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TrackMania Wii
Review von Andreas Held (mail) | 25.11.2010
Es war einmal im Jahre 2003. Ein kleiner, französischer Entwickler namens Nadeo veröffentlichte auf dem PC einen Titel namens TrackMania, der schnell eine treue Fanbase um sich scharen konnte. Hauptmerkmal des Titels waren ein Streckeneditor und viele weitere Möglichkeiten für Mods und von Usern erstellte Inhalte. Der Kommerz stand dabei im Hintergrund; viele der PC-Titel sind sehr günstig zu haben, und der dritte Teil der Serie, TrackMania Nations, wurde sogar als Freeware veröffentlicht. Erst nach dem Kauf von Ubisoft im Oktober 2009 wurde Nadeo vergrößert - es folgten die Ankündigungen neuer Spiele wie QuestMania und ein DS-Ableger der TrackMania-Serie. Trotz der sehr mäßigen Verkaufszahlen auf dem Handheld folgte nun auch eine Wii-Version.

Rennspiel oder Geschicklichkeitstest?

TrackMania als Rennspiel zu beschreiben, wird dem Titel eigentlich nicht gerecht. Weder mit Simulationen wie Gran Turismo noch mit Arcade-Racern wie Need for Speed ist der Titel annähernd zu vergleichen - Inspiration war wohl eher das 1990 von Broderbund Software veröffentlichte 4D Sports Driving, welches schon damals mit den gleichen Features aufwartete (bis heute gibt es kleine, in den Anfangszeiten des Internets erstellte und fast nur aus unformatiertem Text bestehende Homepages, auf denen Spieler ihre Strecken zum Download anbieten).



In TrackMania rast der Spieler auf einer kurzen Strecke meist von A nach B, selten müssen auch zwei Runden auf einem Ring gefahren werden. Das Streckendesign ist dabei sehr haarsträubend - obwohl die Fahrzeuge an reale Fahrzeuge angelehnt sind, erinnern die Strecken eher an etwas, das man in F-Zero finden würde. Loopings, Korkenzieher, Über-Kopf-Sektionen und riesige Sprünge stehen hier auf dem Programm. Der Spieler darf sich in drei Spielmodi an diese Strecken heranwagen: Im Renn-Modus müssen bestimmte Zeitvorgaben geschlagen werden, um dann entweder eine Gold-, Silber- oder Bronzemedaille zu erweben. Im Puzzle-Modus gilt dies ebenso, allerdings müsst ihr vorher die Strecke erst im Editor fertig bauen und die zur Verfügung stehenden Streckenteile möglichst geschickt platziern. Im Platform-Modus geht es einfach nur darum, in's Ziel zu kommen - je weniger Fehlversuche ihr dabei anhäuft, desto edler ist das Metall, mit dem eure Leistung am Ende belohnt wird. Insgesamt bietet die Wii-Version von Trackmania ca. 200 Strecken, von denen ein sehr großer Teil im Renn-Modus befahren wird.

Neben den Strecken hat TrackMania aber noch ein paar weitere herausragende Features. Eines davon sind die verschiedenen Renntypen. Der Titel bietet insgesamt sechs Gebiete (Stadium, Island, Desert, Snow, Rally und Coast), die sich in ihrem Aussehen, Streckendesign und dem Fahrverhalten des entsprechenden Fahrzeugs extrem unterscheiden. Im Stadion und auf der Insel fahrt ihr mit sehr hohen Geschwindigkeiten durch Loopings. Der Wagen im Stadion hat viel Grip, während es auf der Insel eher auf gekonnte Drifts ankommt. In der Wüste und im Schnee windet ihr euch mit eher langsamen Wagen durch enge Strecken; in den Rallys und vor allem im Küstengebiet ist das Fahrverhalten dagegen eher realistisch und es ist eine gute Fahrtechnik gefragt. TrackMania unterstützt auf Wii sogar das Wii Wheel, welches überraschend gut funktioniert. Wie bei den meisten Spielen, die mit einem klassischen Steuerungsschema daherkommen, ist das Spielgefühl aber mit dem Classic Controller am besten. Ganz Rennspiel-untypisch ist die wohl beste Steuerungsvariante sogar die ganz klassische Variante mit den Face-Buttons und dem Steuerkreuz, da es in TrackMania vor allem auf blitzschnelle Reflexe und Korrekturen der Fahrtrichtung ankommt, weshalb eine möglichst schnelle Reaktionszeit am allerwichtigsten ist.

