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Moorhuhn - Das Verbotene Schloss
Review von Burkhart von Klitzing (mail) | 08.06.2010
Der Rum-Pirat Captain Morgan in einem eigenen Kart-Racer? Die Bacardi-Mädels in einem weitgehend textilfreien Dead-or-Alive-Beach-Volleyball-Klon? Jack Daniels in seinem eigenen Egoshooter? Anders als etwa Softdrinkmaskottchen (Pepsiman und Cool Spot) scheint sich die Alkoholwerbebranche kaum für Spieleumsetzungen zu eignen, wohl auch wegen des allgemein eher schlechten Rufes der Branche. Das ist wohl auch der Grund, warum wir noch nicht mit dem Camel-Kamel 100 Münzen in einem Sidescroller sammeln durften. Doch Ende des letzten Jahrtausends erschuf phenomedia dem Firmennamen entsprechend ein mediales Phänomen. Aus dem Ziel, ein Werbespiel für Johnnie Walker zu kreieren, entstand der simpel-suchterregende Fadenkreuzshooter Moorhuhn, der nicht nur vielen Menschen überhaupt erst die Existenz dieser Tierart nahelegen konnte, sondern bis heute einen Ableger nach dem anderen nach sich zieht. Der neuste Spross erschließt dabei exklusiv auf der Wii erstmals das Genre der 3D-Jump 'n Runs.

Crash Bandicoot
Der Begriff Dreidimensionalität hinterlässt dabei einen ähnlich faden Beigeschmack wie die aktuelle Welle der Avatar-inspirierten Trittbrettfahrer im Kino, die in letzter Minute dank eines übereifrig Marktforschungsberichte lesenden Mitarbeiters mittelprächtige 3D-Effekte eingeimpft bekommen. Die Suche nach dem Verbotenen Schloss orientiert sich an den frühen Abenteuern von Naughty Dogs Beutelratte, sprich: Das Federvieh läuft munter in alle Richtungen und erobert sogar per obligatorischem Doppelsprung die Lüfte. Die Levels präsentieren sich aber als äußerst eng gesteckte Schläuche, die fast ausnahmslos geradeaus führen. Abzweigungen oder gar Entdeckerspielraum wie zu besten N64-Zeiten räumt Entwickler Coreplay nicht ein. Freunde von Geheimnissen müssen in den optisch kaum diversen, aber hübsch designten Wald-, Eis- und Burglevels nur hinter den nächstbesten Felsen oder andere Hindernisse hüpfen, die die starre Kamera partout nicht umrunden mag. Mehr als Extraleben und Münzen (die wiederum Extraleben einbringen) warten dort allerdings nicht. Als Resultat eines Anflugs von Kreativität reichen 25 statt 100 der monetären Gierobjekte zum 1Up.



Ratchet & Clank
Ebenfalls ungewohnt: Ein Sprung auf Feindeshaupt führt zum eigenen Ableben, wie ohnehin bereits ein einziger Treffer ausreicht, das Zeitliche zu segnen. One-Hit-Kills in einem offensichtlichen Kinderspiel sind trotz regelmäßiger Rücksetzpunkte eine dezent zweifelhafte Designentscheidung. Um Eulen, Stachelschweinen und dem Rest eines halben Zoos, sowie Geistern und Schneemännern nicht gänzlich schutzlos gegenüberzustehen, rüstet sich der schmackhafte Flattermann sowohl mit einem Holzhammer als auch einem schicken Kürbis-MG. Der starke Überkopfschlag des Prügelgeräts ist dank der oft zu weit entfernten Kamera ziemlich sinnlos, schließlich lässt sich kaum einschätzen, wie weit ein einstürmender Wolf noch entfernt ist. Da bereits der leichteste Kontakt mit ihm den Exitus verursacht, muss eben der 360°-Dreher per Hammer her. Da sich diese ohne jedwede Unterbrechung aneinanderreihen lassen, werden Kämpfe gegen Feinde, die die Nähe suchen, zum Kinderspiel. Anders dagegen spuckende Schlangen. Ist man hier erst einmal gestorben, weil man die wechselwarmen Störenfriede ebenso wie ihre Geschosse schlicht nicht sah, zückt man beim nächsten Anlauf eben die Kürbiskanone.

