Unser Netzwerk: NintendoWiiX.net   | NintendoWiiX Forum   | Planet3DS.de
Legend of Spyro: The Eternal Night
Review von Andreas Held (mail) | 02.01.2008

Wenn Videospielefiguren heiraten könnten, wären Crash Bandicoot und Spyro the Dragon sicherlich ein Traumpaar, angesichts der vielen Gemeinsamkeiten, die sie haben. Beide fanden auf der PSX mit guten 3D-Jump'n'Runs ihren Ursprung, bis sie von ihren Entwicklern verkauft wurden und die Franchises ins Mittelmaß abrutschten. Das dachten sich wohl auch die Käufer der Lizenzen bei Sierra, die auf dem GBA kurzerhand zunächst Spiele von Crash und Spyro zusammen auf ein Modul packten, und die beiden Helden dann sogar in "The Cortex Conspiracy" zusammenarbeiten ließen. Kleine Kuriosität am Rande: Crash Bandicoot wurde von Naughty Dog ins Leben gerufen, die danach an Jak & Daxter arbeiteten, während sich Insomniac Games, die Schöpfer von Spyro, später an Ratchet & Clank gaben - und auch diese beiden Franchises haben definitiv ihre Gemeinsamkeiten. Aber zurück zu Spyro, der mittlerweile von den Krome Sudios adoptiert wurde und es (Versionen für verschiedene Konsolen mitgezählt) mittlerweile auch auf locker 20 Spiele bringt: Der zweite Teil der Sub-Franchise "Legend of Spyro", The Eternal Night, ist nämlich das erste Abenteuer des kleinen Drachen auf Nintendos neuer Konsole und pünktlich zum kürzlich vergangenen Weihnachtsgeschäft erschienen.

Der Affenkönig, die Himmelsmonde und die ewige Nacht
Zu Beginn des Spiels sieht man zunächst eine kleine Intro-Sequenz, in der Spyro gegen einen ungleich größeren, schwarzen Drachen kämpft und die besiegte Echse danach gegen die Ratschläge von Sparx, seinem Partner, rettet und mit nach Hause nimmt. Dort existiert dann plötzlich Cynder, eine weibliche und ebenfalls schwarze Drachendame, die von ihrer Statur her aber schon wesentlich besser zu Spyro passt. Es wird zwar nie gesagt, aber als Spieler kann man sich recht leicht zusammenreimen, dass es sich bei dem gerade Gesehenen um das Ende des direkten Vorgängers von The Eternal Night, "The Legend of Spyro: A New Beginning", handelt und Cynder von einer bösen Macht kontrolliert wurde, die sie für den Endkampf des Vorgängers zu diesem Monster mutieren ließ. Trotzdem kommt man sich als Quereinsteiger zunächst etwas verloren vor in einer Story, die sehr schnell ihren Lauf nimmt: Cynder verlässt, ohne konkrete Gründe zu nennen, den Heimattempel von Spyro und dieser folgt ihr daraufhin, wird jedoch früh aufgehalten, da der Affenkönig Graul den Tempel angreift. Spyro fällt jedoch zunächst einmal in Ohnmacht und trifft in seinem Traum auf den Historiker, der seine verborgenen Kräfte reaktivieren und ihn so für den Kampf gegen Graul rüsten will.



Das klingt verwirrend, und zunächst ist es das auch, vor allem, da die Entwickler den ersten Teil als bekannt voraussetzen und - abgesehen von der erwähnten, etwa 30-sekündigen Intro-Sequenz - keine Rückblenden auf Teil eins zeigen. Nach einiger Zeit findet man sich jedoch in der Welt zurecht und dann gibt sich diese, gerade für ein Spiel von einem eher kleinen Studio, überraschend gut: ausführliche Zwischensequenzen mit aufpolierter Spielgrafik werden untermalt von einem orchestralen Soundtrack und einer dichten Story, die durchaus Atmosphäre erzeugen kann. In der englischen Version werden die Texte sogar von einigen prominenten Stimmen, wie z.B. der von Eliah Wood, vertont, die in der deutschen Fassung jedoch leider amateurhaften Sprechern weichen mussten.

