Review von Tim Herrmann (mail) | 13.05.2007
Was klein ist und wuselt, kommt im Allgemeinen ja immer nicht schlecht bei der breiten Masse an. Oder warum halten sich sonst etliche Menschen einen kleinen Hamster als Haustier oder kümmern sich um andere kleine, bepelzte Nager? Und warum spielten so viele Leute Pikmin auf dem GameCube, die Schöpfung von Shigeru Miyamoto, in der man sich kleine, außerirdische Pflanzenwesen zunutze machte, um nach Hause reisen zu können? Hinter der scheinbar nur „niedlichen“ Fassade, die durch die Gestalt der kleinen Helferlein und durch die teilweise recht verspielte Grafik entstand, verbarg sich ein ausgeklügeltes, gut durchdachtes Strategiespiel, in dem man sich genau überlegen musste, wann man was mit welchen Pikmin machte und was das für einen Effekt haben könnte.
Als Konami dann vor geraumer Zeit „Elebits“ ankündigte und erste Bilder dazu zeigte, lag der Vergleich zu Nintendo’s Pflanzenwesen sofort nahe. In unserem Review zu “Eledees“, wie es mittlerweile aus markenrechtlichen Gründen in Europa heißt, verraten wir euch nun, ob dieser Vergleich seine Daseinsberechtigung hat und ob der Titel vielleicht mehr bietet als nur den Kuschelfaktor.
Pikmin = Eledees?
Eine Frage beantworten wir gleich: Kann man Konami’s Eledees überhaupt mit Nintendo’s Pikmin vergleichen? Die Antwort lautet „Nein“. Bis auf die Gestalt der kleinen Hauptdarsteller haben die beiden Titel eigentlich nichts gemeinsam. Während man in Pikmin mit den Kleinen interagiert, sie sich selbst heranzüchtet und sich gut überlegen muss, was man wo mit ihnen anstellen kann, haben die Eledees eine ganz andere Bedeutung: Sie übernehmen eher eine passive Rolle, indem sie der Spielwelt die Elektrizität und den Strom bescheren und dafür sorgen, dass alles so läuft, wie es soll. Eines Tages aber fangen die winzigen Wichtel an, sich merkwürdig zu verhalten, verstecken sich und Fernseher, Radio, Staubsauger und Co. geben ihren Geist auf. Die Aufgabe des Spielers ist es nun, die Stromgnome erst einmal aufzuspüren und dann einzufangen, um damit wieder Licht in die Umgebung zu bringen. Und damit schafft Konami gleich einmal ein neues Genre. Als „Catch & Seek“ wird das Prinzip von vielen bezeichnet, „Fangen und Suchen“. Anhand einer kleinen Beschreibung irgendeines Levels im Spiel kann man vielleicht am besten verdeutlichen, wie Eledees eigentlich funktioniert:
Nach einem Countdown von drei auf null geht es los: Die ersten Eledees, die oben auf irgendwelchen Tischen oder Betten liegen, können kurzerhand eingefangen werden und sorgen bereits dafür, dass ein sanftes Licht in den Raum fällt. Mit dem Fangstrahl hebe ich nun Zeitschriften, Kissen oder andere leichte Gegenstände auf, an Schränken und großen Geräten werde ich derzeit noch scheitern. Überall verbergen sich nun die kleinen Racker und versuchen erst einmal, vor meinem blauen Fangstrahler, der sie einfangen will, zu fliehen; natürlich vergeblich und so landen sie schließlich in der Energieanzeige. Wenn ich eine bestimmte Anzahl an Watt erreicht habe, erscheint eine Meldung auf dem Bildschirm, die mir mitteilt, dass irgendetwas wie das blaue Spielzeugauto nun wieder funktioniert. Ich mache mich also auf die Suche nach dem kleinen Ding, was manchmal ziemlich verzwickt sein kann bei den vielen Geräten, die überall im Raum herumliegen. Hat man das Utensil gefunden, fehlt nur noch ein Knopfdruck und viele andere Eledees entspringen dem Elektromobil. Diese sammle ich auf wie den normalen 08/15 Strom-Gnom, aber sie bescheren mir keinen Energiezuwachs, sondern sorgen dafür, dass sich mein Fangstrahl langsam auflädt. Nach einer bestimmten Anzahl an so genannten Kraft-Eledees steigt er um einen Level auf und ermöglicht mir nun, schwerere Gegenstände anzuheben. Der Kreislauf beginnt. Wenn man jetzt Stühle oder Bänke hebt, findet man darunter wie erwartet neue Eledees. Diese bringen jetzt wieder ein Elektrogerät zum Laufen und führen zu mehr Kraft-Eledees, die den Fangstrahler wieder aufleveln, wodurch man nun noch schwerere Lasten tragen, heben oder werfen kann. Am Ende eines Zeitlimits oder beim Erreichen der Mindestpunktzahl wird abgerechnet: Wie viel Elektrizität wurde aufgesammelt, wie viel Zeit wurde dafür gebraucht? Ein Rang von C bis S verrät mir, wie gut ich mich bei der Eledee-Hatz geschlagen habe. Wenn ich genug richtig gemacht habe, werden nun neue Modi freigeschaltet, die es mir beispielsweise ermöglichen, den Level ohne Zeitstress zu bewältigen.

