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Review von Andreas Held (mail) | 03.10.2012
Inazuma Eleven wurde von Nintendo und Level-5 erfolgreich zu einem großen Franchise herangezüchtet. Was mit einem Fußball-RPG auf dem DS begann, hat mittlerweile neben zahlreichen Nachfolgern auch eine Anime-Serie und mehrere Filme hervorgebracht, in denen sich die Charaktere in bester Anime-Manier die Bälle um die Ohren hauen, um irgendwann vielleicht in die Fußstapfen von Tsubasa Ozora treten zu können. Auch auf Nintendo Wii ist die Serie mittlerweile vertreten. Lediglich das Lokalisieren der Spiele läuft bei Nintendo alles andere als rund: Die DS-Spiele tröpfeln sehr schwerfällig nach Europa, das wenig fußballbegeisterte Amerika schaut ohnehin in die Röhre. Auch der Europa-Release des Wii-Spiels hat sich über ein Jahr lang verzögert - und während in Japan schon der dritte Teil von Inazuma Eleven Strikers in den Startlöchern steht, bekommt Europa nun erst mal das Pilotprojekt der Spinoff-Serie. Ob das Spiel überhaupt eine Chance hat, gegen FIFA und Mario Strikers zu bestehen, klären wir in unserem Test.
Mehr Fußball, weniger Drumherum
Wer Inazuma Eleven Strikers in seine Wii einlegt, wird zunächst einmal feststellen, dass der RPG-Anteil aus den DS-Spielen komplett gestrichen wurde. Verkehrte Welt also: Während auf der tragbaren Konsole ein Spiel mit vergleichsweise viel Tiefgang angeboten wird, bekommt das stationäre Gegenstück eher leichte Software-Kost, die vor allem auf den Multiplayer-Modus ausgelegt ist. Dafür übernehmt ihr diesmal die direkte Kontrolle über euer Team, statt - wie auf dem DS - nur taktische Kommandos zu geben. Der Wii-Ableger der Inazuma-Franchise ist also eher mit Titeln wie Mario Strikers Charged oder Sega Soccer Slam zu vergleichen.

Entsprechend abgespeckt ist auch der Einzelspielermodus. Neben Freundschaftsspielen und Turnieren gibt es hier das Clubhaus, welches das Kernstück des Spiels darstellen soll, aber auch nicht viel mehr bietet als eine Serie von neun Spielen, die nacheinander gewonnen werden müssen. Habt ihr ein Team besiegt, könnt ihr mit einer Ingame-Währung deren Spieler kaufen, um eure eigene Truppe zu verstärken. Außerdem könnt ihr in Freundschaftsspielen und Minispielen eure Spieler trainieren, Items kaufen, die während der Spiele eingesetzt werden können, und einige taktische Vorkehrungen treffen. Nach wenigen Stunden sind alle neun Spiele gewonnen, der Abspann flimmert über den Bildschirm und es bleibt neben einer frustrierenden Bonusmeisterschaft (da ihr nach jeder Niederlage im extrem schweren Finalspiel die beiden leichteren Vorrundenspiele wiederholen müsst) nur der Multiplayer-Modus. Immerhin könnt ihr euer selbst erstelltes Team auf eine Wii-Remote kopieren und mit zu einem Freund nehmen, um dort gegen sein Team anzutreten. Einen Online-Modus gibt es nicht.
So kompakt wie sich dieser Spielmodus auch präsentiert, er enthält einige Macken. Insgesamt werden euch fast 200 Spieler angezeigt, die ihr anwerben könnt - das ist aber eine ziemliche Mogelpackung, da die meisten Charaktere mehrmals in verschiedenen Teams spielen und dabei jedes Mal als eine neue Figur gezählt werden. Dadurch wird es sogar möglich, mehrere Kopien des selben Spielers anzuwerben und gleichzeitig an verschiedenen Positionen für die eigene Mannschaft spielen zu lassen. Außerdem bleibt unklar, ob die Freundschftsspiele und Trainingssitzungen wirklich spürbare Auswirkungen haben. Zwar erscheint nach einem gewonnenen Spiel ab und zu die Meldung "Pow Up!" neben einem Spieler, es bleibt aber völlig unklar, was uns das Spiel damit sagen will. Beobachtet man vorher und nachher die Statuswerte der (angeblich) aufgewerteten Spieler, ist jedenfalls kein Unterschied feststellbar. Diese schlechte Kommunikation mit dem Spieler ist generell einer der Hauptkritikpunkte von Inazuma Eleven Strikers.
