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PokéPark Wii: Pikachus großes Abenteuer
Review von Burkhart von Klitzing () | 13.09.2010

Neue Freunde zu finden, kann mitunter ganz schön knifflig sein. Freunde und Verwandte können gute Starthilfe geben. Zugehörigkeit zu Gruppen wie Schulklassen oder Sportvereinen ist ebenfalls hilfreich. Letzten Endes kommt der einsame Mensch allerdings um Grundtugenden wie soziale Kompetenz, Charisma, Empathie und vor allem ein dem Gegenüber angemessenes Verhalten kaum herum, von einem guten Gesprächseinstieg ganz zu schweigen. Wäre es nicht schön, gäbe es einfachere Wege? Etwa, einen kleineren Gesellen mit Schmackes gegen einen Baum in drei Meter Entfernung zu schleudern, der sich prompt mit einem überschwänglichen Freundesantrag bedankt? Oder eine ominöse, auf der Straße gefundene Beere zu verfüttern, um ebenfalls sogleich die heutzutage allzeit präsenten Freundeslisten um einen weiteren Eintrag aufzustocken? Und ohnehin von jedem Unbekannten ohne Umwege mit einer freundlichen Unterhaltung überrascht zu werden? All das klingt nach verzweifelten Wesen? Tatsächlich ist es der Lauf der Dinge in der „Friede-Freude-Eierkuchen“-postulierenden Welt des PokéParks.

Storymon
Ganz ohne Freunde ist auch unser Held Pikachu nicht zu Beginn des Spiels, als sein Begleiter Plinfa plötzlich stolpert und ihn so in ein tiefes Loch stürzen lässt, das in den legendären PokéPark führt. Wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde. Das weiß der Volksmund. Das weiß Pikachu. Also sucht dieser fortan nicht nur nach seinen alten Freunden, die ihm hinab folgten, sondern versucht auch, die Gunst aller anderen Pokémon zu gewinnen, denen er unterwegs begegnet, angefangen bei Mew. Das sagenumwobene Psycho-Pokémon gibt dem Rotbäckchen auch sogleich eine Aufgabe mit auf den Weg, der nur ein wahrer Auserwählter gerecht zu werden vermag. Es gilt, die 14 verstreuten Prismensplitter zu vereinen, um so den drohenden Untergang des bunten Paradieses zu verhindern. Geschichten zu erzählen, ist nicht unbedingt die große Stärke von PokéPark Wii und so tritt die große Bedrohung ebenso wie die Suche nach dem Heimweg schnell in den Hintergrund. An ihre Stelle treten nun kleine Geschichtchen von Verwandtschaft, die eine Behausung im Grünen braucht, oder Verwandtschaft, die eine Behausung im Eis benötigt. Das Leitmotiv ist indes die neuerliche Disharmonie zwischen den einstigen Freunden und Anführern Bisaflor, Lohgock und Impoleon. Und zwischen Mamutel und Impoleon. Und zwischen Garados und Lapras. Und – nunja: Das Erzählen von Geschichten ist eben nun wirklich nicht gerade die Stärke des Spiels.



Digi(kreuz)mon
Kaum ist Pikachu im PokéPark angekommen, erwartet ihn auch schon das nächste hilfreiche Wesen in Form von Plaudagei. Der gesprächige Vogel hilft nicht nur jederzeit aus der Patsche, falls man mal nicht mehr weiß, wo es lang geht, oder wenn man schlicht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, sprich, im Dickicht der Pokémon-Namen den Überblick verliert. Er führt die Elektromaus auch in die Grundlagen des Spiels ein, bevor der Weg in die sogenannte Grünzone führt.
Einer der Hauptkritikpunkte in Metroid Other M ist die Bedienung per seitlich gehaltener Wii-Remote. Die Navigation in teils dreidimensionalen Gebieten nur mittels des auf zwei Dimensionen ausgelegten Steuerkreuzes. Angereichert mit Umschwenken in die Egoperspektive per Pointerfunktion und somit ungewohntem Umgreifen der Hand. Warum das hier Erwähnung findet? Entwickler Creatures Inc. hatte das gleiche Konzept wie Team Ninja schon vorher im Kopf und so zehrt auch im PokéPark die Steuerung so manches Mal an den Nerven, schließlich setzt er gänzlich auf drei Dimensionen. Pikachu lässt sich anfangs kaum kontrolliert über breite Wege führen, geschweige denn auf kleine Punkte zusteuern. Schlimmer wird es, wenn zusätzlich per Druck auf 2 ein flotter Sprint entfährt und der Wendekreis dermaßen anwächst, dass vorausschauendes Laufen zur Pflicht wird. Die umständliche Bremsfunktion, die bei nicht zentrierter Kamera gerne zickt, tut ihr Übriges, einen schlechten Ersteindruck zu hinterlassen. Zumindest ist der Einsatz der Egoperspektive weniger kritisch, schließlich ist sie komplett optional und fehlende Gefahren im Spiel erlauben ihren sorglosen Einsatz. Insgesamt gewöhnt man sich nach einiger Zeit ohnehin an die gesamte Steuerung und lernt, mit ihr zu leben, ohne sie zu lieben. Optimales Design sieht dennoch anders aus.

