Review von Lars Peterke (mail) | 24.09.2007
Erinnern wir uns an den Launch des Nintendo 64. Drei zugkräftige Launchtitel wurden am Erscheinungstag der Konsole ausgeliefert: Das bahnbrechende Super Mario 64, ein (damals) überzeugend realistisches Wave Race 64 sowie Pilotwings 64, eine Mischung aus Flugsimulation und Geschicklichkeit. Auch wenn Ace Combat oder Top Gun immer wieder auftauchten, so stand Pilotwings immer ein wenig für sich. Auf der Wii ist das nun ein wenig anders und mit Wing Island von Hudson Soft präsentiert sich ein erstes Pilotwings-angelehntes Flugspiel, das wir nachfolgend für euch beleuchten wollen. Falls sich unter den Lesern jetzt einige Pilotwings-Spieler befinden, so bitte ich diese ihre Erwartungshaltung gegenüber Wing Island stark herunter zu schrauben. Pilotwings bleibt auch nach Wing Island leider unerreicht.
Auf nach Wing Island!
Nachdem ich eine Art Kleinfazit schon vorweggenommen habe, gehen wir mal ins Detail. Am besten fängt man mit der Story an, die dünner kaum sein könnte. Ihr seid Sparrow Wing Jr. und euer Großvater bricht zu einer offenbar sehr wichtigen Expedition auf. Da euer Großvater für diesen Trip scheinbar eine lange Abwesenheit einkalkuliert hat, überlässt er euch kurzerhand seine Firma, die Wing Inc., mit Sack und Pack. Hierbei handelt es sich um einen Art Flugzeug-Lieferdienst mit drei Angestellten, zu denen ihr nun dazu stoßt und fortan verschiedene Aufträge ausführt. Diese Aufträge, im Spiel als Missionen bezeichnet, wollen dann nach und nach erledigt werden. Sie werden meist mit einem belanglosen Storydialog eingeleitet und wieder beendet. Beispiel: Der Kapitän der Insel will beim Fischen auf das Meer hinaus fahren, allerdings versperrt ein Felsen einen Großteil der Buchtausfahrt. Eure Aufgabe ist es nun, mit eurer Fliegercrew den Stein zu sprengen. Für jede Mission gibt es ein mitunter knallhart kalkuliertes Zeitlimit. Viel Spielraum bleibt daher nicht. Ihr müsst schon wissen wo ihr wann und vor allem wie langfliegt, zum die Mission zu meistern.
Nun geht es an die Steuerung, die dem Spiel sehr offensichtlich beide Beine bricht. Denn neben den belanglos wirkenden Missionen mit langweiligen Aufgaben (Lasse die Luftballons zerplatzen!) ist es vor allem die zu simple Steuerung. Anstatt die Wii-Fernbedienung und seine einzelnen Bewegungssensoren hier optimal auszunutzen, gibt es nur einige feste Bewegungen, mehr nicht. Ihr haltet die Wii-Fernbedienung auf den Bildschirm gerichtet, entweder mit einer Hand oder auch mit zwei Händen. Nun könnt ihr die Wii-Fernbedienung nach oben bzw. unten neigen, um an Höhe zu gewinnen. Kippt ihr die WIi-Fernbedienung zur Seite, wird nach links oder rechts geflogen. Eine schnelle Schlagbewegung nach links oder rechts bewirkt eine Wende. Zieht ihr die Wii-Fernbedienung schnell vor bzw. zurück, erhaltet ihr entweder einen kurzen Boost oder verliert Geschwindigkeit. Mit dem A-Knopf ändert man dann noch die Flugformation, der B-Trigger wirft Bomben, Kisten, etc. ab. Diese Steuerung präsentiert sich zudem recht vereinfacht und in gewisser Weise „detailarm“. Zum Vergleich: Bei Pilotwings 64 steuerte man seine Flugvehikel mit dem Analogstick akribisch genau um bloß in der richtigen Zone zu landen oder nicht abzustürzen. Zudem wurde man von schweren Missionen mit Zeitlimit und Medaillenbelohnung entsprechend gefordert. Bei Wing Island ist dieser Part einfach nur langweilig, da die Missionen lieblos wirken und die Steuerung wirkt, als hätten die Entwickler aus einem vorgefertigten Baukasten etwas zusammengeworfen, das sich irgendwie nach Fliegen anfühlt. Feintuning Fehlanzeige. Fragt sich, warum die Entwickler keine wirklich intuitiven Bewegungen kreierten, sondern einfach nur „grobe“ Steuerungsmechanismen in ein Spiel integrierten, die eigentlich von einer komplexen bzw. zumindest tiefgreifenden Steuerung leben. Ebenfalls tragen die Missionen zur Monotonie des Titels bei. Denn spätestens nach der dritten Mission werdet ihr nur noch gelangweilt aus dem Handgelenk heraus euren Flieger lenken, da keine der Missionen Variationen wie z.B. Wind oder Wetterverhältnisse bietet. Einzige Variationsmöglichkeit bietet hier das Wechseln der Formation. So könnt ihr durch wiederholtes Drücken des A-Knopfes eure Fliegerstaffel hintereinander, seitlich nebeneinander oder kreuzförmig anordnen. Dumm nur, dass dieses Feature viel zu simpel genutzt wird und kaum den Anschein macht, als habe sie eine sinnvolle Existenzberechtigung.

