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Toy Story 3
Review von Tim Herrmann (mail) | 09.08.2010
Es war einmal, im verschlafenen Jahre 1995, ein Animationsstudio namens Pixar unter der Leitung eines gewissen Steve Jobs. Dieses kleine Studio hatte damals erst vor kurzer Zeit mit Walt Disney Pictures einen Vertrag abgeschlossen, der revolutionärer war, als viele damals glauben mochten. Drei Animationsfilme sollte Pixar für den Unterhaltungsgiganten entwickeln, Filme, in denen kein einziger echter Mensch zu sehen sein würde. Mit Toy Story erschien dann der welterste vollanimierte, abendfüllende Spielfilm. Der Streifen schlug ein wie eine Bombe, Pixar ging an die Börse, der Aktienwert verdoppelte sich innerhalb kürzester Zeit und jetzt, zehn Animationsfilme, etliche Nachahmerstreifen und -Studios, eine 7,2-Milliarden-Dollar-Übernahme von Disney und zehn Oscars später, kommt mit Toy Story 3 die zweite Fortsetzung des grundlegenden Erfolgskonzeptes und der Mutter aller Animationsfilme in die Kinos. Pixar hat sich in den Jahren weiterentwickelt, die Animationstechniken sind viel besser und das Videospiel zu Toy Story 3 erscheint nun unter anderem für Wii. Was taugt es?

Auf den ersten Blick: Ein ganz normales Lizenz-Jump-&-Run
Auf den ersten Blick scheint der Berufsskeptiker bei allen Kriterien ein Häkchen setzen zu können, die auf ein ganz durchschnittliches, unspektakuläres, geradezu langweiliges Lizenzspiel zu einem neuen Film hindeuten, die man ja mittlerweile gewohnt ist: Seien es „Oben“, „Bolt“, „Shrek“, „Alice im Wunderland“ oder „Findet Nemo“, kein einziger Titel hat wirklich für große Begeisterung in seiner Videospielform gesorgt.

Und auch bei Toy Story 3 fällt als erstes die Grafik ins Auge, die erwartungsgemäß völlig unbeeindruckend daherkommt. Zwar macht man zunächst nur das fast schon übliche Kantenflimmern, ein paar matschige Modelle und schwammige Texturen und keine größeren Schnitzer aus, in einigen Passagen sackt der Titel optisch dann aber doch deutlich an den Anfang der letzten Generation ab, der bekanntlich doch schon ein paar Jährchen her ist.
 


Zweites Durchschnittsmerkmal: die Steuerung und die Kamera. Die Kontrolle über die drei Spielcharaktere geht ziemlich schwammig vonstatten. Was beim normalen Umherlaufen nicht sonderlich auffällt, kommt besonders dann zur Geltung, wenn es an die Geschicklichkeitspassagen herangeht. Wenn man Abhänge überqueren oder von Plattform zu Plattform springen muss, sind die Doppelsprünge zu ungenau und zu wenig berechenbar, sodass man sich schnell verschätzt und im Abgrund landet. Dazu kommt die zickige Kamera, die sich fast nie automatisch hinter dem Spielcharakter platziert und immer mit dem Steuerkreuz nachjustiert werden muss. Auch das ist besonders in Hüpfabschnitten sehr lästig, zumal der für den A-Knopf zuständige Daumen dann immer erst aufs Steuerkreuz wandern muss.

Drittes Durchschnittsmerkmal: das langweilige Spielprinzip. Wenn man den Prolog des Titels spielt, scheint relativ schnell deutlich zu werden, dass es lediglich darum geht, Gold und Extras zu sammeln und möglichst ohne größere Zwischenfälle zum Ende eines Levels zu kommen. Zwischendurch stellen sich einige Gegner in den Weg, die durch einen kurzen Schüttler besiegt sind.

Spielerischer Auftrieb
Doch Toy Story 3 ist kein so durchschnittliches und an der Grenze zur Zumutung kratzendes Lizenzspiel, wie man sie schon so oft auf den Konsolen gesehen hat, wenn ein neuer Film in die Kinos kam. Trotz der zwei wenig beeindruckenden Faktoren Grafik und Steuerung gewinnt das Spiel durch sein Gameplay im Gesamtpaket einigen Auftrieb. In dem Modus, in dem die Story des neuen Films nacherlebt werden darf, wird nämlich einiges an spielerischer Abwechslung geboten.

Am wichtigsten ist dabei natürlich das ungewöhnliche Spielzeug-Setting. Ihr spielt mit Cowboy Woody, seiner Cowgirl-Freundin Jessie oder dem Star-Command-Astronauten Buzz Lightyear. Sie alle haben spezielle Fähigkeiten, die man miteinander kombinieren muss, um die scheinbar riesigen Welten (die im Prinzip lediglich ein Kinderzimmer, ein Kellerraum oder der Kindergarten sind) durchqueren zu können. Buzz beispielsweise kann Woody an hochgelegene Plattformen werfen, Jessie vertrackte Parcours bewältigen und Woody sich mit einer Peitsche über Abgründe schwingen.
 


