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MySims
Review von Lars Peterke (mail) | 07.10.2007

Das Franchise „Sims“ ist ein Erfolgsrezept. Millionenfach verkauften sich die beiden PC-Episoden mitsamt ihren Erweiterungen. Und es dauerte nicht lange, da landete das erfolgreiche Konzept in Form von Spin-Off-Titeln oder Auskopplungen („Die Sims brechen aus“, „Die Sims 2: Haustiere“ oder „Die Sims 2: Verschollen“) auch auf Spielekonsolen, Handhelds, Handys und mit „Sims Bowling“ sogar auf dem iPod. Der neueste Sprössling dieser Spin-Offs trägt den Titel My Sims, ist eine Anlehnung an Nintendos Animal Crossing und versucht das „Sims“-Konzept in eine neue Richtung zu lenken. Im Gegenteil zum „Last Gen“-Port von „Die Sims 2: Haustiere“ liegt hier eine Wii-Exklusiventwicklung vor und nachdem ich bereits das zweifelhafte Vergnügen mit dem eben erwähnten, letzten Wii-Sims hatte und mich My Sims dann auf der Games Convention sehr positiv überraschte, bin ich nun sehr gespannt, was im finalen Produkt herausgekommen ist.

Auf ins Auenland
Moment, Herr der Ringe? Verzeiht mir meinen schleppenden Einfallsreichtum, aber ein besserer Name als „The Shire“ fiel mir für meine frischgebackene Sims-Stadt nicht ein. Genau damit beginnt das Spiel nämlich nach zwei kleinen Intros. Nach der Namensgebung geht es dann an die Charakterstellung. Brisanterweise kann hierbei nicht zwischen Männlein und Weiblein gewählt werden; die Kombination von X- und Y-Chromosomen outet sich nur in punkto Klamotten, Frisur und Stimme eures Sim, die ihr witzigerweise individuell anpassen könnt. Bei der Kleidung gibt es eine riesige Fülle an stylischen Jeans-Shirt-Kombinationen bis hin zu modischen Fehlschlägen hoch drei. Dazu wählt ihr bei Bedarf eine Brille und kleinere Gesichtsverzierungen wie Sommersprossen, kitschige Gesichtsbemalungen oder eine coole Harry-Potter-Narbe. Avada Kedavra. Die verfügbaren Bekleidungen und Frisuren sind dabei zum Teil jedoch recht rudimentär im Design. Spannend wird es erst, wenn eure Stadt gewachsen ist und ihr einen Klamottenladen und Friseursalon neben eurem trauten Heim findet. Dann ist ein kitschiges Cowboy-Outfit nur der Anfang und auch eine pseudohafte Emo-Frisur mit farbigen Strähnen, etc. ist nun kein Problem mehr.

Nachdem ihr euren Charakter erstellt habt, lernt ihr Bürgermeisterin Rosi kennen. Sie erzählt euch, wie die Stadt zu einer kleinen Einöde verkam und verrät, was es mit den Essenzen auf sich hat. Diese sind Dreh- und Angelpunkt des Spielverlaufs. Alles, was ihr bastelt, wird aus Essenzen hergestellt. Essenzen sind Äpfel an Bäumen, gehacktes Holz oder Glück und Boshaftigkeit, welche ihr durch Interaktionen mit anderen Bewohnern eurer Örtlichkeit erntet. Jede Essenz hat verschiedene Attribute. Baut ihr später Möbelstücke, könnt ihr diese mit Essenzen dekorieren oder bemalen – je nachdem, ob ihr sie als Objekt oder Farbe auf eure dekorative Schöpfung anwendet. Bevor ihr eure Mitbewohner jedoch mit solchen Dingen beglückt, solltet ihr euch Gedanken um eure eigenen vier Wände machen. Nachdem Rosi euch zu eurem Grundstück führt, baut ihr in bester Bauklotz-Manier euer Eigenheim. Dabei platziert ihr verschiedene Blöcke (maximal zwei) aufeinander, verziert diese mit Fenstern, Türen und Lampen und setzt schließlich ein Dach darauf. Dann noch ein paar Gartenaccessoires und der richtige Anstrich, fertig ist die eigene Wohnung. Paradoxerweise sieht die von innen immer gleich aus, egal wie opulent eure Außenkonstruktion des Hauses ausfällt.

