Review von Kevin Jensen (mail) | 20.05.2007
„Golf verbindet zwei Lieblingsbeschäftigungen der Amerikaner miteinander: lange Spaziergänge und mit einem Stock nach irgendwelchen Dingen schlagen.“
Mit der Wii-Remote in der Hand möchte man am liebsten alles machen können. Ein Zauberstab, mit dem es möglich ist, hier und jetzt aus einem Spielkonzept das Optimum herauszuholen und eine völlig neue Erfahrung zu erleben. Mit Tiger Woods PGA Tour 2007 schickt EA die erste echte Golfsimulation ins Rennen, die mehr sein soll als ein lustiges Minispiel für zwischendurch. Doch haben die Entwickler es auch geschafft, die Wii-Remote in einen echten Golfschläger zu verwandeln und das Feeling von schier unendlichen Landschaften und frisch gemähten Rasenduft an den Mann zu bringen? Wir haben es uns natürlich nicht nehmen lassen, dieser Frage auf den Grund zu gehen, sind zum örtlichen Golfclub gefahren und haben glatt den nächstbesten "Real-Life-Golfer" abgeholt, seine Schläger auf dem Boden ausgeleert und ihm gleich Nintendos Zauberstab in die Hand gedrückt. Gut zugegeben, ganz so war es nicht, aber dennoch haben wir es geschafft einen begeisterten Hobbygolfer, der die 50 schon lange überschritten hat, an den TV-Schirm zu fesseln und auch nach seiner bescheidenen Meinung gefragt.
”Stand back ladies, I'm taking out my driver.”
Nachdem Nintendo mit Wii Sports erstmal losgelegt hat und präsentierte, was auf der neuen Heimkonsole alles möglich sein wird, haben schon viele Sportfans nach den ersten echten Umsetzungen von Baseball, Bowling, Tennis, Boxen und natürlich auch Golf getrachtet. Eine generationsübergreifende Konsole wird es sich doch nicht mit der Zielgruppe in den goldenen Fünfzigern verscherzen wollen und so hat EA im Eiltempo Tiger Woods PGA Tour 07 auf dem Markt geworfen. Wir haben unsere sportlichen Aktivitäten auf Hochtouren geschraubt, den Schläger geschwungen und sträuben uns natürlich auch nicht vor dem Vergleich mit der hauseigenen Software von Nintendo, die beim Kauf des Geräts schon im Karton verweilte.
Viele Wii-Fans trachten derzeit nach den Spielen, die mit viel Tiefgang, Umfang und vor allem einer realistischen Steuerung daherkommen. Während die Reize derzeit überflutet werden von 1.001-Minispielsammelungen oder Konzepten die eventuell ein paar Stündchen vor dem TV-Schirm fesseln, erinnert sich der eine oder andere noch an die Anfangszeiten des Nintendo DS. Gähnende Leere, denn die Entwickler mussten erstmal in Erfahrung bringen wie mit dem neuen System umzugehen ist. Doch wie schaut es bei Tiger Woods PGA Tour 07 wirklich aus? Hat man es geschafft die Wii-Remote in einen Golfschläger zu verwandeln, oder geht man noch am Krückstock der Kinderkrankheiten?
