Review von Kamil Witecy (mail) | 24.11.2007
„Schatz, hol die Kinder und komm ins Wohnzimmer, wir gehen auf den Jahrmarkt!“ So oder zumindest so ähnlich soll es klingen, wenn es nach dem Entwickler 2K Games geht, die mit Carnival Games in den Herbst gestartet und zugleich auch die Jahrmarkt-Saison auf der Nintendo Wii eröffnet haben. Ob es der virtuelle Jahrmarkt mit dem echten Trubel auf dem Rummel aufnehmen kann oder es lediglich bei einem kläglichen Versuch, Gelegenheitsspieler mit einer weiteren Minispielsammlung an die Wii-Konsole zu binden, bleibt, könnt ihr im folgenden Testbericht nachlesen.
Ladies and Gentlemen, die Jahrmarkt-Saison ist eröffnet!
Wie es der Name bereits vermuten lässt, hat sich 2K Games mit Carnival – Die Jahrmarkt-Party darin versucht, einen virtuellen Jahrmarkt auf die Wii zu bringen, die euch über 25 typische Attraktionen eines Jahrmarktes auf euren Fernsehschirm zaubert und somit den traditionellen Gang auf einen solchen Jahrmarkt ergänzen, wenn nicht gar unnötig machen soll.
Hat man sich an der kunterbunt gestalteten Spielhülle des Titels satt gesehen und startet das Spiel, gelangt man zum Eingang des Jahrmarkts, wo man vor die Wahl gestellt wird, ob man alleine oder mit bis zu drei weiteren Mitspielern losziehen möchte. Bevor es dann aber losgeht, habt ihr noch die Möglichkeit, einen eigenen Charakter zu erstellen, mit dem ihr fortan den Jahrmarkt aufmischen könnt. Habt ihr eine Entscheidung in punkto Geschlecht getroffen und zwischen Kind oder Erwachsenem gewählt, geht es darum euren Charakter aus einem relativ begrenzten Repertoire an vorgegebenen Gesichtern, Haarfarben und Outfits zu erstellen. Während es bei den Grundeinstellungen leider eher mau aussieht, da ihr beispielsweise eure Haarfarbe, nicht aber den Haarschnitt ändern könnt, kann euer Charakter im späteren Verlauf hingegen mit weiteren, freigeschalteten Kostümen und Accessoires neu eingekleidet werden. Darunter auch einige mehr oder weniger „exotische“ Dinge wie beispielsweise eine Taucherkluft, ein Hirschgeweih, ein Wikingerhelm oder ein Piraten-Outfit, mit dem ihr selbst dem großen Jack Sparrow Konkurrenz machen könntet. Nein, eigentlich wäre dies gelogen, da das eben erwähnte Outfit bis auf eine Augenklappe und einen merkwürdig anmaßenden Piratenhut nichts zu bieten hat, was dem detailverliebten Erscheinungsbild eines Jack Sparrow trotzen könnte. Habt ihr euch dennoch für eine Zusammenstellung entscheiden können und eure Figur mehr oder weniger wunschgemäß ausgestattet, steht dem Gang auf den Jahrmarkt nichts mehr im Wege.
Zu Beginn lässt sich jedoch noch grundlegend festhalten, dass der Jahrmarkt aus insgesamt fünf, später sechs, verschiedenen Gassen besteht. In jeder Gasse gibt es vier Minispiele und einen Arcade-Automaten, dem man gegen ein kleines Entgelt einige Spielereien entlocken kann. Beispiele dafür wären eine tollkühne Wahrsagerin, ein Greifarm-Automat und sogar ein virtueller Liebestester. Die Währung des Spiels sind so genannte Tickets, die man bei jedem absolvierten Minispiel gewinnen kann. Schneidet man in einem Spiel gut ab, erhaltet man entsprechend viele, schneidet man eher bescheiden ab und wird vom umherstehenden Publikum gnadenlos ausgebuht, sinngemäß weniger Tickets. Auch die Unterteilung in Bronze-, Silber- und Goldmedaille ist vorhanden. Neben den Tickets und Medaillen kann man zudem auch über 250 unterschiedliche Preise gewinnen. Diese können, wie auch die Tickets, in den unterschiedlichen Disziplinen erspielt werden. Von Goldfischen, Pokalen, Teddys, Bildern bis hin zu riesigen Stofftieren ist dabei alles enthalten, was das Erlebnis Jahrmarkt seit jeher ausmacht. Schade ist hingegen, dass man die Preise zwar sammeln und später begutachten kann, aber irgendwie nicht wirklich etwas damit anfangen kann, was das „Preis-Feature“ nach einiger Zeit ziemlich verblassen und in gewisser Weise auch sinnfrei erscheinen lässt. In punkto Spielmodi kann man entweder alleine losziehen, versuchen alle Preise zu erhaschen und sämtliche Minispiel-Rekorde brechen, oder aber im Multiplayer mit bis vier Mitspielern gleichzeitig an den Attraktionen teilnehmen. Soviel zum grundlegenden Aufbau von Carnival – Die Jahrmarkt-Party.