Dragon May Cry: Gaiden Sigma
Überraschenderweise ist Spyros neuester Auftritt jedoch kein Jump & Run, sondern ein lineares Action-Spiel, in dem der Drache die meiste Zeit Horden von Gegnern bekämpft - ganz ähnlich wie es Dante oder Ryu Hayabusa in ihren Spielen tun. Die Krome Studios kamen dabei außerdem zu der nobelpreisverdächtigen Erkenntnis, dass das Schema "Remote-Schütteln gleich Angreifen" völlig aufgesetzt und ausgelutscht ist und die Steuerung weder einfacher noch intuitiver macht - ergo löst man Spyros Standardangriffe bequem durch einen Druck auf den B-Knopf aus. Wiimote-Kommandos kommen nur seltener ins Spiel, wenn es Sinn macht: Um Gegner, die sich im Boden vergraben haben, wieder an die Oberfläche zu befördern, bewegt ihr die Fernbedienung für einen Aufwärtshaken nach oben - eine Stampfattacke wird durch einen Schwung in die entgegen gesetzte Richtung ausgelöst. Der Clou dabei: Wem auch das zu viel ist, der kann Spyro: The Eternal Night ganz bequem mit dem Classic-Controller spielen, und dieser sollte ehrlich gesagt auch die erste Wahl sein, da die Bewegungserkennung für die beiden letztgenannten Angriffe sehr streng ist (ihr müsst die Wiimote perfekt gerade halten, denn ein Neigen des Controllers nach oben oder unten wird als normaler Angriff gewertet) und die Steuerung mit dem Classic-Pad noch mal einen Tick leichter ausfällt. Tiefe bringen die Magieattacken ins Spiel, die Spyro nach und nach erlernt, wenn er die Kontrolle über die vier Elemente (Feuer, Eis, Donner, Erde) erhält. Mit diesen kann er dann Gegner einfrieren oder Feuer spucken, was jedoch an seiner grünen Magieleiste zehrt.

Hüpfeinlagen dürfen natürlich trotzdem nicht fehlen. Hier springt Spyro ganz überraschungsarm per Kommando über den A-Knopf, und kann bei erneutem Drücken einen Doppelsprung ausführen, auch wenn das Timing hier sehr ungewohnt ausfällt - wenn Spyro den höchsten Punkt seines Sprung erreicht hat, ist es bereits zu spät für den zusätzlichen Höhengewinn. Mit seinen Flügeln kann der Drache zwar nicht fliegen, aber immerhin über kurze Distanzen schweben. Das nützlichste Werkzeug ist jedoch ganz klar die Drachenzeit, die kein "echter" Bullet-Time-Modus ist, da sie auch Spyro selbst stark verlangsamt. Während sie in Kämpfen also wenig bringt, könnt ihr Jump & Run-Einlagen stark vereinfachen, indem ihr einfach alles verlangsamt und somit - aus Sicht des Spiels - viel schneller reagieren und genauer steuern könnt. Die Hüpfeinlagen machen jedoch nur einen kleinen Teil des Spiels aus und dienen eher als nette Abwechslung, genauso wie von Space Invaders inspirierte Kämpfe gegen Zwischengegner, in denen die Kamera hinter Spyro zoomt und dieser nur noch seitwärts bewegt werden kann, während er und sein Gegner sich mit Feuerbällen beschießen. Auch kleinere Rätsel, in denen Objekte auf Schalter gerollt oder Fackeln angezündet werden müssen, sind mit von der Partie.

20 gegen einen - bis das Blut zum Vorschein kommt
Dass Spyro: The Eternal Night ein Action-Spiel ist, das sich an Titeln wie God of War oder auch Assassin's Creed orientiert, ist kein großes Problem, denn mittelmäßige Jump & Runs mit der Aufgabenstellung "sammle 100 Münzen/Sterne/Noten pro Level" gibt es wie Sand am Meer. An sich macht der Titel auch überraschend wenig falsch: Die Grafik fährt zwar nur durchschnittliches Dreamcast-Niveau, die Kamera muss ständig manuell nachjustiert werden und es mangelt etwas an Abwechslung; dagegen stehen jedoch eine wirklich gute Steuerung, ein Kampfsystem mit vielen Möglichkeiten und eine atmosphärische Fantasy-Story mit voll vertonten Zwischensequenzen. Es dauert jedoch nicht lange, bis man merkt, dass der neue Spyro-Titel eines der Spiele ist, die von einem einzigen Kritikpunkt fast völlig ruiniert werden. In diesem Fall ist das der Schwierigkeitsgrad, der selbst erfahrenen Zockern, die die Vorbilder durchgespielt haben, Probleme machen wird.



In jedem Kampf sieht sich Spyro mindestens vier aggressiven Gegnern gegenüber, die alle gleichzeitig auf den Drachen einschlagen, aus seinen Combos ausbrechen und Gegenangriffe starten, selbst locker zehn Schläge einstecken können, die Energieanzeige der Spielfigur jedoch mit vier Schlägen leeren können und nicht selten von aus dem Hintergrund mit Distanzwaffen agierenden Gegnern unterstützt werden. Dabei ist der Titel nicht mal unfair, denn wenn zum Beispiel zwei Kämpfe zwischen den großzügig verteilten Checkpoints liegen, kann der erste problemlos gewonnen werden, sobald man ein mal weiß, wie es geht, aber noch etliche Male den zweiten Kampf verliert. Trotzdem muss man sich fragen, wer Spyro eigentlich spielen will, denn für jüngere Zocker ist das Spiel mit seiner komplexen Steuerung (drei Standardangriffe und vier Elemente à zwei Magieattacken, die gekonnt eingesetzt werden wollen) und seinem gnadenlosen Schwierigkeitsgrad wohl kaum geeignet.

