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Skylanders - Spyro's Adventure
Review von Tim Herrmann (mail) | 25.10.2011

Was gibt es Wilderes als die Fantasie eines Kindes: Ich kann mich noch gut erinnern, wie meine graue und in mühseliger Handarbeit aufgebaute Playmobil-Ritterburg regelmäßig unter wildem Zischen und Rauschen, Brüllen und Schreien von dem bösen grünen Bergdrachen überfallen wurde. Alle Kämpfe mit den kleinen Plastikschwertern halfen nichts, die überlebenden Ritter mussten in den Playmobil-Zirkus flüchten und die Akrobaten in dem Turm aus Duplo-Steinen Schutz suchen. Der Drache terrorisierte die Szenerie so lange, bis ein einsamer Held aus der Burg seine geheimen Superkräfte entdeckte, in die Luft schoss und dem Drachen in 200 Metern Höhe sein glühendes Schwert in die Schuppen rammte – woraufhin das grüne Viech klappernd zu Boden plumpste und alles wieder gut war. Dann gab es immer Mittagessen.

Und nun liegt hier Skylanders – Spyro’s Adventure auf dem Tisch. Eine Disc, die zusammen mit einem weiteren Drachen (diesmal allerdings lila und mit Namen Spyro), einem brauen Zottelviech mit zwei Knarren und einem aggressiven Blaubarsch ausgeliefert wird. Sie sollen wieder irgendetwas oder irgendjemanden retten und wahre Heldentaten vollbringen, doch sich selbst und ihrer Fantasie überlassen sind die Spieler dabei nicht. Denn das Abenteuer dürfen sie in Eigenregie auf dem Bildschirm steuern. Wie dieses neuartige Konzept aufgeht und was der Nicht-mehr-Grundschüler davon halten darf, klären wir in unserem Test.

Spyro ist jetzt ein Skylander
Als Skylanders – Spyro’s Adventure angekündigt wurde, rechneten erst einmal alle mit einem Revival des ehemaligen Jump & Run Helden Spyro, der in den letzten Generationen fast vollständig in Vergessenheit geraten ist. Mit ein paar mittelmäßigen Hüpfspielchen versuchte er auf Wii und PS2 noch einmal, sich ins Rampenlicht zu drängend, verschwand dann aber ähnlich wie Kollege Crash Bandicoot in der Versenkung.



Nun ist er wieder da und sieht zwar recht fies aus, soll aber ein mysteriöses schwebendes Wolkenreich irgendwo im Universum retten, das von bösen Mächten überfallen wurde: die Skylands. Spyro ist jetzt ein Skylander, die Beschützerrasse dieser idyllischen Schwebewelt. Dabei ist er aber nicht alleine, mehr als 31 weitere Skylander stehen ihm mit ihren Fähigkeiten tatkräftig zur Seite. Es wird schon klar: Spyro ist hier nicht mehr als ein (optionaler) Nebendarsteller, der zum Weiterkommen nicht benötigt wird und der spielerisch nicht mehr Bedeutung hat als seine Skylander-Kollegen. Ein Spyro Jump & Run im frischen Stil und mit neuen Ambitionen sollte also keiner erwarten, die Marke dient lediglich als kleines Zugpferd (obwohl wahrscheinlich überhaupt kein Spieler aus der angepeilten Zielgruppe Spyro noch kennt).

Du bist der Portalmeister!
Was haben nun also diese in der Einleitung beschriebenen Spielfiguren mit dem Videospiel Skylanders – Spyro’s Adventure zu tun? Sind sie nur Merchandise wie etwa die kleinen Rabbids, die Ubisoft seinen Spielen manchmal aus Spaß beilegt? Nein, dieses Spiel von Activision verfolgt einen Pfad, den man in der Spieleindustrie in der Form noch nicht kannte. Jede Spielfigur steht auf einem Sockel, in dem sich ein kleiner Chip befindet. Stellt man diese Figur nun auf das ebenfalls mitgelieferte zylinderförmige Portal, wird die darauf stehende Spielkreatur direkt ins Spiel übertragen und dort zum Spielcharakter gemacht, den der Spieler steuern kann.

