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Arc Rise Fantasia
Review von Andreas Held (mail) | 06.09.2010
Praktisch seit seiner Ankündigung richteten sich viele Augen von Wii-Besitzern auf einen kleinen Titel Namens Arc Rise Fantasia. Entwickelt von einem talentierten Entwicklerstudio Namens Image Epoch, das auf dem DS mit den bisher zwei Teilen von Luminous Arc wirtschaftlich nicht sehr rentable, aber sehr gute SRPGs abgeliefert hat, versuchte der exklusiv für Wii entwickelte Titel vor allem, Fans klassischer RPGs anzusprechen. Nach dem Release in Japan sah es jedoch düster aus: Rising Star Games strich das Spiel - wahrscheinlich aufgrund der viel zu niedrigen Verkaufszahlen - wieder von der Releaseliste, und die Rechte für eine US-Lokalisierung gingen an Ignition Entertainment, die verrufen dafür sind, Spiele so schlecht zu lokalisieren, dass eigentlich gute Titel plötzlich nicht mehr spielenswert sind. Nach dem Release in den USA gab es dann sehr gemischte Wertungen, sodass wir unsere Neugier nicht mehr im Griff hatten und uns den Titel einfach selbst ansehen mussten.

Lost in Translation: Eine gute Story

Arc Rise Fantasia ist, das sollte kein Geheimnis sein, von der "Tales of"-Serie inspiriert. Anleihen gibt es nicht nur beim Grafikstil und den Party-Dialogen, die exakt wie die Skits aus dem großen Vorbild präsentiert werden, sondern auch in der Art der Story. Somit startet Arc Rise Fantasia zunächst sehr klischeehaft, präsentiert jedoch schon nach wenigen Stunden Spielzeit Storywendungen, die das anfangs geschaffene Weltbild zunehmend in Frage stellen. Nach spätestens 15 bis 20 Stunden ist der Ausgang dann völlig offen, und auch die Hauptcharaktere selbst müssen sich erst einmal in der Handlung zurecht finden. Bis das Ende dann erreicht ist, vergeht mindestens noch einmal so viel Zeit. Alleine aufgrund dieser Tatsache ist die Geschichte diesmal erfrischend anders: Anstatt einen Antagonisten zu präsentieren, von dem man als Spieler weiß, dass er am Ende ohnehin besiegt wird, bietet Arc Rise Fantasia eine offene Story, der man auch als RPG-Veteran gespannt folgen kann. Dazu kommt, dass die großen Storywendungen immer langsam aufgebaut werden und dadurch zwar in gewissen Maßen vorhersehbar, dafür aber auch immer absolut glaubwürdig sind.

Das soll aber nicht heißen, dass Arc Rise Fantasia ein Epos ist und alles richtig macht. Abseits der Hauptstory ist die Handlung fast schon überladen mit Charakteren, die alle ihre eigenen Ziele haben und teilweise durch ihre Persönlichkeit eher negativ auffallen. Das Spiel erwartet von seinen Spielern, dass diese alle Namen und Zusammenhänge kennen - ansonsten kann es mal passieren, dass man in einem Storyast ein oder zwei Stunden lang nicht mehr wirklich mitkommt. Ein viel größeres Problem ist aber die unfassbar schlechte Lokalisierung. Die Sprachausgabe ist nahezu unzumutbar und gipfelt in einem weiblichen Charakter, der wahrscheinlich von einem männlichen Sprecher vertont wurde; die Texte lassen einen stark amateurhaften Schreibstil seitens des amerikanischen Publishers durchscheinen. Die Sprachausgabe kann man leiser drehen oder ganz abstellen und auch an die Texte gewöhnt man sich nach einigen Stunden, sodass sie irgendwann tatsächlich nicht mehr negativ auffallen - eine Entschuldigung kann das aber natürlich nicht sein. Die direkte Folge der miserablen Lokalisierung ist, dass man die eigentlich gute Story nur als neutraler Beobachter wahrnimmt, anstatt sich wirklich in die Spielwelt hineinversetzt zu fühlen.



Viele Optionen und schnelle Kämpfe
Doch auch im Angesicht einer noch so schlechten Story kann ein RPG immer noch durch sein Gameplay punkten, und hier hat Image Epoch ebenfalls viel richtig gemacht, das Ignition Entertainment einfach übernehmen konnte und deshalb nicht versaut hat. Ein Großteil des Spiels läuft in den etwa ein Dutzend Städten ab, zwischen denen ihr im Spiel immer wieder hin und her reisen müsst, um die Handlung voranzutreiben. Das mag einige stören, die ständig etwas neues sehen wollen, führt aber auch dazu, dass man sich als Spieler wirklich so fühlt, als würde man mit der Spielwelt interagieren, anstatt wie in einem gewissen anderen Spiel einfach durch diese durchzurauschen. Die Städte sind, bis auf wenige Ausnahmen, sogar ziemlich riesig und vollgepackt mit NPCs, die teilweise Items mit sich herumtragen, die sie an den ersten, der sie anspricht, verschenken wollen. Ebenso kommen in den sehr zahlreichen Storysequenzen die vielen Charaktere gut zur Geltung und können ihre Persönlichkeit entfalten - alles wie gesagt aber hinter dem Grauschleier der schlechten Lokalisierung.

