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Alice im Wunderland
Review von Tim Herrmann (mail) | 14.05.2010

Mit Alice im Wunderland brachte Tim Burton im März einen der meisterwarteten Filme der letzten Monate in die Kinos. Dass er sich in aller Munde befand, lag wohl vor allem daran, dass er wie schon James Cameron’s Avatar die gerade wieder aufflammende 3D-Technik unterstützte. Das Wunderland aus dem Klassiker von Lewis Carroll präsentiert sich in Tim Burtons neuinterpretiertem Nachfolger düster, fast schon bedrohlich und durchweg fremdartig. Kritiker sahen hinter dem Film allerdings nicht viel mehr als ein Technik-Feuerwerk. Ein solches Technik-Feuerwerk lässt sich beim Videospiel dagegen kaum erwarten, denn es erscheint exklusiv für Wii und den Nintendo DS. Wie diese Rechnung aufgehen kann, die ausgerechnet die Technik (immerhin das Hauptargument des Films) hintenanstellt, klären wir in unserem Test.

Wunderland wird Unterland
Das Spiel gibt auf der Verpackung an, durch den Film von Tim Burton inspiriert worden zu sein, und tatsächlich verfolgt es die Handlung des Kinostreifens nicht 1:1, sondern lässt sich gewisse spielerische Freiheiten. Die wohl wichtigste ist die, dass ihr zu keinem Zeitpunkt Kontrolle über Alice ergreift, sondern stets als einer der Bewohner des Wunderlandes spielt. Alice selbst ist lediglich ein Anhängsel, das den Protagonisten folgt und von ihnen beschützt werden muss.

Die Handlung im Gesamten lehnt sich aber recht eng an den Film an: Das Wunderland, das Alice in ihren früheren Abenteuern besucht hat, hat sich verändert und wird nun Unterland genannt. Und auch Alice erinnert sich nicht mehr daran, jemals dort gewesen zu sein. Deswegen kommen zunächst auch Zweifel daran auf, ob sie tatsächlich die Richtige ist, um das Land von der Herrschaft der bösen Roten Königin und ihrer Schergen zu befreien wie in der Prophezeiung vorhergesagt.



Das Wunderland auf Wii
Was ist Alice im Wunderland nun also für ein Spiel? Das Gute vorweg: Es handelt sich nicht um eine Minispielsammlung zum Film. Viel mehr hat der französische Entwickler Étranges Libéllules ein Action-Adventure auf die Beine gestellt, das vom Grundprinzip her zwar recht simpel gestrickt ist, aber dennoch mit einigen interessanten Spielideen aufwartet, die das recht unspektakuläre Erkunden, Laufen, Kämpfen und Sammeln würzen.

Grundsätzlich geht es ganz bodenständig und einfach darum, verschiedene Komplexe des Wunderlandes zu durchlaufen, dabei auch ab und zu mal nach rechts und links zu gucken, um versteckte Items und Schätze zu finden, und dabei immer die Ziele zu erreichen, die einem das Spiel vorgibt. Bis hierhin also nichts wirklich Besonderes. Während sich viele andere Lizenzspiele aber an diesem Punkt mit ihrem Gameplay bereits zufrieden geben würden, haben die einzelnen Spielcharaktere in Alice im Wunderland verschiedene Spezialfähigkeiten zu bieten, die im Spielverlauf geschickt miteinander kombiniert werden müssen, um Rätsel zu lösen, Schätze zu finden oder Gegner zu besiegen.

So ist es dem sprechenden, weißen Kaninchen namens McTwisp beispielsweise möglich, die Zeit anzuhalten und damit Gegner einzufrieren, rotierende Wegweiser in eine Richtung zeigen zu lassen oder viel zu schnell sprechende Wunderlandbewohner verständlich klingen zu lassen. Der Märzhase dagegen kann mit seinen Telekinesekräften Gegenstände durch die Lüfte wirbeln und damit Verstecke aufdecken oder Gegner mit Steinen bewerfen. Die Grinsekatze kann aus dem Nichts Gegenstände erscheinen lassen oder unsichtbar werden und der verrückte Hutmacher (im Film verkörpert durch Johnny Depp) erlaubt optische Illusionen.



Mit dem C-Knopf wechselt ihr zwischen diesen spielbaren Charakteren, die ihr nach und nach im Spielverlauf trefft. Das Wechseln ist oft nötig, weil alle Fähigkeiten ständig gefordert werden. Glücklicherweise gehen die Wechsel aber stets schnell von der Hand – alternativ kann man auch einfach einen Freund ranlassen und ihn immer einen zweiten Charakter spielen lassen. Der Titel ist nämlich auch komplett kooperativ spielbar.

