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Mario Strikers Charged Football
Review von Andreas Held (mail) | 27.05.2007

Vor einer Woche endete die aktuelle Saison der deutschen Bundesliga. Meister wurde nicht der FC Bayern. Wer auch in der Sommerpause nicht auf den Sport um das runde Leder verzichten möchte, bekommt von Nintendo mit Mario Strikers Charged Football die etwas andere Alternative gestellt: Hier liefern sich Teams, bestehend aus einem Mannschaftskapitän, drei Feldspielern und einem Torwart, verbitterte Matches, die, sagen wir, nicht ganz regelkonform sind. Feldspieler werden in Elektrozäune gestoßen, beharken sich mit Schildkrötenpanzern und der Torwart lässt jeden Stürmer, der in seine Nähe kommt, diesen Fehler bitter bereuen. Das alles ist jedoch ein alter Hut für diejenigen, die bereits den Vorgänger auf dem Gamecube gezockt haben; die eigentlichen Fragen sind also: Wie funktioniert die Steuerung mit der Wii-Remote, welche Neuerungen gibt es und, vor allem, funktioniert der Onlinemodus?

Wiimake oder Neuentwicklung?
Tatsächlich wirken die beiden Spiele, also die Version auf dem Gamecube und Mario Strikers Charged, auf den ersten Blick identisch. Außer ein paar neuen Spielern gibt es keine offensichtlichen Neuerungen. Die Entwickler von Next Level Games haben jedoch einige weniger tiefgreifende Änderungen am Spielkonzept vorgenommen.
Zum einen kann der Ball nun nicht nur durch Schüsse, sondern auch im Vorfeld aufgeladen werden. Durch schnelles Passspiel verfärbt sich der Ball von lila über rot und gelb zu weiß - wird das Spiel ruhiger, ändert er seine Farbe sehr schnell wieder in die entgegengesetzte Richtung. Mit einem gelben oder weißen Ball sind die Erfolgschancen bei einem direkten Torschuss insgesamt höher. Trotzdem führen diese Angriffe, sogar die Steilpässe, welche im ersten Teil die sicherste Methode zum Torerfolg waren, nur noch sehr selten zum Erfolg. Stattdessen wurde der Fokus eindeutig auf Trick- und Megaschüsse verlagert.
Trickschüsse werden von den Teamkameraden ausgeführt, und jede Figur verfügt über einen eigenen. Einige führen garantiert zum Torerfolg, andere betäuben den Torwart und schaffen die Gelegenheit für einen sicheren Nachschuss, und wieder andere müssen aus einer bestimmten Entfernung abgegeben werden, damit sie treffen. Das Prinzip der von den Mannschaftskapitänen abgefeuerten Megaschüsse, welche im Vorgänger beim richtigen Timing nicht nur garantiert zum Erfolg führten, sondern sogar doppelt zählten, wurde leicht verändert. Je nachdem wie lange dieser Schuss aufgeladen wird, fliegen drei bis sechs Bälle in Richtung des gegnerischen Tores. Nun ist es Aufgabe des angegriffenen Spielers, die Wii-Remote in die Hand zu nehmen und mit der Pointerfunktion Kritters Hände zu steuern, um möglichst viele der Bälle zu halten. Prinzipiell spielt sich dieses Minigame wie eine Sequenz aus einem Lightgun-Shooter, in der vom Gegner abgeschossene Raketen abgewehrt werden müssen. Außerdem ist dies, zusammen mit den Blutgrätschen, die durch ein Schütteln der Wii-Remote initiiert werden, die einzige Stelle des Spiels, an der die Funktionen der Wii-Remote ausgenutzt wurden - der Rest spielt sich klassisch mit vier Tasten und dem Analogstick des Nunchuks. Je nachdem, wie gut der angreifende Spieler den Megaschuss getimt hat, wird es fast unmöglich, diese Bälle abzuwehren. Im Extremfall könnt ihr also mit einem Schlag sechs Gegentore kassieren - oder selbst sechs Tore schießen.


