Review von Andreas Held (mail) | 09.06.2007
Die Jungs von Tecmo scheinen bei ihren Spielen generell auf etwas andere Verkaufsargumente aus zu sein. Während sich Xbox-Spieler seit jeher an trampolinspringenden Medizinbällen erfreuen dürfen, wird nun bei ihrem ersten Wii-Titel auf eine familiengerechtere Variante gesetzt: Zuckersüße Anime-Mädels, die geneigten Zockern beim Ansehen der Screenshots herzförmige Augen bereiten. Umso ernüchternder war die Ankündigung, dass Pangya: Golf With Style nur die Umsetzung eines grottenschlechten Freeware-Golfspiels sein soll, nämlich Albatross 18, welches von dem koreanischen Studio Ntreev entwickelt wurde. Trotzdem schien sich alles zum Guten zu wenden und Tecmo wollte nur das Grunddesign des Spiels übernehmen, denn vieles wurde neu programmiert und in der amerikanischen Fachpresse konnte das Spiel letztendlich durchaus akzeptable Wertungen einheimsen. Nach dem Dazuaddieren diverser Boni, für die Anime-Charaktere, die meinen Nerv voll getroffen haben, und da ich ohnehin ein Fan von Fun-Golf-Spielen bin, kam ich am Ende der Gleichung zu dem Ergebnis: Pflichtkauf. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Wiimake eines Freeware-Spiels
Drei grundlegende Änderungen waren, damit das Spiel auf Wii etwas taugen sollte, unabdingbar: Eine neue, an die Wii-Remote angepasste Steuerung. Eine Umstrukturierung des Gameplays, da Albatross 18 ein reiner Online-Titel war. Und eine Neuprogrammierung der Ballphysik, welche im Vorgänger fast völlig zufällig war und ihn deshalb unspielbar machte.
Punkt 1: Die Steuerung. Tecmo hat das Schlagsystem aus Wii Sports Golf mit dem klassischen Drei-Klick-System vermischt. Im Endergebnis sieht das so aus, dass zunächst ausgeholt wird und das Spiel grafisch anzeigt, wie weit der Ball fliegen wird. Je weiter ihr ausholt, desto weiter fliegt der Ball. Ist die gewünschte Schlagstärke erreicht, wird sie durch ein Drücken des A-Knopfes arretiert. Danach müsst ihr die Wiimote nur noch wie einen echten Schläger schwingen, um den Schlag auszuführen. Schwingt ihr zu langsam, fliegt der Ball nicht ganz so weit, wie angezeigt wurde. Was vom Grundkonzept her eine gute Idee ist, spielt sich leider sehr unintuitiv, da selbst Annäherungsschläge mit voller Kraft geschlagen werden müssen, ansonsten zieht die Engine vom ohnehin schon leichter eingestellten Schlag noch mal einige Meter ab. Außerdem schienen die Entwickler große Probleme mit der Erkennung der Bewegungen gehabt zu haben, denn egal wie sehr man sich beim Schlagen die Schulter ausrenkt, die Flugbahn ist immer um zehn bis fünfzehn Prozent kürzer, als maximal möglich wäre.
Aus diesem Grund bietet Pangya auch das klassische Drei-Klick-System, das jedoch eine ziemlich lächerliche Figur macht. Der Balken zur Bestimmung von Schlagstärke und -Genauigkeit, der mit einem Druck auf den B-Knopf an den richtigen Stellen gestoppt werden muss, bewegt sich nämlich nur etwa halb so schnell wie in anderen Golfspielen, was perfekt getimete Schläge von Beginn an problemlos möglich macht.

Punkt 2: Das neue Gameplay. Als Tecmo offiziell einen Story-Modus versprach, weckte diese Ankündigung bei mir Erinnerungen an das grandiose Swing Away Golf. Im tatsächlichen Endprodukt besteht der komplette Einzelspielermodus jedoch nur aus einer Aneinanderreihung von Duellen gegen KI-Gegner, denen man beim Spielen zusehen muss. Das grundlegendste Element von Golfspielen, also Turniere gegen dutzende Gegner gleichzeitig, gepaart mit dem Versuch, die eigene Schlagzahl zu verringern, wurde komplett weggelassen. Außerhalb des Trainingsmodus ist es also nicht möglich, alleine eine Platzrunde zu bestreiten. Dazu kommt dann noch die unglaublich schlechte KI, die manchmal aus 100 Metern Entfernung das Loch trifft, und dann beim nächsten Loch in die falsche Richtung schlägt und den Ball ins Aus spielt.
Auch ein paar nette Features, wie der Shop, in dem u.a. neue Kleidung für die Charaktere gekauft werden kann, können nicht über den komplett verkorksten Einzelspielermodus hinwegtäuschen. Und als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Einzelspieler dazu verdammt sind, die Hälfte der Zeit den KI-Gegnern zuzusehen, wurde die komplette Spielgeschwindigkeit auf ungefähr die Hälfte von dem gedrosselt, was üblich ist. Das zähe Gameplay macht Pangya: Golf With Style unerträglich langweilig, und auch für Multiplayer-Sessions sind dynamischere Alternativen sicherlich die bessere Wahl, nicht zuletzt da, abgesehen von zwei Charakteren und ein paar Golfplätzen, alles durch stundenlanges Spielen des Single-Player-Modus zunächst freigeschaltet werden muss.
