Review von Tim Herrmann (mail) | 28.12.2007
Was haben Ratten, Fische, Bienen, Spielzeuge, Autos, Superhelden und Monster miteinander gemeinsam? Richtig, sie alle wurden schon einmal Stars in einem Animationsfilm von DisneyPixar oder Dreamworks. Die computergemachten Streifen boomen seit einigen Jahren und sind besonders bei jungen Zuschauern allzeit sehr beliebt, weil sie süße Szenen zeigen, die man in der Realität so nie zeigen könnte. Dreamworks startete unlängst mit einem neuen Film in den Kinos: Bee Movie. Thema diesmal: Gestreiftes Insekt fliegt aus dem sicheren Bienenstock heraus und erlebt einige fantastische Abenteuer in der für ihn vollkommen unbekannten Welt der Menschen. Natürlich kann das Tier auch noch sprechen und findet schnell einen menschlichen Freund. Standesgemäß fehlt natürlich hierzu auch das Videospiel von Activision nicht und in unserem nun folgenden Test wollen wir für euch klären, ob Bee Movie – Das Game entweder genauso grottig ist wie die Verwendung von „Game“ anstatt „Spiel“ oder ob wir es hier ausnahmsweise mit einem guten Lizenzspiel zu tun haben, das vor der Konkurrenz nicht „die Fliege machen muss“.
Animationsfilme aus den renommierten amerikanischen Studios sind meist vor allem eins: Familienfilme. Dementsprechend werden verständlicherweise auch die dazugehörigen Spiele nicht auf die Nische des jugendlichen Hardcore-Spielers zugeschnitten, sondern sind allgemein eher für jüngere Spieler interessant. In den meisten Fällen aber nicht einmal für die, denn in zahlreichen Fällen findet der Käufer einfach einen dahingeklatschten Softwarehaufen in der Konsole, der handwerklich nichts taugt und somit ein Fall für Online-Auktionshäuser ist. Umso überraschender, dass dies beim Spiel zu Bee Movie nicht so ist.
Huch, das ist ja gar kein Jump 'n' Run…?!
Zu Beginn des Spiels findet ihr euch nach einer einleitenden Sequenz in eurem Bienenstock wieder. Neuwabenstadt heißt diese Honigoase und ihr steckt als Spieler in der pelzigen und gestreiften Haut von Barry B. (sprich [Bi:] wie Bee für Biene) Benson, dem Protagonisten des Kinofilms und somit auch des Spiels. Er hat gerade seine Schulausbildung beendet und erwartet nun das Schicksal, das fast alle Bienen erwartet: Honigmachen bis zum "Gehtnichtmehr". Wie es sich für einen rebellischen, animierten Filmhelden nun allerdings gehört, verstößt er gegen alle möglichen Bienenregeln und fliegt mit einer Außenstaffel in die große, weite Welt. Eigentlich sollten Blumen bestäubt werden, Barry findet es aber natürlich spannender, eine menschliche Freundin zu finden, mit der er spricht und einige Abenteuer erlebt. Und hier liegt der Hauptteil des Spiels. In anwählbaren Missionen spielt ihr die Handlung des Films nach und erledigt verschiedene Aufgaben, die dabei nicht, ich wiederhole vorsichtshalber noch einmal, nicht auf Jump ’n’ Run Basis aufgebaut sind. Viel mehr sind hier sogar Anflüge von Abwechslung angesagt: Manchmal verlangt euch der Titel schnelle Reaktionen mit Controllstick-Bewegungen ab, manchmal müsst ihr nach vorgescripteten Ereignissen blitzschnell mit dem Pointer auf eine schwarz-gelb gestreifte Zielscheibe zielen und ab und zu fliegt ihr unter bestimmten Auflagen durch die Gegend, um zu einem Ziel zu gelangen.

Dabei wirken die Passagen nur selten wie Lückenfüller und werden in den meisten Fällen sinnvoll in den Handlungskontext eingebettet. Zu Beginn von einigen Missionen seht ihr eine kurze deutsch gesprochene Sequenz, in der Barry in einer Bienen-Talkshow sitzt und enthusiastisch über seine Abenteuer berichtet. Begleitet werden die dann startenden Missionen teils von Originalszenen aus dem Film, die auf Wii abgespielt werden. Dass diese teilweise ein wenig verpixelt aussehen und leicht stocken, kann dabei verziehen werden. Auch originale Textpassagen wurden manches Mal übernommen, die von deutschen Sprechern für das Videospiel aufgenommen worden sind. Manchmal sind dies sogar ebenfalls Originalsprecher aus dem Kinostreifen. Während der Handlungsmissionen geht es oft auch darum, das zu tun, was Bienen normalerweise neben der Kommunikation mit Menschen bewerkstelligen: Blüten bestäuben. Ein schlechter Bienchen-Blümchen-Witz sei hier an dieser Stelle eingespart. Alles was zu diesem Aufgabenbereich gesagt werden muss ist, dass sich die Arbeit oft im Spielverlauf wieder einbringt und dass das Bestäuben dieser Blüten Punkte bringt. Die präsentieren sich im Spiel in Form von Honigtropfen. Mit den süßen Klecksen könnt ihr euch bestimmte Abzeichen kaufen, mit denen ihr wiederum die neueste Mission im Story-Modus spielen könnt.