Wohnst du noch oder lebst du schon?
My Sims ist ein Spiel für kreative Köpfe. Neben dem Entwerfen von Charakteren und Häusern ist das individuelle Bauen von Möbeln der Kern des Spiels und im übertragenen Sinne auch das Spielziel. Ihr müsst nämlich eine Sternleiste füllen, die euch dann irgendwann einen Stern beschert. Ihr müsst fünf Sterne ergattern, dann ist eurer Stadt zu neuem Glanz verholfen. Füllen könnt ihr eure Sternleiste nur, wenn ihr Aufgaben der Mitbewohner löst. Und das sind meist Bauaufträge für Möblierungen. Ihr bekommt einen Bauplan und müsst dann in eurer Werkstatt nach dem Klotzsystem das Möbelstück basteln und dann mit den vom Auftraggeber gewünschten Essenzen versehen – als Anstrich oder Objekt. Je nachdem, welche Essenzen ihr wählt, ist der später beschenkte Sim dann glücklich oder traurig. Und da jede Essenz bestimmte Attribute besitzt, trägt jedes Möbelstück automatisch zum Raumambiente des Bewohners bei und hat seine ganz eigene Ausstrahlung. Wenn ihr ein Möbelstück baut, könnt ihr dabei nach Herzenzlust verzieren und auch über den Bauplan hinweg bauen. So könnt ihr aus der kleinen Bettkonstruktion eine riesige Schlafhöhle basteln, sofern ihr dem Grundnutzen und dem Verwendungszweck des Gebauten keinen Riegel vorschiebt. Leider könnt ihr euren Schöpfungen am Ende keinen eigenen Designernamen geben. Und trotzdem ist My Sims ein bisschen wie dieses schwedische Möbelhaus – nur dass es zu Beginn keine Gratis-Bleistifte gibt und auch „Knut“ im Spiel nicht exzessiv zelebriert wird.



So schön das Bauen von Möbelstücken auch ist, es wird dann doch irgendwann langweilig. Doch leider bekommt ihr selten andere Aufgaben von euren Mitbewohnern. Wer eine ganze Stadt aufbauen will, muss halt viele Möbel bauen. Zumindest sammelt ihr dabei fleißig Baupläne, sodass ihr immer mehr Elemente für eure eigenen vier Wände gewinnt. Habt ihr einige Aufgaben erfüllt, gibt es dann irgendwann den nächsten Stern, der einige neue Möglichkeiten mit sich bringt. Da wäre zum einen die Variante, dass neue Sims in euer Dorf ziehen, denen ihr dann natürlich ein Haus bauen dürft. Allerdings nicht zwingend – ihr könnt sie später auch wieder rauswerfen. Die Stadt gehört da ganz euch. Ferner wird durch die neuen Bewohner eure Stadt um einige Attraktionen reicher, sei es eine Pizzeria, ein Friseursalon oder ein Sushi-Restaurant. Zudem bekommt ihr beim Ergattern eines Sternes auch Schlüsselitems wie eine Brechstange, mit denen ihr neue Areale wie eine Höhle, Wüste oder einen Wald erschließen könnt. Hier gibt es dann neue Geheimnisse und Essenzen zu entdecken und zu sammeln. So wird das Spiel dann vorangetrieben, bis ihr irgendwann eine große Stadt habt. Dumm dabei ist nur, dass sich das oft nicht so anfühlt. Denn neben dem Reden, Beschenken oder Lieb- bzw. Bösesein gibt es kaum Interaktionsmöglichkeiten mit den anderen Stadtbewohnern. Und da ihr euch in der Welt frei bewegt, braucht ihr nicht erwarten dass euch die Sims in eurem Haus besuchen. Das ist ein Manko gegenüber dem originalen Sims, allerdings liegt hier auch nicht der Schwerpunkt von My Sims. Es geht eher ums Entdecken und Kreativsein.

Technik, die begeistert?
Ob man es glaubt oder nicht: Nach dem verkorksten „Die Sims 2: Haustiere“, bei dem die Steuerung 100% war (100% am Spielkonzept vorbei), hat man bei My Sims eine solide Steuerung auf die Beine gestellt. Ihr lenkt eure Spielfigur mit dem 3D-Stick des Nunchuk und die Wii-Fernbedienung fungiert als Pointer. Der A-Knopf ist dabei die wichtigste Taste. Inventar und Infomenü sind über bequeme Buttons am oberen Bildschirmrand zu erreichen und je nach Position eures Sim wird im unteren Bereich die Anzahl an möglichen Aktionen angezeigt, die ihr durch ein Zeigen und anschließendes Drücken des A-Knopfes ausführen könnt. Seid ihr bewegungsfaul, geht’s auch mit dem plus-Knopf ins Hauptmenü und aktuelle Interaktionen werden durch Druck auf den A-Knopf ausgeführt. Gibt es mehrere Möglichkeiten zur Interaktion, schaltet ihr mit dem B-Knopf zwischen den verschiedenen Handlungsmöglichkeiten hin und her. Der Minus-Knopf pausiert das Spiel und bietet Chance zum Speichern oder Beenden. Bewegt ihr euren Sim in eurer Stadt umher, dient der B-Knopf zum Sammeln von Essenzen oder zum Abbrechen einer Menüauswahl. Findet ihr Apfel-Essenzen auf einem Baum, muss hier zudem die Wii-Fernbedienung geschüttelt werden. Auch im Wasser wird man fündig: Hier wird dann geangelt. Befindet ihr euch in bestimmten Arealen, könnt ihr auch „Ausschau halten“. Dann holt euer Sim einen Detektor hervor und sucht den Boden nach Essenzen ab. Via Rumble-Effekt werdet ihr dann über Essenzen im Boden informiert. Im Baumodus dreht ihr mit dem Steuerkreuz eure Objekte, im normalen Spielmodus könnt ihr mit dem Steuerkreuz die Kamera drehen. Unter dem Strich harmonieren hier Steuerung und Spielkonzept miteinander und alle Aktionen gehen leicht von der Hand.