Die Geschichte in diesem Spiel strickt sich dabei recht geschickt um das externe Spielsystem: In der Spielwelt gab es stets einen Portalmeister, der die Skylander im Kampf gegen das Böse einsetzte. Als er aber eines Tages besiegt wurde und die Skylands in Dunkelheit fielen, wurden die Skylanders tief in die Weiten des Alls geschleudert – zufällig trafen sie genau die Erde. Man könnte auch sagen: Zufällig trafen sie genau die Saturns und Media Märkte dieser Welt, wo sie nun in die Hände des Spielers geraten, der zum neuen Portalmeister wird und die Verantwortung für das Heil der Skylands trägt.



Der Spieler wird von der Software also zum Gott hochstilisiert, der auch als solcher agiert und in Deus-ex-Machina-Manier von außen in das Spielgeschehen eingreift. So ist er einerseits weiterhin der außenstehende Spieler, auf der anderen Seite aber trotzdem mitten im Spiel: geschickt. Kinder werden das mögen.

Spielzeug für die Kleinen
Spielzeug ist nun nicht unbedingt das, was erwachsene Spieler oder selbst Teenager sich für ein Videospiel als Innovation wünschen. Doch man muss auch ehrlich sagen: Für diese Spieler ist Skylanders – Spyro’s Adventure nicht gemacht. Der Titel von Activision richtet sich an Kinder von sechs bis zehn und versucht auch gar nicht erst, darüber hinaus noch andere Spieler anzusprechen. Das ist in Ordnung, denn solange die Zielgruppe klar definiert ist, muss man keine Kompromisse eingehen und kann sich voll auf sein Ziel konzentrieren. So helfen eine sehr leicht verdauliche Geschichte ohne große Komplexität und Wendungen, langsam gesprochene und groß geschriebene deutsche Dialoge und stereotype Charaktere dabei, das Spiel Kindern schmackhaft zu machen.

Auch das Gameplay ist ganz auf den jungen Spieler ausgerichtet. Simpelste Schieberätsel und einfach gestrickte Kämpfe, in denen es nur um A- und B-Knopf geht, überfordern niemanden. Der Levelaufbau ist sehr strukturiert gehalten und wird aus der übersichtlichen Vogelperspektive betrachtet. Die Levels sind gewissermaßen linear, verschiedene Ausgänge gibt es zum Beispiel nicht. Abzweigungen sind aber trotzdem vorhanden, die zu geheimen Schätzen oder Verstecken führen. Die Schätze, die ihr Gegnern abnehmt oder die durch Zerstörung von Fässern, Krügen oder Heuwagen in eure Taschen wandern, werden auch für ein paar kleine RPG-Elemente verwendet. Mit Hüten könnt ihr etwa Verteidigung oder Angriff eines Skylanders stärken, bei Levelaufstieg andere Attribute verbessern, die euch im Kampf (kaum merklich) helfen.



Der Wechsel der Skylanders ist bei alldem jederzeit möglich. Man nimmt einfach die Figur vom Portal und setzt eine andere darauf. Ladezeiten gibt es dabei nicht, der Wechsel geht innerhalb von ca. fünf Sekunden vonstatten und ist damit sehr fix. Spielerisch hat es aber leider kaum Bedeutung, mit welcher Spielfigur ihr spielt. Sie haben alle einen Standard- und einen Spezialangriff, können alle nicht springen und machen alle insgesamt eigentlich das Gleiche. Weil aber jeder Skylander einem von acht Elementen zugeordnet ist (Wasser, Feuer, Magie, Technologie…), eröffnen sich ab und zu neue Wege, die nur dieses Element beschreiten kann. Elementabhängig werden auch in einigen Regionen Attribute wie Verteidigung oder Angriff verstärkt.

Für die Entwickler ist es aber natürlich auch schwer, spielerische Luftsprünge mit den Skylanders und ihren Spezialfähigkeiten zu machen, denn zunächst einmal kann man nicht davon ausgehen, dass sich alle Spieler noch zusätzliche Figuren im Handel kaufen und stattdessen bei den drei im Bundle mitgelieferten bleiben.

Gute Arbeit überall
Die Figuren und das Portal haben die Chinesen ziemlich gut hinbekommen. Die Verarbeitung ist ordentlich, die Detaillierung der Figuren ist liebevoll, die aufgetragenen Farben sind qualitativ hochwertig. Das Portal leuchtet in wechselnden Regenbogenfarben und arbeitet gut mit Leuchteffekten, wenn eine Figur darauf platziert wird.