Akustisches Licht und grafische Schattenspiele
Technisch pendelt Alice im Wunderland für Wii recht stark zwischen den Fronten. Besonders gut gelungen ist beispielsweise die Synchronisation der Charaktere, die mit prominenten Originalsprechern aus dem Film aufwartet und auch ansonsten sehr gut ins Geschehen passt. Die Musik ist ebenfalls stimmig und verschmilzt mit der Gesamtpräsentation zu einer einzigartig wunderlichen Atmosphäre.

Die Umgebungsgrafik dagegen ist kaum der Rede wert: Die Texturen sind unscharf, die Framerate zickt und zuckt manchmal ein bisschen und auch die Kameraperspektive ist des Öfteren nicht optimal, sodass sie manueller Nachjustierung bedarf. Hier wäre sicherlich mehr möglich gewesen.

Im Gegenzug kann das Spiel aber mit seinen Charaktermodellen überzeugen, die sehr gut den Charme des Filmes in das Videospiel einweben. Sei es die witzig-dümmliche Mimik von Diedeldum und Diedeldei, das aufdringliche Grinsen der Grinsekatze oder die gut gelungenen Felleffekte der Kaninchen (besonders der total abgewetzte Märzhase sieht klasse aus) – zusammen mit der perfekten Synchronisation sind die Charaktere das Highlight von Alice im Wunderland. Sie leben richtig und verbreiten deswegen besonders in den Zwischensequenzen einige Stimmung. Nichtsdestotrotz sind die Zwischensequenzen natürlich immer noch in Spielgrafik gehalten, weswegen man keine Filmchen in Qualität des Kinostreifens erwarten sollte.

Was gibt es zu tun im Wunderland?
Das Level-Design lässt an einigen Stellen leider ein wenig zu wünschen übrig. Die Entwickler hätten hier ein wenig mehr Abwechslung an den Tag legen dürfen und fantastische Welten animieren können. Stattdessen sieht man aber eigentlich immer nur krüppelig-gruselige Bäume, dunkelgrünen oder braunen Boden und dürre Sträucher. Einige Elemente kehren zu oft wieder (so sieht der Himmel beispielsweise immer bräunlich grau aus), sodass man nicht den Eindruck hat, sich wirklich durch ein Wunderland zu bewegen. Natürlich ist auch Tim Burtons Film eher düster gehalten, aber auch düster kann man nun einmal in verschiedenen Variationen darstellen, wie im Film ja sehr deutlich gemacht.



Neben den einfallsreichen Rätseln mit Zeitverlangsamung und Telekinese bietet der Titel aber relativ wenig Gameplay: Alle drei Schritte findet ihr Schatzkisten mit einzusammelnden Punkten darin (die alle möglichen Extras freischalten), durchgehend könnt ihr Bäume, Sträucher und Statuen zerstören (und auch dabei wieder Punkte einheimsen) und ab und zu findet ihr auch spezielle Items, die neue Fähigkeiten für die Spielcharaktere verfügbar machen. Insgesamt ist auch hier ein bisschen zu wenig Abwechslung geboten.

Fazit:
Für Fans des Films ist Alice im Wunderland durchaus eine Empfehlung wert: Besonders die Umsetzung der Charaktere mit der exzellenten Sprachausgabe, ihren schönen Animationen und der tollen Musik weiß zu gefallen. Das Spiel, das dahinter steckt, ist allerdings nicht viel mehr als ein ganz gewöhnliches, relativ unspektakuläres 3D-Abenteuer, in dem ihr Punkte einsammelt und gegen einige Gegner kämpft. Aufgefrischt wird es lediglich durch Spezialfähigkeiten der spielbaren Charaktere, die für einige gute Rätsel sorgen. Wer sich Alice im Wunderland kauft, bekommt also eine ordentliche Lizenzumsetzung, die mit ihrem Gameplay weniger zu überzeugen weiß als mit ihrer Lizenz, insgesamt aber trotzdem stets eine gute Entwicklung bleibt.

Von Tim Herrmann
Wertung für das Spiel Alice im Wunderland
Wertungen Beschreibung
7.1Grafik
Sehr gute Charaktermodelle mit guten Animationen treffen auf relativ inspirationsloses Leveldesign mit wenigen optischen Highlights und zu wenig Abwechslung.
8.7Sound
Tolle Synchronisation mit prominenten und professionellen Originalsprechern, stimmige und immer passende Musik und Klanguntermalung aus dem Film.
8.2Steuerung
Problemlose Steuerung mit Wii-Remote und Nunchuk, die mit einem Minimum an Bewegungssteuerung auskommt.
7.6Gameplay
Einige gute Rätsel mit den Spezialfähigkeiten der Protagonisten, aber ansonsten recht anspruchs- und sensationsloses Abenteuer-Gameplay mit linearen Levels und wiederkehrenden Elementen.
7.6Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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