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Project Zero 2: Wii Edition
Review von Andreas Held (mail) | 03.10.2012
Nintendo of Europe hat es mittlerweile geschafft, einige Pluspunkte bei seinen Fans zu sammeln. Mit Xenoblade, The Last Story und Pandora's Tower wurden gleich drei viel gewünschte Titel nach Europa gebracht, die sonst wohl in Japan geblieben wären. Auf ein Spiel warten Fans jedoch weiterhin vergeblich: Project Zero 4 blieb dem Großteil aller Wii-Besitzer verwährt. Statt die Lücke zwischen den letzten großen Wii-Releases und dem Release von Wii U mit diesem Spiel zu füllen, bringt Nintendo stattdessen die Wii-Edition von Project Zero 2 nach Europa, welches 2003 für die PS2 und ein Jahr später in einer Director's Cut-Fassung für die Xbox erschienen ist. Wir haben unter die Lupe genommen, ob das Spiel auch heute noch seinem Ruf als "Scariest Game Ever" gerecht wird und mit welchen Mitteln die Entwickler versuchen, euch davon zu überzeugen, den Vollpreis für ein neun Jahre altes Spiel zu zahlen.

Atmosphäre hui

Als Horror-Spiel versucht es Project Zero II natürlich, die Spieler vor allem mit seiner Atmosphäre zu überzeugen. Die Handlung dreht sich um zwei Junge Japanerinnen, die beim Spielen im Wald von roten Schmetterlingen überrascht werden. Während die Hauptfigur Mio nicht von ihnen beeinflusst wird, fällt ihre Zwillingsschwester Mayu in eine Art Trance und läuft den Schmetterlingen hinterher. Mio sucht ihre Schwester, und findet sie kurz darauf bei völliger Dunkelheit in einem Dorf wieder. Recht schnell finden die beiden heraus, dass dieses Dorf bei einem Fest einfach verschwunden ist und stoplern außerdem über die Aufzeichnungen von Menschen, die schon vor ihnen in dieses Dorf kamen und es nicht mehr verlassen konnten. Mit diesen Mysterien, die es aufzuklären gilt, legt das Spiel den Grundstein für eine packende Atmosphäre.



Generell ist Project Zero eines der wenigen Horrorspiele, welches wirklich Klasse hat. Statt auf billige Schockmomente zu setzen, bei denen man sich eher aufgrund eines lauten Geräuschs erschreckt, versucht es, den Spieler über seine Atmosphäre zu packen. Der Titel schickt die Hauptfigur, und somit den Spieler, mit einem gemächlichen Tempo ins Ungewisse - und überall könnte man auf das nächste übernatürliche Phänomen treffen. Schockmomente sorgen eher für eine Gänsehaut als ein plötzliches Zusammenzucken. Auch das Setting des Spiels, das kleine japanische Bergdorf mit seinem traditionellen Architekturstil, veralteter Technologie und zahlreichen begehbaren Gebäuden, welches von Geistern bevölkert wird, unterstreicht die Atmosphäre des Spiels. Was hier auf die Beine gestellt wurde, ist wirklich weltklasse. Möglicherweise ist Project Zero 2 in diesem Bereich sogar das beste Spiel seiner Art.

Gameplay pf...erbesserungswürdig
Survival-Horror-Spiele sind allgemein bekannt dafür, eher schwaches Gameplay zu liefern. Resident Evil zog früher wegen seiner steifen Steuerung und heute wegen seines verkappten Shooter-Gameplays einige Kritik auf sich, und auch Totalausfälle wie Amy oder das Reboot von Alone in the Dark gibt es in diesem Genre gefühlt sehr viel häufiger, als anderswo. Project Zero tappt auch in diese Falle, zeigt aber zumindest guten Willen.

Eines der Markenzeichen der Serie ist die Camera Obscura, die in diesem Spiel als Waffe gilt. Geister könnt ihr meist nur durch den Sucher der Kamera sehen, und um sie zu verletzen, müsst ihr sie fotographieren. Project Zero erinnert dabei sehr entfernt an einen Ego-Shooter, denn das Zielen mit der Kamera und das Drücken des Auslösers gleicht irgendwie dem Zielen mit einer Waffe un dem Drücken des Abzugs. Auch sonst ist eine eindeutige Inspiration erkennbar: Die Kamera lässt sich verbessern, ihr findet während des Spielens regelmäßig “Munition” in Form von Filmrollen und müsst nach jedem Bild die Kamera “nachladen”.