Aber es gibt noch eine weitere Variante, um an Punkte-Nektar zu kommen – und damit wären wir wieder in Neuwabenstadt, Barrys klebriger Heimat. Nach jeder Mission kehrt er nämlich hierhin zurück und kann dann entweder gleich mit der Geschichte weitermachen und die nächste Mission starten oder sich anderweitig in der Bienenmetropole aufhalten. So sind überall in dem überraschend großen und überraschend lebendigen Areal Job-Stationen aufgestellt. Hier kann kurzerhand ein Auto bestellt werden, mit dem der Transport des Insekts schneller vonstatten geht. Außerdem ist es hier möglich, ein paar Minispiele anzuwählen, mit denen Honigtropfen, also Punkte, verdient werden können. So schwingt ihr euch also beispielsweise in ein Taxi und kutschiert geschäftige Bienen durch die süße Honigwelt (teilweise recht spaßig). Oder aber ihr stellt euch ein paar Wii exklusiven Minispielen, die aber eigentlich wirklich nicht der Rede wert sind. Stichwort: Bewege den Control-Stick, um mit A eine Tonne zu greifen. Das Spiel könnte auch ohne diese gezwungenen Beipacksel existieren…
Nicht wunderschön, aber überdurchschnittlich unhässlich
Was meist zu den größten Kritikpunkten bei allen möglichen Lizenzspielen führt, ist die optische und akustische Ebene, auf denen sich die Softwarebrocken aufhalten. Man hat es nicht erst einmal erlebt, dass die Entwickler schon unter diesem Betrachtungsaspekt die ganze (nicht vorhandene) Qualität ihrer Spiele entblößt haben. Bei Bee Movie ist auch dies anders. Zwar kann man immer noch bei weitem nicht davon sprechen, dass wir hier ein optisch hervorragendes Spiel vorliegen haben; im Vergleich mit Konkurrenz aus dem Lizenzspiel-Genre aber macht Bee Movie einen ziemlich guten Eindruck. Neuwabenstadt wirkt sehr lebendig, ist ebenso groß und man muss schon suchen, um grob hässlich gestaltete Orte zu finden. Ebenso sieht das Ganze in den Story-Missionen aus. Hier gibt es zum einen die cineastischen Zwischensequenzen (mit leichten Rucklern und Verpixelungserscheinungen) oder die Handlungszwischensequenzen in Spielgrafik. Die Optik hier überzeugt dabei durch eine bunte und farbenfrohe Sommerwelt, allfarbigen Blumen und detaillierten Umgebungen, die natürlich alle riesig aus der Sicht einer kleinen Biene wirken.
Der Ton des Spiels ist dabei eine zweischneidige Geschichte. Auf der einen Seite gibt es durchaus Melodien, die im Ohr bleiben (das sind dann die, die auch dem Film-Soundtrack zur Verfügung stehen). Auf der anderen Seite gibt es dann aber auch tonale Totalausfälle. Und das ist wörtlich zu verstehen. Denn von Zeit zu Zeit kommt es tatsächlich vor, dass der Spieler eine Sequenz vorgeführt bekommt, die mit keinerlei Soundeffekten untermalt ist und damit einfach leer wirkt. Es ist nicht besonders atmosphärisch, Barry durch eine verregnete Stadt düsen zu sehen, während man nicht einmal Regentropfen hört. Es wirkt ebenfalls nicht besonders professionell, wenn Vanessa (die menschliche Freundin) und die Biene im Park sitzen und man nicht einmal Vögel zwitschern oder Bäume rascheln hören kann. Merkwürdigerweise tritt dies nur in den Zwischensequenzen auf, das Spielgeschehen selbst ist stets mit Musik, Sounds und Bienensummen unterlegt. Was ganz eindeutig einen Pluspunkt verdient, ist die Sprachausgabe. Denn diese ist nicht nur komplett in deutscher Sprache, sondern auch ausdrucksvoll und hochwertig von Profis aufgenommen worden. Nicht so wie in anderen Lizenzspielern, bei denen man glauben könnte, dass der Publisher da einen Laien für wenig Geld eingestellt hat.

