Review von Tim Herrmann (mail) | 11.12.2006
Hajimete no Wii – das ist der japanische Titel des Spiels, das bei uns seit dem Launch am 8.12. unter dem Namen Wii Play bekannt ist. Übersetzt heißt das so viel wie „Das erste Mal Wii“. Und diese Anreihung von Wörtern ist im japanischen Titel sehr viel treffender und beschreibender für den Spielinhalt als die deutsche Bezeichnung. Warum und was das Spiel sonst so taugt, das lest ihr in unserem folgenden Testbericht:
Neun kleine Minispielchen werdet ihr vorfinden, wenn ihr euch das Spiel zum Preis von gut 50€ zulegen solltet. Davon ist aber beim ersten Einschalten erst einmal nur eines verfügbar, alle anderen müssen brav der Reihe nach freigeschaltet werden. Aber kein Grund zu Aufregung, denn das Spiel ist innerhalb von ungefähr 20 Minuten das erste Mal durchgespielt. Und das ist (leider?) völlig ohne Ironie oder Übertreibung gemeint. Nach besagter Zeit hat man jedes Minispiel freigespielt und jeden der kleinen Zeitvertreiber einmal ausprobieren können und eine bestimmte Punktzahl in den Highscores verewigt. Danach heißt es eigentlich nur noch Rekorde und Highscores brechen. Warum es nicht heißt: „Einfach weiterspielen und Spaß haben mit den Minispielen“, fragt ihr euch? Auch die Antwort auf diese Frage ist leicht und unsarkastisch gefunden: Die Spiele machen größtenteils keinen Spaß. Zwischen den sowieso recht knapp bemessenen neun Minispielen sind geschmacksabhängig zwei bis drei Spiele annehmbar, sodass man sie vielleicht auch noch ein drittes oder sogar viertes Mal anfasst. Alle anderen Spiele sind eigentlich überflüssig und größtenteils langweilig gestaltet und ideenlos in Prinzip und Aufbau. Um euch einen Eindruck zu geben von den Neunen, habe ich sie euch einmal der Reihe nach aufgelistet und kurz beschrieben:
Schützenfest
Ein ganz klassisches Schießspiel. Auf dem Bildschirm erscheinen Zielscheiben, Luftballons oder UFOs und diese gilt es dann, mit der Wii-Remote abzuschießen und innerhalb eines vorgegebenen Zeitlimits so viele Punkte wie möglich zu erzielen. Diese erste Stufe von WiiPlay macht schon einen recht guten Eindruck, denn die Steuerung funktioniert problemlos und es macht auch Anflüge von Spaß, wild durch die Gegend zu ballern, ohne Nachladen zu müssen. Wenn man nach jedem zehnten Schuss hätte Munition nachfüllen müssen, wäre das der Todesstoß für dieses Spiel gewesen… Schön ist hierbei auf jeden Fall, dass die von Zeit zu Zeit umherfliegenden Enten eine kleine Nostalgieträne ins Auge des Retrospielers, der sich mit DuckHunt begeistern konnte, bringen.
Mii-Gewimmel
Hier findet man einen der Höhepunkte des Spiels vor: Man muss in jeder Runde eine bestimmte Aufgabe erfüllen. Diese beinhalten alle, dass man einen oder mehrere bestimmte Miis finden muss. Diese stehen in den einfacheren Leveln einfach nur da, später schwimmen sie aber auch noch und tauchen unter und da wird die Sache schon zunehmend kniffliger. Trotzdem macht es irgendwie Spaß und erinnert irgendwie an das „Wanted-Spiel“ bei Super Mario 64 DS.
Tischtennis
Das Spiel ist einfach lächerlich und vielleicht der Tiefpunkt von WiiPlay. Man muss den Ball nicht einmal schlagen, man bewegt einfach den Schläger in Richtung des runden Zellophans und er wird von alleine auf die gegnerische Seite bugsiert. Höchstens, wenn der Ball schneller wird, wird es schwieriger. Das heißt aber noch lange nicht, dass es dadurch spaßiger wird…
Mii-Posen-Spiel
Hier muss der Spiele seinen Mii, also sein selbst erschaffenes Charakterabbild, durch Drehen der Wiimote wie beispielsweise einen Schlüssel in eine vorgegebene Position bringen. Wenn man die kleine Figur dann in die vorgegebene Lage gebracht hat, zerplatzt eine Seifenblase, in der sich der Umriss befindet und mehrere neue fallen vom Himmel. Die ersten paar Runden ist dies noch sehr simpel und leicht zu bewältigen, nach einer Zeit wird’s aber zunehmend kniffliger und stressiger, weil die Miis auch noch die Position wechseln müssen. In den 20er Stufen kommt man dann schon richtig ins Schwitzen, wenn sich alle Faktoren, die so etwas schwierig machen können, vereinen und man nur noch am Drehen, Drücken und Umherfuchteln ist. Das Spiel ist lustig beim ersten Mal, nett beim zweiten Mal und nicht mehr wirklich zu gebrauchen beim dritten Mal.