Trotzdem sorgt Project Zero 2 zumindest zu Beginn für ein absolut einzigartiges Spielerlabnis. Die schemenhaften Geister, welche euch attackieren, das skurille HUD der Kamera und das langsame Tempo ziehen euch vor allem im ersten Kampf des Spiels in eine andere Welt. Dieser erste Eindruck verfliegt jedoch sehr schnell, da Geister im weiteren Verlauf des Spiels zu häufig auftauchen. Dann wird die gemächliche Spielgeschwindigkeit zu einem Fluch und die Spielatmosphäre verliert ihre Wirkung. Wenn dann noch mehrere Gegnerwellen am selben Ort auftauchen, die man wie am Fließband abarbeiten muss, kommt sogar echte Langeweile auf. Was die Anzahl der Gegner betrifft, wäre bei diesem Spiel weniger sehr viel mehr gewesen.



Auch sonst bewegt sich der Titel auf durchschnittlichem Niveau. Project Zero 2 gibt sich als Adventure und schickt euch vorzugsweise mit vagen Hinweisen auf Suchaufgaben. Durch das tolle Setting und die Tatsache, dass es einige versteckte Items zu entdecken gibt, wird dieser Teil des Spiels jedoch aufgewertet. Weniger schön sind eine Klöpse im Spieldesign, z.B. in Form einer Apparatur, die im Rahmen des Spielverlaufs irgendwann erscheint, mit der man aus irgendeinem Grund jedoch nicht interagieren kann, obwohl sie für den Spielfortschritt essentiell ist. Über die Lösung für dieses Problem wird man, wenn überhaupt, nur durch Zufall stoßen – oder in einem FAQ.

Haarsträubende Wii-Anpassung
Wie der Zusatz “Wii-Edition” im Titel schon vermuten lässt, hat Project Zero 2 einige Wii-Anpassungen erfahren. Diese wurden jedoch offenbar vorgenommen, indem einfach die aktuelle Marktsituation analysiert wurde – ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob die Änderungen in diesem Fall überhaupt sinnvoll sind.

Somit ist eine der Neuerungen, unausweichlich, viel Bewegungssteuerung. Nachdem wir das Kampfsystem schon vorher mit einem First-Person-Shooter verglichen haben, wäre eine Pointersteuerung eigentlich wie gemacht wie das Kampfsystem. Doch stattdessen, vielleicht weil es weniger Arbeit ist, werden die Neigungssensoren der Wii-Remote als Analogstickersatz verwendet. Mit anderen Worten: Ihr neigt die Remote nach links, rechts, oben oder unten, um das Fadenkreuz in die entsprechende Richtung zu bewegen. Das ist nicht nur unintuitiv und fummelig, sondern obendrein regelrecht stupide, da die angesprochene Pointersteuerung eine sehr offensichtliche und ungleich bessere Lösung gewesen wäre. Fast noch schlimmer ist die Tatsache, dass ihr, wenn die Hauptfigur von einem Geist gepackt wird, mit der Wii-Remote herumwedeln müsst, um euch wieder zu befreien. Eine derartige Fuchtelsteuerung ist vielleicht für ein Partyspiel ganz lustig, aber in einem ernsthaften Horror-Adventure, wie Project Zero es sein soll, zerstört es die Atmosphäre. Zu allem Überdruß wird der Classic Controller nicht unterstützt, sodass die durchwachsene Steuerung mit Wii-Remote und Nunchuk die einzige Option ist.

Die Wii-Edition bekam auch einige Bonusinhalte spendiert – und dabei handelt es sich, wie soll es auch anders sein, um Minispiele. Im Geisterhaus-Modus lauft ihr auf Schienen durch kurze, zufallsgenerierte Level und müsst bestimmte Aktionen ausführen, um möglichst viele Punkte zu sammeln. Hier gibt es immerhin eine nette Idee, welche erwähnenswert ist: In einer der Herausforderung versucht das Spiel, euch zu erschrecken, während ihr die Controller möglichst ruhig in der Hand halten müsst. Das Konzept klingt, als sei es für den Vitality Sensor entwickelt worden. Bei der netten Idee bleibt es aber, denn auch dieser Modus wird nach wenigen Minuten langweilig.



