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PokéPark 2 - Die Dimension der Wünsche
Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 02.04.2012

Früher war alles besser. Das ist ein bekanntes Klischee, doch wie sieht es aus mit „Früher war alles mehr“? Grammatikalisch mag das kompletter Unsinn sein, doch bezogen auf Sequels auf Nintendo-Konsolen steckt da einiges an Wahrheit drin. Während früher etwa Mega Man auf dem NES noch durch satte sechs Spiele hüpfen durfte, so herrschen auf der Wii die Doppeltäter vor. Super Mario Galaxy, Zelda, Brothers in Arms, Trauma Center, Kirby, Wii Sports, Mario Party, Resident Evil Chronicles, The Conduit, Crash Bandicoot, de Blob, Epic Mickey...dies sind nur einige Beispiele für Doppelpacks auf der Wii. Alles darüber hinaus ist dagegen Mangelware. Woran auch immer das liegen mag, Fans von PokéPark (einige muss es ja doch gegeben haben) dürfen sich jedenfalls kurz vor Ende der Wii-Ära darüber freuen, Pikachu und seinen Freunden ein zweites Mal zur Seite stehen zu können. Besser noch: Dank diverser Verbesserungen lohnt sich der Parkbesuch sogar für ehemalige Verweigerer.

Wenn die Pokémon kein Brot haben, sollen sie Kuchen essen!
Die Story und die Atmosphäre schwanken zwischen dem gewohnten Zuckerschock und stellenweise ungewohntem Ernst, was wohl auch die Einstufung der USK ab 6 Jahren (Vorgänger: Alle Altersstufen) erklärt. Das putzige Rotbäckchen sieht einem sonnigen Tag mit seinem Freund Plinfa im Hafengebiet des PokéParks entgegen, als Rokkaiman ein verführerisches Angebot macht: Für nur zehn Beeren öffnet sich ein Portal in den sogenannten Wunschpark, eine alternative Dimension voller Spaß, Spiele und vor allem endlosen Kuchenbergen. Selbst die Landschaften dort scheinen aus frei schwebenden Kuchen zu bestehen! Doch schnell stellt sich heraus, dass hier natürlich etwas nicht stimmen kann. Alle Besucher verwandeln sich in zwar glückliche, aber auch willenlose, Kuchen mampfende Zombies, und auch Pikachu gelingt nur knapp die Flucht zurück ins grüne Idyll, während Plinfa von den großen, schwarzen Pranken eines mysteriösen Wesens zurückgehalten wird. Wenn das Schicksal des blauen Vögelchens schließlich die nächsten Stunden ungewiss bleibt, sind die ersten kleinen Schäden an der Kinderseele beinahe schon vorprogrammiert, zumal die Musik ihr übriges tut, die unheimliche Stimmung zu verstärken.


Abgesehen von diesen gelegentlichen Abstechern in etwas düstere Story-Breiten bleibt das Spiel aber doch der kinderfreundlichen Linie der Pokémon weitestgehend treu. Die meisten Areale sind freundlich-hell gehalten, die hypnotisierten Kreaturen kommen natürlich wieder zu Sinnen und sogar so mancher vermeintlicher Bösewicht entpuppt sich bald als guter Freund. Insgesamt ist die Geschichte von Teil 2 ein gutes Stück interessanter und vielschichtiger als noch im Erstling und auch audiovisuell haben die Entwickler einen ordentlichen Schritt in die richtige Richtung gemacht, ohne das grundlegende Technikgerüst groß zu verändern. Die meisten Texturen geraten aus direkter Nähe arg verwaschen, dafür steckt in den Arealen viel Liebe, die Effekte besonders im Kampf müssen sich vor kaum einem anderen Titel verstecken und der Abwechslungsreichtum hat merklich zugenommen. Ähnliches trifft auf die Musik zu, die das Geschehen immer passend unterlegt, sei es mit sphärischen Klängen in dunklen Momenten, mit Zelda-Anleihen am Hafen oder Jazz und Anime-typischem Rock während der Kämpfe.

Haste ma ne Beere?
Dem Vorgänger attestierten wir noch, dass er als reines Spiel eher durchwachsen sei und dass er insbesondere von seinem Drumherum, von dem gelungenen Design eines großen, relativ frei erkundbaren Abenteuerspielplatzes voller umherwuselnder Pokémon, lebe. Offensichtlich nahm sich Entwickler Creatures Inc die Kritik zu Herzen und besserte praktisch alle Mängel aus, ohne dabei das Erlebnis einer groß angelegten Erkundungstour zu schmälern.


Wie gehabt flattern, schwimmen, graben, rollen und laufen thematisch passende Pokémon durch die Szenarien, zoffen sich oder spielen untereinander und warten nur darauf, Freundschaft mit dem Spieler zu schließen. Reduzierte sich das Anfreunden vormals meist auf ein kurzes Fangen-Spiel oder recht gleichförmige Kämpfe, so fährt Teil 2 hier einiges mehr auf. Eine Gruppe Krebscorps etwa bildet einen Parcours, der innerhalb eines Zeitlimits sicher durchquert werden will. Felilou stibitzt plötzlich 100 Beeren, die natürlich zurückerobert werden müssen. Einige Pokémon verstecken sich, bis man sich mit dem passenden Item in den Pfoten nähert. Allgemein schleppt Pikachu viel öfter Gegenstände mit sich herum, seien es verfaulte Beeren, Kuscheltiere, Bälle, Edelsteine oder die Dutzenden Handelsgüter in seinem großen Inventar. Überall findet sich Unscheinbares wie Fächer, Motoren und Schirme in verstreuten Schatzkisten. Gelegentlich werden andere Pokémon nach bestimmten Dingen fragen und sie gegen ordentliche Summen an Beeren (nach wie vor das Zahlmittel), ihre Freundschaft oder andere Belohnungen eintauschen. Auch mehrstufige Begegnungen sind nun möglich, wenn etwa ein Kampf direkt auf ein Rennen folgt. Dabei fühlt sich die Welt ein gutes Stück natürlicher und auch interessanter an, da nun versteckte Ecken und mehr Interaktion mit der Umgebung locken.

