Review von Marian Wehmeier (mail) | 18.09.2007
Das Pendant zur Barbiepuppe war vor circa 20 Jahren die Transformers-Figur. Während die Mädchen ihren blonden Idealfrauen die Haare kämmten und sie elegant oder sportlich einkleideten, spielten die Jungs wahlweise mit Optimus Prime und seine treuen Gefährten oder Megatron und seinen skrupellosen Handlangern. Den Autobots und den Decepticons: Eigenständige Roboterintelligenzen, die sich in Autos, Flugzeuge, Kassendecks und Kanonen verwandeln konnten.
Der 1984 gestarteten Spielzeuglinie aus dem Hause Hasbro wurde noch im gleichen Jahr eine Trickserie zur Seite gestellt, die die Verkaufszahlen der Plastikroboter ankurbeln sollte. Die eigentliche Serie überdauerte drei Staffeln und einen brillanten Kinofilm (1986), bevor die Serie in immer abstrusere Gefilde abrutschte (Beast Wars, Machine Wars) und letztlich zu einer Anime-Epigone verkam (Transformers: Energon).
Nun stand im Sommer neben der bonbonfarbenen, tangerinrot gespritzten Realverfilmung unter der Regie von Michael Bay („Armageddon“) auch das gleichnamige Lizenzspiel in den Startlöchern. Und während die deutsche Feuilletonlandschaft Amok lief und posaunte, der Film sei „nichts für Herz und Hirn“ (Stern) und der „Triumph der Hirnlosigkeit“ (Die Zeit), freuten sich Actionpuristen auf ein schwungvolles Effektspektakel und Fans der Serie auf ein Wiedersehen mit ihren Helden aus der Kindheit.
Ihr Krieg, unsere Welt
Auf dem weit entfernten Planeten Cybertron, der Heimat der Transformers, tobte vor langer Zeit ein Krieg zwischen den Autobots und den Decepticons. Ausschlaggebend für diese Feindschaft war der AllSpark, ein Artefakt von unbeschreiblicher Macht, das die Roboterspezies einst zum Leben erweckte. Während die Autobots versuchten, den AllSpark um jeden Preis zu beschützen, wollten die verräterischen Decepticons seine Macht für böse Zwecke nutzen.
In einem bittergeführten Kampf gelang es den Autobots in einem letzten Akt der Aufopferung schließlich, den AllSpark in die Tiefen des Weltraums zu katapultieren. Dort blieb er unzählige Jahre auf dem entlegenen Planeten namens Erde versteckt. Hier treffen sich die beiden rivalisierten Roboterfraktionen, um den finalen Kampf um das mächtige Artefakt auszutragen. Der Krieg, der auf Cybertron begann, findet auf der Erde seine Fortsetzung.
Diese Fortsetzung wird im Storymodus aufgegriffen, der sich an der Handlung des Kinofilms orientiert und diese interaktiv nacherzählt. Anfangs muss man sich zunächst entscheiden, ob man sich auf die Seite der guten Autobots schlägt oder auf der Seite der bösen Decepticons kämpfen will.
Die Kampagne der Autobots handelt größtenteils davon, den Teenager Sam Witwicky zu beschützen, seines Zeichens Besitzer einer Brille, in der eine Art Schatzkarte zum AllSpark eingraviert ist. Der Feldzug der Decepticons führt neben Verfolgungsjagden auf den Autobot Bumblebee, Sams gelber Camaro, auch auf Armeestützpunkte, in denen Daten zum Verbleib des AllSpark archiviert sind. Zudem muss der Standort ihres verschollenen Anführers Megatron ausfindig gemacht werden.

Grand Transformers Auto
Die zwei Kampagnen der verfeindeten Spezies sind in jeweils fünf Episoden gegliedert. Vier dieser Episoden sind in vier weitere Missionen untergeteilt. Eine Ausnahme bildet die letzte Episode. Sie fungiert als finaler Entscheidungskampf, der über Sein oder Nichtsein entscheidet. Die einzelnen Episoden (und somit auch deren Untermissionen) spielen sich an festgelegten Schauplätzen ab. So beginnt der Vernichtungsfeldzug der Decepticons in einer Militärbasis, die in der Wüste stationiert ist. Nachdem der Stützpunkt dem Boden gleichgemacht wurde, müssen umliegende Militärposten und Aufklärungssender zerstört werden, um zu verhindern, dass die Außenwelt etwas von den sich abspielenden Machenschaften erfährt.