Ebenfalls auffällig ist der Schwierigkeitsgrad. Die Tatsache, dass die Entwickler in allen Versionen des Spiels einen Knopf zum Neustart des Rennens gleichwertig zu Gas und Bremse auf dem Joypad platziert haben, spricht Bände. Die meisten Strecken in TrackMania sind nur etwa 30 bis 60 Sekunden lang, aber dafür braucht es oft dutzende Versuche, um diese mit einer guten Zeit zu absolvieren. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle: Das Streckendesign selbst, durch das man ab der zweiten Hälfte des Spiels ohne Streckenkenntnisse nicht mal mehr in's Ziel kommt; die Steuerung, die bei allen Fahrzeugen gleichermaßen sehr sensibel und direkt ist, wodurch selbst kleine Ungenauigkeiten zu groben Fahrfehlern führen können; und oft auch die Zeitvorgaben, denn meistens bedeutet eine Berührung mit der Streckenbegrenzung oder ein zu starkes Abbremsen, dass man keine Chance mehr auf die Goldmedaille hat. Ähnlich wie im bekannteren Trials HD muss man eine Strecke also immer wieder neu starten, wodurch sich trotz der kurzen Fahrzeit für ein einzelnes Rennen schnell sehr viel Spielzeit anhäuft. Trackmania Wii ist aber deutlich einfacher als die mörderisch schweren PC-Titel. Die Strecken sind gleichmäßig auf die vier Schwierigkeitsgrade verteilt, und während die Vorgänger oft schon auf dem (angeblich) einfachen Schwierigkeitsgrad sehr fordernd wurden, wird die Wii-Version erst gegen Ende fies. Selbsternannte Hardcore-Fans mögen sich nun brüsten und behaupten, dass die Wii eine "Casual-Version" der Franchise bekommen habe. Fakt ist aber, dass der Schwierigkeitsgrad in der Wii-Version sehr gut ausbalanciert ist und angemessen fordert.



Eine Online-Community auf Wii?
Dass ein Titel, der auf dem PC vor allem von seiner Modding-Community lebt, in einer Konsolen-Version Rückschritte machen muss, sollte klar sein. TrackMania Wii bietet Online-Modi sowohl für Ranglistenspiele als auch für Rennen unter Freunden. Da es fast unmöglich ist, in einem einzelnen Versuch eine gute Zeit hinzulegen, sind die Regeln diesmal etwas anders: Je nach Spielmodus habt ihr entweder begrenzt viel Zeit zur Verfügung, in der ihr das Rennen beliebig oft neu starten könnt, oder ihr müsst in einer vorgebenen Anzahl von Versuchen eine Bestzeit hinlegen. Eure schnellste Zeit wird dann am Ende gewertet und mit den Zeiten der anderen Spieler verglichen. Dabei fährt jeder für sich, von anderen Spielern sind nur Geister zu sehen, sodass Kollisionen ausbleiben und Lag, wenn er mal auftritt, kaum eine Rolle spielt. Das Problem ist eher, dass aktuell kaum jemand den Titel spielt und man deshalb selten einen Mitspieler findet; wenn überhaupt, kommen dann nur Duelle zustande. Trotzdem haben ein paar gelangweilte Kinder bereits die Online-Rangliste gehackt und sich selbst auf die Spitzenpositionen gesetzt.

Noch schmerzhafter ist allerdings, dass es keine Plattform zum Austausch selbsterstellter Strecken gibt. Der Editor ist auf Wii einigermaßen intuitiv zu bedienen - mit dem Nunchuk dreht und positionert ihr die Kamera, während mit dem Pointer der Remote Streckenabschnitte platziert werden. Der Editor stellt euch dabei viele Bausteine zur Verfügung, die ihr beliebig miteinander kombinieren könnt. Ist die Strecke fertig, legt ihr die Zeiten für Gold, SIlber und Bronze fest und müsst schließlich noch die Gold-Zeit schlagen, um zu beweisen, dass eure Strecke auch machbar ist. Wer seine Strecke dann mit der Welt teilen will, hat aber Pech gehabt - Nintendo hatte wahrscheinlich zu viel Angst davor, dass sich irgendwo auf der Welt ein Sechsjähriger eine phallusförmige Rennstrecke auf seine Wii lädt und dadurch sein Leben zerstört wird. Daher dürfen Strecken nur an vorher per FriendCode registrierte Nutzer geschickt werden. Das Problem dabei ist, dass man im Umkehrschluss auch nicht an die Strecken anderer Nutzer herankommt. Wer sich regelmäßig neue Strecken anderer Spieler herunterladen will, um somit den Wiederspielwert drastisch zu erhöhen, muss also leider auf die PC-Version zurückgreifen.



