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Avatar: Herr der Elemente
Review von Lars Peterke (mail) | 09.11.2007

Stellt euch das Gesicht eines Redakteurs vor, wenn ihm gesagt wird, er müsse „Avatar“ testen. Panisch springt er vor den Computer, surft ins NintendoWiiX-Forum und prüft, ob sein Forenbild noch angezeigt wird. Irgendwann merkt er denn, dass es sich um ein Wii-Spiel handelt und muss sich dann erst einmal informieren. Was hat es also mit der ganzen Sache auf sich? Nun, Avatar – genauer gesagt Avatar: Herr der Elemente – ist eine US-Trickserie des Senders Nickelodeon, die in drei Staffeln (Bücher) zu je 20 Episoden gegliedert ist. Der Schauplatz ist eine fernöstlich angehauchte Fantasywelt, die in vier Nationen aufgeteilt ist, die sich an den Elementen Erde, Feuer, Wasser und Luft orientieren. Im Zentrum der Story steht der zwölfjährige Aang, der der auserwählte Avatar ist. Er ist auserkoren die vier Elemente zu meistern, um das Gleichgewicht in der Welt zu bringen.

Hey, was geht ab?
Wie man schnell merkt, handelt es sich bei Avatar um ein Lizenzspiel. Ein schlechtes Lizenzspiel, um es genauer zu sagen, denn gleich zu Beginn macht das Spiel den größten Fehler, den ein Spiel dieser Art auch nur machen kann: Es wirft den Spieler ins kalte Wasser. Keine Intro-Sequenz, keine Einleitung, keine Vorstellung der Charaktere erfolgt, man befindet sich auf einmal in einer Eislandschaft und steuert einen verzogenen Glatzkopf mit Kinderstimme, der aussieht, als sei er ein Artisten-Wunderkind, das geradewegs aus dem chinesischen Nationalzirkus geflohen ist. In den knappen Zwischensequenzen fliegt er auf einer komischen Kuh und hat ein noch komischeres, fliegendes Ding bei sich, das ständig auf seiner Schulter hockt oder um ihn herum schwirrt. Man muss dann entweder alle Folgen des Animes kennen, oder sich die vielen langweiligen Dialoge der Bewohner in dieser Eisgegend anhören, und dann selbst irgendwie die Namen zuordnen. Der Glatzkopf aus dem Nationalzirkus entpuppt sich dann als Avatar Aang, die komische Kuh ist ein sechsbeiniger, fliegender Bison (!) mit dem Namen Appa und das fliegende Etwas, das Aang ständig begleitet, heißt Momo und ist ein fliegender Lemur. Wenn man die TV-Vorlage dann noch etwas genauer kennt, erfährt man, dass man sich am Südpol befindet, man zusammen mit seiner Freundin Katara zum Nordpol reisen muss, um dort das Wasserbändigen zu lernen, und dass die Feuernation entscheidend etwas dagegen hat, dass der Avatar sein Vorhaben in die Tat umsetzt.

Nachdem man dann den kalten Schock überstanden hat und man ansatzweise bereit ist, mit dem Avatar die Welt zu retten (man kennt das ja zu Genüge), tut man seine ersten Schritte und macht sich mit dem Spielaufbau vertraut. Avatar ist eine Mischung aus Rollenspiel und Action Adventure mit lauter groben Gameplay-Schnitzern. In Dörfern redet ihr ganz viel mit den Bewohnern, erfüllt Aufträge, könnt Items kaufen und im Dialog neue Informationen erfahren. Wenn ihr einen Auftrag ausführt, wird auf eurem kleinen Radar oben rechts am Bildschirm mit einem prägnanten, grünen Pfeil angezeigt, wo es als nächstes hingeht. Das hält den Frust zwar niedrig, lässt das Spiel aber auch unweigerlich zum langweiligen Hin- und Hergelaufe verkommen. Verlässt ihr ein sicheres Gebiet, steht ihr meist Gegnern gegenüber und müsst diese mit eurem Kampfstab besiegen. Da das Kampfsystem allerdings so platt gestaltet ist wie ein Pfannkuchen, präsentieren sich die Kämpfe allerdings als nicht sonderlich aufregend. Mit dem A-Knopf wird geschlagen, mit dem Z-Knopf geblockt. Dann könnt ihr noch den B-Knopf gedrückt halten und anschließend durch das Ausführen eurer Wii-Fernbedienung einen Spezialangriff wie beispielsweise einen starken Luftsprung vollführen. Das hat dann allerdings zwei Nachteile. Zum Ersten verbraucht dies eure Chi-Kraft und zum Zweiten seid ihr während der Ausführung dieser Spezialangriffe hilflos euren Gegnern ausgeliefert, da ihr es mit Sicherheit nicht hinbekommen werdet, die richtige Bewegung mit der Wii-Fernbedienung auszuführen. Um es also ganz kurz zu machen: Das Kampfsystem funktioniert nicht. Ich für meinen Teil brauchte zumindest elende Sekunden, um mal einen solchen Spezialangriff zu landen. Meist gibt man vorher auf, da sich eure Lebensenergie recht schnell bedrohlich dem Ende neigt. Kombo-Attacken gibt es fast keine, es bleibt bei ermüdendem Dauerdrücken des A-Knopfes. Nicht einmal Springen kann Aang. Das macht die Kämpfe langweilig und verhindert zudem interessante Levelumgebungen mit Jump & Run-Passagen, die das Spiel eventuell interessant gestaltet hätten.



