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Sonic Colours
Review von Lars Peterke (mail) | 15.11.2010
Ruhig wurde es um Sonic. Nachdem Ende 2008 das gute aber nicht atemberaubende „Sonic Unleashed“ erschien, schaufelte sich Sega Anfang 2009 mit „Sonic und der schwarze Ritter“ ein ziemlich großes Grab. Als man im Rahmen der E3 2010 dann „Sonic Colours“ ankündigte, war die Skepsis groß. Um Interesse auf den Titel zu lenken, hörte man dann Stimmen von Segas Entwicklern, die diesmal richtig von sich überzeugt waren und behaupteten, sie hätten das beste Sonic-Spiel seit langem kreiert. Also im Endeffekt das erste richtig gute Sonic-Spiel seit „Sonic Adventure 2“, wenn man sie denn wirklich direkt beim Wort nehmen mag. Ein halbes Jahr später: Sonic Colours liegt auf dem Redaktionsschreibtisch. Mit einem guten Preview von der gamescom im Rücken und einigen leckeren Trailern im Hinterkopf, sind wir für und an sich guter Dinge. Nachfolgend unser Testbericht.

Hurra, hurra, Vergnügungspark!
Die Spielwelt von Sonic Colours ist im ersten Augenblick ein wenig skurril: ein Vergnügungspark von Dr. Eggman, den er mitten im Weltraum gebaut hat. Sonic und Tails machen sich sogleich auf den Weg dorthin. Denn entgegen Eggmans Versprechungen muss hier natürlich etwas gehörig faul sein. Es dauert auch nicht lange, bis Sonic und Tails den Plan von Dr. Eggman aufdecken: er will Aliens fangen, die auf den Namen Wisps hören. Die Wisps sind eine enorm mächtige Energiequelle, mit der Dr. Eggman schließlich die Welt erobern will. Glücklicherweise sind die Wisps aber auf der Seite von Sonic und Tails, sodass die beiden von ihren Kräften profitieren können.

Um Eggmans Plan zu vereiteln, muss man sich durch insgesamt sieben Welten spielen. Jede Welt bietet eine kleine Karte, auf der man sich durch die einzelnen Level bis zu einem Bossgegner vorarbeiten muss. Über den Daumen gepeilt sind das ungefähr 40 Level (sechs pro Welt), von denen manche sehr umfangreich sind und ein paar andere wiederum recht kurz. Das Prozedere innerhalb der Level ist ansich gewohnt simpel, es muss einfach das Ziel am Ende erreicht werden - der Spaß bleibt aber natürlich nicht aus. Dabei sind im Level selbst ein paar rote Spezialringe zum Freischalten diverser Dinge versteckt und ihr könnt zusätzlich durch gekonntes Spielen einen Rang erreichen. Dadurch ist durchaus ein großer Widerspielwert gegeben. Manche Objekte in früheren Leveln lassen sich zudem erst finden, wenn man in einem späteren Level einen neuen Wisp gefunden hat.



Von den Wisps gibt es insgesamt acht Arten. Die Nutzung der Wisps lässt sich sehr gut mit den Power-Ups aus den Mario-Spielen vergleichen. Jeder Wisp gibt euch eine besondere Fähigkeit, die für eine bestimmte Zeit, welche durch eine sogenannte Wisp-Anzeige symbolisiert wird, nutzbar ist. Die häufigste Form sind weiße Wisps, die euch einen Geschwindigkeitsboost ermöglichen. Türkise Wisps verwandeln Sonic in einen Laser, den ihr einmal abfeuern könnt. Der Clou dabei: zielt ihr auf spezielle Prismen oder leuchtende Kabel, werdet ihr als Laser besonders schnell durch die Levelpassage gelenkt und könnt dabei außerdem ordentlich Punkte sammeln.