Eine letzte kleine Änderung gibt es bei den Items und den Spielfeldern. Erstere funktionieren prinzipiell wie im Vorgänger, jedoch können die Mannschaftskapitäne in manchen Fällen auch ihre Spezialfertigkeiten einsetzten, die das Spiel stark aus der Balance bringen. Mario und Luigi können beispielsweise auf ein vielfaches ihrer Größe anwachsen und sind dann unantastbar - eine gute Chance also, einen Megaschuss aufzuladen und, wie bereits erwähnt, sechs Tore auf einmal zu schießen.
Auch die Spielfelder haben nun alle unterschiedliche Eigenschaften, die sich sowohl auf den Ball als auch auf die Spieler auswirken können. Im Schlammloch ist kaum ein Passspiel möglich, da der Ball im Matsch stecken bleibt; Im Ödland hingegen stürzen sich ständig Wummps auf die Spieler herab. Mein Favorit ist jedoch die Gewitterinsel, auf der ein starker Wind herrscht, der nicht nur das Flugverhalten des Balls stark beeinflusst, sondern auch mal eine Kuh oder einen Traktor quer über das Spielfeld wehen kann.
Ob diese Änderungen nun gut oder schlecht sind, muss jeder für sich selbst entscheiden. Die Sidekicks sind nun ebenfalls wertvolle Spieler, da sie durch die Trickschüsse sehr gute Torchancen haben. Auch die Änderung bei den Superschüssen ist wohl eher sinnvoll, da sie nur sehr selten ausgeführt werden können, und es selbst dann noch häufiger vorkommt, dass das Timing daneben geht und der gegnerische Torwart alle Bälle halten kann. Meiner Meinung nach nimmt es dem Spiel jedoch sehr viel Dymanik, da quasi nur noch durch aufgeladene Schüsse Tore entstehen, die dann eher vorhersehbar sind. Ein aus dem Chaos entstandener Verzweiflungsschuss führt fast nie zum Erfolg, aber gerade diese Szenen waren es, die den Vorgänger für mich besonders ausgemacht haben.
Wie zu erwarten war, wurde dem Single-Player-Modus wieder fast gar keine Beachtung geschenkt. Mit drei Pokalen, die aus einer Vorrunde, einer Finalrunde und dem Endspiel gegen einen freischaltbaren Charakter bestehen, bietet das Spiel hier gerade das Nötigste - auch die wenigen Szenarien, die von leichteren Aufgaben bis hin zu einem "Schieße mindestens sieben Tore in einem Spiel" reichen, machen den Braten nicht fett. Darüber hinaus wurde der Singleplayer ohnehin schlecht implementiert, da bei einer Niederlage in der Finalrunde die komplette Vorrunde neu gestartet werden muss, was später eine zweistellige Anzahl von Spielen bedeutet, die wiederholt werden müssen. Trotzdem ist Mario Strikers Charged mit mehreren Spielern natürlich immer noch ein tolles Spiel, welches gerade bei lokalen Multiplayerpartien immer, immer und immer wieder für bergeweise Spielspaß sorgen kann.

Eine mehrschneidige Klinge: Der Onlinemodus
Nun also zu dem Teil des Reviews, der wohl die meisten interessiert: Haben es die Jungs von Nintendo, die bisher ja nicht gerade für gutes Onlinegaming bekannt sind, geschafft, hier ein konkurrenzfähiges Produkt abzuliefern? Obwohl der Onlinemodus definitiv keine Katastrophe ist, lautet die Antwort leider dann doch eindeutig: "Nein".
Der allererste Faktor, der hier eine Rolle spielt, ist die Anonymität. Bei der Anmeldung registriert ihr ein Onlineprofil nur anhand eures Miis, und der Mii ist auch das einzige, was ihr von euren Gegnern sehen werdet. Ohne Voice-Chat ist es unmöglich, dem Gegner für gute Torschüsse zu gratulieren (denn es gibt noch ein paar weitere Kniffe, die zum Torerfolg führen, auf die ich hier nicht eingehen werde) oder wegen einer fiesen Aktion zu beschimpfen, was sich doch eher negativ auf den Spielspaß auswirkt. Die Rangliste ist ebenfalls eine einzige Fehlkonstruktion, da sich die Punktzahl eher aus der Anzahl der gespielten Spiele berechnet und es selbst für eine Niederlage noch Pluspunkte gibt. Obwohl ein Sieg deutlich mehr Punkte gibt, wird die Rangliste letztendlich von den Leuten dominiert werden, die die meiste Zeit vor ihrer Konsole verbringen - zumindest, bis sie am Ende jeder Woche zurückgesetzt wird. Im Vergleich zu Microsofts großartigem True-Skill-System zieht Nintendo hier eindeutig den Kürzeren. Dafür muss aber natürlich erwähnt werden, dass Nintendos Online-Angebot komplett kostenlos ist, im Gegensatz zu Xbox Live.