In jeder Episode reihen sich vier solcher Missionen aneinander. Ist dabei eine Mission geschafft, bleibt es dem Spieler selbst überlassen, ob er sich gleich an die nächste Aufgabe macht oder ob er erst einmal die Umgebung erkundet.
Dieser Spielaufbau, der stark an das Gameplay von GTA erinnert, bietet nicht nur die Möglichkeit, das Territorium ohne Zeitdruck und gegnerischen Einfluss zu erkunden. Der Spieler kann auch Bonusinhalte durchs Suchen und Finden von Transformers-Symbolen freischalten und an Nebenmissionen teilnehmen, die für den Verlauf der Kampagne aber nicht relevant sind.
Die Kernmissionen sind durch Areale gekennzeichnet, die in grünlich flackerndem Licht erstrahlen. Betritt man einen solchen Bereich, erklärt eine kleine Anfangssequenz die Ausgangssituation, bevor eine Lage-Beschreibung und eine Zielsetzung dem Spieler erklärt, was zu tun ist. Ein für die Aufgabe ausgerichteter Transformer macht sich dann auf den Weg, diesen Plan zu erfüllen. Dabei ist es nicht möglich, sich die einzelnen Aufträge auszusuchen: Das Spiel ist in seiner Storyline völlig linear gegliedert.
Das Gameplay in den Missionen fußt auf zwei Grundstützen. Eine Säule bildet der obligatorische Action-Aspekt: Im ganzen Spiel geht es hauptsächlich darum, feindliche Transformer zu bekämpfen, ganze Distrikte zu verwüsten oder wertvolle Gegenstände zu verteidigen und an sich zu reißen. Die andere Säule definiert sich aus vereinzelten Rennspielelementen, die in Form von Verfolgungsjagden das recht kampfbetonte Spielgeschehen auflockern sollen.
Metalgemetzel
Die eigentlichen Missionen bieten eine Fülle von Actionsequenzen, die mit vorschreitender Dauer nur wenig Variation bieten. Während die Kampagne der Autobots fast ausschließlich aus Rennspielpassagen und vereinzelten Kampfeinlagen besteht, bieten die Episoden der Decepticons erfreulicherweise mehr Abwechselung. Das liegt auf der einen Seite daran, dass sich die Armee der Autobots ausschließlich aus Fahrzeugen rekrutiert, während sich die Streitmacht der Decepticons aus Panzern, Helikoptern und Jets zusammensetzt. Auf der anderen Seite kommt der Aspekt der Zerstörung zum Tragen: Muss in der Kampagne der Decepticons meist vorsätzlich alles in Schutt und Asche gelegt werden, was einem in die Quere kommt, wird man bei den Autobots logischerweise dafür bestraft, wenn man zuviel Schaden in der Zivilbevölkerung anrichtet.
Und diese Verwüstung zu verhindern, ist gar nicht so leicht. Während das Hauptaugenmerk auf den Charakteren aus dem Film liegt, kommen immer wieder namenlose Dronen zum Einsatz, die zwar massenweise auftauchen, im Endeffekt aber nur selten über die Klassifizierung Kanonenfutter hinauskommen. Lassen sich diese Dronen noch leicht mit den zwei primären Feuerwaffen erledigen, können sich die Hauptakteure mit einer Art Energieschild verteidigen. Hier ist der Spieler dann entweder dazu gezwungen, auf den physischen Nahkampf auszuweichen oder sich ein Auto, einen Baum oder eine Laterne zu schnappen und das entsprechende Objekt nach dem Gegner zu werfen.
Neben Dronen und Transformers kommt zu allem Überfluss auch noch das Militär hinzu, das mit allen Mitteln (Kampfjets, Panzern und Polizei) versucht, euch an eurer Mission zu hindern.