Komische Präsentation
Um einmal von den Nörgeleien des Gameplays abzuweichen (man könnte dies noch weiter ausschmücken und vorantreiben), führen wir uns an dieser Stelle einmal die Präsentation des Titels zu Gemüte. Wir haben eine Cartoongrafik und deutsche Synchronisation, was ja keine schlechte Basis ist. Allerdings ist selbst das in die Jahre gekommene Zelda: The Wind Waker dem Spiel in Sachen grafischer Präsentation weit voraus. Die Charaktere sehen einfach nur hässlich, ja sogar ein wenig entstellt aus, da die Konturen extrem verschwimmen und man oft gar nicht erkennt, wo Aang zum Beispiel gerade seine Hände hat. Die Umgebungsgrafik ist ebenfalls sehr farbenfroh gestaltet und auch recht detailreich, allerdings ist alles nur auf unterem PS2-Niveau. Das ist sehr schade, denn genau wie bei der Story bietet die Serienvorlage auch im optischen einige tolle Ansätze, die man super bei der Umsetzung in ein Videospiel hätte verwerten können. Leider macht es aber ziemlich offensichtlich den Anschein, als seien die Entwickler von THQ Studio Australia nur mit halbem Herz und halber Hand ans Werk gegangen. Dementsprechend präsentiert sich alles sehr uninspiriert und die schwachen Texturen sowie das kantige Design tun ihr Übriges. Der Gipfel ist allerdings die Grafikengine selbst, die bei Endgegnern stellenweise wirkt, als sei sie dem Kollaps nah. Viel schlimmer sind dann nur noch Zwischensequenzen und Dialoge, bei denen die Entwickler fast schon meterdicke schwarze Balken einblenden. Von PAL-Anpassung kann hier zumindest im grafischen Sinne nicht die Rede sein. Die Lokalisation des Titels ist komplett in Deutsch, womit wir beim Sound des Spiels angelangt währen.
Das Spiel hat eine Synchronisation, ja, allerdings ist diese nicht sonderlich spannend. Parallel zum Dialog bewegen die Charaktere unkoordiniert ihre Münder, und Texte muss man selber lesen, denn beim Ansprechen von Personen mit dem C-Knopf ertönt nur ein kurzes Sprachsample und man ist als Spieler sehr verwirrt. Die Zwischensequenzen haben zwar ein wenig Cartoon-Atmosphäre, stellenweise ist die Interaktion der Synchronsprecher aber einfach nur lasch. Sehr dramatisch, wie Aang bei Kataras Entführung „Oh nein!“ hervorstößt. Sogar meine Mutter wirkt authentischer, wenn sie das Bügeleisen aus Versehen fallen lässt. Die Soundeffekte gehen in Ordnung, unverständlicherweise gibt es an vielen Stellen jedoch keine Hintergrundmusik. Warum das so ist, konnte ich nicht herausfinden, Tatsache ist aber, dass der Titel dadurch nicht ansatzweise Stimmung und Atmosphäre aufbaut - es wirkt eher lächerlich.