Moorhuhn Kart
Zum Selbstläufer wird das Abenteuer dadurch jedoch noch lange nicht. Dafür sorgen zum einen weitere Schlangen, die unscheinbar in Gebüschen hockend auf sich nähernde Nahrung lauern und noch leichter zu übersehen sind als ihre spuckenden Artgenossen. Zum anderen greift ihr in einigen der 18 Levels auf die Hilfe dreier Freunde zurück. Ein Moorfrosch namens Moorfrosch, eine Schildkröte namens Kröt und ein Widder (na, ahnt ihr schon den Namen?) namens Rambock (falsch geraten) dienen als Reittier. Trotz unterschiedlicher Elemente - Luft, Wasser und Erde - ist ihnen allen eines gemein: Unpräzise Steuerung gepaart mit Frust. Funktioniert die Zungenarbeit des Froschs per Pointer zwecks Aufklaubens von Münzen noch anstandslos, so sorgt der Rest für unzählige Tode. Er hüpft meist von Miniplattform zu Miniplattform, begleitet von einer immer gleichen Sprungdistanz. Wohldosierte Hüpfer sind unmöglich. Zudem lässt sich die Richtung nach dem Absprung nicht mehr beeinflussen. So verkommen Reisen über bewegliche Rosenblätter auf der Suche nach den zu weit verstreuten Checkpoints zur zäh-langsamen Qual. Die beiden übrigen tierischen Gesellen greifen auf die oft gesehene Reitsteuerung per quergehaltener Wiimote zurück. Rambock reißt auf Kommando Zäune ein, Kröt weicht Krokodilsmäulern aus. Das ist teilweise flott inszeniert, krankt dann aber doch wieder an der Kamera. Darüber hinaus folgen die beiden konsequent ihrer Spur. Will heißen, wenn ihr euch etwa ganz rechts befindet, euch einer Kurve nähert und nicht lenkt, bleibt ihr ganz rechts, statt zunächst automatisch weiter geradeaus zu reiten und so am Ende links in der Bahn zu sein. Das erschwert Ausweichmanöver enorm, bis ihr euch nach geraumer Zeit an dieses unorthodoxe System gewöhnt habt.

Fazit:
Moorhuhn - Das Verbotene Schloss ist sicher ein gutes Stück vom Bodensatz der Wii-Software entfernt, aber ernsthaft empfehlenswert ist es für keine Gruppe. Kinder werfen ob der Reitlevels das Handtuch und greifen beispielweise besser zu Ice Age 2 oder Der Tierisch Verrückte Bauernhof. Alle anderen haben ebenfalls gelegentlich mit Frust zu kämpfen und ärgern sich sonst über den mangelnden Anspruch und die kurze Dauer von nicht einmal zweieinhalb Stunden. Wer auf der Suche nach einem geradlinigen Hüpfer auf der Wii ist, schaut sich besser einmal per Abwärtskompatibilität Pac-Man World 2 und 3 an.

Von Burkhart von Klitzing
Wertung für das Spiel Moorhuhn - Das Verbotene Schloss
Wertungen Beschreibung
5.4Grafik
Stimmiges Design, heruntergezogen von Matschtexturen und Mickeranimationen.
6.0Sound
Schade, dass sich die Soundeffekte dermaßen vor die atmosphärischen Klänge der Musik drängen.
5.3Steuerung
Zu Fuß noch ordentlich, reagieren die Reittiere bockig.
4.4Gameplay
Simples Crash Bandicoot mit frustigen Reiteinlagen.
4.4Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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