jahr noch undenkbar gewesen. Auch der etwas versteckte Menüpunkt, der in verständlichen (englischen) Sätzen die grundlegenden Fakten über den American Football und die NFL erläutert, ist sinnvoll.



Die Frage, ob dieser Familienmodus und diese „Vercasualisierung“ aber wirklich irgendetwas bringen, ist in Anbetracht der eigentlichen Zielgruppe des Spiels aber doch sehr strittig, zumal auf der Verpackung nicht einmal auf die neuen, familienfreundlichen Spielmodi hingewiesen wird.

Was bietet Madden seinen treuen Football-Fans?
Doch nun erst einmal raus aus den Gedanken eines Madden-Anfängers und hineinversetzt in die Haut eines Football-Fans, der in diesem Review vielleicht auch erfahren möchte, was er bei der neuesten Version für sein Geld an frischen Features bekommt. Zuerst ist da natürlich der Online-Modus zu nennen, den man wohl ohne weiteres als Kernneuerung des Titels bezeichnen kann. Anscheinend wird auf der Verpackung absichtlich nicht auf das Vorhandensein der Nintendo Wi-Fi-Connection hingewiesen, denn mit seinen jetzigen und kommenden Spielen wie Medal of Honor Heroes II geht EA – vielleicht pfiffiger Weise – seinen eigenen Online-Weg, unabhängig von Nintendos System und seinen vielen kleineren und größeren Macken.
Die lästigen und oft verhassten Freundecodes fallen weg, stattdessen legt man sich eine eigene EA-Identität an. Diese können Freunde dann über die mit dem Internet verbundene Konsole einfach und ohne Codeeintippen suchen. Online ist es dann natürlich zum einen möglich, gegen Freunde aus aller Welt Football zu spielen, zum anderen gibt es aber auch eine Online-Lobby, in die regelmäßig die neuesten Sportergebnisse hineinflattern und wo sich Freunde treffen oder suchen können. In den USA haben die Server zum Start des Spiels ein wenig gewackelt, mittlerweile sollte dieses Problem aber nicht mehr erwartet werden. Einen Voice-Chat gibt es übrigens mangels Nintendo-Unterstützung nicht, der bekannte EA Text Messenger ist aber vorhanden.
Weitere Features, an denen ihr euch lange erfreuen könnt, wenn ihr euch zu den Football-Fans zählt, sind der Karriere-Modus (Ihr schlüpft in die Rolle eines Football-Spielers und erlebt die NFL aus seinem Blickwinkel) sowie der Franchise-Modus (Ihr übernehmt die Rolle des Managers eines Top-Clubs und organisiert euer Team). Diese sind bereits aus der 2007er-Version bekannt und somit für einige nichts Neues. Was dazu aber gesagt werden kann, ist, dass die Qualität weit über das Prädikat „nettes Gimmick“ hinausgeht und für einige Stunden zusätzlichen Spielspaß auf und neben dem Feld sorgt. Wen der Online-Modus allerdings nicht interessiert, ist mit Madden NFL 2007 genauso gut beraten.

Eine Mischung aus Casual- und Vielspieler-Modus dürfte wohl der ebenfalls neue und ebenfalls Wii-exklusive Partymodus sein, der für bis zu vier Freunde Minispiele rund um den Football anbietet. Auch Nintendos Mii-Charaktere werden hier unterstützt. Leider kann er nicht wirklich begeistern und ist im Gegensatz zu den oben beschriebenen Features in der Tat nur als nettes Gimmick anzusehen.

Der direkte Vergleich zu Madden NFL 2007
Vor dem Fazit würde ich auch gerne noch ein paar Worte über alles, was nicht direkt mit dem Gameplay, dem Spielaufbau, dem Umfang oder den Spielmodi im Zusammenhang steht, loswerden. Grafik und Sound haben sich im Vergleich zum Vorgänger so gut wie nicht geändert. Während das beim Sound überhaupt kein Problem ist, weil er schon letztes Jahr exquisit war, ist das bei der Grafik ein klein wenig ärgerlich, schließlich hatte man eigentlich deutliche Verbesserungen versprochen. Insgesamt präsentiert sich das Spiel zwar bei Weitem nicht potthässlich, bietet aber immer noch undetailliertes Pappfigurenpublikum sowie etwas kantige Spieler und teils unsaubere Animationen. Gutes GameCube-Niveau. An der funktionierenden, intuitiven und spaßigen Wii-Steuerung hat man glücklicherweise nicht geruckelt. Was man ebenfalls im Vergleich zum Vorgänger nicht geändert hat, sind die Spielsprache - diese bleibt nämlich nach wie vor Englisch - und die Kommentatoren während des Spiels, die ziemlich schlecht zu verstehen sind. Auch die Anleitung bleibt illustrations- und beispiellos, grau und relativ uninformativ, was nicht konsequent ist, guckt man sich an, wie sich das Spiel selbst auf die Gelegenheitsspieler einlässt.

Fazit:
Madden NFL ’08 ist besser als sein Vorgänger. Nicht nur bietet er für Fans des Genres einen funktionierenden Online-Modus sowie die gewohnt motivierenden Features und die durchdachte Steuerung, sondern gibt auch Neulingen eine Chance, sich in das Spiel hineinzufinden. Somit war das Ganze für mich als Tester ziemlich praktisch und räumt meinen größten Kritikpunkt aus 2007 („Das Spiel gibt mir keine Anleitung!“) aus dem Weg. Fraglich ist, ob dieses Konzept wirklich sinnvoll ist und aufgeht und Papa tatsächlich eines Tages auf gut Glück ein Footballspiel für seine Frau und seine beiden Kinder kauft. Insgesamt bleibt als letzter Rat dieses Reviews zu sagen: Neulinge kaufen sich das Spiel nur, wenn sie wirklich Lust auf Football haben und bereit sind, sich auf den Sport einzulassen. Veteranen, die Madden 2007 noch nicht hatten, greifen zu und alle, die den Vorgänger schon kennen, wägen ab, wie viel ein Online-Modus ihnen wert ist.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Madden NFL ’08
Wertungen Beschreibung
7.3 Grafik
Genauso wie im Vorgänger, allerdings keine Verbesserungen. Nette Charaktermodelle, schöne Arenen, übersichtliche Menüs, aber nichts Besonderes.
8.7 Sound
Ebenfalls genauso gut wie letztes Mal. Rockige und Hip-Hop-Lizenzklänge von namenhaften Künstlern untermalen die Atmosphäre des Sports sehr gut. Erstklassig.
8.5 Steuerung
Intuitiv, innovativ, lustig, die Bewegungen mit Wiimote und Nunchuk gehen leicht von der Hand und sind definitiv ein Vorteil der Wii-Version gegenüber anderen Konsolen.
8.0 Gameplay
Endlich auch für Neulinge einigermaßen zugänglich. Außerdem viele verschieden Spielmodi, die allen Spielerklassen gefallen dürften, und gelungene Präsentation.
8.0 Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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