Gelbe Wisps verwandeln euch für kurze Zeit in einen Bohrer (oder Torpedo in Wasser-Levels), grüne Wisps lassen euch fliegen und die violetten Wisps versetzen euch in einen Rage-Modus, mit dem ihr alles kurz und klein hauen könnt. Pinkfarbene Wisps verwandeln euch in einen Stachelball, der sich an allen Decken und Wänden bewegen kann und orangene Wisps machen euch zu einer Rakete. Die letzte Wisp-Art sind die blauen Wisps, die euch in Arealen helfen, in denen ihr blaue Blöcke und blaue Ringe vorfindet. Nutzt ihr hier ihre Fähigkeit, werden die blauen Blöcke zu Ringen, die ihr einsammeln könnt. Selbiges funktioniert im gleichen Moment auch umgekehrt mit den Ringen. Hier ist also Taktik gefragt und man muss klug entscheiden, welche Ringe man einsammelt, oder welche man zurücklässt, um sie bei der nächsten Wisp-Umwandlung in Blockform wieder als Plattform nutzen zu können.

Simple Steuerung, viele Möglichkeiten
Sonic lässt sich recht simpel durch den Vergnügungspark steuern. Gelenkt wird mit dem Steuerkreuz und gesprungen mit der 2-Taste (für einen Doppelsprung einfach zweimal drücken). Springt ihr auf eine Wand zu, drückt das Steuerkreuz in Wandrichtung, könnt ihr mit der 2-Taste einen Wandsprung ausführen. Befindet ihr euch in der Luft und ein Gegner oder Objekt ist in eurer Nähe, wird es mit einer Zielmarkierung versehen und ihr könnt mit der 2-Taste einen Verfolgungsangriff starten. Via B-Knopf duckt ihr euch oder führt eine Stampfattacke aus, wenn ihr euch gerade in der Luft befindet. Mit der 1-Taste könnt ihr euren Turbo benutzen oder in bestimmten Passagen driften. Eure aktuell gesammelte Wisp-Power setzt ihr mit dem Schütteln der Wii-Fernbedienung ein. Leider hat man hierbei oft das Gefühl, man müsse die Wii-Fernbedienung viel zu stark schütteln, um diese Kraft zu aktivieren.



Glücklicherweise muss man aber nicht mit der oben beschriebenen Standardvariante spielen, bei der nur die Wii-Fernbedienung genutzt wird. Sega bietet euch auch die Gelegenheit einen Classic-Controller zu verwenden oder euer altes Gamecube-Pad mal wieder zu entstauben. Als vierte Variante könnt ihr mit Wii-Fernbedienung und Nunchuk spielen. Diese Varianten funktionieren allesamt gut und besonders die Steuerung mit Classic- oder Gamecube-Controllern sei euch von uns ans Herz gelegt.

Um euch das Spielen zu erleichtern, werden oft Symbole während des Spiels eingeblendet. So werdet ihr etwa darauf hingewiesen, dass vor euch eine Mauer ist, unter der ihr mittels B-Taste hindurch rutschen könnt und auch auf mögliche Stampfattacken werdet ihr hingewiesen. Dies ist besonders nützlich, da man nicht immer sofort erkennt, welche Interaktion gerade nötig ist. Zusätzlich bleibt dadurch das hohe Spieltempo erhalten, weil ihr nicht gegen eine Wand rennt ohne zu wissen, was ihr tun müsst. Aktiviert ihr beim Spielstart den Hinweis-Modus, werden zusätzlich zu den situationsbedingten Einblendungen spezielle Hilfeobjekte in den Leveln verteilt. Diese erklären euch dann beispielsweise die Wisps oder geben einen Tipp zum Endgegner.

Je nach Levelabschnitt kann es auch sein, dass euch andere Aktionen als üblich angeboten werden. Lauft ihr auf einem weiträumigen Areal, könnt ihr Sliden und auf geradlinigen Strecken oder Rails könnt ihr mit einem einfachen Lenken nach links oder rechts eure Spur wechseln. Welche Aktion davon möglich ist und ob ihr Sonic nur nach links und rechts oder in alle Richtungen bewegen könnt, hängt dabei in erster Linie davon ab, ob der aktuelle Spielbereich in 2D oder 3D gehalten ist.

