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Germany's Next Topmodel 2010
Review von Andreas Held (mail) | 22.04.2010
Wir schreiben die Zeit der Wirtschaftskrise und auf dem Arbeitsmarkt ist die Lage kritisch: Dutzende attraktive Frauen finden trotz ihres Aussehens keinen Job, weil sie nichts im Kopf haben. Diesen armen Seelen verschafft ProSieben nun mit Germany's Next Topmodel zumindest eine theoretische Gelegenheit, etwas aus sich zu machen, und hilft außerdem der Bundesagentur für Arbeit. Nun, entweder das, oder GMNT ist genauso geschauspielert wie viele pseudo-reale RTL-Sendungen es sind. Eine Sache ist jedoch so real wie der Schmerz, wenn man sich den kleinen Zeh gestoßen hat: Das aktuelle Spiel zur Serie, das fast schon wie eine Drohung auf den Namen "Germany's Next Topmodel 2010" hört. Fast so, als wolle man sich Versionen für 2011, 2012 und so weiter offen halten. Wird also Zeit, dass sich die Jungs in Cern etwas beeilen mit ihren schwarzen Löchern, die die Welt verschlingen.

Habe ich was verpasst?
Im neuen Hauptmenü, das nebenbei bemerkt wie ein Photoshop-Experiment aussieht, fällt zunächst der Menüpunkt "Erfolge" ins Auge. Also gibt es sie nun selbst hier. Auszeichnungen erhält man zum Beispiel, wenn man mehr "Kundenbesuche hat" als die anderen Models, oder alle 11 Konkurentinnen an einem Tag "lieb hat".

Nach einer Überprüfung des USK-Siegels geht es ins Hauptspiel, wo ich mir zunächst eines von zwölf vordefinierten Models wähle und benenne. Danach geht es ins Model-Loft und es passiert... nichts. Stattdessen tickt in der oberen Bildschirmecke eine virtuelle Uhr gemächlich vor sich hin und das virtuelle Model schleicht nach einer Betätigung des Analogsticks genauso gemächlich durch das Loft. Ich weiß nicht, warum ich eigentlich hier bin, und bin verwirrt - eine Verwirrung, die noch verstärkt wird, wenn das Model Punkt zehn Uhr Ingame-Zeit von Lichtblitzen wieder zum Eingang teleportiert wird. Alles nur, damit ein Mann in Anzug und Sonnenbrille ihr mitteilen kann, dass sie um 16 Uhr einen Termin beim Stylisten hat. Die Uhr tickt sehr gemächlich weiter, und ich weiß immer noch nicht, was zu tun ist - lege also meine Wii-Remote auf den Tisch, hole meine beiden Cheeseburger aus dem Ofen und warte gemütlich auf 16 Uhr Ingame-Zeit. Immerhin ist der Termin beim Stylisten als "Tutorial" gekennzeichnet, also erfahre ich hier vielleicht mal erste Grundlagen über die Spielmechaniken. Nach gefühlten 15 Minuten teilt mir ein Popup mit, dass es nun Zeit für den Termin beim Stylisten ist, aber ich soll doch bitte selbst dorthin gehen. Natürlich weiß ich nicht, wo er ist und mein Model schleicht weiterhin im Rentnergang durch das Model-Loft, das - wie mir jetzt auffällt - mit seinen überall gleichen, weiß-pink gestreiften Tapeten etwas an einen Dungeon in einem 1st-Person-RPG erinnert. Natürlich verlaufe ich mich, und um 16:30 Uhr erscheint ein weiteres Popup: "Du hast deinen Termin beim Stylisten verpasst! Schade. Du hättest die Punkte gebrauchen können!" Um 16:50 Uhr folgt: "Du hast dein erstes Event absolviert. Glückwunsch!" Habe ich irgendetwas verpasst?



Rätselhafter als Quantenphysik...
...ist Germany's Next Topmodel 2010 aber mit Sicherheit nicht. Dass man im Loft nichts machen kann, liegt nämlich schlichtweg daran, dass es selbst im Vergleich zum spielerisch sehr dünnen ersten Teil kein Gameplay gibt. Einzige Neuerung: Euer Model führt diesmal Tagebuch. Tagebuch... hmm... woher die Entwickler diese Idee wohl hatten? Wie auch immer. Im Loft könnt ihr drei Dinge tun: Mit anderen Models interagieren, Minispiele üben und euch am Kühlschrank bedienen. Während den Models letztes Jahr durch kleine Texte noch ein Minimum an Persönlichkeit gegeben wurde, wählt ihr diesmal eines von vier seltsamen Symbolen (Lippe, Zahnfee, Goldfischglas oder Voodoo-Puppe), woraufhin die Models rein pantomimisch über wirklich extrem lächerliche Animationen kommunizieren. Mit Minispielen meint der Titel solche Dinge wie das Einkleiden, Frisurwählen bzw. Foto-Shootings, Fitness-Übungen oder Auftritte auf dem Catwalk. Erstere sind noch simpler als im ersten Teil, da euch das Spiel diesmal Fotos der zu wählenden Kleidungsstücke zeigt - wer sich an drei der vier Fotos erinnern kann und den richtigen Menüpunkt trifft, bekommt bereits die Bestnote. Andere Minispiele greifen auf eine Bewegungssteuerung zurück, die nicht funktioniert. Die Kommandos bewirken entweder das Gegenteil von dem, was sie eigentlich bewirken sollten, oder gar nichts. Irgendwie sind aber die Vorgaben dermaßen lasch, dass man trotzdem recht gute Wertungen einfährt. Germany's Next Topmodel 2010 ist so leicht, dass es selbst ein Stück Brot durchspielen könnte. Zum Thema Essen übrigens noch: Anscheinend deckt ein Salat 40 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs eines Topmodels, zumindest deutet der Titel das an. Wer sich am selben Tag zweimal am Kühlschrank bedienen will, wird jedoch daran gehindert: "Iss' nicht so viel... sonst rollst du!" Zitat Ende. Und wo wir gerade bei Zitaten sind: Germany's Next Topmodel 2010 steckt voller Deppen-Leerzeichen. So wartet beispielsweise der "Loft Helfer" am Eingang auf Rat suchende Models, oder ihr bekommt "Styling Tipps" von einem Experten. Selbst seinen eigenen Namen schreibt das Spiel falsch: "Germany's Next Top Model". Unsere Glückwünsche zu dieser Leistung.

