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NBA Live 08
Review von Andreas Held (mail) | 16.11.2007

Dass EA - genau wie Ubisoft und natürlich Nintendo - mittlerweile voll auf den Casual-Zug aufgesprungen ist, ist sicherlich kein Geheimnis mehr. Wenige Monate nach Gründung des EA Casual-Labels stehen EA Playground und Smartypants in den Startlöchern und auch die jährlichen Releases von EA Sports bekommen eine Wii-Anpassung, die in manchen Spielen gut (Madden) und in anderen weniger gut (Tiger Woods) funktioniert. Was sich EA allerdings mit der Wii-Version von NBA Live 08 geleistet hat, geht auf keine Kuhhaut: Der eigentliche Single-Player-Modus, der Dynasty-Mode, wurde kurzerhand wegrationalisiert, da er für Wii-Spieler wohl zu komplex ist. Auch die Steuerung wurde sehr stark vereinfacht.

Erste Schritte
Nach der Wahl des Spielmodus (die leider kaum mehr Zeit in Anspruch nimmt) steht als erstes das Erraten der Steuerung an, da diese im Optionsmenü nicht einmal eingesehen, geschweige denn verändert werden kann. Dieses Unterfangen gestaltet sich jedoch überraschend schwer, da alle Knöpfe an Wii-Remote und Nunchuk wirklich nichts zu tun scheinen. Nach einigen verzweifelten Versuchen entdeckt man dann beim Pausieren des Spiels (und nur dann!) im Optionsmenü das "NBA Live FAQ". Hier wird die Steuerung mit Bildern erklärt, und diese Bilder liefern auch die Auflösung auf die Frage, warum fast keiner der Knöpfe einen Einfluss auf das Spielgeschehen hatte: Sowohl in der Offensive als auch in der Defensive stehen euch nur etwa drei Kommandos zur Verfügung, und die meisten davon werden durch ein Schütteln der Wii-Remote ausgelöst.

In der Offensive bewegt ihr euren Spieler mit dem Analogstick und könnt mit A den Ball passen. Wollt ihr einen Korb werfen, bewegt ihr zunächst die Wiimote nach oben, damit euer Spieler hoch springt, und dann wieder nach unten, sobald der Spieler den höchsten Punkt seines Sprungs erreicht hat. In der Defensive könnt ihr mit A den Spieler wechseln und durch Seitwärtsbewegungen mit der Fernbedienung versuchen, einem gegnerischen Spieler den Ball abzunehmen. Bewegt ihr in der Defensive die Remote nach oben, springt euer verteidigender Spieler und versucht, den Wurf des Gegners abzublocken. Tja, und das war sie: Die komplette Steuerung der Wii-Version von NBA Live 08. Den Leuten bei EA war diese Vereinfachung aber immer noch nicht genug, so wurde dem Spiel (ähnlich wie FIFA 08) ein "Family-Modus" spendiert, in dem das Spiel alle Kommandos außer denen, die durch Bewegungen ausgelöst werden, selbst übernimmt. Das Ergebnis erinnert sehr stark an Wii Sports Tennis.