Auf dem Rasen
Inazuma Eleven Strikers ist kein realistisches Fussballspiel, aber das würde auch niemand erwarten. Das Spiel gibt euch trotzdem die Möglichkeit, fortgeschrittene Spielzüge auszuführen und einem Spieler den Ball in den Lauf zu passen oder von der Seite aus in den Strafraum zu flanken, wo ein Stürmer der Ball per Fallrückzieher in Richtung Tor befördern kann. Diese Spielzüge führen jedoch grundsätzlich nie zum Torerfolg, sodass man sich fragen muss, warum sie von den Entwicklern überhaupt eingebaut wurden. Um Tore zu schießen, müsst ihr die Spezialfähigkeiten der Spieler in Form von Superschüssen einsetzen. Ohne Superschüsse keine Tore.

Um einen Superschuss auszuführen, müsst ihr zunächst die Schusstaste gedrückt halten, um diesen aufzuladen. Dabei könnt ihr euch weiterhin frei bewegen und müsst gegnerischen Verteidigern ausweichen, die ihrerseits Spezialtechniken einsetzen können, um euch den Ball wieder abzunehmen. Wurde der Schuss abgefeuert, wählt der gegnerische Torhüter eine Verteidigungstechnik. Danach seht ihr in einer Sequenz, wie der Superschuss und die Abwehrtechnik des Torwarts gegeneinander eingesetzt werden. Wie das Spiel nun genau feststellt, ob der Ball ins Tor trifft oder gehalten wird, bleibt ebenfalls völlig unklar. Laut Spielanleitung gibt es mehrere Faktoren, die in diese Entscheidung einfließen - wie stark sich diese im Einzelnen auswirken, und warum genau ein Ball nun abgewehrt wurde oder ins Tor traf, wird man als Spieler jedoch nie erfahren. Einer der wichtigsten Einflüsse ist jedoch ohnehin, ob der Schuss von einem menschlichen Spieler oder von der KI abgegeben wurde, denn das von der CPU gesteuerte Team wird in diesen Duellen immer stark bevorteilt. Das ist vor allem deshalb bedenklich, weil sich der Titel eigentlich klar an eine jüngere Zielgruppe richtet – und gerade Kinder haben keine Geduld für ein Spiel, in dem gefühlte Zufallsentscheidungen ständig zu Gunsten der KI entschieden werden.
Das alles bedeutet aber nicht, dass der Spielausgang in Inazuma Eleven Strikers ein reines Zufallsprodukt ist. Man muss sich gut bewegen, um Superschüsse wirklich aufladen zu können und kann durch eine gute Verteidigung verhindern, Angriffe auf das eigene Tor zu bekommen. Die Torhüter können ihre Techniken außerdem nicht unbegrenzt einsetzen, sodass sie irgendwann im wahrsten Sinne des Wortes ins Schwitzen kommen und dann eher mal einen Ball durchlassen. Wer es schafft, die eigenen Stürmer häufig freizuspielen und das gegnerische Tor konstant zu beharken, hat also deutlich höhere Chancen auf einen Torerfolg. Diese Faktoren sorgen, zusammen mit dem angenehm fordernden Schwierigkeitsgrad, für einige hitzige und spannende Duelle. Es wäre definitiv eine Lüge, zu behaupten, dass Inazuma Eleven Strikers keinen Spaß macht.
Mäßige technische Umsetzung
Davon, ein perfektes Spiel zu sein, ist der Titel jedoch trotzdem weit entfernt. Zu dem untransparenten Spieldesign gesellen sich einige weitere Mängel, die vor allem die technische Seite des Spiels betreffen. Hier fällt hauptsächlich die Steuerung negativ auf. Die geht eigentlich leicht von der Hand, alle Knöpfe reagieren und tun immer das, was sie sollen. Ab und zu gibt es jedoch einige Ungereimtheiten. Häufig kommt es vor, dass ihr beim Verteidigen auf die L-Taste drückt, um einen anderen Spieler steuern zu können, und euch das Spiel einen Athleten zuweist, der irgendwo an der Seitenlinie steht. Währenddessen läuft einer eurer Mannschaftskameraden neben dem ballführenden Gegner her, der gerade seinen Superschuss auflädt – und er ist derjenige, den ihr eigentlich steuern wolltet, aber einfach nicht zugewiesen bekommt. Auch beim Passen passiert es gelegentlich, das nicht der Spieler angespielt wird, den ihr im Sinn hattet. Sowas kommt in den großen, aktuellen Fußball-Titeln eigentlich nicht mehr vor, da sie einfach besser programmiert sind. Besonders ärgerlich wird es, wenn ihr den Ball zu einem Stürmer passen wollt, der danach einen Superschuss abfeuern könnte, das Spiel aus eurem Pass jedoch eine Flanke macht, die der Stürmer dann mit einem Volleyschuss annimmt. Da solche Aktionen nie zu einem Torerfolg führen, wird dem gegnerischen Team der Ball geschenkt und eure Chance, per Superschuss ein Tor zu erzielen, ist vorerst vertan.