Ein wenig Franchise-Philosophie: Sonic auf dem nächsten Level
Jetzt mal ein kleiner Seitensprung zu Nintendos Metroid. Wir erinnern uns an Metroid Prime und die Lobeshymnen der Presse, wie perfekt man es geschafft hat einen 2D-Titel so gut in die dritte Dimension zu hieven und dabei sämtliche Reize, die das 2D-Gameplay bot, aufrecht zu erhalten. Im Falle von Sega wissen wir: bei Sonic hat das bisher nicht so gut geklappt. Immer wieder boten Sonic-Titel Schwachstellen. Sei es eine schlechte Kameraführung, eine Steuerung die es nicht schafft das schnelle Gameplay mit einem dreidimensionalen Leveldesign zu verknüpfen oder neue Spielideen und Features, die den Geist eines klassischen Sonic-Spieles irgendwie verfälschen.

Bei Sonic Colours ist dies nun anders. Von der ersten Spielminute an stimmt alles. Man kommt schnell mit der Spielmechanik klar, die Steuerung funktioniert gleichermaßen in 2D- und 3D-Passagen und statt merkwürdiger Spielideen ist das Konzept der Wisps, die eigentlich nichts weiter sind als ein paar relativ kreative Powerups, eine Idee, die sich erstaunlich gut mit den klassischen Elementen eines Sonic-Spiel verbindet. Generell kann man Sonic Colours aber als 2D-Spiel bezeichnen. Oft ist es sogar so, dass sich 2D und 3D so schnell abwechseln, dass man oft den Unterschied vergisst oder alles zu einem neuen Ganzen verschmilzt.

So hat Sega mit Sonic Colours quasi sein eigenes Metroid Prime geschaffen. Sonic ist also endlich auf dem nächsten Level angekommen. Allein dafür, Hochachtung! Einhergehend damit wurde offenbar ein großer Fokus auf das Leveldesign gelegt, das wesentlich besser ausgefeilt ist als bei bisherigen Sonic-Spielen. Manche Level bestehen aus so schwindelerregenden Konstruktionen, dass es oft schier unmöglich ist der Struktur zu folgen. Hier wird Sonic zu einem Reaktionsspiel. Also genau das, was wir an der Serie kennen und lieben.

Zusätzlich zu diesem Spagat fand Sega noch Platz für weitere Ideen. Die größte davon ist der Sonic-Simulator. Hier könnt ihr eine Art reduzierte Variante von Sonic spielen. In erster Linie lässt sich dies mit den Geheimpassagen in Super Mario Sunshine vergleichen. Um für den Sonic-Simulator neue Level freizuspielen, benötigt ihr die roten Spezialringe aus den Leveln des Hauptspiels. Den Sonic-Simulator könnt ihr bei Bedarf auch zu zweit spielen. Dabei ist es euch überlassen, ob der zweite Spieler nur ergänzend eingreift oder ihr komplett kooperativ spielt. Der Modus ist meistens in 2D-Mechanik gehalten und vor dem Spielstart könnt ihr das Spieltempo anpassen. Wer dann mit seinem erreichten Highscore angeben will, kann sich via WiFi-Connection auf diversen Bestenlisten verewigen. Diese Funktion gibt es nicht nur für den Sonic-Simulator, sondern auch für das Hauptspiel.



