Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 05.08.2007
Er ist grün, hat wohlgenährte Bäckchen, war politisch ganz weit oben und lebt in einer Märchenwelt... Hey! Wer hat da Joschka Fischer gerufen? Von diesem Gedanken distanziere mich vehement! Gemeint ist selbstverständlich der populärste Vertreter der Gattung Menschenfresser oder auch Oger: Shrek, der kürzlich in sein drittes Leinwandabenteuer startete. Wie gewohnt darf bei einem großen, kinderkompatiblen Kinospektakel auch eine Versoftung für zig Systeme nicht fehlen und so kommt auch die Wii zu ihrer Version von Shrek der Dritte.
Beat it
Activisions aktueller Beitrag zum Wii-Portfolio gibt sich spielerisch klassisch. Experimente, wie bei Jagdfieber (Stealth) oder Der Tierisch Verrückte Bauernhof (Sandbox à la GTA), ging das Publisher-Schwergewicht nicht ein. Stattdessen wurde eines der beiden typischen Genre für diese Art von Spiel herangezogen: Kein Jump & Run, sondern Massengekloppe, ein wenig im Stile der alten Sidescrolling Beat ’em Ups, allerdings mit einer gewissen Prise Hüpfkost. Zumeist in der Rolle von Shrek lauft, springt und prügelt ihr, die Wiimote rüttelnd, durch 18 Level plus zwei weitere Level, die sich vom Rest des Spiels abheben. Zwar gibt sich die Grafik dabei dreidimensional, doch der Levelaufbau lässt kaum Freiheiten. So führt ein recht schmaler Pfad vorbei an zig Gegnern und einigen Abgründen, bis schließlich zumeist ein unspektakuläres Levelende ansteht.
Wie mittlerweile wohl bereits klar sein sollte, besteht Shrek der Dritte zum Großteil aus Gefechten mit Feinden, weswegen zu hoffen ist, dass die Kampfsteuerung zahlreiche Kniffe erlaubt und Kämpfe ein ums andere Mal spannend sind. Doch leider ist das Herzstück des Spiels arg limitiert und monoton. Ein Wiimote-Schwenk führt einen Schlag aus, mehrfache Bewegungen eine Combo, was zu wildem Gefuchtel führt. Alternativ lädt Nunchuck-Gestik einen besonders harten Schlag auf und Sprungattacken, mindestens eine Spezialattacke pro Charakter, sowie Abwehrhaltung versprechen Tiefgang. Tatsächlich laufen Kämpfe aber meistens gleich ab. Die meisten Feinde werden durch Treffer paralysiert, wodurch einfache Combos ausreichen, beziehungsweise gar die beste Methode darstellen. Seltene Gegner wie ein großgewachsener Zyklop teilen ihrerseits auch dann weiter aus, wenn sie selber Schaden einstecken. Dann wird es entweder Zeit für eine Spezialattacke oder für zahlreiche (immer gleiche) Angriffe aus der Luft um den feindlichen Attacken zu entgehen. Auch das arg simple Rang-System, das effektive, schnell aufeinander folgende Niederschläge belohnt, kann das Kampfsystem nicht retten.
Ansonsten werden gelegentlich Fernangriffe geblockt, rare rote Hexen aus der Ferne beworfen um sie verwundbar zu machen und der einzige echte Boss des Spiels auch mal kurz analysiert, bis man auch ihn routiniert ausschaltet. Nichts allzu aufregendes, leider. Im Laufe des Abenteuers wechselt sich Shrek mehrmals mit einigen Freunden ab, wie dem gestiefelten Kater, Dornröschen oder Fiona, was dank Doppelsprung des Katers oder Umgarnungs-Talent der schläfrigen Prinzessin Sprungpassagen und „Rätsel“ ein wenig modifiziert, insgesamt aber eher kosmetischer Natur ist. Am Kampfgeschehen ändert sich auch mit neuen Charakteren nichts, zumal die Spezialattacken nur selten einsetzbar sind.

Es könnt so einfach sein, ist es aber nicht - oder doch?
Ein wenig Abwechslung bringen äußerst simple Rätsel, gelegentliche Abgründe oder andere Geschicklichkeit erfordernde Hindernisse, was jedoch zum einen selten vorkommt und zum anderen durch die störrische Kamera nicht besonders vereinfacht wird. Mal ist eine Plattform partout nicht sichtbar, mal verschwindet Shrek mitsamt Feinden hinter einem Felsen. So können durchaus einige Tode gestorben werden, ohne, dass man das Gefühl hat, eine faire Chance gehabt zu haben. Das gleiche gilt für so manches Gefecht, in dem man plötzlich zwischen zwei Gegnern gefangen ist und dank permanentem Schlaghagel jegliche Kontrolle verliert. Diese unnötigen Tode sind zwar eher selten und lassen sich mit der Zeit vermeiden, wenn man diese Unzulänglichkeiten einzuschätzen weiß - nerven tun sie dennoch.
