Review von Tim Herrmann (mail) | 30.11.2010
Die fast unendliche FlingSmash-Geschichte: Auf der Herbstkonferenz 2008 wurde das Spiel unter dem Namen SpanSmasher erstmals Seite an Seite mit Titeln wie Sin & Punishment 2, Dynamic Slash oder Cosmic Walker angekündigt. Im Laufe der Jahre verschwanden die meisten dieser Titel dann völlig von der Bildfläche, wurden teilweise eingestampft oder schafften es nie aus Japan heraus und auch SpanSmasher sah man nach dem Oktober 2008 nicht wieder. Erst auf der E3 2009 präsentierte Nintendo das Spiel dann wieder einmal, neben Titeln wie New Super Mario Bros. Wii oder Sin & Punishment 2 verblasste das kleine Ping-Pong-Flipper-Konzept aber völlig. Und dann verschwand es auch schon wieder, bis es Ende des letzten Jahres erneut auftauchte. In der Zwischenzeit wurde das Spiel für Wii MotionPlus angepasst und sollte 2010 erscheinen. Es folgten zahlreiche Verschiebungen und eine Namensänderung, doch schlussendlich schafft es der Titel nun im November 2010 in die Regale, zwei Jahre nach der Ankündigung – zwei Jahre Entwicklungszeit: Da muss doch etwas Anständiges herausgekommen sein?
FlingSmash mit Wii-Remote Plus - oder Wii-Remote Plus mit FlingSmash?
Der wohl wichtigste Aspekt steckt außerhalb des eigentlichen Spiels: Denn FlingSmash gibt es im Laden nur zusammen mit der Wii-Fernbedienung Plus in Schwarz zu kaufen. Die Wii-Fernbedienung Plus ist im Prinzip das, was die Wii-Fernbedienung 2006 hätte sein sollen: Die Maße des Controllers sind exakt die der ganz alten Version, allerdings sind die 1:1-Sensoren von Wii MotionPlus diesmal schon integriert. Um Titel wie Wii Sports Resort oder Red Steel 2 spielen zu können, muss man nun also nicht mehr den kleinen Block aus dem letzten Jahr an den Controller anschließen.

Doch obwohl dem Spiel ein ganzer Controller beiliegt, der allein 49,99€ kostet, wird für das ganze Paket genauso viel wie für die einzelne Wii-Remote Plus veranschlagt. Es stellt sich also eine Frage: Wer ist hier das Extra von wem? Bei allen bisher exklusiv für Wii MotionPlus erschienenen Titeln (also allen beiden…) wurde ein Bundle mit dem Sensor angeboten – allerdings eine Weile nach Release auch optional: Red Steel 2 gab es auch einzeln zu kaufen, schließlich war davon auszugehen, dass einige den Sensor bereits besitzen. Davon ist bei FlingSmash erst Recht auszugehen, allerdings gibt es diesen Titel ausschließlich im Bundle mit dem Controller – ob man Wii MotionPlus nun schon besitzt oder nicht. Und die Vermutung liegt nahe, dass das lange entwickelte Wii-Projekt von Nintendo letztendlich nur Mittel zum Zweck ist, um ein paar weitere Controller unter die Leute zu bringen.
Irgendwie billig
Schon sehr schnell nach dem Spielstart merkt man, dass die mindestens zwei Jahre Entwicklungszeit nicht für opulente Präsentationen, Feinarbeiten und Detailschliffe genutzt wurden, sondern durch das ständige Umstoßen und Neuerrichten des Spielprinzips verstrichen sind – von einem actionreichen Flipper hin zu einem präziseren Geschicklichkeitsspiel mit Wii MotionPlus. Um es mit harten Worten zu formulieren: FlingSmash macht zu keiner Sekunde den Eindruck, dass wirklich viel Budget, Zeit und Mühe für die Entwicklung verwendet wurde. Es wirkt größtenteils einfach billig.
Das beginnt mit der Einleitungssequenz, in der in Standbildern und kurzen Textkästen irgendeine Geschichte herbeigezaubert wird, an deren Ende herauskommt, dass die einzige Rettung einer mysteriösen Insel (und damit natürlich der ganzen Welt) ein grinsender, gelber Flummy namens Topi ist. Und das geht weiter mit dem eigentlichen Gameplay, das ausschließlich daraus besteht, den Springball mit gezielten Schwüngen der Wii-FB Plus in eine Richtung zu pfeffern und ihn Blöcke – im Optimalfall Punkteblöcke – zertrümmern zu lassen. Ein schlechtes, langweiliges und uninspiriertes Spiel, also?