Federvieh gehört nicht in die Luft
An diesem Punkt ist nun fast alles zum Spiel gesagt. Zumindest erst einmal aus spieltechnischer Sicht. Wing Island wird viel zu schnell langweilig, weil es einfach ein viel zu banales Flugspiel ist. Egal welches Spielfeature ihr anpackt, lange werdet ihr dort nicht verweilen, da zielgenaues Abwerfen von Kisten oder das Routenfliegen durch Luftballons einfach zu unspektakulär ist. So richtig will bei dem Spiel keine Motivation aufkommen, was natürlich höchstens für das Anstauben im Spieleregal förderlich ist. Kommen wir dennoch zur Aufmachung des Titels.
Grafisch gewinnt der Titel leider auch keinen Blumentopf und präsentiert sich in detailarmer Optik. Die Inseln sind ein liebloses Gebilde aus Stein- und Grastexturen, auf denen sich dann vereinzelt Häuser oder Wälder befinden. Ein idyllisches Inseltreiben ist jedoch nicht zu erkennen. Effekte sind auch fehl am Platz. Keine Windböen, Reflektionen im Wasser des Ozeans oder solche kleinen Spielereien wie Kondensstreifen an euren Flugzeugen finden sich bei Wing Island. Der einzig hervorstechende Aspekt sind die nett gestalteten Charaktere des Spiels, die dann aber meist lediglich als 2D-Sprites in den Textsequenzen anzuschauen sind. Von der Grafik zum Sound ist es dann aber ein Quantensprung. Das Spiel überrascht mit durchgängig schöner Musik, die zum Setting des Spiels passt. Nur stellenweise hätte sie dramatischer ausfallen können. Warum fröhliche Klangkulisse, wenn ich unter Zeitdruck einen Waldbrand löschen muss? Ein Schlag ins Genick ist dann wieder Biep. Bie-Biep-Bi-Bi-Biep. Das sind nämlich die „Geräusche“, die die befiederten Mitglieder der Wing Inc. Während der Textsequenzen von sich geben.
Bleibt eigentlich nun nur noch das Abhandeln einiger Features, die das Spiel aber (um das gleich vorweg zu sagen) nicht mehr rausreißen. Zunächst sei das Nunchuk erwähnt, das man im Singleplayer optional verwenden kann, um die Kameraansicht mit dem Control-Stick zu verändern. Im Multiplayer-Modus kann ein zweiter Spieler mit dem Nunchuk spielen – was recht klug ist, da ja jeder Wii-Besitzer mindestens eine Wii-Fernbedienung sowie Nunchuk besitzt, jedoch nicht zwingend zwei oder mehr Wii-Fernbedienungen. Hier wird dann mit dem Bewegungssensor gelenkt, die restlichen Steuerungsmoves übernimmt der Control-Stick, teilweise in Kombination mit dem C-Knopf. Was bleibt sonst noch übrig? Lediglich ein paar kleine Details. So sollte über den Spielumfang ein Wort gesagt sein. Als Spielareale gibt es sage und schreibe ganze drei Inseln. Natürlich gibt es einige Missionen mehr, nur ist es nicht sonderlich unterhaltsam zehn Mal auf derselben Insel herumzufliegen. Dann findet sich im Optionsmenü noch der Hangar, in dem ihr neue Flugzeuge kaufen und tunen könnt. Hier gibt es wendige, schwerfällige oder ausgeglichene Flugzeuge zur Wahl. Und zu guter Letzt haben wir noch den Mehrspielermodus, wo ihr gegen einen Freund Ballons zerplatzen lassen könnt. Es kommt dann meist darauf an, eine Route korrekt abzufliegen und in entsprechenden Momenten eure Formation zu wechseln. Oft unterhält diese Spielerei aber nur wenige Runden. Unheimlich spannend, genau wie der Rest des Spiels. Abseits eines gewissen Falco Lombardi, so stellt sich dies zumindest für Wing Island heraus, gehören Vögel bzw. in diesem Falle eine Art ausgewachsene Tweetys mit Geiernase nicht in die Luft. Fazit: Fernab von Grafik und Gameplay ist es vor allem die belanglose Steuerung, die Wing Island in die Versenkung schickt. Die rudimentären Flugzeugmanöver zerstören den Geschicklichkeitsaspekt des Titels und sorgen schnell für Frust. Kurzum: Das Spiel ist zu arcadelastig. Mehr Tiefgang in der Steuerung und der Handlung hätte dem Spiel zu wesentlich mehr Spannung verholfen. So ist es aber leider nicht und die Missionen bieten Aufgaben, wie "Kisten abwerfen" oder "Ballons platzen lassen", die aber ohne Variationen (wie beispielsweise Wetterverhältnisse) daherkommen. Zudem nächstes Mal bitte etwas mehr Drama im Spielablauf, denn das Spiel schafft es einfach nicht zu fesseln. Technisch gesehen wird bei Wing Island zwar nichts ungewollt falsch gemacht, der Titel ist leider schlicht und ergreifend sterbenslangweilig ausgefallen.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Wing Island | |
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| 4.8 | Grafik Sehr simpel und einfach mit wenigen Details. | |
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| 7.6 | Sound Einziger Lichtblick des Titels. Schöne Musik unterstreicht die Missionen, nur die Charaktersounds nerven enorm. | |
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| 4.2 | Steuerung Viel zu banal und einfach für eine Mischung aus Flugsimulation und Geschicklichkeit. | |
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| 5.0 | Gameplay Viel zu simples Arcade-Gameplay mit öden Missionen, das an der Steuerung scheitert und schnell langweilig wird. | |
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| 5.2 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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