In Sachen Optionsvielfalt hat EA nicht gespart, denn die aktuelle Instanz des Spiel verfügt über alles, was das Golferherz höher schlagen lässt. Bis aufs kleinste Detail ist es möglich, seinen eigenen Charakter zu erstellen und diesen dann über zahlreiche Grüns wandern zu lassen. In einer Statistik wird jeder Schlag festgehalten und somit ist es rückblickend möglich, sein Handicap ein wenig zu analysieren und zu verbessern. Nach und nach wird aus einem schwächlichen Amateur ein echter Golfverteran, da man immer mehr an Erfahrung gewinnt, Attribute aufsteigt, Geldprämien bekommt und neue Ausrüstung, Klamotten, etc. kaufen kann. Wer jedoch nicht so viel Herzblut in das Spiel stecken möchte und mit seinem Digital-Ich eine eigene Karriere aufbaut, dem stehen auch Schnellspielfunktionen zur Auswahl und eine Palette an bekannten Profigolfern. Um einige Beispiele zu nennen, sind neben Tiger Woods auch John Daly, Vijay Singh oder Annika Sorenstam mit von der Partie. Einige davon warten erst darauf, freigespielt zu werden. Achtzehn detailgetreue Nachbauten der Orginalkurse wie Pebble Beach Golf Links, St. Andrews oder Kiawah Island können von den Pros oder Hobbyspielern betreten werden. Natürlich hat man die Schlägerschwinger auch nicht vor Minispielen verschont, doch hat man hier nur die Verbesserung der eigenen Fähigkeiten im Sinn. So kann man versuchen sich in Spielmodi wie Battle Golf, Skills 18 oder Target zu messen, wobei es oftmals gilt, durch Ringe zu schlagen oder bestimmte Ziele zu treffen. Virtua-Tennis-Kenner werden sich heimisch fühlen. In Sachen Features und Modi wird man also einiges geboten bekommen und der geneigte Golfer kann schon zahlreiche Stunden vor dem Schirm verbringen. Besonders praktisch ist, dass nahezu alle Spielmechaniken auch im Mehrspielermodus ausgefochten werden können. Wer geht schon gerne allein auf die grüne Wiesenwanderschaft?

Doch jede Medaille hat zwei Seiten und während die klassischen Spielinhalte bei Tiger Woods PGA Tour 07 noch glänzen konnten, sieht es bei anderen Aspekten leider nicht ganz so rosig aus. Während der Wii-Liebhaber zwar in Sachen Optik immer ein Auge zudrücken kann, sträuben sich die Nackenhaare umso mehr, wenn die Steuerung außer Kontrolle gerät. Zeit, auf Tuchfühlung zu gehen.
Das Steuerungskonzept - „Weshalb ich mit einem neuen Putter spiele? Weil der alte nicht so gut schwimmen konnte."
Dieses Zitat von Craig Stadler wird mancher Neuling wörtlich nehmen und froh sein, dass die Wii-Remote eine Handschlaufe besitzt. Denn wie im echten Leben heißt es bei Tiger Woods PGA Tour 07 üben, üben und nochmals üben. Mit insgesamt vier Steuerungseinstellungen hat EA versucht, für jeden Spielertyp das Richtige dabei zu haben, dennoch muss gleich vorweg gesagt werden, diese Golfpartie kränkelt noch ein wenig vor sich hin. Entweder es ist zu schwer oder zu simpel, denn während der einfache Steuerungsmodus schon fast von jedem Kleinkind genutzt werden kann, wird man sich als Fortgeschrittener oftmals auf die Zähne beißen. Wer gar keine Lust auf die Wii-Remote hat, der nimmt einfach den Nunchuck in die Hand und spielt auf die traditionelle Weise mit dem Control Stick.
Doch warum hinkt die Steuerung des Spiels so hinterher? Eigentlich haben die Entwickler an alles gedacht, durch geschicktes Drehen der Hand kann man seinen Slice- oder Hook-Shoot hinlegen, den Ball mit dem richtigen Spin versehen etc. Während man im einfachen Steuerungskonzept einfach drauf los schlagen kann und nahezu immer eine perfekte Flugbahn hinbekommt, sorgt bei den Standardkontrollen oder dem Profimodus jede kleinste Falschbewegung dazu, dass der Ball überall hinfliegt, nur nicht dorthin, wo er soll. Es fehlt einfach eine genaue Kraftanzeige, die zeigt, wie man seinen Schwung verbessern könnte. Schon Wii-Sports hat dies vorgemacht, obgleich man hier keine wirklich raffinierten Schläge machen konnte. Bei Tiger Woods fehlt einfach das Feintuning und so artet das Gekloppe auf dem Grün schnell in Frust aus, außer man hat die Geduld einer Katze auf der Pirsch.
