Review von Lars Peterke (mail) | 28.12.2010
In der Spielebranche trifft man öfter auf den einen oder anderen… nennen wir es mal Brauch. Beispielsweise der, dass Lizenzspiele zu Filmen oft nur so dahingekleckert sind und oft keine ausreichende Qualität haben. Auf dem Redaktionsschreibtisch liegt jetzt EA’s Sims 3. Und es zeigt uns eindrucksvoll zwei weitere Bräuche aus der Spielebranche. Brauch eins: Für eine Umsetzung ist es nie zu spät. Die Sims 3 erschien am 4. Juni 2009 in Deutschland für den PC, hat also schon eineinhalb Jahre auf dem Buckel. Und Brauch zwei: Auch wenn eine Spielreihe mit mehreren Ablegern eine gewisse Erfahrung seitens der Entwickler mit dem Spielkonzept suggeriert, können diese ein neues Spiel der Reihe immer noch grandios in den Sand setzen. Wir wollen euch nachfolgend erklären, wie EA dieses Kunststück bei Sims 3 vollbracht hat.
Sims 3 ist nicht gleich Sims 3
Wer Die Sims kennt, erwartet jetzt eine Umsetzung des PC-Spiels. Aber nein, falsch gedacht. Sims 3 für die Wii ist eher eine simple Simulation, in der ihr kaum selbst tätig werden könnt. Wenn ihr ein neues Spiel startet, erstellt ihr zwar eure Sim-Familie, habt aber wesentlich weniger Möglichkeiten zur Gestaltung als in der PC-Version. Und wenn ihr dann ein Grundstück gekauft habt, könnt ihr kein Haus bauen, sondern nur einen Hausstil wählen, euch dann ein Haus aussuchen und es je nach Wahl möbliert oder unmöbliert bauen. Zwar könnt ihr selbst Wohnobjekte kaufen und eigene Wände ziehen, man kommt allerdings nicht umher, diesen Vorgang als unausgereift zu bezeichnen, so wie den Rest des Spiels.

Wenn ihr dann in eurem trauten Heim eingezogen seid, habt ihr eine gewisse Anzahl an Sim-Tagen Zeit, in denen ihr spielen könnt. Ziel dabei ist es, den Lebenstraum eures Sim zu verwirklichen. Auf dem Weg dahin müsst ihr natürlich entsprechend Karriere machen, eure Bedürfnisse wie Schlaf, Essen und Trinken befriedigen und auch immer Rücksicht auf die kleinen Wünsche nehmen, die euren Sim glücklich machen.
Ihr steuert euren Sim mit dem Control-Stick und via A-Knopf interagiert ihr mit Objekten. Wird es euch im eigenen Heim irgendwann zu langweilig, könnt ihr die Stadt erkunden und neue Sims kennenlernen. Alternativ könnt ihr bestimmte Orte in der Innenstadt besuchen, an denen ihr neue Dinge lernen, Objekte kaufen oder bestimmten Aktivitäten nachgehen könnt.
Ein technisches Desaster
Natürlich könnten wir an dieser Stelle viel mehr in die Details gehen und die Aspekte beleuchten, die Sims 3 besonders machen. Doch schon nach kurzem Anspielen stellten wir leider fest: Die Sims 3 ist seine Verpackung nicht wert und hat das Seal of Quality von Nintendo wohl nur ergattern können, weil die Disc die Konsole nicht direkt kaputtmacht. Es ist also eher unsere Pflicht, euch viel genauer über die technischen Fehler des Titels aufzuklären.