Mon copain
Haben wir schließlich mit der Grünzone das erste von sieben thematisch abgesteckten Arealen à la Eisgebiet, Geisterlandschaft und Feuerreich betreten, lernen wir schnell den Gang der Dinge im Park kennen, der zum unumstößlichen Diktat wird. Auf den sonnendurchfluteten grünen Wiesen tummeln sich einige Handvoll Pokémon, ein paar Holzkisten säumen die Landschaft. Bisaflor bauscht sich als oberster Sittenwächter auf, der durch seine Untergebenen Angst und Terror verbreitet (überzogene Darstellung) und die Teilnahme an den allseits beliebten Minispielen verbietet. Dummerweise sind ausgerechnet Bisaflor und das den örtlichen Wettlauf organisierende Bisasam im Besitz zweier Prismensplitter (da war doch was?). Also rennen wir umher und freunden uns nach und nach mit bis zu 198 Pokémon (im gesamten Spiel) an und eröffnen durch Freundschaft mit bestimmten Viechern kleine Sammelaufgaben, die stets im näheren Umkreis zu erledigen sind, oder locken weitere, für den Fortschritt relevante Tierchen in den Park oder bekommen schlichtweg den Weg freigeräumt, bis endlich das nächste Minispiel freigegeben wird und wir in den Wettstreit um eines der wichtigen Kristallfragmente treten dürfen. Sind schlussendlich alle Teile eines Abschnitts gefunden, winkt das nächste Areal, das sich weitestgehend nur durch das optische Design und die thematisch passenden Pokémon von dem vorigen unterscheidet. Inhaltlich warten mit den Versatzstücken „grummeliges Oberhaupt“, „nach und nach freizuschaltende Minispiele“ und „mehr Freunde als bei Facebook“ höchstens noch Überraschungen im Detail der kleinen Nebenaufgaben.



Der Prozess des Freundefindens verspricht zunächst einiges an Abwechslung, reduziert sich jedoch effektiv in 90% der Fälle auf zwei Methoden: Grapschen und Prügeln, eben wie im echten Leben. Spricht der gelbe Nager ein herumstreunendes Pokémon an, dann verrät dieses nach ein wenig Smalltalk, wie es umworben werden möchte. Ratespiele erfordern teils gutes Wissen über die Monsterschar, stellen aber spätestens nach ein paar Fehlantworten und daraus folgender Wiederholung kein großes Hindernis mehr dar. Die extrem seltenen Turnübungen bedürfen filigraner Sprünge, was trotz der Steuerung nicht übermäßig fordert. Das Versteckspiel wiederum schwankt im Anspruch von „finde das halb eingegrabene, grüne Myrapla inmitten von grünen Grasbüscheln auf einer grünen Wiese unter (richtig!) grünen Bäumen“ hin zu dezent dement wirkenden Spielgesellen, die sich im direkten Sichtbereich vor einem komplett leeren Strandabschnitt an eine Wand stellen. Wesentlich häufiger und teils auch anspruchsvoller sind hingegen Fangen und Kämpfen. Bei ersterem läuft der von den Vorzügen der Freundschaft zu überzeugende Kamerad davon und muss innerhalb eines Zeitlimits per Sprint angerempelt werden. Schläft Flegmon wie erwartet dabei beinahe ein, wissen andere Pokémon schon mehr Gegenwehr aufzufahren. Sniebel etwa ist schlichtweg schnell, Glaziola vernebelt die Sicht per Eissturm und Wingull, Taubsi und Co. fliegen gar umher. Hier hilft nur Geduld, bis sie kurz zu einer Zwischenlandung ansetzen. Kämpfe wiederum lassen den ewigen Traum all derer wahr werden, die seit der roten und blauen Edition darauf gewartet haben, Pokémon in Echtzeit aufeinander hetzen zu dürfen. Der Tiefgang bleibt dabei im Gegensatz zu den traditionellen RPGs auf der Strecke. Donnerblitz, Eisenschweif, Tackle und Ausfallschritt lassen sich aber ebenso zu kleinen Kombos verketten, wie sich Hindernisse und vor allem Wasser zum eigenen Vorteil verwenden lassen und die unterschiedlichen Attacken der Gegner erfordern immer mal wieder eine andere Vorgehensweise, auch wenn beispielsweise reine Nahkämpfer gegen den Donnerblitz kein Land sehen.