Wer mit Freunden spielen will, benötigt wie bei DS-Spielen erst mal deren Friendcodes, eine zwölfstellige Zeichenkombination, über die der Spieler identifiziert wird. Auch Personen, die bereits in der Freundesliste der Konsole gespeichert sind, müssen hier erneut gelistet werden. Nintendo hat sich, trotz ausschließlich schlechter Kritiken und der eigenen Versprechen, für dieses System entschieden. Freundschaftsspiele haben keine Auswirkungen auf eure Ranglistenpunktzahl.
Viel schlimmer sind jedoch die Server. Hier lässt sich zumindest sagen, dass bei einer guten Verbindungsqualität jederzeit lagfreies Spielen möglich ist - sofern ihr auf dem Server eingeloggt bleibt. Während die Onlineplattform am frühen Nachmittag des Releasetags noch einwandfrei funktionierte, ging die Performance in den Abendstunden immer mehr in den Keller - es folgten mehrere Verbindungsabbrüche, und für einige Stunden war Nintendos Server komplett unerreichbar. Es bleibt also zu hoffen, dass diese Fehler noch behoben werden können und das Spielen in Zukunft auch zu den Stoßzeiten möglich wird. Umso überraschender ist es, dass während der Spielserien selbst (es müssen immer zwei Spiele gewonnen werden, um den Gegner endgültig zu schlagen) nicht nur die Verbindung absolut stabil ist, sondern auch ohne die kleinsten Ruckler gespielt werden kann, sofern euer Kontrahent über eine ausreichend gute Internetanbindung verfügt.

Ein kleines Wort zur Technik
Grafisch hat sich seit dem Vorgänger nicht sehr viel getan. Die Stadien sind um einiges detaillierter, und auch die Spieler sind besser und abwechslungsreicher animiert. Trotzdem wäre das Spiel wahrscheinlich auch auf dem Gamecube möglich gewesen. Einige Grafikeffekte, wie etwa der Wind auf der Gewitterinsel, werten das Spiel jedoch zusätzlich auf, und insgesamt ist Strikers Charged im Vergleich zu anderen Wii-Spielen sicherlich nett anzusehen. Leider ist die Kamera diesmal sehr weit vom Spielgeschehen entfernt, was es je nach Konstellation unmöglich macht, den eignen Mannschaftskapitän von den Gegnern zu unterscheiden - beispielsweise dann, wenn es Yoshi mit grün gekleideten Gegnern zu tun hat. Ansonsten bleibt wie bei den lagfreien Onlinespielen zu sagen, dass das Spiel selbst dann ohne Ruckler läuft, wenn sich sechs Spieler im sichtbaren Bereich befinden, von denen zwei im Elektrozaun vor sich hin brutzeln, der Rest gerade mit Schildkrötenpanzern um sich wirft und gleichzeitig ein Blitz auf dem Spielfeld einschlägt - was in Mario Strikers übrigens total normal ist.
Beim Soundtrack hat man sich diesmal sehr viel mehr Mühe gegeben. Die Rockmusik im Intro hinterlässt bereits einen sehr guten Eindruck, und auch die sonstige Hintergrundmusik, die von den Klangfarben her immer zum aktuellen Stadion passt, kann überzeugen. Auch die Geräusche, die die Spieler von sich geben, sind wieder extrem witzig und werten das Spiel um einiges auf. Abgerundet wird das Ganze von einer ebenfalls sehr rockigen und anspornenden Musik, die einem Match, das durch ein Golden Goal entschieden werden muss, nochmal ordentlich einheizt.

Fazit:
Dass Mario Strikers Charged Football ein sehr gutes Spiel wird, war eigentlich sicher. Selbst ein Remake des Gamecube-Spiels wäre mit einem Schlag wohl das beste Multiplayer-Spiel für die Wii geworden. Abgerundet wird das ganze von einigen Neuerungen, die größtenteils sinnvoll sind. Für Multiplayerpartien im privaten Rahmen ist es also in jedem Fall ein Pflichtkauf, zumindest für Leute, die noch nicht im Besitz des Vorgängers sind. Was den Onlinemodus angeht, hängt Nintendo der Konkurrenz immer noch ein ganzes Stück hinterher, und so liegt es an den Spielern selbst, Friendcodes zu tauschen und sich in Communities mit eigenen Ranglisten zu organisieren, welche mehr Sinn machen. Während der Spiele funktioniert alles tadellos und es gibt keine Anzeichen von Lags, aber leider kam es am Abend immer häufiger zu Verbindungsabbrüchen, bis der Server schließlich komplett unerreichbar war. Falls Nintendo das noch hinbiegt, ist Mario Strikers Charged ein sehr empfehlenswerter Titel, der auch Spieler, die sich im privaten Rahmen eher selten mit mehreren Leuten vor die Konsole setzen, zufrieden stellen sollte.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Mario Strikers Charged Football
Wertungen Beschreibung
7.5Grafik
Auch in Extremsituationen ruckelfrei, leider ist die Kamera zu weit weg
8.2Sound
Gute Musik, die immer zum Spielgeschehen passt, und witzige "Sprachausgabe"
9.1Steuerung
Minimale, aber sinnvolle Einbindung der Wiimote. Funktioniert immer noch perfekt
8.4Gameplay
Im lokalen Multiplayer ungeschlagen, Onlinemodus ist unausgereift
8.7Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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