Laser Hockey
Auf den ersten Blick sieht das ganze sehr spaßig aus und auch bei der ersten Partie macht das ganze noch etwas Laune. Man muss mit seinem „Schläger“ den Puck ins gegnerische Tor spielen. Natürlich hat der das nicht so gerne und versucht, das zu verhindern. Früher oder später wird der Puck schneller und man muss besser aufpassen. Alles in allem passieren Tore aber meistens durch Zufall und deswegen wird auch diese Disziplin nicht besonders spät langweilig. Dazu nervt das lästige Gedudel aus dem Hintergrund, das wohl Musik darstellen soll.
Billard
Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich mich auch in Wirklichkeit nicht für Billard begeistern kann, dass mir auch dieses Spiel nicht besonders viel Spaß gemacht hat. Hier muss man die Wii-Fernbedienung nach hinten ziehen, um die Kugel annehmabr zu den anderen zu befördern und sie damit ins Loch zu bugsieren. Hierbei lässt sich zwar übers Steuerkreuz auch kontrollieren, in welche Richtung man die Kugel ungefähr haben möchte. Ich aber als absoluter Billard-Laie hatte einige Schwierigkeiten damit, meine Stöße zu dosieren und weniger als 5 Fouls in einer Partie zu begehen. Die letzten paar Kugeln kontrolliert in die Taschen zu bringen, fiel mir auch ziemlich schwer. Mich persönlich hat dieses Spielchen sowohl vom Spielablauf als auch von der Spielmechanik leider nicht begeistern können.
Angeln
Das Spiel ist einfach lieblos gemacht. Papierfischchen schwimmen in einem „Teich“, der ungefähr so groß ist wie ein kleiner Eimer, umher und beißen regelmäßig an den Köder. Man muss sie dann nur noch rausziehen und fertig. Beim ersten Fisch noch einigermaßen witzig, beim zweiten reicht’s zum leichten Lächeln, beim dritten wird es zur Routine, beim vierten langweilig…
Wilde Kuh
Hier muss man die Wii-Remote horizontal wie ein Lenkrad halten und somit die Kuh, die aussieht wie aus Stoff (wahrscheinlich ist es so gewollt, aber trotzdem nicht schön) nach rechts oder links lenken und dabei noch ein paar Vogelscheuchen umrennen. Durch schnelles Hochziehen des Controllers hüpft das schwarz-weiße Tier über Hindernisse, wenn es nicht in diese hineinlaufen soll. „Wilde Kuh“ weist nicht auf besonders viel Mühe beim Programmieren hin, denn der Kurs ist extrem öde und trocken gestaltet und außer ein paar Bäumen gibt es neben der Strecke rein gar nichts. Im Hintergrund sieht man manchmal einen Bauernhof, aber das lenkt auch nicht wirklich von den Schwächen im Design ab.
Panzerkiste
Eines der besseren Spiele, das auch den Nunchuk benutzt. Man muss hier entweder Minen legen oder auf gegnerische Panzer feuern. Dabei fährt man umher und weicht feindlichen Geschossen aus. Aber, was ich mich frage: Warum kann man das Spiel nur zu Zweit spielen? Was wäre es für ein Spaß gewesen, in einem selbst gestalteten Kurs gegen drei Freunde zu fahren und sich wie ein Kind zu freuen, wenn man seinen Partner unsanft aus dem Spiel befördert hat…
Mit dem letzten Satz habe ich mich auch schon gleich in meinen nächsten Kritikpunkt gestürzt: den Multiplayer. Wenn man meint, dass das Spiel zu Zweit Spaß machen könnte, täuscht man sich. Denn auch mit mehreren Spielern kann man nicht über die Schwächen im Gameplay hinwegsehen und gräuselige Spiele wie Tischtennis werden dadurch leider Gottes auch nicht spannender.