Unsere Glückwünsche gelten auch für Grafik und Sound, denn Nintendo so etwas unterzujubeln und trotzdem das Seal of Quality zu erhalten, schafft auch nicht jeder (oder doch... es schafft jeder, leider). Die Grafik geht dabei gerade noch so als annehmbar durch, was vor allem an den vielen Details im (sehr kleinen) Loft liegt - sie alle sind zwar bei halbwegs näherem Hinsehen völlig verpixelt, aber immerhin da. Die Charaktermodelle hingegen bewegen sich wirklich auf N64-Niveau und sehen teils kaum mehr menschlich aus. Die gilt vor allem für den Trainer im Fitnessraum... ich würde euch so gerne einen Screenshot von ihm zeigen, ehrlich. Ein größeres Problem als die Optik ist der Sound. Warum schleichen alle Models wie auf Samtpfoten durch's Loft und machen selbst bei Luftsprüngen kein noch so leises Geräusch? Warum hört sich ein Makeup-Pinsel so an wie das Geräusch, wenn man etwas in einen Ventilator hält? Und wer dachte, der Sound sei schlimm, hat noch nicht auf die Musik geachtet. Unglaublich schlechte, sich im Sekundentakt wiederholende und aufdringliche Musik gilt es zu ertragen, und wenn ein Stück zu Ende ist, beginnt ohne Übergang einfach das nächste. Ein Stück ist übrigens genau dann zu Ende, wenn es abgeschnitten wird, und nicht etwa erst nach einem Fade-Out oder gar einer abschließenden Note.

Germany's Next Topmodel 2010 ist eine auf DVD gepresste Frechheit. Letztes Jahr haben wir der Versoftung trotz eklatanter Mängel eine 4.0 zugestanden und sogar gemeint, dass es für kleine Mädchen, die auf die Serie abfahren, wahrscheinlich sogar noch ganz interessant ist. Die 2010er-Version kann man allerdings jedem noch so anspruchslosen, eingefleischten Serienfan absolut nicht mehr empfehlen. Stattdessen spielt sich der Aufguss wie eine Rache der Entwickler, die uns sagen wollen: "Hä hä, und ihr dachtet, letztes Jahr war unser Spiel schlecht!"

Fazit:
Auch wenn Space Wars oder Pong die ersten Videospiele waren, so ist wahrscheinlich Willy Higinbotham als der Erfinder der Videospiele anzusehen. Er war wahrscheinlich der erste, der - damals noch mit Vakuum-Röhren - eine Art Videospiel ans Laufen brachte, und soll wichtige Leute wie den späteren Gründer von Atari durch seine Arbeit inspiriert haben. Auch wenn vielleicht andere nach ihm die gleiche Idee gehabt hätten, so ist es doch wahrscheinlich, dass es Videospiele, so wie wir sie heute kennen, ohne seine Vision (noch) nicht geben würde. Willy Higinbotham ist heute leider nicht mehr am Leben. Hätte er den Release von Germany's Next Topmodel 2010 noch miterlebt, wäre er wahrscheinlich in der Zeit zurück gereist, um seine Erfindung zu zerstören - und den Release dieses Spiels zu verhindern.

Von Andreas Held
Wertung für das Spiel Germany's Next Topmodel 2010
Wertungen Beschreibung
2.5Grafik
Verpixelte Details sind besser als gar keine Details. Charakterdesign und Animationen mit Fremdschämfaktor sind vielleicht sogar noch schlechter als nichts.
1.0Sound
Grauenhafte, technisch fehlerhaft implementierte Hintergrundmusik und unpassende Soundeffekte sind definitiv schlechter als Nichts
3.5Steuerung
Bestenfalls zweckmäßige Steuerung im Loft und in mehr als der Hälfte der Fälle nicht funktionierende Bewegungssteuerung. Optional wird das Balance Board unterstützt.
1.7Gameplay
Minispiele, die so leicht sind, dass man sie selbst mit Absicht nur mühevoll verlieren kann. Sonst nur Langeweile. Spielerisch noch mal deutlich dünner als der Vorgänger, so gut wie nichts
2.0Gesamt
(Kein Durchschnitt der Einzelwertungen)



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