Review von Lars Peterke (mail) | 02.06.2011
Die Superhelden-Verfilmungen nehmen kein Ende. Inzwischen ist daraus fast schon ein eigener Markt entstanden. Marvel produziert seine Filme mittlerweile selbst und lediglich die Rechte an Spiderman liegen noch bei Sony. Der Qualität der Filme kommt dies sicherlich zu Gute, wie man an Iron Man 1 und 2 bereits sehen konnte. Die passenden Videospiel-Umsetzungen entstehen bislang aber nicht bei Marvel. So auch beim neusten Heldenspektakel Thor. Hier kommt die Spielumsetzung von Sega, oder genauer gesagt Liquid Entertainment. Ob diese genau so an der Qualitätsschraube gedreht haben wie Marvel, das wollen wir in diesem Review näher beleuchten.
Wer zum Teufel ist eigentlich Thor?
Ein paar Comichelden kennt jeder: Spiderman, Batman, Superman, Hulk, …aber dann wird die Luft auch langsam dünner. Green Lantern? Eine grüne Laterne kann doch kein Superheld sein! Und Captain America? Obama ist doch nie zur See gefahren! Und Thor? Seit wann sind nordische Götter denn Comichelden? Nun, gibt’s alles. Letzterer ist eine Ausgeburt des Kopfes von Stan Lee und tummelt sich seit den 60ern in Comicheften. Und weil Marvel gerade sein Mammut-Filmprojekt „The Avengers“ vorbereitet, bekommt erst einmal jeder Charakter aus dieser Heldenvereinigung seinen eigenen Film.
Glücklicherweise haben die Entwickler von „Thor – God of Thunder“ hier bereits mitgedacht: wenn man das Spiel einschaltet, kann man im Filmemenü eine knapp 30minütige Cartoonfolge der Avengers finden, in der Thor vorgestellt wird. Dieser kommt aus dem Reich Asgaard und wurde auf die Erde verbannt, um sich einmal seines Übermutes klar zu werden. Derweil wird seine Heimat durch eine Intrige seines Bruders Loki von den Eisriesen bedroht. Glücklicherweise folgt auch Segas Spiel dieser Handlung, überspannt den Bogen aber des Öfteren, sodass man nicht unbedingt immer weiß, wieso man gerade auf Horden von Gegner einhämmert.
Ohje… ein Beat em Up.
In Anbetracht des Spielsettings kommt eigentlich nur ein Beat em Up in Frage. Aber schon bei der leisen Aussprache dieses Wortes läuft einem ein leichter Schauer über den Rücken. Seichtes Gameplay scheint vorprogrammiert. Dies ist zwar bei Thor nicht der Fall, allerdings trifft leider genau das mindestens genau so schlimme Gegenteil ein: das Spiel ist von Kopf bis Fuß völlig überladen.
Fangen wir mal mit der Steuerung an. Lenken mit dem Stick am Nunchuk, Springen mit dem B-Knopf, Ausweichen mit dem Steuerkreuz oder einem Hammersprint mit dem Steuerkreuz nach Oben. Blocken mit dem Z-Knopf, Schnellangriff mit dem A-Knopf, Kraftangriff durch Schwingen der Wii-Fernbedienung und Menüaufruf mit den Tasten 1 und 2. Zusätzlich zur normalen Steuerung kommen dann noch die wichtigen Kombos. Es gibt Aufwärtshaken, Feger, Bodenschläge, Hammerhieb-Kombos, Luft-Kombos, Bereichsangriffe, Sturmkräfte, Blitzsturm-Angriff, Auflademöglichkeit für den Hammer, Zyklon-Beschwörung und direkte Zielfunktionen mit den Fähigkeiten Blitz und Windkäfig. Na, alles gemerkt?
All diese Funktionen sind schon recht schnell verfügbar. Bereits im zweiten der insgesamt knapp 20 Level habt ihr die meisten Fähigkeiten zur Verfügung und könnt diese im Menü noch weiter aufrüsten, euren Hammer mit Runen verbessern und allgemeine Aufrüstungen für Thor erhalten. Wenn wir euch alle Angriffsvarianten jetzt erklären, sitzen wir morgen noch hier. Und viel wichtiger: Wer soll ich das alles merken?