Am Zubehör gibt es also nichts zu meckern. Beim Spiel muss man dagegen die Standardsätze aus Wii-Reviews bemühen: Grafisch ist der Titel nicht auf der Höhe der Zeit. Die simple Vogelperspektive, die effektarme Umwelt und die Charaktermodelle befinden sich allesamt auf mittlerem PlayStation-2-Niveau und schmeicheln der Wii-Hardware nicht. Die Vertonung ist dagegen gut gelungen und auch die deutsche Synchronisierung weiß mit ausdrucksstarken Sprechern zu gefallen, obwohl die Dialoge natürlich auf Kinder zugeschnitten und damit teilweise etwas hölzern sind.

Eine brillante Geschäftsidee

Activision hat hier vielleicht einen großen Coup gelandet, wenn das Spiel gut angenommen wird: Kindern wird die Mischung aus Spielzeug und Videospiel gefallen. Zwar bleibt natürlich wenig Platz für individuelle Kreativität und Fantasie, wenn alles auf dem Bildschirm dargestellt wird, aber trotzdem verbindet das Spielzeug die jungen Spieler sehr gut mit der Digitalität.



Im Vordergrund steht für die Business-Füchse von Activision Blizzard dabei natürlich das Geschäftsmodell hinter Skylanders – Spyro’s Adventure: Es gibt insgesamt mehr als 32 Figuren. Wer alle sammeln will, muss sie sich im Handel kaufen. Teilweise gibt es sie einzeln, teilweise in Paketen und teilweise im Bundle mit Extra-Levels und –Herausforderungen. Diese sind auch wiederum in einer Figur gespeichert. Stellt man zum Beispiel ein Piratenboot auf das Portal, wird ein neuer Level freigeschaltet, den man dann spielen kann. Dieses Paket mitsamt einem neuen Charakter kostet etwa 20€. Ein happiger Preis, doch bald ist ja Weihnachten - und Kindern können lange Wunschzettel schreiben…

Fazit:
Skylanders – Spyro’s Adventure ist eine schöne und innovative Spielidee. Natürlich steckt dahinter ein ausgefuchstes Geschäftsmodell, um Kinder an das Spiel und seine riesige Merchandise-Welt zu binden, aber das ändert nichts daran, dass das Konzept jungen Spielern Spaß machen wird. Das Gameplay ist so simpel und leicht verdaulich wie die Geschichte und die Dialoge darin. Die Verknüpfung mit den gut verarbeiteten Spielzeugfiguren außerhalb des Bildschirms ist den Entwicklern gut gelungen. Lediglich einige technische Schwächen und ab und zu vielleicht sogar zu simples und eintöniges Gameplay trüben die Action. Alle, die sich dem Kindesalter entwachsen sehen, sollten demnach natürlich die Finger von Skylanders – Spyro’s Adventure lassen, das mit knackigen Spyro-Jump-&-Runs absolut nichts mehr zu tun hat. Es ist ein Kinderspiel, und fertig. Das ist in Ordnung, denn auch für diese Zielgruppe darf es Videospiele geben. Und wenn die Kinder dann auch noch ein recht ordentlich entwickeltes und konzeptioniertes Spiel wie dies hier zu spielen bekommen, hat der Titel auch eine gute Bewertung verdient.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Skylanders - Spyro's Adventure
Wertungen Beschreibung
6.4Grafik
Die flimmernde Spielwelt und die etwas klobigen Animationen und Charaktermodelle sind nicht auf der Höhe der Hardware. Dafür werden stets freundliche Farben und angenehme Umgebungen verwendet.
8.2Sound
Die musikalische Untermalung passt, die deutsche Sprachausgabe hat man gut hinbekommen.
8.0Steuerung
Die Steuerung über Wiimote und Nunchuk weist keine ausgefallene Ideen auf und funktioniert fast ohne Bewegungssteuerung. Probleme gibt es nicht.
7.6Gameplay
Das Gameplay ist simpel, die Aufgaben leicht zu lösen. Alles ist auf ein junges Publikum zugeschnitten und verständlich gestaltet. Manchmal wiederholt sich der Titel aber in seinen spielerischen Aufgaben und wird selbst für Kinder eintönig. Dafür ist die Einbindung der Spielfiguren toll gelungen.
7.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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