Ein weiteres Ärgernis sind die Sequenzen, die bei jedem Einsatz einer Spezialfertigkeit abgespielt werden. Diese dauern zwar nur einige Sekunden, aber gerade gegen Ende des Karrieremodus, wenn wirklich jeder Spieler eine oder mehrere Fertigkeiten beherrscht, hemmen sie enorm den Spielfluss. Eine Option, diese Sequenzen abzustellen, hätte dem Spiel extrem gut getan. Einen Schiedsrichter gibt es übrigens auch, aber der hat eher die Rolle eines Statisten. Überhaupt wirkt es wie eine Farce, wenn Spieler ungestraft mit Bomben ihre Gegner in die Luft sprengen oder riesige Füße beschwören, welche die Kontrahenten zertrampeln, aber gleichzeitig eine einfache Grätsche als Foul geahndet wird. Extrem selten kommt es dann zu Freistößen oder Eckbällen. Wie bereits erwähnt ist es jedoch unmöglich, mit allem, was kein Superschuss ist, ein Tor zu erzielen – und das gilt auch für Standardsituationen. Wozu gibt es dann überhaupt Standardsituationen?
Die Grafik von Inazuma Eleven Strikers ist eher zweckmäßig. Es gibt einige Details zu sehen, die Charaktere sind größtenteils gut gestaltet, die Animationen zu den Spezialattacken sind zahlreich, und das Spiel läuft immer flüssig. Letztendlich gibt es aber nichts zu sehen, was nicht auch der Gamecube geschafft hätte. Die Musik ist ähnlich belanglos, lediglich im Clubhaus gibt es eine sehr angenehme Melodie zu hören. Die Sprachausgabe ist dagegen absolut störend, da der Kommentator lediglich ein paar kurze Einzeiler beherrscht, welche sich fast sofort wiederholen. Die deutsche Sprachausgabe befindet sich auf dem Niveau, welches man von Anime-Eindeutschungen, die Nachmittags auf RTL II laufen, gewohnt ist.Fazit: Man kann Inazuma Eleven Strikers nicht vorwerfen, dass es langweilig sei oder keinen Spaß mache. Das hohe Spieltempo und die Intensität der Begegnungen lassen nämlich durchaus etwas Spielfreude aufkeimen. Es bleibt aber auch die Beobachtung, dass der Wii-Titel objektiv betrachtet kein wirklich gutes Spiel ist. Dazu gibt es einfach zu viele Ungereimtheiten im Spieldesign, die von der zweckmäßigen Technik und dem mauen Umfang nicht ausgeglichen werden können. Inazuma Eleven Strikers ist ganz einfach ein normales Lizenzspiel, das im Windschatten der erfolgreichen DS-Serie und des Animes etwas Geld in die Portokassen von Nintendo und Level-5 spülen soll. Ohne die Lizenz, das starke Marketing oder die bekannten Entwicklernamen würde sich wohl kaum jemand für Inazuma Eleven Strikers interessieren, geschweige denn überhaupt darüber nachdenken, den Vollpreis für diesen Titel zu bezahlen. Wer ein ernsthaftes Fußballspiel will, greift zu Pro Evolutuion Soccer oder FIFA, und wer ein Partyspiel braucht, greift zu Mario Strikers – vorzugsweise zur Gamecube-Version. Somit sind Fans der Serie die einzige Zielgruppe des Wii-Serienablegers, aber zumindest diese sollten aufgrund der durchaus vorhandenen positiven Aspekte zufrieden mit dem Titel sein.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel Inazuma Eleven Strikers | |
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| 7.0 | Grafik Detaillierte und flüssige Optik, die jedoch nicht annähernd die Fähigkeiten der Wii-Konsole ausnutzt. | |
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| 7.0 | Sound Belanglose bis schöne Musik trifft auf einen nervigen Kommentator. | |
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| 6.5 | Steuerung Das Steuern der Spieler geht leicht von der Hand, bei einigen Spielzügen gibt es jedoch klare Unzulänglichkeiten in der Bedienung des Spiels. | |
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| 6.0 | Gameplay Ein seichtes Fußballspiel mit sehr magerem Umfang und einigen Fehlern im Spieldesign. Nur für Fans der Serie interessant. | |
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| 6.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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Review: Inazuma Eleven Strikers
HerstellerNintendo
GenreFussball
VersionPAL
Controller-VoraussetzungWii-Remote, Nunchuk oder Classic Controller
Spieler1-4
SchwierigkeitsgradMittel
Altersempfehlung
Ab 6 Jahren
60-Hz Modus
Ja
480p Modus
Ja
Widescreen Modus
Ja
DS Connectivity
Nein
Dolby Pro Logic II
Nein
Wifi-Connection
Nein
WiiConnect24 Support
Nein
Releaseerschienen
Preis (€)49,99
Innovationsfaktor
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