Das Spiel selbst gibt nur sehr dürftige Tooltipps und man wird förmlich mit den Angriffsmöglichkeiten erschlagen. So ist das Kampfsystem zwar recht komplex, was tendenziell eine gute Sache ist, allerdings werden ihr in der Praxis von den Gegnerscharen und besonders den Endbossen vernichtet, bevor ihr überhaupt die richtige Kombo für die aktuelle Kampfsituation gefunden habt. Letztere erschweren sich noch zusätzlich durch die Einbindung dämlicher Action-Time-Events.
Immerhin gibt es auch ein wenig Auflockerung vom Button-Smashing, da sich einige Missionen als Flug-Level entpuppen. Hier fliegt Thor mit seinem Hammer durch das Level und ihr müsst unterdessen Gegner abschießen und feindliche Geschosse zurücklenken.
Gelungene Präsentation, tolles Flair
Während sich der Gameplay-Part recht schnell erschöpft, weil man einfach auf Grund der Komplexität schnell die Lust verliert und das Spiel auch entsprechend schwer daherkommt, gibt sich die Präsentation von Thor immerhin etwas mehr Mühe. Mit der leicht an Cel-Shading-angelehnten Optik haben die Entwickler einen tollen Mittelweg gefunden und lassen das Spiel hübsch aussehen. Natürlich bricht die Framerate bei hohem Gegneraufkommen ein, doch der Spieler wird dafür mit netten Effekten und hübschem Comicflair belohnt. Die deutsche Synchronisation ist ebenfalls gut gelungen und fängt den Charakter der Protagonisten gut ein.
Einziges Manko ist hier die etwas miniaturartige Optik und die Charaktere sehen von der Nähe nicht wirklich pompös aus. Durch die Zwischensequenzen wird dieser Umstand auch nicht sonderlich groß unterstützt, da hier vorgezeichnete Charakterbilder während des Dialogs eingeblendet werden.
Ansonsten sind weitere Pluspunkte die überzogen hektische Musik, die passenden Soundeffekte und natürlich die vielen Extras: im Menü habt ihr Zugriff auf viele Charakterzeichnungen, Filme oder alternative Kostüme für Thor. Natürlich ist das keine Entschuldigung für das mittelprächtige Gameplay, aber immerhin ein toller Service für Comicfreunde. Fazit: Da steh ich nun, ich armer T(h)or, und bin so klug als wie zuvor! Thor hat sicher gute Ansätze und hätte auch ein gutes Lizenzspiel werden können, allerdings hängt es sich schon sehr schnell an seinem recht überladenen Gameplay auf. Spielerfolge sind wohl nur mit Geduld und genereller Beat em Up-Affinität zu erzielen, alle anderen würden das Spiel wohl schon nach kurzer Zeit weglegen. Deswegen ist „Thor – God of Thunder“ auch wohl nur etwas für beinharte Fans des Hammerwerfers oder Beat em Up-Spezialisten, die auch vor einem höheren Schwierigkeitsgrad nicht halt machen. Ansonsten sollte man einen Bogen um den Titel machen.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Thor - God of Thunder | |
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| 7.0 | Grafik Schöne Optik mit netten Effekten, allerdings bleiben Framerate-Einbrüche und Co. Nicht aus. | |
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| 7.9 | Sound Gute Synchronisation und passende Akustik. Hier gibt es kaum was zu meckern. | |
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| 6.5 | Steuerung Funktioniert zwar, artet bei vielen Gegnern aber schnell in wirres Gefuchtel aus. | |
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| 5.7 | Gameplay Die überladene Spielmechanik erschlägt den Spieler und sorgt für einen happigen Schwierigkeitsgrad. Die vielen Extras können wahrscheinlich nur Die-Hard-Fans motivieren. | |
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| 6.1 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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