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Review von Andreas Held (mail) | 29.01.2011
Das Revival alter Franchises, mit möglichst originalgetreuem Gameplay, ist momentan groß in Mode. Capcom belebte sein Mega-Man-Franchise wieder, Konami zog mit Contra und Gradius nach, Nintendo brachte ein neues Donkey Kong Country und Sony nach rund fünf Jahren endlich wieder einen Teil der Gran Turismo-Reihe. Da die Verkaufserfolge jeweils beachtlich waren, wollte nun wohl auch EA auf diesen Zug aufspringen und sicherte sich die Rechte an NBA Jam, welches 1993 in Spielhallen für Aufruhr sorgte und danach von verschiedenen Publishern auf so ziemlich jedes Gerät portiert wurde, das Videospiele abspielen kann. Ob EA es geschafft hat, die Stärken des Klassikers umzusetzen, muss sich jedoch erst noch zeigen.
Easy to learn...
Als Spielhallentitel musste NBA Jam natürlich vor allem eines sein: Schnell erlernbar. Die Steuerung gab sich daher denkbar simpel und kam mit insgesamt vier Knöpfen aus. In der Offensive könnt ihr den Ball passen, Täuschungsmanöver ausführen und natürlich versuchen, den Ball im Korb zu platzieren; in der Defensive könnt ihr "Steals" versuchen oder einen Block durchführen. Zusätzlich gibt es noch den Turbo, der einige Aktionen verändert - versucht ihr beispielsweise in Verbindung mit dem Turbo, den Ball zu stehlen, schubst der von euch gesteuerte Athlet seinen Gegner mit beiden Händen zu Boden.

Zum grundlegenden Erlernen der Steuerung braucht man etwa 30 Sekunden, danach kann auch schon Basketball gespielt werden. NBA Jam läuft dabei in etwa auf dem Level eines Tony Hawk's Pro Skateboarding: Der reale Basketballsport ist das Vorbild, allerdings können alle Aktionen mit großer Leichtigkeit ausgeführt werden und sind oft stark übertrieben. Spieler springen zu einem Dunk drei Meter in die Luft, selbst grobe Fouls werden nicht geahndet und unsichtbare Wände am Spielfeldrand sorgen dafür, dass der Ball immer im Spiel bleibt. Seinen Anspruch bezieht das Spiel aus der der extrem hohen Spielgeschwindigkeit, die Spielern, die wirklich gut spielen wollen, katzenartige Reflexe abverlangt. Die Steuerung ist präzise und verlangt neben schnellen Reaktionen auch eine Prise Taktik - ein gezielter Pass oder eine gute Positionierung in der Defensive bringen ähnlich viel wie ein gut getimter Block oder ein schneller Gegenangriff. Einziger Kritikpunkt ist, dass euch in der Steuerungsvariante mit Wii-Remote und Nunchuk eine Bewegungssteuerung als Knopfersatz aufgezwungen wird, die zwar nahezu immer funktioniert, in einem Spiel, in dem es auf Sekundenbruchteile ankommt, aber trotzdem hinderlich ist. Daher ist die Steuerung mit dem Classic Controller ganz klar vorzuziehen.
In der Klassik-Karriere wählt ihr euch zunächst eines von fünf Teams aus den sechs zur Verfügung stehenden Konferenzen. Jedes Team hat einen Kader aus mindestens drei Spielern, gespielt wird jedoch grundsätzlich im Zwei-Gegen-Zwei-System, wobei einer der Spieler in eurem Team fest der KI zugeteilt wird. Danach müsst ihr in einer fest vorgegebenen Reihenfolge 37 Matches bestreiten, um am Ende als Champion festzustehen. Das hört sich simpel an und stellt, dank vier wählbaren Schwierigkeitsgraden, auch kein großes Problem dar.
