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Bolt – Ein Hund für alle Fälle
Review von Tim Herrmann () | 06.06.2009

Wenn ein Hund berühmter wird als sein Herrchen, dann muss schon die Unterhaltungsindustrie am Werk gewesen sein. Kommissar Rex zum Beispiel kennt jeder und noch heute scheint jeder zweite deutsche Schäferhund den Namen „Rex“ verpasst zu bekommen, doch wer waren da noch mal die eigentlichen Ermittler im Hintergrund? Das gleiche Phänomen bei „Mein Partner mit der Kalten Schnauze“. Und von Rintintin, Lassy oder dem Hund namens Beethoven muss man wohl gar nicht erst reden. Mit Bolt – Ein Hund für alle Fälle brachte Disney Anfang dieses Jahres einen weiteren bellenden Protagonisten in die Hundechronik und auf die Kinoleinwände. Der Animationsfilm drehte sich um einen Kläffer mit Superkräften, der eigentlich nur der Star einer Fernsehserie ist, selbst aber die Überzeugung hat, dass alles in seinem Leben der Realität entspricht. Ein Animationsfilm mit einem Hund, der noch dazu Superkräfte hat – die ultimative Vorlage für ein Videospiel, das natürlich nicht lange auf sich warten ließ. In unserem Test verraten wir euch, wie sich Bolt auf Nintendos Wii macht.

Halb Hund, halb Held
Im Film zentrierte sich die Geschichte um den kleinen Kläffer Bolt, der eines Tages schmerzlich erfahren muss, dass sein ganzes Leben nicht mehr als eine Fernsehserie war: Seine Superkräfte waren nicht mehr als Special-Effects, seine Feinde nicht mehr als schlechte Schauspieler. Einzig seine beste menschliche Freundin und Halterin Penny scheint real zu sein, doch sie wird (in der Serie) entführt, um die Einschaltquoten des Spektakels zu steigern. Bolt selbst dagegen hat zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung, was eigentlich mit ihm geschieht und muss sich mit der Realität zurecht finden, die er erstmals außerhalb der Fernsehstudios findet.

Eine relativ tiefgründige Geschichte also, die nicht nur auf pure Action setzt, sondern den Fokus auf den Hund und seinen Charakter selbst legt und dabei sogar die eine oder andere Anspielung auf tausende Hundefilme der letzten Jahrzehnte abliefert. Ganz anders präsentiert sich das Videospiel, das Geschichten offenbar weniger spannend findet und deswegen einzig und allein auf Action setzt. Von der Story des Kinofilms ist im Videospiel fast nichts mehr zu finden und der Zuschauer bekommt lediglich das dargestellt (bzw. darf die Szenen spielen), in denen Bolt sich in seiner unbewussten Fernsehrolle befindet. Nur ganz am Anfang bekommt der Zuschauer mitgeteilt, dass er gleich Fiktion zu futtern bekommt – ein manischer Hamster ist nämlich der größte Fan der Sendung und schaut sich alle Videos mit Bolt an.

Die Anfänge der Geschichte sind schnell erzählt: Der Vater von Penny, dem Frauchen von Bolt, wurde entführt und die beiden machen sich auf den Weg, ihn zu retten. Insgesamt geschieht das in 25 Missionen, die entweder mit Bolt oder mit Penny gespielt werden, je ca. zehn Minuten lang sind und alle ziemlich ähnlich ablaufen. Wer also eine spielerische Umsetzung der Filmgeschichte erwartet, wird enttäuscht. Die Spieler bekommen reines Action-Futter – doch auch das kann unterhaltsam sein… Oder?

Schleichen und Beißen
Die Rollen sind in Bolt – ein Hund für alle Fälle ganz klar verteilt: Bolt ist die Kampfmaschine mit zig unterschiedlichen und wahrscheinlich bewusst völlig überdrehten Superkräften. Er kann wie in der Matrix in der Luft stehen bleiben und so irre und komplett unrealistische Schlagkombinationen auslösen, so laut brüllen, dass Geröllberge und Holzkonstruktionen in ihre Bestandteile zerlegt werden, Laser aus seinen Augen schießen oder für einige Zeit unverwundbar werden.
Penny dagegen ist eher die Schleicherin. Sie ist ausgestattet mit dem so genannten Scooterstab, der sie an Felsvorsprüngen vorbei bringt, als Fahrstuhl oder als Waffe dient. Außerdem hat auch sie einige Superkräfte, die sie für kurze Zeit unsichtbar werden oder Doppelsprünge vollführen lassen.
Ein kooperatives Spiel zwischen den beiden Protagonisten gibt es nicht – obwohl dieses Konzept es hervorragend angeboten hätte. Stattdessen sind die Missionen der beiden strikt voneinander getrennt und unterscheiden sich auch in der Spielmechanik gänzlich.



Bolts Lebensaufgabe besteht eigentlich ausschließlich aus Kämpfen. Neben ein paar sehr simplen Hüpfpassagen befindet sich das Hündchen meistens in einer Arena, in der wie aus dem Nichts (eigentlich wirklich aus dem Nichts) immer neue Gegner auftauchen, die ihm ans Fell wollen. Ihre Gefährlichkeit hält sich in Grenzen, weswegen sie durch schnelle Schlagkombinationen schnell erledigt sind. Anders als in anderen billigen Lizenzspielen gibt es hier glücklicherweise keine automatischen Kombinationen, die durch wiederholtes Drücken desselben Knopfes ausgelöst werden, sondern es gibt tatsächlich verschiedene Tastenkombinationen. Der B-Knopf beispielsweise ist für einfache Angriffe gedacht, während der Z-Button für ordentliche Schläge da ist. C lässt Bolt beißend am Gegner kleben, woraufhin er ihn wie einen Waschlappen durch die Luft wirbeln oder ihn verdreschen kann. Die Bewegungsfeatures von Wii-Remote und Nunchuk kommen ab und zu zum Tragen und sind für Spezialangriffe zuständig, für die man eine gewisse Leiste anzapft, die dann wieder aufgefüllt wird, wenn man einen Gegner besiegt hat. Das Kombinationssystem geht so weit, dass man ab und zu Superangriffe auslösen kann, die viel stärker sind als normale.