Fangen wir bei der Steuerung an. Hier wurde wieder genau der gleiche Fehler gemacht wie schon bei bisherigen Sims-Titeln für die Wii: anstelle einer sinnvollen, kontextabhängigen Steuerung mit dem Pointer der Wii-Fernbedienung nutzt man eine Knopfsteuerung, die euch in vielen Spielsituationen, insbesondere aber im Bau-Modus vor den Kopf stößt oder, um es prägnanter auszudrücken, euch ins Gesicht schlägt. Auch wenn es Hilfseinblendungen gibt, verdrückt man sich ständig, weiß nicht genau wie die Menüführung aufgeschlüsselt ist und ist unglaublich froh, wenn man etwas so hinbekommen hat, wie man es sich vorgestellt hat. Kommt dann doch mal der Pointer zum Einsatz, beispielsweise bei der Sim-Erstellung, dann sind die Schaltflächen viel zu klein, man erkennt gar nicht, was man gerade ausgewählt hat, und landet irgendwann dabei, reihenweise alle Optionen durchzuprobieren.
Viel Schlimmer als die Steuerung sind die Grafik und deren technische Umsetzung geraten. Schon im Sim-Editor fallen einem die horrenden Ladezeiten auf. Jede einzelne Kleidungsänderung hat einen mehrsekündigen Ladeprozess zur Folge, die Wii-Konsole und die Disc rattern, was das Zeug hält, und werden zum Ersatz für die Hintergrundmusik. Während unseres kompletten Testspiels ratterte die Konsole unaufhörlich und musste nachladen. Befindet man sich auf einer Erkundungstour durch die Stadt, kann man sich an detailarmer Umgebung und merkwürdigen Pop-Ups gar nicht sattsehen. Ebenfalls einsame Spitze sind die Texturen, die quasi kontinuierlich nachgeladen werden und eure karg gestaltete Umgebung ausmachen. Beispielsweise seht ihr am Horizont einen großen Breihaufen, der erst dann zu einem Haus wird, wenn ihr wirklich davor steht und das Spiel die entsprechenden Texturen nachgeladen hat. Und selbst dann sieht es immer noch schrecklich aus, weil die Texturen maximal Dreamcast-Qualität haben und das Spiel dank fast komplett fehlender Licht- und Schatteneffekte einfach unglaublich hässlich ist. Zusätzlich ruckelt es in bestimmten Situationen, vorrangig aber im Bau-Modus. Oft ist es sogar so, dass es für mehrere Sekunden einfriert, einfach nur, weil wieder irgendetwas nachgeladen werden muss.

Einen Mehrwert in Sachen Inhalt gibt es dafür natürlich nicht. Im Gegenteil: Die Stadt ist wie tot und man sieht kaum andere Sims auf den Straßen, entweder weil es keine gibt, oder (man kann es leicht erraten) weil das Spiel die Sims noch nicht nachgeladen hat. Ist aber auch besser so, da man sonst mit kleinen Spielefehlern konfrontiert wird, beispielsweise wenn Sims Türen blockieren und ihr nicht in das Haus kommt. Und außerdem bleiben einem dann die blöden Charakteranimationen erspart.
Klanguntermalung gibt es bei den Sims auch. Neben einer schönen Melodie im Hauptmenü und im Sim-Editor ist damit aber auch das ganze Potential ausgeschöpft und innerhalb des Spiels muss man ohne Musik auskommen und sich mit einer Hand voll Soundeffekten begnügen. Wenn eure Sims essen, gibt es dabei genau zwei Geräusche, die in Dauerrotation abgespielt werden. Es gibt unglaublich viele Momente, in denen man das Spiel aus dem Fenster werfen möchte. Je tiefer man sich mit Die Sims 3 befasst, desto mehr paradoxe Designfehler tun sich auf. Da überrascht es nicht, dass man ab und zu auch über eine Unausgewogenheit im grundsätzlichen Spielkonzept stolpert. Es ist unglaublich schwer, sich für dieses Spiel länger als 15 Minuten zu begeistern, denn alles fühlt sich an wie eine fehlerhafte Alpha-Version mit temporären Grafiken.
Fazit: Bei unserem kürzlichen Test zu Harry Potter und die Heiligtümer des Todes fragten wir uns bereits, was da bei EA bloß los sein mag. Nach Die Sims 3 wissen wir es jetzt ganz genau: Offenbar hat man die Jungs und Mädels aus der Qualitätskontrolle entlassen und ist sich nicht zu schade, den Ruf seiner Marken nachhaltig zu schädigen. Sims-Titel auf Wii waren mit Ausnahme der MySims-Reihe ja noch nie für herausragende Qualität bekannt, aber dieser Titel reißt dem leckenden Fass nun endgültig den Boden raus. Haufenweise technische Fehler, Grafikbugs, schlechte Texturen dominieren dass Spiel so sehr, das Spielspaß gar nicht erst aufkommen kann. Finger weg! Falls aufmerksamen Lesern der etwas abgehackte Stil in diesem Review aufgefallen ist: das liegt leider daran, dass das Spielen von Sims 3 selbst ein sehr abgehacktes Erlebnis ist.
Von Lars Peterke
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| Wertung für das Spiel Die Sims 3 | |
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| 2.7 | Grafik Miese Dreamcast-Grafik ohne Effekte paart sich mit vielen Bugs und technischen Fehlern. Absolut inakzeptabel. | |
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| 4.6 | Sound Während des Spiels kaum Musikuntermalung, dafür aber nervige Soundeffekte | |
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| 5.0 | Steuerung Von allen denkbaren Varianten zur Steuerung hat sich EA die unpassendste ausgesucht. Der Bau-Modus ist eine Qual. Teils undurchsichtige Strukturen verschlimmern die Navigation zudem noch weiter. | |
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| 2.5 | Gameplay Wie viel Spaß macht ein Spiel mit schlechter Grafik, nicht nennenswerter Vertonung, unpassender Steuerung und vielen, vielen technischen Fehlern? Keinen. | |
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| 3.0 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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