Daraus resultiert, dass man des Öfteren den Überblick in diesem Metalgemetzel verliert: Während Dronen mit Straßenlaternen um sich schlagen, Helikopter euch von allen Seite torpedieren, überall Polizeiautos und Krankenwagen vorfahren und Menschen panisch umher rennen, kommt es dank komplett destruktiver Umgebung nicht selten vor, dass ganze Stadtteile ihr Gesicht verlieren.
Während das Gameplay schon auf kontrolliertes Chaos ausgerichtet ist, tragen einige Unzulänglichkeiten der Programmierer dazu bei, dieses Durcheinander weiter zu intensivieren.
In diesem Zusammenhang sei die unglückliche Einstellung der Kameraperspektive erwähnt: Der Spieler navigiert die Kamera mit der Pointer-Funktion der Wii-Remote. Stößt man ans obere, untere, rechte oder linke Ende des Bildschirms, verlagert sich die Third-Person-Perspektive des Roboters in die entsprechende Richtung. Klingt in der Theorie praktisch, ist in der Praxis aber theoretisch unmöglich. Mit dem Pointer wird nicht nur die Kamera geführt, sondern auch der Gegner anvisiert. Zudem – und das ist der Witz – werden durch das Schütteln der Wii-Remote oft notwendige Nahkampfkombos ausgeführt. So ist es fast unmöglich, einen Gegner physisch anzugreifen, ohne dass sich die Kameraperspektive verzieht. Auch die Steuerung während der Rennspielpassagen ist unausgewogen und hätte gut etwas Feintuning vertragen können.
Ansonsten lassen sich die Transformers einfach und präzise steuern, das Zielen geht leicht von der Hand (siehe Einschränkungen oben) und auch die Flugsequenzen glänzen durch unkomplizierte Bedienung.

Viele Gegner, viel Frust
Dennoch gibt es ein paar Aspekte, die die Suppe ordentlich versalzen. Wie oben angesprochen herrscht in manchen Missionen ein solcher Wirrwarr – unzählige Roboter, hohes Militäraufkommen, zahlreiche Explosionen (unterstützt von der unvorteilhaften Kameraeinstellung) –, dass man oft nicht weiß, wo einem der Kopf steht.
Hinzu kommt, dass es den vielen Missionen an Abwechselung fehlt. Zerstören oder beschützen, verfolgen oder entkommen. Das Spielkonzept stellt sich aus simplen Aufgaben zusammen, für die man nicht viel Grips braucht. Was man allerdings braucht, sind Nerven und Ausdauer, denn über das Spiel verstreut gibt es immer wieder Passagen, die selbst eingefleischte Spielernaturen zur Weißglut bringen.
Das fängt bei Zeitlimits an. Oft müssen bestimmte Objekte innerhalb einer bestimmten Zeit zerstört werden. So kann es dazu kommen, dass man in einer Mission vier von fünf Aufgaben geschafft hat, die letzte aufgrund des relativ knappen Zeitrahmens allerdings nicht mehr komplettieren kann - die Mission ist gescheitert, man muss von vorne anfangen. Das ist zwar kein Beinbruch, allerdings basieren die Missionen häufig aus einem Mix aus Erkunden und Zerstören und da man oft keinerlei Hinweise bekommt, wo sich versteckte Objekte oder Bezirke befinden (und man mehr oder weniger raten muss, wo sich was befinden könnte), sucht man blind umher, bis die Zeit abgelaufen ist und man frustriert den Controller in die Ecke wirft.
Ein weiterer negativer Aspekt stellen die Endgegner der jeweiligen Episoden dar. Diese sind dank Energieschild nicht mit dem spezifischen Waffenarsenal zu bekämpfen und müssen durch Nahkampf besiegt werden. Nun sieht die Künstliche Intelligenz leider nicht vor, dass der Gegner an einem Kampf teilnimmt. Fast alle Hauptcharaktere stehen dumm in der Landschaft herum (geschützt von ihrem Schild, was einen Angriff schon im Vorhinein unmöglich macht) und nutzen, wenn man es darauf ankommen lässt, ohne Pause ihre Schusswaffen. Es ist praktisch undenkbar, einen Angriff ohne Energieverlust zu starten - von einem spannenden Gefecht ganz schweigen.