Trotz dieser möglichen Frustmomente spricht Shrek der Dritte eher Kinder und Gelegenheitszocker an, denn die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade reichen von unglaublich leicht zu „Da kann man schon mal das eine oder andere Leben lassen“. Außerdem gibt es kein Game Over. Nach jedem Tod startet der Spieler wieder am letzten der vielen Rücksetzpunkte und auch alles seitdem erreichte bleibt erhalten. Kurz vor dem Ableben ausgeschaltete Feinde etwa bleiben also auch erledigt. Erfahrenere Spieler halten sich an die Missionen: Jedes Level bietet bis zu fünf optionale Aufgaben, von denen die meisten durch simples Zerschlagen aller Objekte oder halbwegs gutes Kämpfen bewältigt werden können, doch manche erfordern vor allem höchsten Schwierigkeitsgrad mehr Geschick, wenn es etwa gilt, ein Level ohne Lebensverlust zu beenden oder drei Mal die Spezialenergie-Leiste komplett zu füllen.
Humor ist, wenn’s luschtig ist
Der Hauptgrund sich durch das Abenteuer des Ogers zu kämpfen, liegt weniger im Gameplay. Das ist zu limitiert und monoton, um das untere Mittelfeld zu verlassen. Was die Motivation oben halten kann, sind die Präsentation und der Humor. Optisch gibt sich Shrek der Dritte schwächer als etwa das über sechs Jahre alte Shrek auf der X-Box, doch der Sound und die häufig eingesetzte Sprachausgabe reißen das wieder heraus. Zwar kommen nicht die Originalsprecher des Films zum Einsatz, dafür machen ihre Ersatzleute einen fast durchweg professionellen Eindruck, bis auf ein, zwei Sprecher von unwichtigen Personen. Zudem klingen die Sprecher ihren Vorbildern sehr ähnlich, was sich etwa bei dem spanischen Akzent des gestiefelten Katers zeigt und immer wieder für Schmunzler sorgt. Auch die zahlreichen abwechslungsreichen Schauplätze, die der Story des Films folgen verlocken zu einem gewissen „Mal sehen, was als nächstes kommt“-Gefühl.
Gemäß der Vorlage darf der Humor nicht zu kurz kommen. Schlecht kostümierte Shrek-Imitate staksen durch das Königreich "Weit Weit Weg", Fionas Versuche Shrek etwas wichtiges zu erzählen, werden stets im unpassendsten Moment von einer Schiffsirene übertönt, etc. Nur manchmal mag ein Gag nicht zünden, was meist auf merkwürdige Entscheidungen der Schreiber zurückzuführen ist, etwa wenn Esel einige Piraten für Shreks Schiff-Mannschaft hält, Shrek ihn aufklärt und der Vierbeiner daraufhin erwidert „Sie können mich küssen!“ mit Betonung auf dem „mich“...
Besonders positiv hervorzuheben sind die grandiosen Zwischensequenzen im Stile eines Kasperletheaters. Was hier an Charme geboten wird, ist einmalig und darf gerne von anderen Spielen abgekupfert werden.
Gute Freunde kann niemand trennen
Eingangs erwähnte ich zwei besondere Level. In diesen erfrischend kreativen, spaßigen Stages kontrolliert der Spieler eine Ballista und ein Katapult, die geschickt eingesetzt werden wollen, um letztendlich sechs Türme einer Burg auseinander zu nehmen. Ein Aufrichten der Wiimote spannt die Waffen, lässt man sie herunterschnellen, kappt das quasi das Seil, wodurch ein Geschoss gen Burg gefeuert wird. Waffenwahl, Krafttarierung, Winkel und Bonusgeschosse machen aus diesen Abschnitten ein Highlight des Titels, nur bilden sie leider einen verschwindend geringen Anteil des Single Player-Modus. Wer einen Freund dazu überreden kann mitzuspielen, darf jedoch gegenseitig verschiedene Festungen fachgerecht zerlegen. Darüber hinaus bieten sich fünf weitere Minispiele sowohl für den einsamen als auch den geselligen Zocker an. Wirklicher Spaß kommt bei Zielschießen, Shuffleboard, Frogger-Klon und Co. dennoch kaum auf.
Fazit: Shrek der Dritte ist sicher nicht der schlechteste Software-Auftritt der Dreamworks Cashcow, doch gerade im Vergleich zu Titeln wie Ice Age 2, Cars und Der Tierisch Verrückte Bauernhof muss die Frage erlaubt sein, ob nicht mehr drin gewesen wäre. 16-Bit-Kloppereien wie Final Fight und Streets of Rage zeigen, wie langfristig motivierend das Genre sein kann, doch Shrek spielt sich schlicht zu simpel und bereits nach kurzer Zeit zu monoton, so dass Humor und Setting in die Bresche springen müssen. Junge Gelegenheitszocker und Fans des Films können den Blick in einen Videothek ihres Vertrauens wagen oder warten, bis sie dieses mittelmäßige Stück Wii-Software zu einem günstigen Preis ergattern.
Von Burkhart von Klitzing
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| Wertung für das Spiel Shrek der Dritte | |
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| 6.0 | Grafik Nicht furchtbar, aber furchtbar durchschnittlich. Würde nicht einmal den GameCube an seine Grenzen bringen. | |
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| 8.3 | Sound Zumeist sehr gute Sprachausgabe, klasse Sounds, gute Musik. | |
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| 6.7 | Steuerung Prinzipiell intuitiv, doch kleine Dinge (z.B. nicht abbrechbare Combos) stören. | |
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| 5.9 | Gameplay Die Abwechslung fehlt. Bis auf die Burgzerstörungen wiederholt sich alles immer und immer wieder. | |
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| 6.1 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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