Das zweite sehr große Problem der Steuerung ist, dass sie nicht funktioniert. Zwar reagiert das Spiel eigentlich immer auf senkrechte Bewegungen, aber die Seitwärtsbewegungen in der Defensive sind eher Glückssache und werden meistens ignoriert. Das führt dann in Verbindung mit der Einfachheit sehr schnell dazu, dass sich beim Spielen eine sehr eintönige Routine einstellt: In der Offensive lauft und passt ihr den Ball nach vorne und bringt den Spielzug mit einer Auf- und Ab-Bewegung des Controllers zum Abschluss, in der Defensive lauft ihr neben dem ballführenden Spieler her und fuchtelt wie wild mit der Wii-Remote herum, in der Hoffnung, dass euer Spieler das Kommando irgendwann annimmt und seinem Gegner den Ball abnimmt. Bereits nach wenigen Spielminuten fühlt ihr euch wie eine Maschine, die in festen Abständen zwischen Schema A und Schema B wechselt. Das wird auch dadurch nicht besser, dass alle Manöver, die das Spielgeschehen etwas auflockern sollten, schlichtweg kaputt sind. Dunks sollen (laut der Erklärung eines Ladebildschirms) ausgeführt werden, indem ihr, sobald der Spieler nahe genug am Korb ist und unter ihm ein Dunk-Marker erscheint, die Wiimote nach oben bewegt. In der Praxis sieht das so aus, dass der Dunk-Marker, wenn er denn mal erscheint (meistens tut er es nämlich nicht) nur dafür sorgt, dass der Spieler an Ort und Stelle hoch springt und eine Dunkbewegung ausführt, selbst wenn er fünf Meter vom Korb entfernt steht. Freiwürfe sind ähnlich kryptisch: Angeblich werden sie ausgeführt, indem ihr die Remote senkrecht haltet und mit der richtigen Geschwindigkeit nach vorne kippt. Eine Leiste am linken Bildschirmrand soll anzeigen, wie schnell ihr die Wiimote bewegt habt, aber egal wie ruckartig oder langsam ihr die geforderte Bewegung ausführt: Wenn überhaupt, füllt sich diese Leiste nur wenige Pixel weit. Außerdem sind scheinbar alle Basketballer homosexuell, denn wenn ihr euch den Daumen verrenkt und während des Spiels den 1-Knopf drückt, kommt ein Spieler eures Teams angerannt, um den Ballführenden Gegner von hinten zu umarmen, woraufhin dieser zwei Freiwürfe bekommt, unabhängig davon, wo das "Foul" stattfand. Sinn und Zweck dieses Kommandos sind unbekannt, vielleicht ist es auch besser so.



NBA Party!
Wie bereits erwähnt, fällt die Auswahl an Spielmodi in NBA Live 2008 auch eher mau aus. Der einzige zaghafte Versuch, einen echten Single-Player-Modus zu integrieren, ist die Superstar Challenge. Hier könnt ihr in insgesamt 24 laufende Spiele eingreifen und habt die immer gleiche Aufgabe, innerhalb der verbleibenden Zeit mit einem bestimmten Spieler eine vorgegebene Anzahl von Punkten zu erzielen. Ansonsten gibt es nur die Standard-Modi wie ein Freundschaftsspiel oder eine Season samt Playoffs. Insgesamt ist das alles so abwechslungsreich wie die Tonspur einer zerkratzten Schallplatte, doch wer sich trotzdem aus irgendeinem Grund mit dem Singleplayer-Modus befassen will, wird spätestens von der extrem miesen KI abgeschreckt. Gegnerische Spieler passen nur selten den Ball und bleiben oft zehn Sekunden oder noch länger auf der Stelle stehen, was den Spaßfaktor für Alleinspieler weiter senkt. Doch was wäre ein Casual-Game ohne eine Minispielsammlung samt Mii-Unterstützung? Für lauschige Familienabende sorgt EA mit dem "NBA Party"-Modus, der dank knallig bunter Buchstaben aus dem ansonsten sehr schlicht gehaltenen Hauptmenü hervorsticht, damit ihn alle Casual-Gamer auch sofort finden können.