Die Jahrmarkt-Attraktionen unter der Lupe
Hat man sich mit dem eigentlichen Spielverlauf von Carnival auseinandergesetzt, kann man an der obligatorischen „Jahrmarkt-Kreuzung“ nun eine Gasse wählen und somit zu den einzelnen Minigames gelangen, von denen es wie bereits zu Anfang erwähnt insgesamt etwa 25 zu entdecken gibt. Im Repertoire befinden sich so ziemlich alle bekannten Jahrmarkt-Attraktionen. Darunter auch Klassiker wie „Entenschießen“, „Ringwurf“, „Dosenwerfen“, „Froschhüpfen“, “Wellenreiten“ oder „Hau den Lukas“. Vor jedem Minispiel wird euch dabei in einer kurzen Einführungssequenz erklärt, wie ihr mit eurer Wii-Steuerung hantieren müsst, um die Spiele erfolgreich abzuschließen und somit möglichst viele Tickets und Preise abzuräumen.
Wie der Name schon verdeutlicht, geht es beim Entenschießen darum, möglichst viele Enten abzuschießen, während diese sich in mehreren Ebenen von rechts nach links und links nach rechts bewegen. Bei der Carnival-Ausgabe von Entenschießen muss zudem darauf geachtet werden, dass man die roten Enten, die sich unter die herkömmlichen gelben Enten mischen, nicht erwischt, da dies zu Punktabzügen führt. Zudem sollte man stets versuchen die auf den Enten mittig aufgemalten Zielscheiben zu treffen, da diese mehr Punkte einbringen, als beispielsweise ein „Kopfschuss“. Erstaunlich, aber wahr. Gesteuert wird das Ganze natürlich mit der klassischen „Wii-Shooter-Steuerung“, wobei in diesem Sinne noch zu erwähnen ist, dass das Spiel ausschließlich mit der Wii-Remote gesteuert wird. Ein Nunchuk ist nicht von Nöten. Während also mit der Wii-Remote gezielt wird, kann mit dem B-Trigger gefeuert werden. Insgesamt funktioniert dieses Spiel, wie auch weitere Minispiele, die auf diese Art und Weise gesteuert werden, sehr gut, bietet jedoch nur selten etwas Neues und kann deshalb auf die Dauer auch nicht allzu lange motivieren. Zudem ist die Goldmedaille zu einem äußerst hohen Prozentgrad schon beim ersten Spielen erreicht.

Eine weitere Minispielart, die häufiger ihre Verwendung findet, ist das Umwerfen beziehungsweise Abwerfen von Gegenständen. Sind es dabei Dosen, Bausteine, Clowns oder auch Zielscheiben, die durch einen ausgeklügelten Mechanismus einen Mitarbeiter des Spielstandes ins Wasser plumpsen lassen - die Steuerung funktioniert immer auf dieselbe Art und Weise. Ein Cursor bewegt sich selbständig auf eurem Bildschirm und stellt dabei euer Wurfziel dar. Kommt der Cursor an die gewünschte Stelle, liegt es an euch samt Wii-Remote in der Hand eine wuchtige Wurfbewegung nachzuahmen. Mit ein wenig Übung funktioniert das ganze Unterfangen recht gut und macht durchaus Spaß. Die mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwann eintretenden Schmerzen im Arm, die aber eher aus der eigenen Motivation heraus, den virtuellen Jahrmarktstand nun in real nachahmen zu wollen und möglichst schwungvoll zu werfen, sind daher zu ignorieren.
Beim „Hau den Lukas“-Minispiel geht es darum euren virtuellen Hammer mit einem etwa einminütigen, dauerhaften Schütteln der Wii-Remote in Wallung zu bringen, um im passenden Moment eine Aushol-Bewegung zu simulieren und eure Kraft zu entladen. Dies funktioniert nach einigen Versuchen auch recht gut, ist aber dermaßen anstrengend, dass ihr wohl sehr schnell einen weiten Bogen um das Minispiel machen werdet. Bei einer anderen Attraktion geht es ebenfalls darum, die Wii-Remote wie wild zu schütteln, damit ihr den Wasserdruck und die Stärke eures Wasserstrahls erhöhen könnt. Das schlussendliche Ziel ist das zum Platzen bringen eines Luftballons.