Geht es dann doch mal in einen Dungeon, hält Arc Rise Fantasia das hohe Niveau aufrecht. Die Dungeons sind kompakt, aber vollgepackt mit alternativen Wegen, an deren Enden meist eine Schatzkiste wartet. Da die Dungeons nicht überdimensioniert sind und die sichtbaren Gegner erst dann wieder erscheinen, wenn man einen anderen Abschnitt betritt, ist die Motivation auch recht groß, alle Dungeons auf den Kopf zu stellen und komplett auszuräumen, bevor es zum Boss geht. Bei Feindkontakt kommt es zu einem Kampf in einem Kampfsystem, das anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, insgesamt aber sehr solide ist. Die Kämpfe sind rundenbasiert, wobei jede Runde aus zwei Phasen besteht. In der ersten Phase habt ihr eine bestimmte Menge an AP zur Verfügung, die ihr verwenden könnt, um euren Charakteren Befehle zu geben. Dabei ist es völlig egal, welcher Charakter wie oft angreift. Bei der Vergabe der Befehle habt ihr die Wahl zwischen normalen Angriffen, die sich zu Combos verbinden lassen, Spezialfertigkeiten (welche zusätzlich SP kosten, die sich während der Kämpfe wieder aufladen), Magie (für die euch sehr wenige MP zur Verfügung stehen) und dem Einsatz von Items. Habt ihr alle Befehle ausgewählt, werden eure Aktionen, und die der Gegner, in Echtzeit ausgespielt. Ein Eingreifen ist dann erst zu Beginn der nächsten Runde wieder möglich. Es ist etwas Erfahrung notwendig, bis man raus hat, wann es sinnvoll ist, die Kommandos zwischen den Charakteren aufzuteilen und wann man lieber einem einzelnen Charakter viele Befehle gibt; ist die Einarbeitungszeit überstanden, offenbart das Kampfsystem während der harten Bosskämpfe eine angenehme taktische Tiefe, während sich normale Gegner zu Beginn aufgrund der sehr hohen Spielgeschwindigkeit oft innerhalb von Sekunden beseitigen lassen. Nach etwa der Hälfte des Spiels drehen letztere aber plötzlich auf und man muss auch während der Standardkämpfe mit Bedacht vorgehen und sollte außerdem große Mengen an Heilungsitems mitbringen, damit diese nach jedem Kampf großzügig an die verwundeten Charaktere verteilt werden können.



Für gewonnene Kämpfe gibt es Erfahrungspunkte, die aber bei Weitem nicht alles sind, was ihr in Arc Rise Fantasia bekommt, um im Kampf stärker zu werden. Natürlich könnt ihr eure Charaktere stetig mit neuer Ausrüstung versorgen, Waffen haben hier jedoch die Eigenheit, dass sie in der Erstaustattung alle ungefähr gleich stark sind. Unterschiede entstehen erst durch ein vier mal vier Felder großes Raster, welches ihr mit verschieden geformten Steinen auffüllen könnt. Jede Waffe hat serienmäßig zwei Steine mit eingebaut, von denen einer fest mit der Waffe verschmolzen ist. Der andere wird bei ausreichender Benutzung der Waffe irgendwann freigeschaltet und kann dann in eine andere Waffe eingesetzt werden. Da Steine auch zwischen Charakteren übertragbar sind, baut sich im Spielverlauf also eine beachtliche Sammlung auf, die viele Möglichkeiten bietet. Für einen kleinen Motivationsschub sorgen außerdem verschiedene Spezialfähigkeiten, die freigeschaltet werden, sobald alle 16 Felder des Rasters einer Waffe ausgefüllt sind. Ähnlich viele Freiheiten habt ihr beim Magiesystem, über das ihr den Hauptcharakteren neue Zauber beibringen könnt und ihre magischen Fähigkeiten verstärkt.

