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Sing 4
Review von Tim Herrmann (mail) | 26.12.2011

Die größte Herausforderung bei der Entwicklung von Karaokespielen ist heute nicht mehr die Zusammenstellung einer möglichst ausgewogenen Tracklist mit Stücken aus diversen Jahrzehnten und Stilrichtungen. Es ist auch nicht die Programmierung von Features wie Stimmerkennung oder Optimierung der Mikrofon-Zubehöre. Es ist mittlerweile mehr das Finden eines Namens, das sich zum Problem entwickelt. Singstar, We Sing, U Sing, Sing-It, Just Sing – und das alles auch noch in den unterschiedlichsten Varianten: Rock, Disney, Pop Party, Pop Hits, Filmhits, Robbie Williams, UK Hits, Deutsche Hits, Girl’s Night oder U-ve got Talent, alle denkbaren Kombinationen und Nischen sind schon ausgebucht. Nachdem Singstar das Karokespiel in die Wohnzimmer gebracht hatte, brach eine Welle aus Nachahmerprodukten über den Markt und überschwemmte vor allem die Wii-Konsole. Auch heute, Jahre nach dem Höhepunkt des Singstar-Hypes, kommen noch neue Singspiele auf den Markt. Im Fokus heute: Sing 4.

Der erste Eindruck ist der Wichtigste

Der Volksmund weiß: Wenn der erste Eindruck nicht stimmt, ist im Prinzip schon alles verloren. Das gilt beim Kennenlernen neuer Menschen genauso wie bei Produkten. Daher hat der Publisher dieses Karaokespiels, Deep Silver bzw. Koch Media, gleich vorgesorgt und seinen Titel Sing 4 genannt. Sing 4 – der Name schreit geradezu heraus, dass es bereits drei Hauptableger des vermeintlich äußerst erfolgreichen Franchises gegeben haben muss. Sie müssen so hervorragend gewesen und so exzellent bei den Kunden angekommen sein, dass ein vierter Teil gänzlich unumgänglich war. Sonst hätten die wartenden Fans sicherlich früher oder später die Tür eingetreten und einen Nachfolger eingefordert. Ersteindruck: Das Sing-Franchise ist eine Erfolgsserie, die für jahrelang hohe Qualität steht.

Nun ergibt eine kurze Internetrecherche allerdings schnell, dass es nie ein Spiel von Deep Silver gab, das Sing, Sing 2 oder Sing 3 hieß. Zwar hat der Publisher mit U-Sing bereits ein anderes Karaokepferd im Stall – doch auch hier gab es nie einen offiziellen dritten Teil, der nun einen Titel namens Sing 4 rechtfertigen würde. Die subjektive Schlussfolgerung: Schon der Name ist Etikettenschwindel und soll dem Kunden eine Erfolgsserie vortäuschen, die es nie gegeben hat. Hat der Titel das nötig? Schließlich wandelt Sing 4 damit auf den Pfaden von Anubis II, einem der schlechtesten Spiele der WiiX-Geschichte. So wandelt sich der oben beschriebe positive Ersteindruck zu einem Gedanken um: Hier liegt Trash vor, spielerischer Sondermüll, der die Kunden veräppeln muss, um überhaupt lebensfähig zu sein.



Beim ersten Einschalten kann dieser Eindruck nicht widerlegt werden, denn Sing 4 präsentiert sich zunächst in glänzendem 4:3. Einen Darstellungsmodus für Breitbildfernseher hielten die Entwickler offenbar noch für zu futuristisch und vertrauten daher auf die Maße der alten Röhre. Wenn die Musikvideos zum Mitschmettern laufen, werden auch noch oben und unten Teile des Bildes abgeschnitten, sodass dann nur etwa die Hälfte des Bildschirms ausgefüllt ist. Eine sehr eigenwillige Art der Platzausschöpfung, die einen ziemlich amateurhaften Eindruck hinterlässt.

Man singt halt
Auch wenn der Ersteindruck nichts Gutes verheißt, so zählt letztendlich doch, was drin steckt. Und das ist ein Karaokespiel, das vor allem mit seiner Gesangsengine im Hintergrund punkten will. Mit verbesserter Stimmerkennung, optionaler automatischer Tonlagenverbesserung und verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten für die Mikrofonsensitivität will sich der Titel selbst vom Branchenprimus Singstar absetzen. Tatsächlich erkennt der Laie davon allerdings nicht viel: Auffällig ist immerhin, dass das reine Summen keine Punkte mehr bringt. Die Software erkennt durchaus, ob Worte gesungen werden oder nur ein heiteres „hmhmhm“ ins Mikro schallt.

Bis zu vier Spieler können gemeinsam trällern, dazu werden allerdings auch vier USB-Mikrofone benötigt, die über einen Hub an die zwei USB-Ports der Konsole gesteckt werden müssen. Mit zwei Metern Länge fallen die Standardkabel aber recht kurz aus und zwingen dazu, nah am Fernseher zu bleiben.

Einige lustige Stimmfeatures sollen den angehenden Sängern die Performance versüßen: Mit verschiedenen Effekten können sie sich ihren Gesang in einer Helium-Stimme anhören, ihn in ganz tiefe Stimmlagen versetzen (Oger) oder das Spiel so tun lassen, als sängen sie in einer großen Halle. Letztendlich bleibt aber eine Tonqualität der Stimmaufnahme, die mindestens zu wünschen übrig lässt. „Blechern“ ist wohl das beste Adjektiv, um die Aufnahmequalität zu beschreiben.

