Review von Andreas Held (mail) | 01.08.2010
Musikspiele sind mittlerweile auf einem stark absteigenden Ast - das ist kein Geheimnis mehr. Während Harmonix den DLC-Katalog ausmistet und selbst Industriemagnat Activision auf lediglich ein Release für das aktuelle Geschäftsjahr setzt, schaut die ganze Welt auf Rock Band 3, das den Stein mit so einigen neuen Features wieder ins Rollen bringen soll. Fast schon hinter dem Rücken dieser Blicke stellte EA nun noch Rock Band: Green Day in die Läden, das bereits nach seiner Ankündigung eher belächelt wurde - denn als Nachfolger zu den Beatles sieht es doch ganz schön alt aus. Ob man sich derweil bei der Entwicklung so viel Mühe gegeben hat wie mit dem Beatles-Game, oder ob es sich eher um ein Track Pack a la Rock Band: AC/DC handelt, haben wir für euch kurz herausgefunden.
Kein reines Track-Pack, aber auch kein volles Band-Game
Die Antwort liegt irgendwo dazwischen. Rock Band: Green Day bietet euch das Pflichtprogramm eines Band-Games, verzieht sich danach aber hinter den Vorhang und denkt gar nicht daran, noch eine Kür abzuliefern. Das heißt im Klartext: Ihr bekommt die nachmodellierten Bandmitglieder sowie nachmodellierte Konzertbühnen, spielt aber mit den Regeln, der Engine und dem Interface von Rock Band 2 - anders als bei den Beatles oder auch Lego Rock Band, wo das komplette Erscheinungsbild überarbeitet wurde. Und während die Bühnen zwar realen Vorbildern nachempfunden sind, gibt es nur lächerliche drei Stück davon, wobei sich jede Bühne ein Album zum Schwerpunkt nimmt: Auf Bühne eins gibt es hauptsächlich Lieder aus "Dookie", auf Bühne zwei wartet American Idiot und auf der letzten Bühne folglich "21st Century Breakdown". "Dookie" und "American Idiot" sind vollständig auf der Disc enthalten, beim aktuellen Album müssen jedoch sechs Titel, inklusive der Singles "Know Your Enemy", "21 Guns" und "Last of the American Girls" als DLC dazugekauft werden. Aufgelockert wird das Ganze von ausgewählten Stücken aus anderen Alben, womit die Zahl der anwählbaren Lieder bei knapp über 40 Songs liegt.

Der Karrieremodus gibt sich ähnlich unmotiviert: Alle drei Bühnen sind von Beginn an verfügbar, innerhalb der Bühnen sind die Lieder nach Schwierigkeit in verschiedene Sets geordnet. Erst, wenn ihr alle Songs eines Sets gespielt habt, wird das nächste Set freigeschaltet. Wer also sofort zu Beginn seine Lieblingslieder aus American Idiot spielen will, ohne sich vorher mit den Radio-Balladen "When September Ends" und "Boulevard of Broken Dreams" aufzuhalten, hat leider Pech gehabt. Neben den einzelnen Songs gibt es dann auch die bekannten Setlisten, und als Belohnung für das Abschließen der Auftritte gibt es kleine Bilder der Band im Sticker-Format, die man sich dann virtuell ansehen kann.
Mehr war echt nicht drin?
Lässt man die AC/DC-Disc außen vor, die ohnehin eher als Track Pack vermarktet wurde, ist Rock Band: Green Day das sicherlich schwächste Band-Spiel bisher. Die Liebe zum Detail, die in Rock Band: The Beatles steckte, muss komplett vermisst werden, und Gastauftritte wie in Guitar Hero gibt es ebenfalls nicht - dabei hätte es hier sicher einige gute Möglichkeiten gegeben - egal ob nun Bands wie Coheed & Cambria, die bereits 2002 ihre eigene Version der Rock-Oper zum Besten gegeben haben, oder einfach ältere Punk-Bands, die Green Day als Inspiration gedient haben könnten.
Ansonsten sind die Stücke von Green Day musikalisch sehr simpel gestrickt - wer etwas dagegen sagen will, soll einfach mal nachzählen, wie oft das markante Gitarrenriff in "American Idiot" wiederholt wird. Selbst am Schlagzeug, welches traditionellerweise das schwierigste Instrument bei Punk-Bands ist, gibt es keine wirklichen Herausforderungen; und wenn doch, liegt das an der Schnelligkeit der Rhythmen, und nicht an deren technischem Anspruch. Anspruchsvoll sind bei Green Day lediglich die Texte, die je nach Zuhörer als tiefsinnig oder abstrakt empfunden werden. Deshalb wird der Spielspaß mit Rock Band: Green Day alleine davon abhängen, wie sehr man der Band musikalisch zugeneigt ist. Wer mitsingt, wenn im Radio "Know Your Enemy" läuft und noch heute ein neuwertiges Exemplar von Dookie als Sammlerstück aufbewahrt, kann zugreifen, und wer lieber headbangen will, eher nicht.

Zumindest technisch liefert Harmonix gewohnt saubere Arbeit ab: Die Notencharts sind wie immer qualitativ hochwertig und auch bei der Ausarbeitung der Charaktere und der wenigen Bühnen hat man sich Mühe gegeben. Daneben gegangen sind dagegen die Soundeffekte, die für ein Musikspiel völlig unpassend und regelrecht irritierend sind.
Fazit: Anders als Guitar Hero: Metallica, welches man auch neutralen Musikspiel-Fans empfehlen konnte, oder Rock Band: The Beatles, das für Beatles-Fans ein absolutes Must-Have war, ist Rock Band: Green Day also ein sehr maues Band-Spiel, das zum Vollpreis höchstens für große Fans der Band interesssant ist. Die Präsentation wirkt etwas wie eine, wenn natürlich sehr gute, Grafik-Mod von Rock Band 2, und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist glatt mangelhaft aufgrund des geringen Umfangs, der spärlichen Bonusinhalte und vor allem, weil man einen Teil von 21st Century Breakdown als DLC dazukaufen muss, um die Setliste zu vervollständigen. Green Day-Fans bekommen ein solides Paket geschnürt, das aber nicht mehr enthält, als zum Überleben notwendig ist; alle anderen warten auf Rock Band 3.
Von Andreas Held
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| Wertung für das Spiel Green Day - Rock Band | |
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| 7.0 | Grafik Rock Band 2 mit Charakteren und Bühnen im Green Day-Look. Technisch sehr gut, aber künstlerisch Welten von Rock Band: The Beatles entfernt. | |
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| 8.0 | Sound Gewohnt gute Klangqualität trifft auf irritierende Soundeffekte. | |
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| 9.5 | Steuerung Alles wie gehabt - dass die Plastikinstrumente mittlerweile gealtert sind, macht das Konzept dahinter nicht schlechter. | |
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| 6.0 | Gameplay Sehr uninspirierte Pseudo-Karriere und für Nicht-Fans spielerisch völlig uninteressant. Viel zu wenig Umfang und keine Abwechslung durch Guest-Acts. | |
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| 6.5 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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