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Harry Potter & der Orden des Phönix
Review von Tim Herrmann () | 13.07.2007

Der Juli 2007 oder auch das Jahr 2007 allgemein gehört Harry Potter: Zum einen wird natürlich das englischsprachige siebte Buch mit dem Titel „Harry Potter And The Deathly Hallows“ die Fantasy-Saga zu ihrem furiosen Abschluss bringen, der Millionen von Fans in Ekstase treiben wird. Zum anderen erscheint mit „Harry Potter und der Orden des Phönix“ auch noch der Kinofilm zum fünften Teil. Obwohl letzterer wohl eher eine kleine Leuchte neben dem siebten Roman sein und den sowieso vorhandenen Hype nicht mehr viel anstacheln wird, ist er trotzdem wie immer eine Umsetzung auf alle aktuellen Konsolen wert. Und bei vielen fangen dabei gleich wieder die Alarmglocken an zu läuten. Viele denken, heutige Lizenzspiele sind schließlich immer, durch die Bank weg und absolut ohne Ausnahmen ein Fall für die Giftmülldeponie… Aber stimmt das wirklich? Auch im Falle von Harry Potter und der Orden des Phönix auf Wii? Wir haben für euch einen näheren Blick auf das Lizenzspiel geworfen und können in unserem nachfolgenden Review das Geheimnis lüften, ob ElectronicArts mit der Lizenz nur ein paar fixe Euros machen wollte oder ob man sich tatsächlich Mühe mit dem Ausflug nach Hogwarts gegeben hat.

Wie war das noch gleich mit "Hogwarts"...?
Zuerst einmal eine kleine Auffrischung der Handlung des fünften Buches bzw. Filmes: Nachdem Harry in seinen Sommerferien von mysteriösen dunklen Kreaturen angegriffen wurde, findet er sich in einem Hogwarts wieder, das plötzlich von einer fiesen Hexe aus dem Ministerium namens Umbridge beherrscht wird. Um angeblich unnötige Panik zu vermeiden, versucht jenes Ministerium für Zauberei nämlich durch Vertuschungsaktionen zu verschleiern, dass der dunkle Lord Voldemort zurückgekehrt ist. Ein Fehler, denn er ist es tatsächlich. Harrys Aufgabe im Buch besteht darin, eine Armee aus Schülern um sich zu scharen, um damit das Problem mit Dolores Umbridge, der oben genannten Lehrerin für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, zu lösen und das Geheimnis um Harrys mysteriöse Träume und Visionen zu lüften. So viel zur Geschichte. Schade nur, dass diese im Videospiel von Harry Potter und der Orden des Phönix über große Strecken hinweg kaum eine Rolle spielt. In einigen wenigen (immerhin sehr schön animierten) Zwischensequenzen kann man etwas Story erhaschen, die gegen Ende des Spiels glücklicherweise von der Häufigkeit her ordentlich anziehen. Spieler aber, die weder Buch noch Film im Kopf haben, tappen komplett im Dunkeln, was die Handlung betrifft. Vorwissen ist also Pflicht.



Wer hat den schönsten Zauberhut?
Im Dunkeln zu tappen, ist bei Harry Potter und der Orden des Phönix im sehr übertragenen Sinne auch sehr schade. Worauf ich hinaus will, ist die Beantwortung einer weiteren Frage: Wie sieht das Spiel aus? Und da erlebt man eine echte Überraschung, denn – so suspekt es sich für manche anhören mag – dieses Lizenzspiel gehört optisch betrachtet mit zu den Besten der Wii-Produktriege. Die Umgebungen sind extrem detailliert und das Spiel sehr liebevoll gestaltet, die Texturen scharf. Überall findet man neue interessante Details im Schloss, die einen kurzen Blick wert sind. Federn fliegen umher, Besen wischen „wie von Zauberhand“ den Boden und Ritterrüstungen fangen plötzlich an zu leben und zappeln herum. Viele (wenn auch nicht alle) Charaktermodelle sind ebenfalls sehr gut modelliert. Besonders hervorzuheben sind aber die Umgebungen und die Spielwelt: Das Schloss Hogwarts und seine Ländereien sind von gigantischen Ausmaßen, die sogar Hyrule in „The Legend Of Zelda“ Konkurrenz machen. Sogar nach mehreren Spielstunden entdeckt man noch neue, kleinere Zimmer, aber auch noch völlig frische und weitläufigere Abschnitte. Und das alles vollkommen ohne lästige Ladezeiten, die das Spiel wohl sicherlich stark beschädigt, wenn nicht sogar zerstört hätten. Außerdem sei als weiterer positiver Aspekt genannt, dass die Spielwelt extrem lebendig ist, es gibt praktisch keine ausgestorbenen, leeren Gänge - man merkt, dass man sich auf einer Schule befindet, denn überall wuseln die angehenden Zauberer herum und unterhalten sich. Zwar über wenig interessante Dinge, aber sie transportieren die Atmosphäre der Zaubererschule überzeugend, machen einen realistischen Eindruck und bringen Bewegung und Leben in das Schlossgebäude und die Ländereien.