Haben sich Mami, Papi und Oma samt ihrer Miis registriert, könnt ihr danach aus ganzen zwei Minispielen wählen: Slam-Dunk-Contest und 3-Point-Contest. In ersterem geht es darum, mit richtig getimten Bewegungen der Wiimote Steuerungskommandos einzugeben, woraufhin euer NBA-Star einen eindrucksvollen Dunk ausführt, der danach von Punktrichtern bewertet wird, die scheinbar direkt aus "EA Sports Synchronschwimming" eingeflogen wurden. Um euch beim Timing zu helfen, erscheinen Pfeile auf eurem Bildschirm, die sich füllen, und sobald sie komplett gefüllt sind, sollt ihr die Wiimote in die entsprechende Richtung bewegen. Das Problem ist, dass diese Pfeile nur manchmal erscheinen und in allen anderen Fällen einfach "Daneben!" auf eurem Bildschirm steht, ohne dass ihr etwas tun konntet. Im zweiten Spielmodus geht es darum, von außerhalb der 3-Punkte-Grenze Körbe zu werfen. Dazu müsst ihr einfach die Wiimote mit dem richtigen Timing auf und ab bewegen und mit dem A-Knopf neue Bälle greifen. Nach zwei bis drei Würfen habt ihr das richtige Timing raus und führt danach noch 27 mal die gleiche Bewegung aus, um die Höchstpunktzahl zu erzielen. Das ganze macht ungefähr so viel Spaß, wie eine Durchführung dieser Bewegungen vor dem ausgeschalteten Fernseher, und letztendlich käme es auch auf dasselbe raus, da das geforderte Wiimote-Schütteln wirklich nichts mehr mit Basketball zu tun hat.

Zum Schluss ist obligatorischerweise die miese Technik zu erwähnen, wobei es sich hierbei nicht lohnt, einen neuen Absatz aufzumachen. Die Grafik wirft in erster Linie zwei Fragen auf: Warum läuft das Spiel in 480p, wenn es stärker flimmert und verpixelter ist als andere Wii-Spiele in Standard Definition? Und was sollen die zweidimensionalen, pixeligen bunten Flecken mit drei Animationsphasen darstellen, die sich dort befinden, wo eigentlich das Publikum sitzen sollte? Die akustische Seite des Spiels ist da noch der beste Aspekt: In den Menüs läuft Hip Hop und sonstige, zu Basketball passende Musik. Da sich EA keine deutschen Kommentatoren leisten konnte, hört ihr während der Spiele Original-NBA-Kommentatoren, die ihren Job sehr gut machen. Stadionatmosphäre kommt aber trotzdem nicht auf, da hierzu einfach die entsprechende Soundkulisse fehlt.

Fazit:
Die Wii-Version von NBA Live 2008 wurde von der amerikaischen Fachpresse einstimmig zerrissen. Unsere Kollegen von Gamespot gingen sogar so weit, zu schreiben, dass der einzige positive Aspekt des Spiel sei, dass es keine Bedrohung darstellt, solange man es eingeschweißt lässt. Doch selbst diese Kritiken sind nicht wirklich eine Vorbereitung auf das, was einen erwartet, sobald man NBA Live 08 in seine Wii-Konsole eingelegt hat. Von EA erwartet man eigentlich zumindest halbwegs spielbare und aufwendig produzierte Titel, doch was hier abgeliefert wurde, könnte genausogut ein in wenigen Monaten zusammengeflicktes Spiel der Popcorn Arcade sein. Die nicht funktionierende Bewegungserkennung macht den Titel praktisch unspielbar und auch die unglaublich häßliche Grafik sorgt für Entsetzen. Außerdem scheint man bei EA zu denken, dass der durchschnittliche Casual Gamer einen IQ von unter 80 hat, und hat sich kurzerhand dazu entschieden, die tiefgehenden Spielmodi zu streichen und die Steuerung so weit zu vereinfachen, dass die komplexeste Einstellung gerade mal ein Viertel der zur Verfügung stehenden Tasten nutzt. Der NBA-Party-Modus wirkt dabei wie eine glatte Parodie der modernen Casual Games und Minispielsammlungen. Basketball-Fans sollen bitte, bitte zu einer der anderen Versionen greifen, um sich dieses Desaster zu ersparen.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel NBA Live 08
Wertungen Beschreibung
4.9Grafik
Die Spieler sehen okay aus, der Rest ist häßlich. 480p ist bei dieser Flimmergrafik fast überflüssig.
7.5Sound
Passende Menümusik und gute Kommentatoren, die allerdings nur englisch sprechen.
3.0Steuerung
Beleidigend simpel. Die Bewegungserkennung funktioniert nicht immer.
3.5Gameplay
Für Singleplayer nichts, was es nicht schon auf dem SNES gab, dafür ein NBA-Party-Modus.
4.6Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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