Project Zero 2 spielte sich in seiner Originalfassung wie einer der alten Resident-Evil-Teile; die Director's Cut-Fassung auf der Xbox verlagerte das komplette Spiel in die Ego-Perspektive. Die Wii-Edition geht einen Mittelweg und verlagert das Spiel in eine 3rd-Person-Perspektive, wie man sie aus Resident Evil 4 und 5 kennt. Da die Kamera der Spielfigur nun deutlich häufiger und deutlich näher auf den Leib rückt, wurden Mio und Mayu runderneuerte, Next-Gen-taugliche Charaktermodelle verpasst. Diese überarbeiteten Charaktermodelle stellen dann auch die einzige echte Verbesserung in diesem Remake dar, denn hier haben sich die Entwickler ausnahmsweise wirklich Mühe gegeben und viel Liebe zum Detail bewiesen. Die japanischen Zwillingsschwestern bieten einen angenehmen Kontrast zu der ausladenden, düsteren Welt des Spiels – leider stechen sie auch grafisch aus dem Rest der Spielwelt heraus, da der komplette Rest der Optik auf dem PS2-Niveau von vor neun Jahren belassen wurde.

Selbst beim Sound gibt es Ecken und Kanten in der Wii-Anpassung. In dem japanischen Dorf könnt ihr ab und zu magische Steine finden, welche Stimmen aufgezeichnet haben, die sich über ein Radio abspielen lassen. Die Aufzeichnungen werden dabei über den Wii-Lautsprecher wiedergegeben. An sich eine nette Idee, aber die Entwickler haben vergessen, das Audio-Signal zum Fernseher zurückzusteuern, wenn der Lautsprecher der Wii-Remote ausgeschaltet ist. In diesem Fall sitzt man dann in völliger Stille vor dem Fernseher, liest die Untertitel und fragt sich, ob man eine fehlerhafte Version des Spiels erwischt hat. Das ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber symptomatisch für die insgesamt hastige, teils lieblose und eilig entwickelte Wii-Anpassung. Aber auch sonst ist Project Zero 2 ein sehr leises Spiel, was der Atmosphäre oft nicht gut tut, da man selbst beim Spielen mit Kopfhörern oft von Nebengeräuschen gestört wird, die einen daran erinnern, dass man gerade lediglich zu Hause vor seinem Fernseher sitzt und nicht vollständig in die Spielwelt eingetaucht ist.

Fazit:
Die Wii-Edition von Project Zero 2 bewerten zu müssen, ist eine undankbare und eigentlich unmögliche Aufgabe. Gibt man dem Titel aufgrund der sehr mäßigen Wii-Anpassung eine niedrige Wertung, entsteht der Eindruck, dass Project Zero 2 insgesamt ein schlechtes Spiel ist. Das ist aber definitiv nicht der Fall: Die geniale Atmosphäre gleicht das durchschnittliche Gameplay mühelos aus, sodass der Horror-Titel von Fans zu Recht als einer der besten Vertreter dieses Genres angesehen wird. Auf der anderen Seite ist die Wii-Edition aufgrund der wirklich schlechten Bewegungssteuerung in den Kämpfen insgesamt ein Rückschritt im Vergleich zur neun Jahre alten Originalfassung. Außerdem ist es mehr als fragwürdig von Nintendo, den Titel zum Vollpreis in die Regale zu stellen, während nebenan Sony ganze Trilogien aus Last-Generation-Titeln, die obendrein mit HD-Texturen komplett neu gestaltet wurden, für 39 Euro in die Läden stellt. Überhaupt muss man sich darüber wundern, dass Nintendo Ressourcen in die Entwicklung dieses Ports investiert hat, wenn der vierte Teil der Serie, welcher exklusiv für Wii erschien, bisher nur etwa 1,8% der Weltbevölkerung zugänglich ist. Europäer, die Project Zero 2 spielen wollen, können stattdessen zur Xbox-Version greifen, welche günstiger zu haben und in allen Bereichen der Wii-Edition überlegen ist und problemlos auf einer Xbox 360 abgespielt werden kann. Wer trotz all dieser Tatsachen zur Wii-Version greift, bekommt aber immer noch ein gutes Spiel für sein Geld.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Project Zero 2: Wii Edition
Wertungen Beschreibung
6.0Grafik
Überarbeitete Charaktermodelle für die Hauptfiguren können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Rest des Spiels in veralteter PS2-Optik präsentiert.
7.0Sound
Project Zero 2 setzt auf eine atmosphärische, aber insgesamt sehr stille Soundkulisse.
5.0Steuerung
Die Bewegungssteuerung ist nicht nur unintuitiv und dem Spiel hinderlich, sondern regelrecht unsinnig. Somit werden Kämpfe oft zu einem Ärgernis.
8.0Gameplay
Langsame Kämpfe und Suchaufgaben sind bestenfalls Durchschnitt, doch die Story und vor allem die geniale Atmosphäre können voll überzeugen.
7.5Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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