Aber: Keine Medaille ohne Kehrseite - Aufgrund der zahlreichen Details und wegen der vielen sich bewegenden Objekte, die überall durch die Gegend fliegen, laufen, schweben etc. kommt es des Öfteren zu Rucklern. Zwar sind diese nicht so heftig und so häufig, dass sie den Titel unspielbar machen. Als schön kann man es aber auch nicht bezeichnen, dass das Spiel nicht so flüssig läuft wie andere Titel und sich größtenteils in 30-40 Frames pro Sekunde präsentiert. Mir persönlich sind diese vereinzelten Ruckler aber immer noch erheblich lieber als ewige Ladezeiten, verbringt man doch einen Großteil des Spiels damit, durch das Schloss zu streifen und Personen zu suchen, sich zu verlaufen oder Gegenstände aufzufinden. Jedes Mal beim Betreten der weit mehr als 50 Abschnitte ein paar Sekunden warten? Nein, danke.

Was noch mehr überzeugt als der grafische Aspekt, ist der Sound: Hier punktet das Spiel gewaltig. Dem Videospiel steht genauso wie dem Film ein hochprofessionell produzierter Hollywood-Soundtrack zur Verfügung. Und der wird bravourös genutzt. Stimmige und atmosphärische Melodien, die von Orchestern eingespielt wurden, untermalen die verschiedenen Abschnitte der Zaubererschule extrem gut, ob es nun gerade mysteriös, pompös, wild, spannend, lustig oder episch sein soll. Fans der Musik der Filme werden durchaus begeistert sein. Ebenfalls in positivem Sinne zu erwähnen ist die exzellente Sprachausgabe, komplett in Deutsch. Teilweise werden die Pixelhelden von den Originalsprechern des Films synchronisiert und obwohl das alles nicht lippensynchron abläuft, kommen die Gespräche sehr gut rüber. Untertitel sind trotzdem zu empfehlen, da sich die Sprechparts der verschiedenen Charaktere besonders bei den Zwischensequenzen ab und an überschneiden und man somit die Inhalte teilweise nur noch beschränkt versteht.

Besonders wichtig bei Spielen mit dem nunmehr 15-jährigen Schüler ist natürlich das Zaubern selbst, schließlich befindet man sich auf der Zaubererschule Hogwarts und kann somit interaktiv den Traum eines jeden Potter-Fans erleben und Bänke, Tische oder Stühle durch die Luft schweben lassen und den fiesen Slytherins ein paar Flüche um die Ohren jagen. Und zwar mit lebensnahen Handbewegungen. Es ist nämlich tatsächlich möglich, die Wiimote (und Nunchuk) als Zauberstabersatz zu benutzen. Durch simples Schwingen kann ein Spruch ausgeführt werden. Der Controller unterscheidet zwischen „Alltagszaubern“ und „Duellzaubern“. Es gibt insgesamt vier verschiedene Bewegungsweisen: (Beide) Controller nach vorne stoßen, Wiimote im Kreis schwenken, Zauberstab zu sich heranziehen und Controllerduo in die Luft reißen. Je nachdem, in welcher Situation man sich gerade befindet, werden die Zauber dann ausgeführt. Das funktioniert gut und Fehlinterpretationen stehen eigentlich selten auf der Tagesordnung.



Zaubern ist kein Pappenstiel...
Aber wer jetzt schon anfängt, über die Geldsumme nachzudenken, die mir für diese Lobhudelei bezahlt worden sein muss, tut das berechtigt – denn irgendwie klingt das ja doch alles ein bisschen zu schön, um wirklich wahr zu sein. Aber wir haben ja schließlich auch noch nicht über das Gameplay geplaudert.
Das lässt nämlich stellenweise sehr zu wünschen übrig. Die erste Hälfte des Spiels besteht praktisch zu 100% aus Herumrennerei durchs Schloss. Aufgabe ist es, die verschiedenen Schüler in den so genannten Raum der Wünsche zu bringen, um dort ein DA-Treffen abzuhalten. DA, das ist die Abkürzung für Dumbledores Armee. Harry möchte nämlich seinen eigenen kleinen Zauberunterricht abhalten, der die unwissenden Schüler auf die herannahende Schlacht mit dem Dunklen Lord und seinen Todessern vorbereitet, was die dafür zuständige Lehrerin, oben benannte Dolores Umbridge, ihnen jedoch verwehrt. Harry irrt also lange Zeit durch das riesig große Schlossgelände und sucht die 28 Mitglieder der Gruppierung. Um sich nicht zu verlaufen, kommt auch wieder die aus Band Drei bekannte „Karte des Rumtreibers“ ins Spiel. Auf ihr kann man Orte und Personen auswählen, die man gerne aufsuchen würde. Schwarze Fußstapfen auf dem Schlossboden führen Harry und seine beiden Freunde dann genau zum Ziel. Das hogwartsinterne Navigationssystem funktioniert prinzipiell gut, man findet also immer dorthin, wo man gerne hinmöchte. Blöd nur, dass die Fußstapfen relativ langsam sind und man oftmals erst nach einigen Sekunden merkt, wenn man irgendwo in dem Korridor-Wirrwarr falsch abgebogen ist und dann wieder umkehren muss.