Holprige technische Umsetzung
Grafisch ist TrackMania Wii überraschend schick. Die Strecken überzeugen, trotz ihrer bizarren Layouts, mit vielen schönen Details - viele dekorative Elemente, die im Editor zur Verfügung stehen, ermöglichen das. Einziges Problem dabei ist, dass die Framerate oft deutlich spürbare Einbrüche verzeichnen muss, was gerade bei einem Rennspiel, in dem es auf Schnelligkeit und Genauigkeit ankommt, sehr ärgerlich ist. Ebenfalls ärgerlich sind die Ladezeiten und das Fehlen eines Buttons, mit dem man ohne Zwischenstopp auf die nächste Strecke wechseln kann. Stattdessen muss man zehn Sekunden lang warten, bis das Menü geladen wurde, die nächste Strecke auswählen und weitere fünfzehn Sekunden lang warten, bis es endlich los geht. Gerade auf den beiden leichteren Schwierigkeitsgraden, auf denen man die Goldmedaille oft mit wenigen Versuchen bekommt, stört das den Spielfluss enorm.

Während Motorengeräusche und Soundeffekte für einen Arcade-Racer angemessen sind, schreit die Hintergrundmusik förmlich "Low Budget". Meistens besteht diese einfach aus ein paar Soundsamples, die kaum drei Sekunden lang sind und in einer ständigen Schleife wiederholt werden. Ab und zu wird dann mal ein Sample hinzugefügt, entfernt oder ausgetauscht - fertig. Das alles ist aber nichts im Vergleich zu dem, was euch im Küstengebiet erwartet. Bevor ihr hier Rennen fahrt, solltet ihr die Hintergrundmusik dringend abstellen.

Fazit:
TrackMania auf Wii macht generell gesehen nicht viel falsch. Was dem Spiel in erster Linie fehlt, ist ein Kaufgrund: Für sich betrachtet ist der Titel natürlich ein gutes Rennspiel, aber wenn man etwas zur Seite schaut und TrackMania United Forever 2011 sieht, das auf dem PC für 9,99€ released wurde, neben 400 Strecken alle Online-Features und Möglichkeiten zum Modding bietet und dank genügsamer Hardwareanforderungen selbst auf fünf Jahre alten PCs problemlos laufen sollte, fällt es schwer, die vier mal so teure Wii-Version wirklich zu empfehlen. Es bleibt der Beigeschmack, dass der Publisher mit der Wii-Portierung einfach nur schnelles Taschengeld verdienen wollte. Diese Portierung ist dank des guten Originals natürlich immer noch ein gutes Spiel, das aber aufgrund der technischen Schwächen und der mangelhaften Online-Features hinter dem Potential zurückbleibt, das die Serie auf dem PC schon entfaltet hat. Für sich allein genommen ist aber auch die Wii-Version von TrackMania ein guter Arcade-Racer, der erfrischend unkonventionell daherkommt und dank seines Umfangs und seines Schwierigkeitsgrads durchaus sein Geld wert ist.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel TrackMania Wii
Wertungen Beschreibung
6.5Grafik
Schicke Details, aber starke Framerate-Einbrüche stören den Gesamteindruck.
4.5Sound
Angemessene Soundeffekte, billige bis grauenhafte Hintergrundmusik.
8.5Steuerung
Die Steuerung funktioniert prima und ist gewollt sensibel und direkt, was Fahrfehler provoziert, den Reiz des Spiels aber gerade ausmacht.
7.5Gameplay
Viel Umfang und ein hoher, aber gut ausbalancierter Schwierigkeitsgrad. Für sich genommen ein guter Titel, der aber weit hinter der PC-Version zurückbleibt.
7.2Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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