...almost impossible to master
Bis hierhin wäre NBA Jam eine gute, originalgetreue Umsetzung des Klassikers, doch EA hat sich bei diesem Port tatsächlich Mühe gegeben und nach der Pflicht noch die Kür abgeliefert. Ergebnis ist der Remix-Modus, der euch einige neue Matchtypen zu Verfügung stellt. Normale Remix-Matches sind kürzer als die Spiele im klassischen Modus und es kommen hier noch Power-Ups hinzu, die meist einem Statuswert des Spielers, der sie aufsammelt, einen gehörigen Schub verpassen. In 21 und Elimination spielen drei Spieler jeweils für sich auf denselben Korb, und in Domination geht es darum, von bestimmten Punkten aus einen Korb zu werfen, um diese zu übernehmen. Außerdem gibt es insgesamt zehn "Bosskämpfe" gegen bekannte NBA-Stars.

Zusammengehalten werden diese Match-Typen von der Remix-Tour, in der euch alle 30 Teams jeweils drei Herausforderungen stellen - Bronze, Silber und Gold. Diese bedienen sich bunt an den oben genannten Matchtypen, sodass für viel Abwechslung gesorgt ist. Hier tun sich jedoch auch ganze Abgründe auf, was den Schwierigkeitsgrad des Spiels angeht: Selbst auf Bronze oder Silber wird euch einiges abverlangt. In Gold-Herausforderungen ist die KI nahezu unantastbar und ihr müsst über den kompletten Spielverlauf hinweg an die Grenzen der Spielengine gehen, um noch eine Chance zu haben. Wenn man mal 20 oder 30 Sekunden lang unachtsam ist, kann die KI in dieser Zeit schon fünf oder mehr Körbe werfen und einen Vorsprung aufbauen, der kaum mehr aufzuholen ist.
Einige mögen dies nun als etwas Positives auffassen, und haben damit auch recht: Wer sich zu GameCube-Zeiten gerne an Spielen wie Viewtiful Joe oder F-Zero GX die Zähne ausgebissen hat, wird an NBA Jam seine helle Freude haben. NBA Jam gehört zu den Spielen, die dazu motivieren können, sich stundenlang an derselben Herausforderung zu messen, und die ein entsprechendes Erfolgserlebnis auslösen, wenn man sie dann geschafft hat. Wen diese Beschreibung jetzt eher verschreckt hat, der sei noch einmal auf die Klassik-Karriere hingewiesen, in der vier Schwierigkeitsgrade zur Auswahl stehen. Wer überhaupt nicht mit der KI klar kommt, kann auch im Multiplayermodus entweder kooperativ mit einem menschlichen Mitspieler spielen oder gegen ihn antreten. Da immer zwei gegen zwei gespielt wird, gibt es natürlich auch einen Vier-Spieler-Modus.
Meinen die das ernst?
Diese ganzen Ausführungen über das gute Gameplay mögen nun überraschend kommen. Denn der eigenwillige Grafikstil des Spiels sorgte schon im Vorfeld für viel Kritik und dafür, dass einige Spieler einen weiteren, schlecht entwickelten 3rd-Party-Titel erwarteten - etwas, das wir von EA in Form von Facebreaker oder My Sims SkyHeroes ja auch schon oft genug gesehen haben. Irgendwer bei EA hielt es für eine gute Idee, die Gesichter der echten Spieler aus verschiedenen Positionen heraus zu fotografieren, auszuschneiden und dann an vorgerenderte 2D-Sprites zu heften, um ihre Abbilder im Wii-Titel zu erzeugen. Das Ergebnis ist ein bestenfalls eigenwilliger Grafikstil, der vor allem auf Screenshots unglaublich bescheuert aussieht.

Das ganze ist vor allem aus marketingtechnischer Sicht zweifelhaft. Denn zu allem Übel verwendet EA meist noch Screenshots aus dem "Big Head Mode", der das große Problem des Spiels noch weiter in den Vordergrund stellt. Nach dem Ansehen der Packung von NBA Jam hat man eigentlich schon keine Lust mehr, den Titel zu spielen. Und das ist schade, denn eigentlich ist NBA Jam ein wirklich gutes Spiel.