Jeder der Jump-and-Run-Level besteht aus einer Umgebung (z.B. einem Raum), in der es einen in die Geschichte eingebundenen Auftrag zu erledigen gibt. Doch das ist nicht alles: Zwischendurch mischen sich auch immer wieder spielerisch variierende Passagen in das Spielgeschehen, die losgelöst von der Geschichte ablaufen und ein wenig Abwechslung ins Geschehen bringen sollen. Beispielsweise gibt es eine Szene, in der ihr sozusagen ein Videospiel im Videospiel spielen dürft. Wenn die drei Spielzeuge durch das Haus ihres Besitzers laufen, treffen sie auf den trotteligen Spielzeugdino Rex, der gerade das offizielle Buzz-Lightyear-Videospiel zu bewältigen versucht. Buzz tritt hier gegen seinen Erzfeind an und muss dessen Festung infiltrieren. Der Spieler darf dann, bevor er in der Geschichte fortfährt, dieses ca. 15 Minuten lange Spiel im Spiel spielen. In Bezug auf die spielerischen Ideen werden auch hier sicherlich keine Revolutionen geboten, dafür aber actionreiche, schnelle Intermezzos.

Die Toybox mit der Sandbox
Eine nette Idee zur Langzeitmotivation ist den Entwicklern von Avalanche Software mit dem Spielzeugkisten-Prinzip gekommen. Hier bietet man im Prinzip ein Sandbox-Game à la GTA mit durchweg freundlichem Spielzeughintergrund. Es gibt kein Spielziel zu erreichen, es gibt keine Hintergrundgeschichte und es gibt keine Levels zu bestreiten. Ihr befindet euch permanent in einem Wild-West-Canyon aus der TV-Serie Woody’s Round-Up (bekannt aus Toy Story 2) und dürft dort für alle möglichen Spielzeugfreunde Aufträge aller Art erfüllen oder kleine Minispiele bestreiten.

Mit einem der drei spielbaren Charaktere wird Gold gesucht und in neue Spielzeuge investiert, die man (wo sonst?) in Al’s Toy Barn, ebenfalls bekannt aus Toy Story 2, kaufen kann. Sie wiederum haben wieder neue Aufträge auf Lager oder bringen einfach nur ein wenig mehr Leben in die Wildwestumgebung, die sich schnell auch euren gestalterischen Wünschen anpasst und sich ganz nach eurem Kommando richtet.

Das „Bau dir dein eigenes Abenteuer“-Prinzip, das die Entwickler mit dem Toybox-Modus propagieren, ist wohl ein wenig übertrieben. Denn im Prinzip ist der Wildwest-Schauplatz nur ein großer Spielplatz, für ein wenig Langzeitmotivation bei Fans der Spielzeuggeschichten sorgt er aber auf jeden Fall und für die eine oder andere Entdeckung ist er gut geeignet.
 


Gute Lizenzumsetzung
Wenn man sich ein Lizenzspiel kauft, erwartet man eine Umsetzung der Lizenzen und nicht nur ein ansprechendes Cover mit bekannten Gesichtern, auf die dann ein austauschbares und gesichtsloses Jump & Run folgt. Toy Story 3 nimmt sich diesen Gedanken glücklicherweise zu Herzen und glänzt nicht nur mit schön animierten Zwischensequenzen und Originalmusik aus den Filmen, sondern auch mit schöner deutscher Sprachausgabe, bei der man sogar ein paar Originalsprecher verpflichten konnte (wenn auch leider keine prominente Größen aus dem dritten Teil wie Michael "Bully“ Herbig, Christian Tramitz oder Rick Kavanian).

Der Spieler darf sich also permanent so fühlen wie in der Welt von Toy Story. Und auch die Erzählweise der Geschichte, die sich äußerlich auf einem Spielbrett abspielt, passt gut ins stringent durchgezogene Gesamtkonzept, das auch spielerisch manchmal so wild und fantasievoll wird wie Spielzeug in den Händen eines Kindes.

Fazit:
Toy Story 3 überzeugt mit ungewohnt breiter spielerischer Abwechslung, die man im Story-Modus bietet, und motiviert darüber hinaus noch mit weiteren Spielminuten in einem ziellosen Sandbox-Modus. Im Prinzip hätte der Titel also - auch durch die gelungene Umsetzung der Lizenz mit schöner Originalmusik und gut animierten und vertonten Zwischensequenzen - das Zeug zu einem sehr guten Spiel. Leider ist die Grafik meistens höchstens unterdurchschnittlich geraten und die Steuerung zu schwammig, um in schnellen Jump & Run Passagen überzeugen zu können. So bleibt ein Titel übrig, der für Fans des Films und des Franchises viele gute Inhalte bleibt, nichtsdestotrotz aber an einigen bekannten und fast schon gewohnten technischen und handwerklichen Problemen krankt.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Toy Story 3
Wertungen Beschreibung
5.2Grafik
An manchen Stellen wirklich schlecht, den Großteil des Spiels über vor allem durch Design und Zwischensequenzen aber akzeptabel. Insgesamt unbeeindruckende und oftmals unsaubere Optik.
8.0Sound
Ordentliche Sprachausgabe (auch wenn nicht alle Originalsprecher verpflichtet werden konnten) trifft auf stimmige Lizenzmusik aus den Filmen.
5.6Steuerung
Schwammig und oft zu ungenau für Sprungpassagen. Dazu ist die Kamera zu häufig zu ungünstig ausgerichtet, sodass sie umständlich über das Steuerkreuz nachjustiert werden muss.
8.2Gameplay
Der überzeugende Endlos-Modus mit Sandbox-Prinzip sorgt für viel Langzeitmotivation bei Franchise-Fans, während auch im Story-Modus einiges an Abwechslung geboten wird. Die Lizenz wurde sehr gut umgesetzt.
7.9Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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