Ist das nicht langweilig?
Das Spielprinzip mag sich vielleicht auf den ersten Blick ziemlich eintönig anhören und wirkt eventuell nicht so, als könnte es einen länger als zwei Stunden bei der Stange halten, doch das stimmt nicht. Jeder Level ist irgendwie anders, und es gibt Unmengen an Neuem zu entdecken, wenn man die Stufen mehrmals spielt. Ehrgeiz wird geweckt und man will unbedingt den S-Rang erreichen oder spezielle Eledees fangen, die neue Modi bescheren. Zusätzlich birgt jedes Zimmer eine Vielzahl an verschiedenen Gegenständen; es macht Spaß, sie alle zu erkunden und sich anzusehen, wie liebevoll die verschiedenen Räume gestaltet wurden. Auch für Leute, die sich einmal richtig austoben wollen, ist Eledees vielleicht genau das Richtige. Denn um Erfolg im Spiel zu haben, muss man die Zimmer verwüsten, wie man es in Wirklichkeit nicht einmal in den kühnsten Träumen wagen würde. Man kann mit jedem noch so kleinen Gegenstand im Spiel interagieren, es gibt nichts, was nur zur Dekoration dasteht. Und wenn man den Fangstrahler irgendwann auf einem hohen Level hat, fängt der Spaß erst richtig an, wenn man riesige Dinge durch die Luft wirbeln lässt. Nach fünf Minuten sieht es regelmäßig so aus, als hätte ein Tornado gewütet, Schränke, Tische, Gläser, Bücher, Zeitschriften, Fernseher – alles liegt wie wild im Zimmer verstreut und stellt für Ordnungsfanatiker wohl den ultimativen Horror dar, an den man sich vielleicht erst einmal gewöhnen muss.
Gespielt wird die ganze Zeit über aus der Ego-Perspektive. Man steuert den Hauptcharakter, einen ca. zehnjährigen Jungen namens Kai, mit dem Stick des Nunchuk und kann sich mithilfe der Pointerfunktionen der Wiimote umsehen und das Fadenkreuz des Fangstrahls durch die Gegend schweifen lassen. Stößt es an den Rand des Bildschirms, so dreht man sich in entsprechende Richtung. Möchte man beispielsweise einen Wasserhahn aufdrehen, benutzt man die Wiimote als Handersatz, möchte man eine Tür aufziehen, macht man die Bewegung simpel und einfach mit dem Controller nach. Das funktioniert alles sehr gut und zeigt mir persönlich endlich einmal, warum ich mich eigentlich für den Kauf von Wii entschieden habe: Konamis Eledees nutzt die Fertigkeiten der Wiimote als eines der sehr wenigen bisher erschienenen Wii-Spiele sehr gut aus und schafft es, durch sie ein neues Spielprinzip und –gefühl zu kreieren. Vieles von dem, was man bisher an Spielen gesehen hat, hat das Fuchteln mit der Wiimote lediglich als Knopfersatz benutzt oder sich nur leicht tastend an die Vorteile von Nintendos Konsole herangewagt. Eledees dagegen ist ausschließlich auf Wii möglich und funktioniert größtenteils sehr gut. Nur bei Bewegungen im Raum zickt das Spiel manchmal ein bisschen und wenn man fünf Mal versuchen muss, irgendeine Tür aufzubekommen, weil sie ständig wieder zufällt, kann man auch schon mal anfangen, mit den Zähnen zu knirschen.
Ein Gourmethappen für Auge und Ohr?
Die Grafik von Eledees ist eher schlicht gehalten. Man erlebt mit dem Titel keinen Optikprotz, der alle bisher erschienenen Wii-Titel in den Schatten stellt. Die Hundertzahlen an Gegenständen, die man im Spiel vorfindet, sehen zwar alle anständig aus und nichts wirkt irgendwie grob hässlich oder schlecht texturiert; im Großen und Ganzen ist die Grafik aber sicherlich kein Kaufargument für das Spiel. Als schlecht kann sie aber mit Sicherheit auch nicht bezeichnet werden. Denn erstens wurde alles im Spiel sehr sorgfältig und detailverliebt gestaltet und zweitens läuft das Spiel immer flüssig, was keine Selbstverständlichkeit ist, wenn hunderte Gegenstände auf dem Boden liegen und Scharen an kleinen Energiewichteln über den Teppich watscheln. Insgesamt kann sich der Titel wohl mit Fug und Recht in die oberen Ligen in den Wii-Grafik-Charts einreihen.
