Review von Lars Peterke () | 15.06.2008
Als es damals die ersten "Wiimakes" gab, fing ich an zu schreien und klagte über die Einfallslosigkeit der Entwickler. Prince of Persia ist hierbei als Mahnmal anzugeben. Capcom belehrte mich und andere Wii-Spieler mit der Neuauflage von Resident Evil 4 eines Besseren. Und inzwischen muss ich meine Aussage korrigieren: Wiimakes sind toll – zum einen, weil man dort noch viel Inhalt geboten bekommt, und zum anderen, weil so manche Perle endlich die Aufmerksamkeit bekommt, die sie verdient. Damit wären wir bei Ôkami angelangt. Der ehemalige PS2-Geheimtipp wurde nun für die Wii neu aufgelegt und bereichert Nintendos Konsole nun um ein Spiel mit Elementen aus Zelda: The Wind Maker und ...naja… Kirbys Power Malpinsel vom Nintendo DS.
Geschichtsstunde
Ôkami ist relativ storylastig - jedenfalls weitaus mehr, als es ein Zelda-Spiel ist. Viele Dialoge begleiten den Spieler und bringen ihm die kreative Geschichte des Titels näher. Zu Beginn dürft ihr erst einmal ein aus Artworks bestehendes Intro ansehen, das euch die Grundgeschichte näher bringt. In dieser geht es um den Gott Ôkami, der die Welt beschützt. Einst kam es allerdings zu einem verhängnisvollen Ereignis, durch dessen Folge der böse Geist Orochi wiederauferstand. Er verschluckte die Welt und nur ein einziges Dorf wurde davon verschont, das kleine Dorf Kamiki, das dank des Baumgeistes Sakuya verschont blieb. Sie beschwor daraufhin die Göttin Amaterasu, eine weiße Wölfin, in dessen Rolle ihr nun das Böse abwenden dürft. Ihr werdet dabei vom Kalligrafen Issun begleitet, der (einfach gesagt) mindestens genau so nervt wie die Elfe Navy aus Zelda: Ocarina of Time.
Nachdem ihr von Sakuyi eingeordnet wurdet, kann es auch schon losgehen. Doch wie das genau vonstatten geht, ist etwas schwer zu schildern: Ôkami ist ein Spiel, welches man von Beginn an erleben muss. Trotzdem ein kurzer Abriss des Ganzen: Ihr werdet zunächst in einige Grundlagen eingeführt und lernt die ersten Bewegungen: Steuern mit dem Nunchuk, Kamera drehen mit dem Steuerkreuz, springen mit dem A-Knopf. Ihr bekommt eure Angriffsmethoden gezeigt: Schüttelt die Wii-Fernbedienung um anzugreifen – das fühlt sich ähnlich an wie Wolf-Link in Zelda - Twillight Princess. Anschließend trefft ihr die erste von dreizehn Gottheiten, die euch ihre göttlichen Fähigkeiten vermachen: die Pinseltechnik der Restauration, mit der ihr kaputte Elemente reparieren könnt. Drückt den B-Knopf, um mit dem Malen zu beginnen. Der Bildschirm wird eingefroren und ihr könnt nun mit Pointer und A-Knopf malen - zum Beispiel eine Brücke, um diese dann zu überqueren. Oder auch einen Fluss, um durchzuschwimmen. Anschließend werdet ihr mit den ersten Gegnern konfrontiert. Generell gesprochen können diese besiegt werden, indem ihre Energie auf Null reduziert wird. Alternativ gibt es bei fast jedem Gegner auch die Möglichkeit, ihn in irgendeiner Form auszutricksen. Der Gegner wird grau und betäubt sein, woraufhin der Spieler im Pinselmodus einen geraden Strich ziehen muss, der einem Schwertschlag gleicht und den Kontrahenten bedeutend stärker schwächt. Ist die erste Spielstunde Ôkami so gemeistert, gelangt ihr in das Dorf Kamiki und bekommt ein Gefühl dafür, wie sich Ôkami wirklich spielt. Ein Zelda-Faktor zieht sich fortan durch das ganze Spiel. Areale erkunden, in Dungeons herumstreunen und in den Dörfern mit Leuten reden und kleine Zusatzaufgaben erfüllen; zum Beispiel das Reparieren eines Wasserrades.