Damit die Mühen bei der Vorbereitung der Charaktere nicht umsonst sind, stellt Arc Rise Fantasia der Party einige knallharte Bossgegner in den Weg. Um diese zu besiegen, ist nicht nur eine effektive Kampfstrategie notwendig, sondern auch eine gute Vorbereitung der Charaktere, die gegen diese Bosse antreten sollen. Langwieriges und stupides Sammeln von Erfahrungspunkten ist aber nicht notwendig, solange ihr keine Möglichkeiten ungenutzt lasst und gut spielt. Selbst dann wirken einige der Endbosse aber immer noch übertrieben hart und besitzen teilweise Attacken, die regelrecht unfair sind, da sie deutlich mehr Schaden anrichten, als die Charaktere überhaupt aushalten können. Die Krönung sind dann einige extraschwere Bosskämpfe, bei denen ein Sieg nicht unbedingt notwendig ist, aber einige Belohnungen bereithält und auch kleinere Auswirkungen auf die Story hat.

Unbeeindruckende, aber solide Technik
Arc Rise Fantasia musste sich nach seinem Release viel Kritik anhören, dass sowohl die Grafik und der Soundtrack schlecht seien - diese Kritik scheint jedoch weitestgehend unbegründet. Klar ist, dass Arc Rise Fantasia schon allein wegen der Hardware nicht an Final Fantasy XIII oder Resonance of Fate heranreichen kann, sondern vielleicht sogar auf der PS2 realisierbar gewesen wäre - schlecht ist die Grafik deshalb aber noch lange nicht. Die Designer haben einen ansprechenden Grafikstil konsequent durchgezogen und die Spielwelt mit vielen Details ausgestattet.



Der Soundtrack enthält keine Titel, die man sich außerhalb des Spiels gerne anhören würde, unterstreicht aber die Atmosphäre des Spiels und fällt dabei weder positiv noch negativ auf. Damit erfüllt die Musik ihre primäre Aufgabe, ohne wirklich ein Kritikpunkt zu sein. Ein Kritikpunkt ist aber natürlich die Sprachausgabe, die die Soundwertung insgesamt ein ganzes Stück nach unten zieht.

Fazit:
Die Bewertung von Arc Rise Fantasia ist wirklich schwierig. Das RPG von Image Epoch ist weder ein schlechtes Spiel mit wenigen positiven Eigenschaften noch ein sehr gutes Spiel mit wenigen negativen Eigenschaften. Stattdessen gibt es viele Pluspunkte, aber auch viele Minuspunkte, die man dem Titel anrechnen könnte, von denen viele noch stark subjektiv sind und je nach Spielertyp als Pro oder Kontra angesehen werden könnten. Von daher würde ich am liebsten gar keine Zahl unter dieses Review schreiben, sondern mit einem kleinen Fragenkatalog enden: "Könnt ihr euch auch an einer aus rein technischer Sicht veralteten Grafik trotzdem erfreuen, wenn die Spielwelt dafür mit einem schönen Grafikstil und vielen Details präsentiert wird? Ist eine gute Story für euch auch dann ansprechend, wenn sie mit einem amateurhaften Schreibstil und einer wirklich schlechten Sprachausgabe präsentiert wird? Habt ihr Spaß daran, eure Ausrüstung zu modifizieren und Vorbereitungen zu treffen, um euch dann gegen Bosse zu messen, die einer schlecht oder falsch vorbereiteten Party haushoch überlegen sind? Und am Wichtigsten: Mögt ihr klassisch aufgebaute und traditionelle, japanische RPGs?" Wer auf diese Fragen größtenteils und mit einem guten Gefühl "ja" antworten kann, sollte sich einen Import des Spiels überlegen, denn obwohl Arc Rise Fantasia sicherlich nicht an Grandia, Skies of Arcadia oder die großen Vorbilder aus der "Tales of"-Reihe heranreichen kann, ist es ein solides und lange unterhaltendes RPG, das durch seinen klassischen Aufbau insbesondere Langzeitfans des Genres anspricht und in der aktuellen Konsolengeneration, vor allem auf Wii, wenig Konkurrenz hat.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Arc Rise Fantasia
Wertungen Beschreibung
7.0Grafik
Technisch nicht auf dem Stand der Zeit, dafür künstlerisch schön und mit viel Liebe zum Detail gestaltet.
5.5Sound
Die Musik verleitet nicht zum Kauf des Soundtracks, unterstreicht aber die Atmosphäre des Spiels und fällt nie negativ auf. Starke Abzüge für die indiskutable englische Sprachausgabe.
8.5Steuerung
Arc Rise Fantasia unterstützt den Classic Controller und macht auch sonst wenig falsch.
8.0Gameplay
Gutes, traditionell aufgebautes RPG, das durch die Lokalisierung im Story-Bereich hinter seinem Potential zurückbleibt, dafür aber außerhalb der Handlung sehr viel bietet.
7.5Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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