Ansonsten fällt es schwer, tiefgreifende Analysen anzustellen, denn letztlich ist Singen halt der einzige Spielinhalt. Wie man es seit Singstar kennt, läuft im Hintergrund das Musikvideo eines mehr oder weniger großen Stars ab, während im Vordergrund der Text mitläuft. Die richtigen Einsätze zu finden, ist allerdings schwer, weil das Spiel nach dem Motto „Wenn’s losgeht, geht’s los“ vorgeht. Ein Einzählen vor Song- oder Strophenbeginn gibt es nicht.



80er, 90er und das Beste von heute
Wer kennt sie nicht, die zahllosen Radiosender in Nord und Süd und Ost und West, die allesamt die „beste Vielfalt“ bieten wollen und mit dem „buntesten Mix“ aus Alt und Neu, aus 80er und 90er aus Charts und Wunschhits zu überzeugen versuchen. Sing4 möchte genau das Gleiche und manifestiert diesen Anspruch in seiner durchaus nicht unansehnlichen Tracklist. Mit aktuellen Künstlern wie David Guetta, Lady Gaga oder Usher sorgt sie für die richtige Partymucke, mit Klassikern wie „I will survive“ von Gloria Gaynor für die eingängigen Mitsing-Titel, die jeder schonmal gehört hat. Und dazwischen gibt es dann auch ganz viel Füllwerk aus den 00er-Jahren des laufenden Jahrhunderts. Hier die ganze Trackliste im Überblick.

Lady Gaga - Bad Romance
Ke$ha - Tik Tok
Usher feat. will.i.am - OMG
David Guetta & Kelly Rowland - When Love Takes Over
Taio Cruz - Dynamite
Jason Derulo - In My Head
Kelly Clarkson - My Life Would Suck Without You
Owl City - Fireflies
La Roux - Bulletproof
Leona Lewis - Bleeding Love
Blondie - Call Me
Simple Minds - Don't You (Forget About Me)
Rihanna feat. Jay-Z – Umbrella
Timbaland feat. OneRepublic - Apologize
Fergie - Big Girls Don't Cry
Outkast - Hey Ya!
Lionel Richie - All Night Long
Alicia Keys - No One
Nickelback - How You Remind Me
Michael Buble - Haven't Met You Yet
Miley Cyrus - Party In The USA
Lynyrd Skynyrd - Sweet Home Alabama
Queen - Another One Bites the Dust
Natasha Bedingfield - Unwritten
Train - Hey, Soul Sister
Miley Cyrus - The Climb
Sara Bareilles - Love Song
Shinedown - Second Chance
The Script - Breakeven
3OH!3 feat. Ke$ha - My First Kiss
The Doors - Light My Fire
Gloria Gaynor - I Will Survive
The Human League - Don't You Want Me
Hinder - Lips Of An Angel
Demi Lovato - Here We Go Again
Carrie Underwood - Last Name
The B52s - Love Shack
Rick Astley - Never Gonna Give You Up
Sister Sledge - We Are Family
Orianthi - According To You

Die Videoqualität ist bis auf die angesprochenen unnötigen Ränder akzeptabel, die Tonqualität natürlich nicht High-End, aber für ein Karaoke-Spiel ebenfalls zweckmäßig. Bei der etwas hölzernen und ruppigen Menüführung merkt man, dass hinter Sing 4 kein erfahrenes Entwicklerstudio stand, sondern eine Schmiede, die eigentlich nur im Bereich der Sing-Engine mit Kompetenz wirbt, im gleichen Atemzug hier aber auch das ganze Paket drumherum entwickelt hat. Hier ist alles etwas eckig und kantig und wenig glatt geschliffen. Wenn man auf eine Schaltfläche zeigt, dauert es beispielsweise erst einmal eine halbe Sekunde, bis der dazugehörige Soundeffekt abgespielt wird.

Fazit:
Sing 4 macht seinen Job als Karaoke-Spiel nicht schlecht und sammelt vor allen Dingen mit seiner ausgewogenen und breit aufgestellten Songauswahl Pluspunkte. Darüber hinaus irgendetwas zu sagen, fällt aber schwer: Das Spiel spult das Standardprogramm ab, das jedes Karaoke-Spiel auf dem Markt auf den Bildschirm bringt. Dabei versucht es, sich mit angeblichen technischen Revolutionen in der Gesangserkennung von der Konkurrenz abzusetzen. Doch wer erst einmal ein paar Promille intus hat, dem ist dann auch egal, ob er nun 1.000 Punkte sammelt oder nur 800, ob er „Another one bites the dust“ singt oder nur „Höhöhöhö Hö! Hö!“ grölt. Insofern bewegt sich Sing 4 als klassisches Basic-Paket im üblichen Mittelfeld der Karaoke-Spiele und darf sich in den Pool der vielen Singstar-Mitbewerber stürzen.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Sing 4
Wertungen Beschreibung
4.5Grafik
Ungünstige Darstellungsmodi und amateurhaftes Menü-Design machen einen schlechten Ersteindruck. Die Qualität der Videos ist aber akzeptabel.
7.0Sound
Die Tonqualität ist im Gegensatz zur Aufnahmequalität ganz in Ordnung, die Songauswahl ist gut gelungen und bunt gemischt.
7.4Steuerung
Die Gesangserkennung funktioniert ordentlich und ist bis zu einem gewissen Grad fast intelligent, indem sie Summen von Singen unterscheidet. Ansonsten fällt aber die kurze Kabellänge der Standardmikrofone negativ auf.
6.5Gameplay
Singen und Hören, damit ist das Gameplay erklärt.
6.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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