Gameplay, Features und Spielereien aus Nippon
Die Steuerung wurde also bereits erläutert. Erwähnenswert ist noch, dass ihr mit dem Z-Knopf mit Leuten redet, via C-Knopf graben könnt und mit den Knöpfen 1 und 2 eure Karte einblendet und die Bildperspektive anpassen könnt. Widmen wir uns den Gameplay-Elementen, die man ebenfalls aus Zelda kennen kann: Es gibt Lebensenergie und auch Pinseln könnt ihr nicht unendlich. Ähnlich wie bei der Magie in Zelda ist nach einiger Zeit einfach Schluss mit dem Malen und ihr müsst warten, dass sich die Energie wieder auflädt. Ein drittes Element im Spiel ist das Glück in Form von Kugeln. Erledigt Aufgaben, füttert Tiere, kommt in der Story voran oder helft der Natur, um solche Kugeln zu erhalten, die ihr dann im Hauptmenü gegen Statusaufwertungen tauschen könnt – zum Beispiel mehr Lebensenergie oder Pinselfarbe. Der Rest des Gameplays ergibt sich durch die vielen innovativen Pinseltechniken, die zudem auch alle in Kämpfen verwendet werden können und diese dadurch interessant und spannend gestalten. Zudem ergeben sich aus den magischen Pinselstrichen viele Rätsel und spannende Spielsituationen.

Während ihr nun durch die einzelnen Areale zieht und der Welt zu ihrem ursprünglichen Glanz verhelft, seid ihr auf all diese Fähigkeiten angewiesen. Beispielsweise müsst ihr einen Kreis um eine Baumkrone malen, um den Baum und seine umliegende Natur erblühen zu lassen. Ihr könnt später auch Seerosen zeichnen und diese als Plattform verwenden oder eine Bombe erschaffen - alles nur mit Zeichnungen der WIi-Fernbedienung. Der Gedanke, dies alles mit einem PS2-Pad zu machen: einfach nur Schrecklich. In diesem Sinne ein wirklich sinnvolles Wiimake und generell ein Spiel mit genug Features für drei Titel.
Ebenfalls nennenswert sind einige weitere Rollenspielelemente. So können in einem Dojo neue Fähigkeiten erlernt werden und das Hauptmenü offenbart euch eine weitere Fülle an Möglichkeiten. Gesammelte Nahrung heilt eure Energie und im Menü „Ausrüstung“ könnt ihr göttliche Waffen und Artefakte anlegen. Während erstere im Kampf helfen, könnt ihr mit Artefakten eure Fähigkeiten in bestimmten Bereichen verbessern, ähnlich wie mit den Orden in Paper Mario. Zusätzlich gibt es noch ein Journal, das eure Spielaufgaben listet. In Dungeons bekommt ihr eine übersichtliche Verlieskarte, die noch einmal einen Batzen Zelda-Atmosphäre aufkommen lässt. Der Rest ist Spielerei: zerstörbare Objekte, Händler, Tag- und Nacht-Zyklus, Archivtexte zu Gegnern und gefundenen Schätzen. Und abseits all dieser ganzen Gameplay-Elemente gibt es während des ganzen Spiels Sidekicks und Backgrounds auf die japanische Mythologie, die in Ôkami ihre Interpretation findet.