Erheblich ruhiger geht es hingegen beim Ringewerfen zu. Hier geht es darum, dass eure Wii-Fernbedienung einen Ring nachahmen soll und ihr mit sanften Wurfbewegungen versuchen müsst, den Ring beispielsweise um Flaschenhälse oder sonstige Dinge zu werfen. Sehr ähnlich funktioniert die Steuerung auch beim Werfen von Bällen, die in Löchern oder Bechern landen müssen oder beim Werfen von Münzen, die im Idealfall auf Tellern liegen bleiben sollen. Gerade bei diesen Minispielen fällt schnell auf, dass die Steuerung teilweise recht unpräzise ist, sodass sich die gewünschten Erfolge nur sehr schwer und nur mit sehr viel Geduld, die sicherlich nicht jedermann in einen solchen Titel investieren will, realisieren lassen. Schließlich wirbt das Spiel damit, eine schnelle, unkomplizierte Jahrmarkt-Simulation zu sein. Zwar ist der Bezug zur Realität, in der viele der Jahrmarkt-Spielchen ebenfalls zu Frustanfällen führen können, durchaus gegeben, lässt aber die Frage offen, ob man dies wirklich auch in einem Videospiel sehen möchte.
Hinzu kommt das Problem, dass sich, wie eigentlich schon bei der Beschreibung einiger der Minigames auffallen dürfte, viele der 25 Minispiele zu ähnlich sind und sich in gewisser Weise wiederholen. Dies führt leider zu einer deutlichen Dezimierung der Minigames, was sich wiederum auch negativ auf die Langzeitmotivation des Titels auswirkt.
Die audiovisuelle Sicht der Dinge
Im audiovisuellen Bereich kann Carnival – Die Jahrmarkt-Party kaum für Begeisterungsstürme sorgen. Der Grafikstil ist deutlich auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten und zeigt sich daher mit bunten Farben und einem kindlichen Charakterdesign. Dies wäre nicht unbedingt ein allzu großer Kritikpunkt, wäre es denn wirklich gut umgesetzt worden, was aber leider nicht der Fall ist. Stattdessen zeigt sich die grafische Leistung des Titels höchstens auf einem durchschnittlichen Niveau. Die Texturen sind schwach, die einzelnen Jahrmarktstände sowie auch die einzelnen Charaktere und Zuschauer sind schlicht, detailarm und unauffällig modelliert. Positiv ist hingegen die 60Hz- sowie 480p-Unterstützung, die weiterhin leider noch nicht zum Standard bei Wii-Titeln geworden ist. Insgesamt ähnelt die grafische Leistung zwar keinem Totalausfall, jedoch muss den Entwicklern generell so langsam bewusst werden, dass solche Leistungen bei einer Wii-Software nicht mehr ausreichend sind.
Beim Sound sieht es ein wenig besser aus. Die deutsche Sprachausgabe ist insgesamt durchaus gelungen und erklärt die einzelnen Attraktionen des Jahrmarkts zu Genüge, auch wenn die Stimme des Sprechers ein wenig erwachsener hätte klingen können. Die Soundkulisse beschränkt sich zwar auf seichte Melodien, die zudem meistens im Hintergrund wirken, ist aber in Kombination mit dem sonstigen Trubel und Jubel der anderen Jahrmarkt-Besucher nicht störend und trägt seinen Teil zur Atmosphäre bei, die zwar insgesamt nicht gut, aber irgendwie dann doch seinen eigenen Charme entwickelt.
Fazit: 2K Games Versuch potentielle Jahrmarktbesucher vor die Wii zu locken ist bei Weitem nicht kläglich gescheitert, auf der anderen Seite aber auch nicht vollends geglückt. So dezimiert sich der Umfang des Spiels durch zu viele Wiederholungen bei der Spielauswahl, dem vielleicht zu simplen Spielverlauf und eher unnützen Gewinnen selbst. Auch die teilweise ungenaue Steuerung bei einigen der Minigames, sowie die höchstens durchschnittliche Leistung im Bereich von Grafik und Sound, sorgen für einen faden Beigeschmack. Auf der anderen Seite entwickelt der Titel durchaus seinen eigenen Charme, kann durch einige gut umgesetzte Minigames punkten und dürfte vor allem im Mehrspielermodus für einige Stunden unterhalten. Zudem ist der Titel direkt zu einen Low-Budget Preis von etwa 25 Euro erhältlich.
Von Kamil Witecy
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| Wertung für das Spiel Carnival - Die Jahrmarkt-Party | |
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| 5.0 | Grafik Schwache Texturen, schlichter und unauffälliger Kinder-Rummelplatz-Look. | |
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| 6.5 | Sound Befriedigende, deutsche Sprachausgabe, dezente Soundkulisse und passendes, jedoch seichtes Hintergrundgedudel.
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| 6.5 | Steuerung Einige der Minigames funktionieren in gewohnter Art und Weise problemlos, während andere unpräzise wirken und für Frust sorgen können. | |
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| 6.0 | Gameplay Eine Mischung aus guten und schlechten Minigames trifft auf Jahrmarktfaktor und wenig Überraschungen. | |
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| 6.2 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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