Zur Verteidigung…
Zur Verteidigung von WiiPlay muss jedoch auch gesagt werden, dass das Spiel kein lange beschäftigender Toptitel sein will, den man sich anstelle eines Vollpreisspiels wie Zelda, Rayman oder Red Steel kauft. Es will eher ein Lernspiel sein. Man soll von Minispiel zu Minispiel seinen Umgang mit der Wiimote erlernen und die Steuerung in Fleisch und Blut übernehmen. Hajimete no Wii, so wurde am Anfang des Tests gesagt, heißt „Das erste Mal Wii“ und das trifft es eigentlich genau auf den Punkt. Denn WiiPlay soll nichts anderes tun, als dem Wii-Grünschnabel den neuartigen Controller näher zu bringen. Trotzdem muss man sich fragen, ob man das nicht auch mit etwas ansprechenderen, aufwendiger gestalteten und spaßigeren Spielen geschafft hätte. Und man muss sich außerdem die Frage stellen, ob es überhaupt notwendig ist, den Spielern die Wiimote zu erklären. Ich habe bei meinem ersten Mal Wii die Steuerung gleich beherrscht und hatte zu keiner Minute mit irgendeinem Spiel – ob Rayman, ob Zelda oder WiiSports – Probleme mit der Steuerung.
Jetzt kommen wir zu der Ironie an diesem Review: Trotz all dieser Kritikpunkte und trotz aller Schwächen, trotz aller Langeweile beim Spielen einiger Spiele und trotz aller Fehler könnte man sich den Titel, ohne größere Gewissensbisse bekommen zu müssen, doch kaufen. Der Grund ist leicht über die Lippen gebracht: Es gibt eine Wii-Remote dazu. Der teure Controller, der einzeln 40€ kostet und der überall extrem schnell vergriffen war, liegt dem Spiel bei und stellt den eigentlich einzigen Kaufgrund dar. Und eine zweite Wiimote ist bei der Multiplayerkonsole Wii immer sehr nützlich.
Die technische Seite
Die Grafik setzt natürlich auch keine Maßstäbe auf der neuen Konsole. Sie ist nett gestaltet, sieht klar aus, flimmert nicht und hat keine Slowdowns, ist dafür aber in einigen Fällen extrem detailarm. Gut ist, dass man seine eigenen Miis verwenden kann, negativ ins Gewicht fällt, dass einige Spielchen extrem lieblos gestaltet worden sind und einfach optisch langweilig, unspektakulär und einschläfernd daherkommen. Die Musik kommt erscheint auch nicht viel besser. Entweder es gibt sie gar nicht und man hört nur die Geräusche, die vom Gerät, mit dem gespielt wird, ausgehen oder es gibt extrem nervige Technosounds z.B. beim Laserhockey.
Fazit: Wii Play an sich ist ein mittelmäßiges bis schlechtes Spiel mit wenig Ideen und schlechten Umsetzungen sowie einer langweiligen Präsentation; selbst für ein Spiel, das einen nur in die Steuerung einweisen soll. Grafik und Sound sind nicht mehr als zweckmäßig und die Spiele sind nicht annähernd ausreichend in der Anzahl. Der Mutliplayer kann auch nicht überzeugen und es gibt nur die Möglichkeit, zu Zweit zu spielen. Mit mehr Teilnehmern hätte es aber gerade bei Spielen wie der Panzerkiste einen gehörigen Spaßzuwachs gegeben. Für das Spiel alleine hätte es von mir eine Wertung von 4.8 gegeben; mit der Wiimote im Paket werden 2.0 Punkte extra vergeben, weil der Controller das Preis- Leistungsverhältnis noch einmal hochreißt. WiiPlay ist ein Spiel, das man sich vielleicht irgendwann einmal für ein paar Punkte von der Virtual Console runterladen kann, aber als Vollpreisspiel wäre es definitiv nicht geeignet. Ein Vollpreisspiel ist es ja aber auch nicht, denn mit der Wiimote kostet es praktisch nur 10€, mehr dürfte es aber auch ohne diese nicht sein… Wenn ihr die Möglichkeit habt, euch auch nur eine Wiimote ohne das Spiel zu kaufen (wenn sie noch nicht ausverkauft ist in der Version), würde ich persönlich euch davon abraten, die zehn zusätzlichen Euros in WiiPlay zu investieren, denn, so hart es sich anhört, sie sind es nicht wirklich wert.
Von Tim Herrmann
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| Wertung für das Spiel Wii Play | |
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| 5.0 | Grafik Zwar klar und ohne Stocken im Spiel, dafür aber detailarm und langweilig gemacht. Gut, dass man die eigenen Miis verwenden kann. | |
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| 4.6 | Sound Auch die Musik reißt einen nicht vom Hocker. Entweder die Musik existiert in einigen Spielen gar nicht, oder so ist schlecht und nervig. Gut sind aber die Geräusche aus dem Controller. | |
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| 6.3 | Steuerung Zwar ist die Steuerung intuitiv und einfach aber auch ziemlich einfallslos und eigentlich nichts Bahnbrechendes. | |
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| 5.1 | Gameplay WiiPlay hat eine geringe Langzeitmotivation und präsentiert sich äußerst spartanisch und schlicht. Zu schlicht, selbst für ein Spiel, das einem den Controller erklären soll. | |
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| 6.8 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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