Obwohl Bolts Kampfsystem einigermaßen sorgfältig durchdacht ist und nicht unbedingt nur aus simplem Button-Smashing besteht, wird es auf die Dauer fürchterlich eintönig. Das liegt vor allem daran, dass die Gegner immer die gleichen sind und es in den Kämpfen so gut wie keine Abwechslung gibt. Endgegner sind leicht zu durchschauen und auch ansonsten ist das Spiel trotz einiger Explosionseffekte vom Schwierigkeitsgrad her absolut kinderfreundlich geblieben, sodass es erfahrenen Spielern keinerlei Herausforderung bietet.

Das gleiche gibt es bei Pennys Abschnitten zu sehen. Hier gilt das Motto „Wenn ich groß bin, will ich mal ein Stealth-Spiel werden“. Mit dem Scooterstab könnt ihr Wasserleitungen erklimmen, ungesehen um Ecken flitzen oder an Felswänden entlang rollen. Außerdem gilt es, in Feindesnähe unsichtbar zu werden oder mithilfe des Steuerkreuzes zu schleichen. Der B-Knopf löst schnelle Angriffe aus, die das Ende eines jeden Gegners bedeuten. Um zu sehen, wie es am schnellsten weitergeht, kann Penny einen speziellen Visor einschalten, der ihr Schlüsselobjekte sichtbar macht und somit eigentlich jegliche Geheimnisse des ohnehin nicht anspruchsvollen Spiels verrät. Auch hier ist der Schwierigkeitsgrad für ein Publikum von sechs bis zehn Jahren gemacht und wird keinen darüber ansatzweise in Bedrängnis bringen.

Von rasierten Chihuahuas
Unverschämterweise stammen die Screenshots auf der Rückseite auf der Verpackung so eindeutig aus der XBOX360-Version des Spiels, dass man sich kaum wundert, wenn man die Software erstmals in Aktion sieht. Während anfängliche Zwischensequenzen noch ganz ansehnlich daherkommen, ist die echte Ingame-Grafik nicht allzu weit vom DreamCast-Niveau entfernt und wartet mit pixeligen Böden, schlechten und flimmernden Wand- und Objekttexturen, stinkend langweiligen Charaktermodellen und laschen Explosions- und Lichteffekten auf. Die Sequenzen im Spiel, die nichts mit der kargen Geschichte zu tun haben, sind in Spielgrafik gehalten und offenbaren so die volle Hässlichkeit von Bolt auf Wii. Das Ganze geht sogar so weit, dass Bolt schon nicht mehr wie ein kleiner, wendiger, muskulöser Hund aussieht, sondern wie ein kahl geschorenes Chihuahua-Handtaschenhündchen.

Ansonsten gibt es nicht mehr viel zu Bolt – Ein Hund für alle Fälle zu sagen, weil es die Spieler zum einen mit einem völlig aussagelosen Sound zu tun bekommen, in dem ab und zu ein bellendes Geräusch zu hören ist, und weil das Spiel in ungefähr drei bis vier Stunden durchgespielt ist. Einen Mehrspielermodus gibt es nicht und auch ansonsten bietet der Titel keine zusätzlichen Features neben dem durch und durch unspektakulären Einzelspielermodus.

Fazit:
Das Videospiel zu Bolt – Ein Hund für alle Fälle ist insgesamt karg, hässlich, zu emotions- und geschichtsarm und zu eintönig, um die große Masse auch nur ansatzweise gut unterhalten zu können. Für sehr junge Spieler, die gleichzeitig große Fans des Animationsfilms sind, kann man Bolt als „Mein erstes kleines Adventure“ den Gefahrenstempel entziehen, weil man an einigen Stellen bemerkt, dass sich die Entwickler Gedanken gemacht und sich Mühe gegeben haben. Ansonsten bleibt nur zu sagen, dass man hier nicht unbedingt eine Umsetzung des Films bekommt, sondern eine Lizenzverwurstung, in der die Entwickler den Helden irgendetwas actionreiches machen lassen, dabei aber völlig vergessen, dem Ganzen eine Seele oder spielerische Besonderheiten zu verpassen.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Bolt – Ein Hund für alle Fälle
Wertungen Beschreibung
4.2 Grafik
Sehr schlechte Umgebungsgrafiken, die nicht weit entfernt sind von der vorletzten Generation und auf keinen Fall mehr in diese Generation gehören. Dazu kommen miese Charaktermodelle und lasche Effekte.
5.0 Sound
Charakterlose Musik im Hintergrund, nur sehr selten Sprachausgabe (die dafür immerhin deutsch ist) und unkoordiniertes Bellen in den Bolt-Missionen.
7.0 Steuerung
Geht ohne Probleme von der Hand und läuft im Wesentlichen über Knopfdrücke und Quick-Time-Events ab. Die Bewegungssensoren werden in angenehmem Maße beansprucht.
5.0 Gameplay
Langweilige Missionen, in denen weder der Stealth- noch der Action-Aspekt annähernd ausreichend zum Tragen kommt. Man hat sich zu wenig einfallen lassen und liefert dadurch ein gesichtsloses Vier-Stunden-Spiel ohne prägende Charakteristika ab.
4.9 Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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