Gute Ansätze (…werden im Keim erstickt)
Avatar: Herr der Elemente hat auch einige gute Seiten. Zum Beispiel die Tatsache, das sich euch im Verlaufe des Abenteuers weitere Helden euch anschließen. Durch Druck auf eine Taste am Steuerkreuz könnt ihr dann zwischen euren Helden hin- und herschalten. Fragwürdig nur, warum es nicht die Möglichkeit gibt, zusammen mit einem Mitspieler zu daddeln. Wenn ihr alleine spielt, sind eure Gefährten übrigens keine große Hilfe: Sie kloppen sich dumm wie Brot mit den Gegnern und gehen besonders in Bosskämpfen ziemlich schnell vor den Hund. Ebenfalls (theoretisch) toll sind die Ansätze der Unliniearität. Ihr sammelt Erfahrungspunkte, verbessert eure Kampfwerte und erfüllt Nebenaufgaben. Schade nur, dass die einzelnen Spielumgebungen und die Aufgaben so banal gestrickt sind, dass das alles für das Spiel selbst gesehen weder Sinn noch Spaßgehalt hat.

Ebenso banal sind die sogenannten „Konzentrationsübungen“. Sie werden völlig außerhalb des Kontextes von euch Verlangt und ihr müsst dann mit eurer Wii-Fernbedienung chinesische Schriftzeichen nachmalen. Das war’s dann auch. Dabei gibt es soviel kreativere Möglichkeiten, eine Konzentrationsübung mit der Wii-Fernbedienung zu machen. Beispielsweise dieses lustige Klötzchen-Stapelspiel in Wario Ware: Smooth Moves. Auch im Spielverlauf selbst gibt es gute Ansätze. So kann Katara die Gruppe vorübergehend tarnen. Anstatt dieses Feature mit Schleichpassagen gekonnt in den Spielverlauf zu integrieren, wurde diese Spielidee ebenso lieblos dahin geklatscht wie vieles andere im Spiel. Auch Momo, Aangs Quasi-Haustier, kommt nur rudimentär zum Einsatz, wenn man mit der 2-Taste die Kontrolle über den knuffigen Lemur übernimmt. Er kann besondere Gegenstände und Schätze aufspüren, allerdings klappt das in der Praxis noch grausiger als das Sammeln der goldenen Skultulas in Zelda: Ocarina of Time via Rumble Pak. Zu guter letzt gibt es noch das Minispiel „Vier Nation“. Hört sich auch toll an, ist es aber gar nicht mehr, wenn man irgendwann dahinter steigt, dass es sich dabei nur um eine verkappte Domino-Variante mit vier Farben statt sechs Würfelaugen ist.

Fazit:
Hach ja, was hätte Avatar: Der Herr der Elemente theoretisch, ich wiederhole, theoretisch für ein gutes Spiel werden können. Alle guten Ansätze sind vorhanden, die TV-Vorlage ist 1a und die Grundidee eines Action Adventures mit RPG-Elementen ist auch goldrichtig. Leider versauen eine miese audiovisuelle Präsentation und ein Gameplay mit vielen Schnitzern und einem unausgereiftem Kampfsystem den Spaß. Ein jüngerer Fan der Serie hätte sicher seine Freude an diesem Titel, ein Spieler mit Anspruch wirft ihn hingegen hochkant aus dem Fenster. Auf Grund des Genres steht Avatar im Vergleich mit Zelda: Twillight Princess in einer Reihe. Und dass hier Welten dazwischenliegen, muss wohl nicht noch gesagt werden. Faulheit oder Ideenlosigkeiten seitens der Entwickler? Eigentlich egal, denn in beiden Fällen gilt: selbst schuld.

Von Lars Peterke
Wertung für das Spiel Avatar: Herr der Elemente
Wertungen Beschreibung
4.0Grafik
PS2-Puristen der ersten Stunde finden hieran ihre helle Freude, der Rest nicht.
4.6Sound
Schlecht umgesetzte Synchronisation und weitgehend fehlende Hintergrundmusik.
5.4Steuerung
Simple Knopfsteuerung und die genutzten Wii-Features funktionieren nicht gut.
5.3Gameplay
Viele gute Ansätze, die jedoch meist im Keim erstickt werden oder einfach schlecht umgesetzt sind.
5.1Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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