Mit dem Ton sieht das alles einigermaßen ähnlich aus. Die Soundeffekte sind niedlich und passend, die kleinen Eledees quietschen und kreischen, wenn sie gefangen werden und machen niedliche Plopp-Geräusche, wenn sie durch die Gegend kullern. Auch alles andere, was man an Geräuschen im Spiel hört, kommt gut an. Die Musik dagegen kann einem manchmal ziemlich auf den Geist gehen, denn es handelt sich dabei eher um Gedudel, das nicht wirklich begeistern kann. Immerhin gibt es eine Vielzahl an Stücken, die auf die verschiedenen Umstände im Spiel zugeschnitten sind und zur Situation passen sollen. Leider hören sie sich gegen Mitte bzw. Ende alle ziemlich gleich an.

Ein weiterer Aspekt, der für einige als Minuspunkt gelten könnte, ist der, dass das ganze Spiel sich in einem relativ kindlichen Stil präsentiert. Allein schon die Tatsache, dass es sich bei dem Spielcharakter um einen neun-, zehn-, vielleicht elfjährigen Jungen handelt, belegt das. Die Eledees sind niedlich und knuffig, allein damit versucht man schon in der Beschreibung auf der Rückseite der Verpackung, die Käufer anzulocken. Die Geräusche im Spiel, das Design, alles deutet irgendwie darauf hin, dass Konami besonders die jungen Spieler an die Konsole fesseln möchte. Aber das ist eigentlich relativ unberechtigt, denn – genau wie bei Pikmin, um den Vergleich noch einmal herauszukramen – versteckt sich hinter der niedlich-knuffigen Fassade ein komplexer Titel, der einiges an Feingefühl, Geschick und Schnelligkeit erfordert und besonders in den höheren Stufen – das behaupte ich jetzt einfach Mal – einen Achtjährigen vom Schwierigkeitsgrad her grob überfordert. Da wird nämlich das Zeitlimit knapper, die Auflagen zum Sieg schärfer und die Eledees schneller. Dazu gesellen sich Stressfaktoren wie der, dass die Viecher irgendwann auch zurückschlagen. Schade, denn die Aufmachung des Spiels hätte auch in Richtung „abgedreht und japanisch“ gehen können anstatt in „süß und kinderfreundlich“.
Und was kann man noch nach dem Spiel so alles treiben?
Wenn man den relativ umfangreichen Story-Modus irgendwann durchgespielt hat, gibt es immer noch keinen Grund, das Spiel ad acta zu legen. Denn es gibt noch etliche andere Modi: Zum Beispiel den sehr gelungenen Leveleditor, in dem man sich seine eigenen Herausforderungen basteln und diese sogar online per WiiConnect24 zu Freunden schicken kann (damit ist Eledees übrigens das allererste Spiel mit Online-Funktionen). Auch einen Mehrspielermodus bietet das Spiel, bei dem der mit der höchsten Punktzahl gewinnt. Es braucht nicht einmal jeder Spieler einen Nunchuk.
Fazit: Eledees ist ein astreine Kombination aus Ego-Shooter und Geschicklichkeitsspiel, die die Wii-Steuerung kompromisslos und nahezu perfekt ausnutzt und damit ein neues Spielgefühl schaffen kann, eine akzeptable technische Seite hat und darüber hinaus eine Vielzahl an zusätzlichen Modi und Möglichkeiten neben dem eigentlichen Hauptspiel bietet. Der Umfang des Story-Modus ist groß, der Schwierigkeitsgrad durchgehend fordernd, aber selten unfair und die Langzeitmotivation bleibt dank unterschiedlicher Aufgaben lange erhalten.
Konami tat gut daran, erst einmal nur an einem einzigen Wii-Spiel zu werkeln und dieses dann auch wirklich einzigartig zu machen, anstatt viele Titel auf einmal zu bringen, die aber leider alle nur an der Oberfläche der Wii-Möglichkeiten kratzen.
Als Schlusssatz können wir euch nur noch raten, zumindest einen Testblick auf dieses Spiel zu werfen, denn es gehört wohl mit zum Besten, was bisher auf Wii erhältlich ist.
Von Tim Herrmann
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| Wertung für das Spiel Eledees | |
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| 7.8 | Grafik Die Umgebungen und die Eledees an sich sind liebevoll und detailverliebt gestaltet, insgesamt ist die Optik aber nichts wirklich Besonderes. | |
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| 7.2 | Sound Gute Soundeffekte, die gut zur ganzen Aufmachung des Spiels passen, aber eintönige Musikstücke, die nicht zu begeistern wissen. | |
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| 8.8 | Steuerung Funktioniert größtenteils perfekt, hat nur manchmal einige nervige Aussetzer beim Öffnen von Türen oder Klappen. Die Steuerung unterstützt das Spielgefühl in einem sehr positiven Sinne. | |
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| 8.3 | Gameplay Die Spielidee ist toll und sie wurde super auf Wii umgesetzt. Die Levels glänzen auch durch die vielen Möglichkeiten der Interaktivität mit den Gegenständen. | |
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| 8.4 | Gesamt (Kein Durchschnitt der Einzelwertungen) | |
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