Viele Ideen in simpler Verpackung
Nein, ein schlechtes Spiel ist FlingSmash nicht. Nur ein extrem simples und ziemlich dünn gestricktes. Die Entwickler von Artoon waren nicht so töricht zu glauben, dass ihr „Wirf den Flummy“-Prinzip über eine ganze Spieldauer begeistern kann. So wurden viele zusätzliche Ideen und Details eingebaut, die das von rechts nach links (für Linkshänder auch andersherum) scrollende Gameplay ein wenig würzen. Topi muss Medaillen einsammeln, Punkteblöcke in bestimmter Reihenfolge treffen, Gegner wegsmashen und Symbole einsammeln, die ihm für kurze Zeit Spezialfähigkeiten verleihen. Ab und zu wird der Spieler auch in kurze Intermezzos geworfen, in denen er Blöcke in einer ganz bestimmten Reihenfolge zerschmettern muss und dafür Extrapunkte bekommt. Zwischendurch leuchtet der Flummy immer wieder rot auf. Wird er dann in eine Richtung beschleunigt, gibt es einen Super-Smash, der gleich mehrere Blöcke auf einmal zertrümmert. Mit dem A-Knopf wird Topi aus seiner Flugbahn gerissen und es ermöglicht sich ein Schwung in eine andere Richtung. Zusätzlich zu diesen Ideen innerhalb des Levelablaufs wird der Spieler auch in fast jeder Welt mit einer durchgängigen Besonderheit konfrontiert. Mal ist Topi ein massiver Metallblock, mal ist er winzig klein und dadurch noch quirliger. Dadurch ändert sich auch das Spielgefühl und bringt zumindest für ein paar Minuten Abwechslung.
Im Zentrum des Gesamtkonzeptes stehen immer die Punkte. Am Ende eines jeden Levels wird nämlich zusammengezählt und abgerechnet. So vergibt das Spiel anhand der erreichten Punktzahl einen Rang (S, A, B, C) und ordnet die Leistung in eine Rangliste ein – Online-Highscores gibt es aber nicht. Besondere Geheimnisse, Herausforderungen, Gefahren oder alternative Wege durch den Level sind ebenfalls nie vorhanden – abgesehen von ein paar Stellen, an denen zwei Wege möglich sind, die letztendlich aber wieder in einen münden. Es geht allein um ein Maximum an erreichbaren Punkten. Das nimmt dem Spiel natürlich einiges an spielerischer Vielfalt und reduziert es auf eine reine Punktehatz – eindeutig ein Relikt aus Anfangszeiten des Titels, als Wii MotionPlus noch nicht unterstützt wurde. Damals war mit der Wii-Fernbedienung noch keine solche Präzision möglich und man setzte auf möglichst wildes Blockzerschmettern. Hier wurde die Umsetzung auf den 1:1-Sensor nicht ganz zu Ende gedacht, denn er ermöglicht noch viel mehr Gameplay-Elemente und -Ideen. Doch offenbar waren die Entwicklungszeit und das –Budget schon erschöpft, als sich diese Möglichkeiten auftaten.
Ein Präzisionsflummy?
FlingSmash ist das dritte Spiel für Wii, das ausschließlich mit den 1:1-Fähigkeiten von Wii MotionPlus funktioniert. Daher wird es auch maßgeblich an seiner Umsetzung der 1:1-Steuerung gemessen. An der Bewegungserkennung und der –Umsetzung gibt es fast nichts zu meckern: Ein Symbol unten links in der Ecke zeigt die Lage des Controllers permanent in Echtzeit an und es wird auch jede kleine Neigung erkannt und umgesetzt. Voraussetzung ist natürlich, dass man sich als Spieler über die 1:1-Fähigkeiten bewusst ist und nicht in simples Schütteln verfällt, worauf das Spiel ursprünglich zweifellos ausgelegt war. Durch wildes Schütteln ist Wii MotionPlus auch schnell dekalibriert, was allerdings glücklicherweise durch simples Zeigen auf den Bildschirm automatisch und ohne Unterbrechnung wieder behoben wird.

Etwas anders sieht es bei der Umsetzung der physikalischen Seite und deren Auswirkungen auf das Gameplay aus. Wer schonmal einen Flummy durch einen geschlossenen Raum geworfen hat, wird bemerkt haben, dass er nach dem ersten Aufprall einfach macht, was er will, und wild durch den Raum flitzt. Bei FlingSmash ist es nicht viel anders. Nachdem man dem Ball einmal mit einem gezielten Schwung eine Richtung gegeben hat, fliegt er danach sowieso ganz andere Wege. Dadurch wird immer wieder ein Stoppen mit dem A-Knopf und ein neuer Schwung nötig, wenn man wirklich auf Präzision pochen will. Wenn man das nicht will und nur darauf hofft, durch Zufall möglichst viele Punkte erkämpfen zu können, kann ein Spieler auch einfach ziemlich unkoordiniert schütteln. Und hier liegt eine Schwäche, denn 1:1-Steuerung muss sich dadurch auszeichnen, dass sie eine gewisse Genauigkeit voraussetzt. Schütteln muss verboten werden.
