Review von Tim Herrmann (mail) | 24.08.2010
Alle reden immer über die schlechten Verkaufszahlen von Drittherstellertiteln wie Dead Space Extraction, Spyborgs oder Zack & Wiki. Doch relativ unbeachtet oder aber schief beäugt wird es, wenn gänzlich unbeeindruckende Minispielsammlungen wie Carnival Games oder Big Beach Sports sich millionenfach absetzen. Tatsächlich hat THQs letztgenanntes Strandspektakel seit seinem Release 1,5 Millionen Besitzer gefunden – und das mit einem Budget, das sich wohl höchstens im sechsstelligen Bereich bewegt haben dürfte. Wer kann es dem Publisher da verdenken, dass er innerhalb kurzer Zeit einen zweiten Teil auf den Markt wirft, auf dessen Cover er auch noch mit den bisherigen Erfolgen prahlt. Ob THQ ganz bei dem mediokren Erfolgskonzept geblieben ist oder sich doch dazu entschieden hat, mit den verdienten Gewinnen in mehr Qualität zu investieren, können wir für euch nun klären.
Hauptmenü, klick, klick, klick. Fertig.
Es wird sehr schnell deutlich, was Big Beach Sports will: Wii Sports Resort kopieren. Wo man Teil 1 noch zugutehalten musste, dass er der erste seiner Art war, baut Big Beach Sports 2 klar auf dem Konzept von Nintendos Minispielsammlung aus dem letzten Jahr auf und klont sogar einige Disziplinen direkt. Es gibt ein Hauptmenü, in dem sich acht Sportarten präsentieren, hier könnt ihr nun eine auswählen, einen vorgefertigten Charakter anklicken, gegebenenfalls einen Kurs festlegen und dann spielen. Ist das Minispiel nach ca. zwei Minuten beendet, geht es wieder zurück ins Hauptmenü. Man kann Big Beach Sports nach Adam Riese also in ungefähr 20 Minuten komplett durchspielen. Das bedeutet 1,50 Euro für eine Spielminute. Nicht schlecht.
Nun werden sich einige vielleicht fragen, was so schlecht an dem minimalistischen Konzept von Big Beach Sports 2 sein soll, schließlich gab es bei Nintendos Wii Sports Resort auch nur ein zusammenhangsloses Hauptmenü. Im Ansatz stimmt dieser Einwand sogar und man muss Nintendo diese Präsentationsform wohl immer noch gewissermaßen anlasten. Was der japanische Entwickler aber gut gemacht hat, war, die verschiedenen Spiele alle in das Konzept eines virtuellen Aktivurlaubs auf einer tropischen Insel einzubinden. Man fand sich immer irgendwo wieder und fühlte sich regelrecht heimisch auf Wuhu Island. Bei Big Beach Sports 2 fühlt man gar nichts.
Die einzige Langzeitmotivation rührt von dem ebenfalls minimalistischen Multiplayer-Modus für vier Spieler her, die in den anspruchslosen Disziplinen gegeneinander antreten dürfen.
Gebt mir Anspruch!
Spielerisch bleibt Big Beach Sports durch und durch anspruchslos. Das liegt vor allem daran, dass man Wii Sports Resort wohl nicht so weit kopieren wollte, ebenfalls Wii MotionPlus zu unterstützen. Den 1:1-Sensor spart man sich – und ruiniert damit sein Spiel. Die direkt von Wii Sports Resort übernommenen Sportarten leben vom Schütteln oder leichten Neigen des Controllers und lassen damit alles vermissen, was Nintendos Minispielchen besonders und interessant gemacht hat. Ein Beispiel: Im Disc-Golf-Spielchen (das es auch in Wii Sports Resort gab), darf man die Wurfscheibe zwar zunächst überraschend präzise durch Drehen und Neigen ausrichten, kann dann aber nach Betätigen den B-Knopfes einfach in irgendeine Richtung schütteln und der Frisbee kommt so oder so an.
Anderes Beispiel: Beim Wellenreiten (effektiv eine Kopie vom Wakeboarding in Wii Sports Resort) fährt man immer und immer wieder eine Wellenwand hinauf (die übrigens mysteriöserweise völlig bewegungslos im Ozean erstarrt ist) und soll dort oben dann irgendwelche Kommandos vollführen. Weil der Controller aber nichts richtig erkennt, läuft es auf verzweifeltes Schütteln hinaus.