Der Schwierigkeitsgrad ist somit nicht einheitlich. Erfahrene Spieler sollten nicht zuletzt dank der Möglichkeit, sich Upgrades für diverse Werte zu kaufen, auf Dauer keine ernsthaften Probleme haben, die ganz Kleinen allerdings dürften nicht nur wegen mancher Steuerungsmacke in den Fangsequenzen und den Kämpfen fluchen, sondern auch mit einigen arg gestelzt formulierten Texten (also diesem Review nicht unähnlich) zu kämpfen haben. Und PokéPark Wii ist voll von Texten, etwa 40% der Zeit ist man mit Lesen beschäftigt. Netterweise sind viele Texte nur schmückendes Beiwerk und auch Frust bei der Freundessuche kann vermieden werden, indem man sich eben andere Pokémon sucht oder einfach hofft, dass ein anderer Vertreter einer Gattung vielleicht ein anderes Spiel spielen möchte, das einem mehr liegt. Apropos Spiele, denn da sind ja noch die Prismensplitter spendenden Minispiele. Diese können nicht umgangen werden, wodurch der schwankende Schwierigkeitsgrad hier deutlich störender ausfällt, von der spielerischen Varianz – oder deren Ermangelung – nicht zu sprechen. Hier schlägt das Mantra des Motion-Zwanges voll zu, so dass das korrekte Schwingen und Kippen der Wiimote zu einem guten Abschneiden in allerlei Wettrennen und anderen sportlichen Aktivitäten führen soll und wie so oft klappt das mal besser, wie beim simplen Schüttelsprint, und mal schlechter, wie bei Hindernisparcours.

Der Weisheit letzter Schluss
Als Spiel ist PokéPark Wii eine Summe mittelprächtiger Minispiele, sich stetig wiederholender Aufgaben und gerade noch als zweckmäßig durchgehender Bedienung, doch wer sich daran nicht weiter stört, der wird mit einer liebevollen Atmosphäre belohnt. Ganz ähnlich Pokémon Channel auf dem GameCube scheiden sich auch hier die Geister, ob das als tragendes Fundament für ein Spiel reicht, aber ein schwer ausgeatmetes „Pika“ beim Aufheben eines Holzscheits zaubert augenblicklich ein Lächeln ins Gesicht. Wenn Pikachu dann noch nach einem gewonnenen Duell triumphal und schon leicht arrogant tanzt oder eine der zahlreichen Ladebildschirmanimationen (beobachtet die Elektromaus beim Schleichen, Kung-Fu oder Purzelbaumschlagen) läuft, geht im Herzen des Spielers ein Sonnflora auf. Auch Märsche durch die verschiedenen Gebiete machen Freude, schließlich wuseln zig Pokémon mit geschmeidigen und passenden Animationen umher, streiten sich schon mal untereinander und werden niemals müde, ihren Namen auszurufen. Mächtige Pokémon der dritten Evolutionsstufe flößen Respekt ein. Kleinvieh wird gerne mal aus Langeweile gegen den nächstbesten Baum geschleudert oder elektrifiziert. Da stören auch die teils arg leeren Umgebungen nicht: Für Pokémon-Fans gibt es keine schönere Möglichkeit, in die Weiten der Goldesel-Kreaturen abzutauchen. Schade nur, dass es abseits von weiteren Pokémon kaum etwas in diesen Weiten zu entdecken gibt. Bis alle Freundschaften geschlossen und vertieft sind, vergehen dennoch gute 10-12 Stunden.

Fazit:
Viele dürften längst auf die Wertungen unten geschielt haben und aufschreien: „Eine 6.6, bei schlechteren Teilwertungen sowohl im Gameplay als auch in der Steuerung? Und dann auch noch in der Grafik?!“ Das Problem, oder vielmehr des PokéParks Rettung, ist der geringe Fokus auf dem durchwachsenen, tatsächlichen Spiel, als vielmehr auf dem Erlebnis, als Pikachu durch eine zuckersüße Welt zu reisen, die jedem Diabetiker die blanke Angst ins Gesicht treibt. Anspruch und Abwechslung bleiben auf dem kaum als solches zu bezeichnenden Abenteuer weitestgehend auf der Strecke, dafür greift wie so oft der Sammelwahn und es dürfte jedem, der ein Grundmaß an Sympathie für die Taschenmonster aufbringen kann, regelmäßig ein seliges „Awwww, wie goldig.“ entweichen. Und ist das nicht wesentlich schöner und beruhigender als ein wütender Aufschrei?

Von Burkhart von Klitzing
Wertung für das Spiel PokéPark Wii: Pikachus großes Abenteuer
Wertungen Beschreibung
6.2 Grafik
Pokémon hui, Landschaften technisch pfui, doch stimmig.
7.8 Sound
Pika-Pi-Pikachu! Knuffige Laute allerorten und passende, wenn auch unspektakuläre Musik.
5.8 Steuerung
Dreidimensionale Bewegungen mit Steuerkreuz, gepaart mit dem Wendekreis eines Linienbusses. Zumindest gewöhnt man sich mit der Zeit daran.
5.9 Gameplay
Spielerisch dünnes Paket aus vorwiegend rennbetonten Miniaufgaben.
6.6 Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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