Bombastische Präsentation
Es bleibt noch zu erwähnen was Sega grafisch und akustisch aus der Wii herausgekitzelt hat. In Sachen Optik ist das Endergebnis schlicht und ergreifend beeindruckend. Die Texturen sind detailliert und wirken in ihrer Gesamtheit wie aus einem Guss und vermitteln eine sehr detailreiche Spielwelt, die sich durch pralle und üppige Spielhintergründe zusätzlich ergänzt. Besonders löblich ist dabei die stets hohe Framerate, die auch bei vielen Effekten und Gegnern nie in die Knie geht. Höchstens wenn ihr mit dem lila Wisp ordentlich was kaputtmacht, kann es im Effekthagel kurzzeitig etwas langsamer werden. In Anbetracht der tollen Animationen und Effekte ist aber auch dies ohne Minuspunkt leicht hinzunehmen. Sonic Colours ist definitiv einer der hübschesten Wii-Titel. Es sei hier auch noch gesagt, dass Screenshots nicht unbedingt ein gutes Bild abgeben und man diesen Titel am besten in Bewegung erleben muss.

Auch in Sachen Sound kann sich der Titel sehen lassen. Die Hintergrundmusik nervt nie, der Titelscreen begrüßt mit einer tollen orchestralen Komposition und auch die Soundeffekte sind gewohnt prägnant. Dazu kommt dann noch die gute Synchronisation in Englisch (und wer mag auch auf Japanisch), bei der auch Spaß und Wortwitz rüberkommen. Zwischen den Welten und bei Bossgegnern gibt es nämlich immer ein paar Storysequenzen, die mit Witz und Charme überzeugen können. Nur auf eine Sache will Sega wohl offenbar immer noch nicht verzichten: unsagbar schlechte Poprock-Songs im Introvideo.

Fazit:
Sonic Colours ist ein hervorragendes Spiel geworden und ein ganz dickes Statement für die Sonic-Franchise. Man kommt zwar nicht ganz an alte Glanzzeiten der Serie heran, kombiniert aber erstmals erfolgreich alte und neue Spielelemente und erschafft daraus ein Sonic-Spielerlebnis, das wie aus einem Guss wirkt und sich auch genau so anfühlt. Egal ob Grafik, Sound oder Leveldesign, Sonic Colours mischt in der obersten Liga des Genres mit. Besonders die Optik hat viele Glanzmomente und kann überzeugen. Bei all dem Lob gibt es nur einen großen Wehrmutstropfen: Sonic Colours ist nicht sonderlich umfangreich. Geübte Spieler können nach vier bis fünf Stunden durch sein. Schmökert man dann noch ein wenig mit dem Sonic-Simulator und sammelt ein paar rote Ringe in den Leveln, kommt man zwar auf etwas mehr Spielzeit, doch Backtracking wollen wir hier nicht mit einbeziehen. Hier muss also jeder für sich abwägen. Wer mit etwas weniger Spielumfang klar kommt, kann ohne Bedenken zugreifen. Denn wären es ein paar Level mehr geworden, hätte Sonic Colours definitiv die 9er-Marke geknackt. Bei einem WiiX-Award bleibt es aber trotzdem. Denn der Inhalt, den Sonic Colours bietet, ist Spielspaß erster Güteklasse. Bravo, Sega!

Von Lars Peterke
Wertung für das Spiel Sonic Colours
Wertungen Beschreibung
9.4Grafik
Die Optik ist eine Wucht! Texturen, Effekte, Animationen, Gesamtkonzept, hier stimmt einfach alles!
9.1Sound
Tolle Vertonung mit Hintergrundmelodien, Effekten und Synchronisation. Einzig der Song des Introvideos ist unsagbar mies.
8.5Steuerung
Die Steuerung mit der Wii-Fernbedienung ist nicht zu hundert Prozent optimal, doch dank der vielen möglichen Steuerungsvarianten sollten für keinen Spielertyp irgendwelche Wünsche offen bleiben.
8.6Gameplay
Sonic Colours überzeugt auf ganzer Linie mit einer tollen Kombination an alten und neuen Spielelementen und einer perfekten Kombination aus 2D- und 3D-Gameplay. Signifikante Abzüge gibt es hier nur auf Grund des zu geringen Umfanges. Hier hätten wir uns etwas mehr gewünscht
8.7Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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