Die Wii-Umsetzung und das Zielpublikum
Bei einem Spiel zu einem Film ist eine unverzichtbare Eigenschaft eigentlich ja immer, dass es steuerungstechnisch nichts Weltbewegendes bietet, die Kontrolle der Charaktere ist meist nur eine Übertragung der standardmäßigen Schemata auf andere Knöpfe. So auch bei Activisions Bienenspiel auf Wii. Man merkt dem Spiel (natürlich) an, dass es keine Wii Exklusiventwicklung ist. Nur wenige der Wii-Features kommen in relativ seltenen oder nichtigen Fällen zum Einsatz. Manches Mal werden die Pointerfunktionen gebraucht und das Nunchuk kann zur Spielerei gedreht werden, um im Flug ein paar Rollen auszuführen. Mehr nicht, aber das ist nicht weiter dramatisch. Ansonsten funktioniert die Steuerung hier über die Knöpfe, was ohne größere Probleme und Zwischen- oder Unfälle vonstatten geht. Einen Multiplayer-Modus gibt es übrigens auch, diesen muss der geneigte Bienenfan allerdings erst freispielen und er kann eigentlich nicht als eines der Kernfeatures des Spiels bezeichnet werden. Viel mehr ist er nettes Beiwerk, das die Motivation für zehn Minuten in die Höhe reißt.
Nun hörte sich das ja bisher alles ganz wunderbar an: Schöne Grafik, netter Sound, keine verhunzte Steuerung, Zwischensequenzen aus dem Film und abwechslungsreiche Missionen mit Reaktions-, Geschicklichkeits- oder Schnelligkeitsaufgaben. Trotzdem soll jetzt hier niemand den Eindruck bekommen, dass Bee Movie sich in die Riege der oberen 20 auf Wii einreiht. Für einen geübten Spieler bietet der Titel keine Herausforderungen, ist zu schnell durchgespielt und kommt nicht über das Prädikat „süß und niedlich und für ein Lizenzspiel ziemlich ordentlich“ heraus. Spielerisch setzt Bee Movie sicherlich keine neuen Maßstäbe auf irgendeiner Konsole. Trotzdem: Wenn ihr kleine Geschwister, Cousins, Freunde etc. habt, die zufällig auch noch große Fans vom Film sind, so macht man mit Bee Movie garantiert nichts falsch.
Fazit: Anstatt mit „Bee Movie – Das Spiel“ einfach schnell irgendein uninspiriertes Hüpfspiel pünktlich zum Filmstart hinzuklatschen und ein paar lizenzierte Polygonmodelle als spielbare Charaktere einzusetzen, hat sich das Entwicklerteam bei diesem Titel wirklich Mühe gegeben. Die Grafik gefällt, der Soundtrack könnte schlimmer sein und das Spielprinzip kommt ziemlich abwechslungsreich herüber. Bee Movie – Das Spiel wird natürlich keinen Vielspieler restlos begeistern können, weil es spielerisch nichts Neues oder Weltbewegendes bietet und alles dazu insgesamt einfach noch zu durchschnittlich ist; Kinder bis 8 oder 9 Jahre werden aber ihren Spaß an dieser gelungenen Filmumsetzung haben, wenn sie etwas mit dem Streifen im Kino anfangen konnten. Die nachfolgende Gesamtwertung ist als eine Mischung aus dem Eindruck aus der Sicht eines jungen Filmfans und der eines geübten Spielers zu verstehen.Hinweis: Die in diesem Review dargestellten Screenshots stammen wegen Mangel an Wii-Screenshots nicht aus der Wii-Version von Bee Movie - Das Spiel. Wir bitten, dies zu entschuldigen.
Von Tim Herrmann
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| Wertung für das Spiel Bee Movie - Das Game | |
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| 7.0 | Grafik Lebendige und überraschend große Heimatstadt und detaillierte, farbenfrohe Spielumgebungen bringen die grafische Seite von Bee Movie auf ein solides Niveau. | |
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| 6.7 | Sound Teilweise gibt es Stücke mit Ohrwurmcharakter und teilweise ist unverständlicher Weise überhaupt keine tonale Untermalung vorhanden, was sehr negativ auffällt. Dafür sind aber wiederum die deutschen Sprecher sehr gelungen. | |
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| 6.5 | Steuerung Keine nennenswerten Wii-Features, fast nur Tastensteuerung, die dafür allerdings ohne größere Probleme funktioniert. | |
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| 7.0 | Gameplay Die Storymissionen überzeugen, während man sich die gesamte obligatorische Minispielarmada extra für Wii wirklich hätte sparen können. Alles außer dem Storymodus wirkt irgendwie nur als „netter Zusatz“, aber nicht als ernstzunehmende Nebenfeatures. | |
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| 7.3 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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