Die einzige kleine Hilfe stellen die Edelsteine dar, die von Gegnern fallen gelassen werden oder auch frei im Level herumstehen. Rote und grüne Kristalle füllen die Lebens- bzw. Magieleiste des Drachen auf und mit blauen Edelsteinen können die Magieangriffe aufgewertet und verstärkt werden. Einen fühlbaren Unterschied machen jedoch die pinken Edelsteine, mit denen Spyro seine Schwall-Leiste auffüllen kann. Ist diese voll aufgeladen, kann durch Hochreißen von Wii-Remote und Nunchuk eine Schwall-Attacke ausgelöst werden, die alle Gegner im Umkreis vernichtet. Was diese Attacke zum Lebensretter macht, ist die Tatsache, dass die Leiste auch im Falle eines Ablebens nicht geleert wird. Wer einen Kampf also partout nicht schafft, kann nach einigen Versuchen mit einem Spezialangriff das Blatt wenden. Wirklich Spaß macht es zwar nicht, fünfzehn Mal den gleichen Kampf zu verlieren, um ihn danach mit einer Schwall-Attacke quasi zu überspringen, aber es ist wenigstens ein kleiner Lichtblick in einem ansonsten knallharten Action-Titel.

Die Frage, warum die Entwickler nicht einfach einen Easy-Mode integriert haben, um den Titel für jüngere Spieler zugänglich zu machen, bleibt offen. Zum Schwierigkeitsgrad hinzu kommt die sehr düstere Atmosphäre des Titels, der anfangs ausschließlich bei Nacht spielt und Spyro und Sparx durch allerlei dunkle Areale schickt, über die vorher ausführliche Schauermärchen erzählt werden. The Eternal Night ist ab zwölf Jahren freigegeben, und diese Altersfreigabe sollte eher beachtet werden als die rote 18 auf den ach so gefährlichen Killerspielen, denn die Gruselatmosphäre von Spyro wird bei den ganz jungen Spielern mit Sicherheit für Alpträume sorgen. Ältere Spieler stören sich daran überhaupt nicht, sondern eher an der kindlichen deutschen Sprachausgabe und der Tatsache, dass die anderen Genrevertreter insgesamt doch wesentlich dynamischere und actionreichere Kämpfe bieten als das Spiel um die lilane Echse.

Fazit:
The Legend of Spyro: The Eternal Night verschenkt sehr viel Potential. Mit der wirklich gelungenen Steuerung, der netten Story und dem mit einigen Auflockerungen versehenen Leveldesign hätte es eigentlich in die Fußstapfen von Ice Age 2 treten und ein Überraschungshit werden müssen, der für jüngere Spieler sogar wirklich empfehlenswert gewesen wäre. Stattdessen versaut sich der Titel durch den übertriebenen Schwierigkeitsgrad alle Aussichten auf diese Stellung und schreckt die ganz jungen Spieler zusätzlich durch die Alptraumgarantie ab, wenn z.B. der Historiker mal wieder eine seiner Geschichten über einen finsteren Berg erzählt, der als Asyl für Phantome gilt, mit denen Graul seine dunkle Armee aufbaut und von ihm deshalb "Brunnen der Seelen" genannt wird. Ältere Spieler können genauso wenig mit dem Spiel anfangen, da es etliche Genrevertreter gibt, die das gleiche Gameplay in einer wesentlich ausgefeilteren Form bieten und Spyro vergleichsweise steif und undynamisch wirken lassen. An sich ist es schade, denn wer die Geduld hat, sich durchzubeißen, findet in The Eternal Night ein nettes Spiel, das immerhin besser ist als nichts, wenn alle Top-Titel durchgespielt im Regal stehen. Trotzdem kann das Spiel in dieser Form niemandem wirklich empfohlen werden, da es einfach keine Zielgruppe klar anspricht.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Legend of Spyro: The Eternal Night
Wertungen Beschreibung
5.0Grafik
Dreamcast-Optik die dank 480p-Modus wenigstens nicht verpixelt. In Sequenzen leicht aufpoliert.
7.0Sound
Gute Musik in den Storysequenzen, im Spiel nimmt man sie nicht mal wahr.
8.5Steuerung
Wirklich gute Steuerung ohne aufgesetzte Bewegungserkennung; Classic-Controller-Unterstützung.
6.1Gameplay
Gutes Leveldesign, doch der mörderische Schwierigkeitsgrad macht sehr viel kaputt.
6.8Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



© Copyright GameCube X / Nintendo Wii X 2001 - 2023 | All rights reserved