Die Anspruchslosigkeit des Gameplays geht weiter beim Jetski-Fahren und beim Paddeln. Man schwingt dazu nicht etwa realitätsnah das Paddel durchs Nass, sondern drückt einfach wie wild auf den 2-Knopf und lenkt durch Neigen der Wii-Remote durch die eigentlich nicht vorhandenen Kurven. Kurzum: Big Beach Sports lässt jegliche Substanz weg, spart sich vielerorts sogar die Bewegungssteuerung und setzt stattdessen auf zweiminütige Minispiele, die mehr oder weniger fast von alleine oder vom Zufall gesteuert ablaufen.
Technisch steckengeblieben
Bei der restlichen Präsentation ist THQ irgendwo zwischen Nintendo 64 und Nintendo GameCube steckengeblieben. Was dieses Spiel grafisch auf den Bildschirm klatscht, ist – um es einmal auf den Punkt zu bringen – unter aller Sau. Das Meer ist unbewegt und mit einem zweifarbigen blauweißen Muster überzogen, das sich kilometerweit immer wieder wiederholt. Objekte flimmern nur so vor sich hin und die Modelle sind (anders als der momentane Standard es eigentlich gebietet) vorgefertigte Comic-Figuren mit merkwürdigem Stil, die der Spieler nicht für sich anpassen darf.
Das eigentlich melodische Rauschen der Wellen hört sich in Big Beach Sports 2 so an wie ein abstürzendes Flugzeug mit hunderten verlorenen Seelen darin und das einzige, was die Spielcharaktere dazu zu sagen haben, ist „Yeah!“ oder „Uh!“. Dass die Steuerung sich irgendwo im Wii-Startjahr 2006 verheddert hat, wurde ja bereits erwähnt. Auch das Balance Board wird unterstützt, was zunächst wie eine nette Idee aussieht, in der Praxis aber an der minderwertigen Umsetzung scheitert und deswegen nur für einen weiteren Kritikpunkt sorgt. Fazit: Machen wir es kurz: Big Beach Sports 2 ist ein Musterbeispiel dafür, dass Minispielsammlung nicht gleich Minispielsammlung ist. Auch wenn THQ und Entwickler Jet Black Games alles daran setzen, Nintendos Erfolgskonzept von Wii Sports Resort einfach zu kopieren, scheitert dieses Unterfangen an allen Ecken und Enden: Die Technik ist weit zurückgeblieben; das Spiel sieht einfach lächerlich schlecht aus und hört sich mit seinen ewig wiederkehrenden Steeldrum-Klängen und den lästigen Soundeffekten auch noch grausig an. Spielerisch ist es so leer wie ein Kinosaal zur Fußball-WM und die Steuerung ist manchmal anspruchslos, einfach und ungenau und funktioniert ein anderes Mal schlicht und einfach nicht. Kein Spielertyp sollte Big Beach Sports ernsthaft in Betracht ziehen, denn es gibt genug bessere Alternativen, deren lieblose Entwicklung einem nicht permanent vom Bildschirm aus ins Gesicht springt.
Von Tim Herrmann
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| Wertung für das Spiel Big Beach Sports 2 | |
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| 3.0 | Grafik Irgendwo zwischen N64 und GameCube. Lächerliche Modelle, scheußliche Umgebungen. In allen Bereichen technisch zurückgeblieben. | |
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| 3.2 | Sound Wenig authentische Soundeffekte treffen auf sich ständig wiederholende Steeldrum-Melodien, die den Strandaspekt unterstreichen sollen. | |
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| 4.0 | Steuerung Manchmal ist die Steuerung einfach nur anspruchslos, langweilig und unausgereift, nicht selten funktioniert sie aber auch einfach nicht. | |
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| 3.5 | Gameplay Acht Minispiele ohne jede Umrahmung, ohne jedes Extra, ohne jede Verbindung. So etwas kann man nicht für 30€ im Laden verkaufen. | |
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| 3.4 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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