Dann bleibt nur noch die audiovisuelle Präsentation des Titels zu klären. Hier wird grafisch sowie soundtechnisch nicht das Optimum geboten. Jetzt kommt allerdings das Aber: Die ruhigen und unspektakulären Melodien werten das Spiel mehr auf als nerviges Gedudel, nur schade, dass man seine eigenen vier Wände nicht mit Musik ausstatten kann, wie es in Animal Crossing möglich ist. Die Grafik ist nun an sich ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei, allerdings ist das Konzept in sich stimmig, die Optik ist knuffig und die Spielengine gibt recht viel her. Denn im Endeffekt ist es ja möglich, opulente und detailreiche Möbel zu entwerfen, die klasse aussehen. Hier wird Animal Crossing dann doch ausgestochen und mit einem Komponentenkabel sieht das Spiel dann noch eine weitere Ecke hübscher aus. Die Negativpunkte in Bild und Ton kommen durch einige Schnitzer zum Vorschein. Da der Titel nicht in Echtzeit abläuft, gibt es keine schönen Tageszeitwechsel, es wird lediglich arg abrupt zwischen Tag und Nacht gewechselt. Auch einige Texturen wirken einfach zu karg, sodass man sich hier im Einzelnen mehr Detailreichtum wünscht. Und ebenfalls böse sind diese fiesen Ladezeiten, die nicht sonderlich lang sind, allerdings bei jedem Arealwechsel auftreten.
Die genannten Aspekte wären halb so wild, schließlich meckert bei Animal Crossing auch keiner über die Grafik. Doch was My Sims dann neben der Eintönigkeit an Spielaufgaben eine höhere Wertung wirklich vorenthält, das sind die Features, die gar nicht vorhanden sind. Das sind im Klartext Online-Modus und Multiplayerfunktion. Es lassen sich keinerlei Möbel oder Hauskonstruktionen über die WiFi-Connection tauschen. Genausowenig bietet EA neuen Content wie beispielsweise Essenzen oder Baupläne und Objekte für die Spieler an. Auch eine Verbindung zur Nintendo DS-Version des Titels ist nicht möglich. Und obwohl das Spiel mehrere Speicherplätze bietet, lassen sich nicht einmal lokal verschiedene Spielelemente zwischen den Spielerprofilen hin und her tauschen. Das macht das Spiel im ersten Moment nicht wirklich schlecht, doch dieser Aspekt mindert dann irgendwie schon die Motivationskurve. Man fragt sich, wofür man diese ganzen Sachen macht, wenn man sie nicht einmal anderen zeigen kann. Der zweite fehlende Aspekt ist dann schlicht und ergreifend mangelnde Abwechslungen wie Minispiele oder andere Aufgabenstellungen von den Bewohnern eurer Stadt.

Fazit:
Wie gerne hätte ich My Sims eine hohe Wertung gegeben; allein, weil sich EA hier mal richtig ins Zeug gelegt hat. Doch ganz so einfach ist das bei einer objektiven Betrachtung ja nicht. Der Sound ist höchstens solide, die Grafik zwar vernünftig konzeptioniert, trotzdem jedoch nicht auf wirklich gutem Wii-Niveau. Wirklich schlimm sind nur die eintönigen Spielaufgaben sowie die Tatsache des fehlenden Onlinemodus, der ansonsten sicher für einiges an Spielmotivation gesorgt hätte. Trotzdem macht My Sims Spaß. Besonders wenn man ein Faible für Animal Crossing hat oder gerne Mal die kreative Ader herauslässt. Jüngere Spieler werden mit diesem Titel sowieso sehr viel Spaß haben, da hier die knuffige Optik des Spiels voll anschlägt und in dieser Spielerschicht der Anspruch an ausgefeilten Spielinhalten sowieso ein wenig niedriger liegt. Simulationsfans und kreative Köpfe sei eine (wenn auch eingeschränkte) Kaufempfehlung ausgesprochen, während alle anderen vorher lieber Probespielen.

Von Lars Peterke
Wertung für das Spiel MySims
Wertungen Beschreibung
6.0Grafik
Zu wenig Detailreichtum, das Konzept stimmt aber.
6.6Sound
Recht belanglos - solide Soundkulisse, die nicht stört, jedoch auch nicht sonderlich hervorprescht.
7.9Steuerung
Passt zum Spiel und funktioniert, jedoch nur ein weitere Knopf-Pointer-Hybrid ohne große Innovationen.
7.7Gameplay
Ein spaßiges Spiel, eintönige Aufgaben und fehlender Multiplayer schmälern jedoch die Langzeitmotivation.
7.5Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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