Erschwerend kommt, wie bereits angesprochen, noch hinzu, dass man in den späteren Level mit einem Gegneraufkommen zu kämpfen hat, dem kaum ein Spieler gewachsen sein wird. Das passt logischerweise gut ins Konzept: Wenn die Intelligenz fehlt, muss eine übermäßige Gegnerquantität diesen Lapsus kompensieren – von durchdachtem Spieldesign zeugt das nicht.
Auch der visuelle Bereich ist nicht fehlerfrei. So geht die Frame-Rate des Öfteren in die Knie (bei solch einem großen Gegneraufkommen kaum verwunderlich), Popups zieren den Horizont und bei näherer Betrachtung lassen sich auch hässliche Texturen (gerade bei den Bäumen) begutachten. Diesen Mängeln zum Trotz kann die grafische Darstellung dennoch überzeugen: Die detailreichen Charaktermodelle bewegen und transformieren sich elegant, die zahlreichen Explosionen verwandeln des Öfteren ganze Stadtteile in Lichtermeere, während die Regionen hübsch gestaltet und weiträumig gefasst sind.
Gut zur Atmosphäre tragen die realistischen Soundeffekte sowie die gute Synchronisationsarbeit bei, die im Kontrast zur größtenteils unauffälligen, teils pseudotheatralischen Musikuntermalung stehen. Hier wären ein paar aufgefrischte Melodien der Zeichentrickserie wünschenswert gewesen.
Während auf der technischen Schiene nur wenige Mankos hervorzuheben sind, kann das rasante, aber oft undurchdachte Gameplay nur selten die Action gekonnt in die richtige Richtung kanalisieren. Oft arten die Gefechte in unübersichtliche Verwüstungsschlachten aus, die häufig ungerecht, aber nur selten herausfordernd sind. Und während wahrhaft ein Bombast an Action und Krach geboten wird, schafft es das Gameplay nicht, simpelste Gängigkeiten akkurat umzusetzen. Fazit: Ab und zu ist weniger mehr. Wer in den dynamischen Action-Passagen den Überblick behält, darf sich wahrlich glücklich schätzen. Sehr viel mehr hat dieser Titel dann aber auch nicht zu bieten: Während die audiovisuelle Aufmachung voll in Ordnung geht, mangelt es dem Spiel offenkundig an Abwechselung, die leider auch durch Verfolgungsjagden und Objektsammlerei nicht gewährleistet wird. Die Zerstörungsorgien, die aufgrund unzähliger Gegner oft nicht nur unübersichtlich, sondern auch schlichtweg ungerecht sind, sorgen für ein paar sinnfreie Stunden Spielspaß, der Dank schlechter KI und schlechter Kameraführung allerdings schnell wieder abflaut.
Actionliebhaber und Jünger der Serie, die unzählige Extras zu ihren stählernen Lieblingen freischalten können, sollten dennoch einen Blick wagen.
Von Marian Wehmeier
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| Wertung für das Spiel Transformers: The Game | |
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| 7.3 | Grafik Hübsche Charaktermodelle, riesige Areale, Unmengen von Fahrzeugen und sehenswerten Explosionen treffen auf Ruckler, Popups und teils häßliche Texturen. | |
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| 6.9 | Sound Gute deutsche Synchronisation und nette Soundeffekte. Leider total belanglose und weitestgehend emotionslose Musik. | |
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| 6.5 | Steuerung Undurchdachte Kameraführung, ab und zu umständliche Tastenbelegung. Steuerung in den Rennspiel-Sequenzen unausgewogen. Insgesamt akzeptabel. | |
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| 6.5 | Gameplay Durchaus rasante Action und nette Missionen, aber wenig Abwechslung in den Kampfsequenzen und stupide Gegner. Oft ungerecht und unübersichtlich. | |
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| 6.9 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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