Ein bisschen Entwarnung können wir aber trotzdem geben: In Bewegung sieht das Spiel nicht annähernd so schlimm aus, wie die Screenshots vermuten lassen. Und technisch, dass muss man dem Titel lassen, ist er sogar extrem sauber umgesetzt. Das Publikum, welches mit derselben Technik umgesetzt wurde, überzeugt mit überraschend viel Liebe zum Detail, die Basketballfelder selbst sehen wirklich gut aus, und insgesamt passt alles irgendwie zusammen. Die hohe Spielgeschwindigkeit wird zu keiner Zeit durch Slowdowns gebremst und selbst die kleinsten Grafikfehler sucht man vergebens.
Soundtechnisch hält sich EA wesentlich näher am Original auf. Der markante Kommentator ist zurück und einige seiner Aussprüche sind tatsächlich ziemlich witzig, allerdings drängt er sich zu stark in den Vordergrund und dadurch, dass er seine Zeilen zeitweise recht oft wiederholt, kann er einem manchmal auch auf die Nerven gehen. Die Musik, eine Mischung aus Funk und HipHop, hält sich dagegen immer schön brav im Hintergrund und fällt nur auf, wenn man gezielt auf sie achtet.Fazit: NBA Jam macht vieles richtig. Im Prinzip ist es ein Spiel, mit dem jeder seine Freude haben kann: Casual-Gamer spielen auf einer Party Vier-Spieler-Matches und schalten nach dem Erreichen eines gewissen Alkoholpegels den Big Head Mode ein; Mainstream-Gamer spielen die Karriere auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad durch und behaupten dann, sie hätten es auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad geschafft; und Core-Gamer beißen sich wochenlang an der Remix-Tour die Zähne aus, um dann in Internetforen damit zu prahlen, dass sie es geschafft haben. Da ist es extrem schade, dass sich NBA Jam aufgrund seines Grafikstils so grauenhaft präsentiert, wobei nicht mal die tatsächliche Optik das Problem ist, sondern die abschreckende Wirkung der Screenshots. Aber letztendlich zählt ohnehin nur, wie viel Spielspaß aufkommt, und davon gibt es in NBA Jam eine ganze Menge - dank zwei vollwertiger Kampagnen, vieler Spielmodi und bester Multiplayer-Qualitäten auch über einen langen Zeitraum hinweg.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel NBA Jam | |
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| 6.0 | Grafik Technisch sauber, stilistisch extrem ungünstig. Der Grafikstil ist die Crux von NBA Jam. | |
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| 7.5 | Sound Der markante Kommentator erinnert Serienfans an das Original, die Hintergrundmusik hält sich bedeckt. | |
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| 9.0 | Steuerung Mit Wii-Remote und Nunchuk brauchbar; mit dem Classic Controller lässt sich NBA Jam nahezu perfekt steuern. Die Steuerung ist präzise und der virtuelle Athlet reagiert sofort auf alle Eingaben. | |
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| 9.0 | Gameplay Dank zwei Kampagnen, Multiplayer-Modi und einem stellenweise brutalen Schwierigkeitsgrad sorgt NBA Jam über eine lange Zeit hinweg für viel Spielspaß. | |
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| 8.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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Review: NBA Jam
HerstellerEA Sports
GenreBasketball
VersionPAL
Controller-VoraussetzungWii-Remote, Nunchuck oder Classic Controller
Spieler1-4
SchwierigkeitsgradSchwer
Altersempfehlung
Ohne Altersbeschränkung
60-Hz Modus
Ja
480p Modus
Ja
Widescreen Modus
Ja
DS Connectivity
Nein
Dolby Pro Logic II
Nein
Wifi-Connection
Nein
WiiConnect24 Support
Nein
Releaseerschienen
Preis (€)49,99
Innovationsfaktor
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