Vier Pokémon für ein Halleluja
Für zusätzliche Abwechslung sorgen die drei Starterpokémon der fünften Generation, die sich Pikachu nach und nach anschließen und fortan jederzeit spielbar sind. Ottaro etwa stürzt sich munter (und putzig in Rückenlage, eben wie ein Otter) in das kühle Nass, während Serpifeu höher gelegene Abschnitte erreichen kann. Besondere Geschicklichkeitsübungen in Form von 2D-Jump 'n Run-Abschnitten verlangen auch mal geschickte Pokémon-Wechsel unter (leichtem) Zeitdruck, wenn beispielsweise ein Fahrstuhl erst nach einer Elektrobehandlung durch Pikachu den Weg auf ein dahinter liegendes Schwimmbecken preisgibt.


Auch beim Kampfsystem hat sich einiges getan, was nicht nur an den unterschiedlichen Attacken der vier spielbaren Kreaturen liegt. Während alle über den gleichen Tackle verfügen und sich auch Elektroschock und Aquaknarre kaum voneinander unterscheiden, so unterliegt beispielsweise Pikachus Eisenschweif Ottaros Kalkklinge in der Reichweite, lässt sich dafür aber schneller nutzen. Auch die Elemente der Kämpfer spielen nun wie bei den Rollenspielen eine große Rolle, Pikachu beißt sich an an der Boden-Eigenschaft von Rokkaiman die Zähne aus und muss sich auf Eisenschweif und Tackle verlassen, während Wasserpokémon binnen weniger Sekunden bedient sind. Neben den altbekannten Einzelduellen stehen diesmal auch regelmäßig Bossduelle und Kämpfe gegen mehrere Feinde an, die in abgegrenzten Arenen stattfinden und dank herauszoomender Kamera nie den nötigen Überblick vermissen lassen. Einen weiteren großen Schritt in die richtige Richtung markiert indes der Wandel der Lebensenergieanzeige weg von unflexiblen, da wenigen Lebenspunkten, hin zu einer Leiste, die starke und schwache Treffer entsprechend berücksichtigt. Darüber hinaus wirft nun nicht mehr jeder Lufthauch den Spieler um, sondern nur noch besonders effektive Treffer, was eine potentielle Frustquelle des Vorgängers versiegen lässt.

Steuererklärung
Um von vornherein keine unerfüllten Hoffnungen aufkeimen zu lassen: Nein, das Nunchuk wird unverständlicherweise wieder nicht unterstützt, aber die Steuerung gibt sich dennoch um einiges runder, was etwa an dem geringeren Wendekreis liegt. Im vollen Lauf lässt sich naturgemäß keine Kreatur auf einer Briefmarke wenden, dafür gelingen feinfühlige Manöver nun besser denn je. Eine weitere sinnvolle Änderung liegt in der Zusammenführung von Sprint (antippen) und Fernattacke (gedrückt halten) auf der 1-Taste, da dies weniger lästiges Umgreifen an der Wiimote mit sich bringt. Der Stick des Nunchuk wäre ohne Frage ein weiterer großer Bonus gewesen, aber auch so schafft es PokéPark 2, aus den wenigen Input-Möglichkeiten das Bestmögliche rauszuholen. Als wäre das Move-Repertoire noch nicht üppig genug, führt wiederholtes Einknüppeln auf die 1-Taste nun zu kleinen Nahkampf-Combos, die sich gut an vorige Attacken anknüpfen lassen.

Fazit:
PokéPark 2 macht oberflächlich gesehen wenig neu und doch haben es viele sinnvolle Neuerungen in das Abenteuer geschafft, die es zu einem rundum guten Spiel machen. Die Mischung aus Erkundung, Minispielen, atmosphärischer Welt und Kämpfen spielt sich besser denn je und ist auch für alle die einen Blick wert, die den Erstling noch wegen dessen Steuerung oder seiner endlosen Wiederholungen mieden. Auch ohne künstliche Streckmittel der Spielzeit, wie sie im Vorgänger noch zahlreich vorhanden waren, unterhält der Titel einige Stunden und schafft das diesmal ohne jegliche Durchhänger. Für höhere Wertungsweihen reicht es zwar ohne Nunchuk, ohne echten Mehrspielermodus (lediglich die Minispiele dürfen zusammen angegangen werden) und ohne größere Herausforderungen für reifere Zocker nicht, und auch der gestiegene Fokus auf Taschenmonster der fünften Generation (schwarz/weiß) ist Geschmackssache, doch soviel steht fest: Nicht alles war früher besser.

Von Burkhart von Klitzing
Wertung für das Spiel PokéPark 2 - Die Dimension der Wünsche
Wertungen Beschreibung
6.7Grafik
Das reine technische Niveau schwankt teils stark, doch das liebevolle Design reißt einiges heraus.
8.0Sound
Gewohnte Pokémon-Laute treffen auf gelungene, situationsabhängige Musik.
6.8Steuerung
Wieder ohne Nunchuk-Einsatz, aber sonst wesentlich runder.
7.3Gameplay
Deutlich abwechslungsreicher als im Vorgänger.
7.4Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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