Hat man dann den gesuchten Ort oder den Menschen gefunden, kommt dieser entweder gleich ohne Murren mit zum Treffen oder fordert vorher noch die Bewältigung einer Aufgabe. Nicht selten tauchen dabei dann unglaublich lästige Rätsel à la „Finde die fünf sprechenden Wasserspeier“ im Spielgeschehen auf, die einen zwingen, durch das ganze, undurchsichtige Schloss zu rennen, um die Gegenstände zu finden. Auch Aufträge wie „Bringe mir den Super-Mega-Power-Trank und mache damit irgendetwas, damit ich irgendetwas für dich mache“ hätte man zugunsten von abwechslungsreicheren, weniger altmodischen Aufgaben gerne weglassen können. Insgesamt bietet das Spiel hier nichts Interessantes und die Hol-und-Such-Aufgaben haben nichts mit der Story zu tun, die den Eindruck macht, als würde sie nur willkürlich ab und an ins Spielgeschehen eingeblendet. Erst in der zweiten Spielhälfte wird das Spiel deutlich dynamischer und damit auch spaßiger und spannender. Das liegt allerdings daran, dass sich hier die Handlung plötzlich überschlägt, mehrere Zwischensequenzen aufeinander folgen und der Spieler aus dem grauen Alltagstrott herausgerissen wird. Schön wäre es gewesen, wenn das Spiel mehr als nur einen solchen Schnitt gehabt und mehrere unterschiedliche Situationen geboten hätte. Insgesamt hat man die Geschichte nach ungefähr zehn Stunden beendet, danach geht es weiter mit den gerade benannten Suchaufgaben, die dann jedoch wohl nur noch die wenigsten hinter dem Ofen hervorlocken werden.

Die Zaubererduelle, die einen recht guten Eindruck gemacht haben, kommen leider viel zu selten vor und wenn, dann sind sie nur optional, falls man beispielsweise einmal Lust darauf hat, einem fiesen Slytherin einen Fluch auf den Hals zu hetzen. Zu einer regelrechten Farce avanciert das Ganze dann, wenn man ein Duell starten muss und schon im Vorraus aus storytechnischen Gründen als Verlierer feststeht und somit keine Chance mehr zum Sieg hat, und sich eigentlich auch gar nicht mehr wehren muss.

Fazit:
Harry Potter und der Orden des Phönix ist ein ziemlich zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite setzen Grafik und vor allen Dingen der Sound zwar überraschenderweise Maßstäbe auf Wii, die Steuerung funktioniert gut und die Spielwelt ist absolut riesig. Auf der anderen Seite aber kann das nicht über die spielerischen Mängel hinwegtäuschen, die das Spiel (zumindest in der ersten Hälfte) unbestritten hat. Das langweilige und anstrengende Herumlaufen, um Gegenstände und Personen zu suchen, hätte man durch wesentlich Abwechslungsreicheres ersetzen können und auch die Geschichte hätte sehr viel besser und ausführlicher integriert werden sollen, sodass auch Nicht-Potter-Fans einen Zugang dazu bekommen. Insgesamt gesehen kann man das Spiel sicherlich nicht als grob schlecht und als Fall für die Sonderdeponie bezeichnen. Aber es wurde wieder einmal viel zu viel von dem Potenzial verschenkt, das das Franchise Harry Potter eigentlich hergeben würde. So heißt es nun Warten auf Teil 6 und Hoffen, dass man in Hinsicht auf das Gameplay mehr Kreativität an den Tag legt und sich auch einmal etwas Außergewöhnliches wagt, damit die echte Potter-Atmosphäre endlich die Mauer aus 08/15-Spielideen durchbrechen kann, die sie derzeit noch einsperrt.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Harry Potter & der Orden des Phönix
Wertungen Beschreibung
8.3 Grafik
Riesengroße Umgebung mit vielen liebevoll implementierten Details, die die Hogwarts-Atmosphäre gut unterstützen. Keine Ladezeiten, dafür ab und an Ruckler.
9.6 Sound
Brillant! Meisterhafte Orchestermelodien aus dem Film, die Ohrwürmer verursachen und exakt zur jeweiligen Situation passen. Außerdem ausdrucksvolle Sprachausgabe mit Originalsprechern.
7.6 Steuerung
Das Zaubern mit der Wiimote funktioniert prinzipiell gut, die Bewegung mit dem Nunchuk auch. Generell recht simpel und einsteigerfreundlich gehalten.
5.8 Gameplay
Größter Kritikpunkt des Spiels: Die erste Hälfte besteht komplett aus langweiligem Herumlaufen in Hogwarts mit unkreativen Aufgaben und Missionen. Dafür gibt es allerdings einiges zu entdecken und einige wenige auflockernde Lichtblicke, wenn die Story anzieht.
7.3 Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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