Punkt 3: Die neue Ballphysik. Sie ist nicht mehr ganz so schlecht, wie in Albatross 18, aber immer noch sehr unzuverlässig. Das Spiel berechnet die Flugbahn des Balls manchmal schlichtweg falsch, was vor allem dann auffällt, wenn der Ball trotz Gegenwind und einem Anstieg zwischen Schlag- und Landepunkt wesentlich weiter fliegt, als die maximale Schlagkraft des Schlägers hergeben würde. Was beim Abschlag noch nicht allzu schlimm ist, wird bei Schlägen auf das Grün, bei denen Genauigkeit gefragt ist, sehr frustrierend und macht das Putten unmöglich. Selbst kurze Putts aus drei Metern müssen nicht zwingend das Loch treffen. Diese Situation kommt immer dann zum Vorschein, wenn die Engine aus den eingegebenen drei bis vier Metern grundlos einen Meter macht und der Ball vor dem Loch liegen bleibt. Somit ist kein vernünftiges Spielen möglich.
Pangya: Golf With Style hat noch einige weitere Probleme, beispielsweise ein völlig unbrauchbares Interface beim Putten, oder eine generell unpraktische Kamera. Diese Aspekte fallen jedoch gar nicht mehr ins Gewicht, da das Spiel so grundlegende Programmier- und Designfehler vorweist, dass ein intensives Spielgefühl gar nicht erst aufgebaut werden kann. Auch der viel zu geringere Umfang, der mit gerade mal acht spielbaren Charakteren und einer handvoll Golfplätzen, die mit einigen Variationen auf zwölf teilweise sehr gleichartige Kurse aufgestockt wurden, weit hinter der Konkurrenz zurückliegt, fällt kaum mehr ins Gewicht, da man bereits sehr viel früher die Lust verliert, als man alles gesehen hat.

Belanglose Technik
Pangya ist eines der wenigen Spiele, das auf Screenshots besser aussieht, als in Bewegung. Das phantasievolle Design und die süßen Charaktere machen einen sehr hübschen Eindruck, das Endprodukt sieht jedoch leider etwas anders aus. Einige sporadisch platzierte Objekte, wie Riesenorchideen oder Windmühlen, stehen einsam und alleine in absolut öden, nicht enden wollenden Grastexturen herum. Es handelt sich nun mal um ein koreanisches Freewarespiel, das nun auch schon einige Jahre auf dem Buckel hat, und grafisch in keinster Weise verbessert wurde. Wer sich die schlechten Texturen im 480p-Modus jedoch ansehen will, der kriegt hier die perfekte Möglichkeit dazu.
Auch mit der Musik verhält es sich nicht anders. Sie ist der beste Beweis dafür, dass Bässe, obwohl sie in fertigen Musikstücken kaum auffallen, absolut essentiell sind. Letztendlich gibt es also nicht einmal eine durchgehende Hintergrundmusik, sondern etliche kleine Pausen zwischen den einzelnen Tönen, die selbst mit einer durchgehenden Tonspur im Hintergrund nicht über das Niveau eines belanglosen Klimpers herausgekommen wären und so den einschläfernden Effekt des Gameplays noch verstärken. Auch atmosphärische Soundeffekte, wie ein Rauschen des Windes, Vogelgezwitscher oder Sprachsamples wurden komplett weggelassen. Es gibt nur die schlechte Musik und ein paar Schlaggeräusche, mehr nicht. Es ist eigentlich schon witzig, dass das Spiel die Möglichkeit bietet, das Gedudel auch in Dolby Pro Logic 2 anzuhören.
Fazit: Pangya: Golf With Style steht bei mir in gewisser Weise auf einer Stufe mit Super Fruit Fall, denn auch in diesem Fall wurde nicht mehr gemacht, als ein Freeware-Spiel aus dem Internet mit minimalem Aufwand auf Wii zu portieren, um schnelles Geld zu verdienen. Es fällt hier zwar nicht so stark auf, da das Spiel professioneller vermarktet wird und Albatross 18 einen wesentlich besseren Ersteindruck hinterlässt, doch selbst wenn Tecmo das Original in einigen Punkten verbessert hätten, was sie nicht taten, wären immer noch genug Probleme da gewesen, um eine schlechte Wertung zu rechtfertigen. Dafür werden sowohl 480p als auch Dolby Pro Logic 2 unterstützt, was meiner Meinung nach einfach nur kurios ist. Letztendlich ist Pangya: Golf With Style ein Spiel, das leider weder Hand noch Fuß hat und abgesehen von ein paar süßen Anime-Gesichtern absolut keinen Kaufgrund bietet. Swing Away Golf, Mario Golf: Toadstool Tour und Sonys Everybody's Golf sind in allen Bereichen wesentlich besser, egal ob im Single- oder Multiplayer-Modus. Das Spiel kann in ähnlicher Form legal aus dem Netz gezogen werden, kostet im Laden fast den Vollpreis, ist jedoch kaum einen Cent wert.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel Pangya: Golf With Style | |
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| 4.9 | Grafik Spartanisch platzierte Objekte in öden Grastexturen, süße Charaktere. | |
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| 2.1 | Sound Katzenmusik und fast keine Soundeffekte. | |
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| 5.8 | Steuerung Wiimote-Steuerung ist vom Grundkonzept gut, aber stark fehlerhaft. | |
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| 4.7 | Gameplay Trotz einiger netter Features unerträglich langweilig, undurchdachter Einzelspielermodus, schlechte Ballphysik, unpraktische Kamera. | |
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| 4.3 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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