Das Spiel mit der Sehnenscheidenentzündung
Neben dem eigentlichen Story-Modus, der aus acht Welten mit jeweils drei Stages und einem Bosskampf besteht, werden noch einige zusätzliche Inhalte geboten. Und die sind auch bitter nötig, denn wer sich nicht um möglichst viele S-Ränge schert und lieber schnell vorankommen möchte, kann das Spiel in knapp drei Stunden durchspielen. Wohl der Hauptgrund dafür, warum Nintendo dem Titel einen Controller beigelegt hat.
Diese Extras präsentieren sich in Form von Minispielen. Acht Stück gibt es davon, sie werden freigeschaltet, wenn in jeder Stufe einer Welt mindestens der A-Rang erreicht wird. Im Kern bestehen diese Minispiele allerdings nur aus kurzen Abschnitten, die man so auch im eigentlichen Gameplay finden könnte: Möglichst viele Blöcke in möglichst kurzer Zeit zerstören, möglichst schnell mit Kanonen durch die Gegend flitzen.
Weil halbes Leid geteiltes Leid ist, kann man sich die Sehnenscheidenentzündung, vor der man sich nach den ständigen ruckartigen Bewegen des Controllers in Acht nehmen sollte, auch zusammen mit einem Freund oder einer Freundin holen. Denn FlingSmash ist auch komplett kooperativ spielbar, wobei Spieler 2 dann die Kontrolle über Topis kleine Flummyfreundin übernimmt. Sehr schnell verliert man aber den Überblick, wer denn eigentlich wen steuert. Für heilloses Party-Durcheinander erfüllt der Modus aber seinen Zweck.Fazit: FlingSmash ist durch und durch „nett“. Als das, was es sein will, macht es nicht besonders viele Fehler und sorgt für unkomplizierte, sehr seichte Unterhaltung zum Gehirnabschalten. Es ist ein actionreiches, wildes Arcade-Spiel, wie man es von der Grundidee her schon von uralten Flipper-Automaten kennt: Auch hier war es kaum möglich, die flippende Kugel zu kontrollieren und auch FlingSmash artet trotz MotionPlus-Unterstützung sehr schnell in heillose Kontrolllosigkeit aus. Der Grund, warum das Spiel mit der Wii-Remote Plus verkauft wird, liegt indes auf der Hand: Als Standalone-Titel ist es schlicht nicht überlebensfähig, nicht einmal zum Budget-Preis. Der Umfang ist zu gering, das Spielprinzip viel zu dünn und unergiebig. Nach ein paar Schwüngen hat man alles gesehen, auch wenn die Entwickler sich darum bemüht haben, den Spieler mit unterschiedlichen Ideen und Nuancen bei der Stange zu halten. Obwohl es sich mehr als zwei Jahre in Entwicklung befand, bleibt die Idee von FlingSmash von Grund auf seicht und vielleicht wäre Nintendo besser beraten gewesen, das Spiel einfach als WiiWare-Titel auf den Markt zu bringen. Wer aber sowieso eine schwarze Wii-Remote Plus kaufen wollte, wäre doof, das kostenlose Spiel, das nicht schlecht, sondern nur nett ist, im Laden stehen zu lassen.
Von Tim Herrmann
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| Wertung für das Spiel FlingSmash | |
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| 7.0 | Grafik Quietschbunte 2D-Grafik, die mit keinen Aha-Elementen aufwartet, dafür aber auch ohne Slowdowns auskommt und auch ansonsten keine groben Fehler aufweist. | |
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| 7.2 | Sound Heiteres und sinnloses Geklimpere im Hintergrund mischt sich mit wildem Gequieke und ergibt damit ein Gesamtbild, das den Charakter des Spiels gut unterstreicht. | |
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| 7.0 | Steuerung Zwar wurden einige Elemente noch auf Wii MotionPlus ausgelegt, der Großteil des Spiels basiert aber noch auf dem Konzept mit dem alten Controller. So artet die Steuerung viel zu oft in heilloses Durcheinander aus, auf das der Spieler mit seinen Präzisionsschwüngen gar keinen Einfluss mehr hat. | |
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| 5.8 | Gameplay Die Idee ist so dünn, dass sie selbst auf WiiWare ums Überleben hätte kämpfen müssen. Als Disc-Titel bietet der Titel schlicht und einfach trotz der vielen Nuancen und Ideen nicht genug, um lange genug zu unterhalten, und wird relativ schnell langweilig. | |
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| 6.6 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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