Audiovisueller Meilenstein
Jawohl, die Überschrift stimmt. Und ja, wir reden immer noch von einem PS2-Remake. Was Ôkami einem visuell bietet, ist einfach nicht zu beschreiben. Man muss Screenshots und Videos sehen, um selbst zu begreifen, was hier an Herzblut seitens der Entwickler eingeflossen ist. Der Cel-Shading Grafikstil mit markanten Formungen, kantigen Elementen, Detailverliebtheit und Effekten ist einzigartig und stellt im Gesamtkonzept ein Novum da. Es gibt sicher Spiele mit schöneren Texturen, besseren Cel-Shading-Looks oder imposanteren Effekten, aber im Gesamtkonzept ist Okami einfach einzigartig. Dieser ohnehin schon positive Voreindruck der PS2-Version wird in der Wii-Version noch bestärkt: 60Hz-Modus, 480i-HDTV und Breitbild sorgen für Komfort. Zudem wurde das Spiel grafisch überholt und kommt nun in etwas satteren Farben daher, als es damals noch bei der PS2-Version der Fall war. Das Spiel bleibt dabei stets flüssig. Einmal in Sachen Framerate und einmal in Sachen Speichelfluss, wenn das Spiel (besonders in Videosequenzen) seine Kunstwerkqualitäten unter Beweis stellt. Kritikpunkte einiger amerikanischer Magazine, das Spiel wäre zu unscharf, sind zwar nachzuvollziehen, jedoch nicht zu dramatisieren. Ôkami macht trotz dieser kleinen Schmälerei eine gute Figur. Und hier muss zudem einfach ein subjektiver Bewertungsansatz gewählt werden, um der grafischen Komponente des Spieles gerecht zu werden.
Auch in Sachen Sound wird geklotzt statt gekleckert. Fernöstlich angehauchte Kompositionen untermalen das Spiel, präsentieren sich als sehr atmosphärisch, haben in manchen Szenen aber auch Witz und Charme. Dabei paaren sie sich mit sehr guten Soundeffekten und sorgen für ein spannendes Klanggerüst, das lediglich durch die „Sprachausgabe“ geschmälert wird. Diese ist nämlich ein Gebrabbel im Stile von Banjo & Kazooie, wo zu jeder Silbe eines Charakters ein nervender Soundeffekt abgespielt wird.
Fazit:
Wie bei Resident Evil 4 nagt auch an Ôkami der Zahn der Zeit. Am 9. Februar 2007 erschien der Titel in Europa, in Japan bereits im April 2006. Im Gegensatz zur Monsterhetzjagd mit Leon ist Ôkami aber wesentlich zeitloser, wozu die grafischen, klanglichen und spielerischen Komponenten beitragen. Prinzipiell müsste man Okami daher eine glatte 10.0 geben – wenn da nicht einige Schwächen wären. Punkteabzug fährt Capcoms Neuauflage im Bereich der Steuerung ein. Die Erkennung von Zeichnungen, die ihr mit der Wii-Fernbedienung als Pinsel malt, ist nämlich nicht ganz optimal und es kann schon mal passieren dass ihr ein paar Versuche benötigt, um zum Beispiel einen Kreis zu malen, der dann auch sachgemäß erkannt wird. Ein wenig aufgesetzt wirkt das Schütteln der Wii-Fernbedienung beim Angriff, ist aber ohne weiteres zu verschmerzen. Was übrig bleibt, ist ein an Zelda angelehntes Action-Adventure mit sehr eigenem Stil und vor allen Dingen einer wahnsinnig guten Präsentation. Spätestens hier ist das Wort Pflichtkauf zu bemühen und Freunde von guten Action Adventures haben hiermit den perfekten Sommerloch-Füller vorliegen.
Von Lars Peterke
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Wertung für das Spiel Ôkami |
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9.0 |
Grafik
Schlicht und ergreifend ein künstlerisches Meisterwerk mit aufbereiteten Grafikinhalten extra für die Wii-Version, leider hier und da mit einer leicht verwaschenen Optik. |
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9.5 |
Sound
Unheimlich atmosphärischer Soundtrack und klasse Soundeffekte, lediglich das „Banjo & Kazooie“-Gebrabbel in den Dialogen nervt. |
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7.9 |
Steuerung
Gelungene Knopfsteuerung mit ein wenig Bewegungssteuerung, Zeichenerkennung beim Malen mit dem Pointer leider nicht ganz optimal angepasst. |
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9.4 |
Gameplay
Zelda-inspiriertes Action-Adventure mit vielen kreativen Ideen und innovativen Spielelementen. Der Spielumfang stimmt auch. |
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9.0 |
Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) |
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