Die Grafik - Ich verbringe mehr Zeit im Wald als ein Eichhörnchen.
Auch optisch gesehen, wäre weitaus mehr drin gewesen. So hat man zwar die Grafiken im Verhältnis zur Game-Cube- oder PS2-Variante ein wenig aufpoliert, der Himmel ist blauer, die Wolken ansehnlicher und auch das Grün hat einen kleinen Feinschliff erhalten, das Gesamtbild hingegen, ist bei Weitem nicht das, was man von Nintendos Edelweiß erwarten kann. Technikfreunde werden sich zumindest darüber freuen können, dass das Spiel mit 480p läuft und im16:9-Format. Ansonsten bekommt man das zu Gesicht, was man schon von der alten Generation her kennt. Grüne Wiesen, trockene Wüsten, Wind und Wetter und natürlich das obligatorische Bitmap-Eichhörnchen, das durch das Rough hüpft. Durchschnittlich fliegt der Ball mit 30-fps durch die Landschaften, doch selbst Slowdowns gehören leider mit dazu. Schade eigentlich, denn das Wii-Potential ist noch lange nicht ausgeschöpft.
Der Sound oder das Schweigen im Walde.
Natürlich erwartet man bei einem Golfspiel keine Rockklänge oder Technobeats, denn die Stille von Feld und Wald wird in vollen Zügen genossen. Dies haben sich die Entwickler auch zu Herzen genommen und Mutternatur aus vollen Rohren trällern lassen. Vogelgezwitscher, Windgeräusche und ab und an ein vorbei fliegendes Flugzeug. Eine idyllische Atmosphäre für einen Golfer.
Fazit: Am Ende waren wir uns einig, also die Redaktion und unser Golfveteran von der Straße: Tiger Woods PGA Tour 07 hat von den Spielinhalten alles, was man braucht, um ein gutes Spiel in den Regalen stehen zu haben, das größte Manko jedoch ist, dass die Steuerung bei Weitem nicht so intuitiv ist, wie man es gerne möchte. Es fühlt sich nicht so an, als würde sich die Wiimote in einen Golfschläger verwandeln und oftmals bedarf es sehr viel Übung, dass die Schläge so ausgeführt werden, wie man es gerne hätte. Zahlreiche Spielmodi, viel Tiefgang und jede Menge freischaltbare Objekte, Spieler und Gegenstände sprechen für Tiger Woods PGA Tour 07 und derzeit wird man wohl keine bessere Golfsimulation für Nintendo Wii erhalten, in Anbetracht, dass die Wii-Sports Golf-Variante eher dem Funsport zugeordnet werden kann. Dennoch muss gesagt werden, dass die Entwickler noch einen weiten Weg vor sich haben, wenn es um die Perfektionierung des Schlaggefühls geht. Das Warten auf den Nachfolger hat begonnen. Was zusätzlich noch ein wenig negativ angekreidet werden muss ist die Tatsache, dass das Spiel komplett in Englisch gehalten ist und man somit keine deutschen Texte zu Gesicht bekommt.
Von Kevin Jensen
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| Wertung für das Spiel Tiger Woods PGA Tour 2007 | |
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| 7.1 | Grafik Hübsche Landschaften und Charaktermodelle, aber insgesamt wäre weitaus mehr drin gewesen. | |
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| 6.3 | Sound Nicht viel los auf dem Rasen, aber angenehme Atmosphäre. | |
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| 7.0 | Steuerung Die Balance zwischen Einfach und zu Ungenau ist nicht wirklich ausgefeilt. Üben ist angesagt. | |
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| 8.3 | Gameplay In Sachen Funktionsvielfalt und Spielmodi kann man nicht meckern. | |
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| 7.2 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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